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Das Internationale Komitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkriegs kurz Luxemburger Komitee oder IKL anfangs Europaisches Komitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Gewaltherrschaft 1933 1945 war eine 1968 gegrundete de facto bis in die 1980er Jahre bestehende Organisation die sich ursprunglich der Erforschung von Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkriegs widmen wollte sich tatsachlich aber weitgehend darauf konzentrierte zu versuchen den Nachweis zu erbringen dass die Fuhrung der Nationalsozialisten fur den Reichstagsbrand vom Februar 1933 verantwortlich war 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und praktische Wirksamkeit des Komitees 2 Forschungen und Publikationen zum Reichstagsbrand 3 Veranstaltungen 4 Kritik 5 Veroffentlichungen des Komitees 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGeschichte und praktische Wirksamkeit des Komitees BearbeitenDas Komitee wurde nach langeren Vorbereitungen am 18 Januar 1968 anlasslich einer Tagung mit dem Titel Treffen von Schriftstellern Wissenschaftlern und Politikern im Exil 1933 1945 in Luxemburg unter der Bezeichnung Europaisches Komitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Gewaltherrschaft 1933 1945 mit dem Ziel gegrundet durch eine koordinierte Zusammenarbeit von Historikern und Politikwissenschaftlern die auf dem Gebiet der Erforschung der Geschichte der 1930er und 1940er Jahre tatig waren zu vertieften Kenntnissen der Entstehung und Konsolidierung der NS Herrschaft in Deutschland der Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs und des Geschehens der Kriegsjahre zu gelangen Das Patronat uber das Komitee ubernahmen der luxemburgischen Aussenminister Pierre Gregoire der franzosischen Kulturminister Andre Malraux sowie der deutsche Aussenministers Willy Brandt Die wissenschaftliche Leitung des Komitees lag in den Handen des Schweizer Historikers Walther Hofer Die Funktion des mit der praktischen Geschaftsfuhrung des Komitees betrauten Generalsekretars wurde dem Publizisten Edouard Calic ubertragen Weitere Forscher die sich massgeblich an der Arbeit des Komitees beteiligten waren Hofers Assistent Christoph Graf sowie der Berliner Historiker Friedrich Zipfel Nahe standen ihm zudem die Historiker Jurgen Schmadeke Karl Dietrich Bracher Henri Michel Historiker und Golo Mann der Publizist Eugen Kogon der Thermodynamiker Karl Stephan Verfahrenstechniker seinerzeit Direktor des Instituts fur Thermodynamik der TU Berlin und der Kriminologe Heinz Leferenz seinerzeit Professor fur Kriminologie an der Universitat Heidelberg sowie der ehemalige stellvertretende amerikanische Chefanklager wahrend der Nurnberger Prozesse Robert Kempner Das politische Hauptanliegen des Komitees war es zunachst revisionistischen Tendenzen in der Zeitgeschichtsforschung zur NS Zeit so z B dem funktionalistischen Interpretationsansatz zur Genese der NS Diktatur der sich damals zu etablieren begann mittels wissenschaftlich festgestellter Tatsachen entgegenzuwirken Im Grundungstatut wurde festgelegt dass man den folgenden Thesen entgegenwirken wolle 1 Es gab kein nationalsozialistisches Programm fur die Einfuhrung des Totalitarismus und die Vorbereitung und Entfesselung des Krieges 2 Die Verhaltnisse in den Konzentrationslagern und der Volkermord waren das Ergebnis des dem Dritten Reich aufgezwungenen Krieges und die Schilderungen des Terrors und des Genozids sind im grossen und ganzen ubertrieben 3 Die militarische Niederlage war das Ergebnis politischen Verrats 2 In der Praxis beschrankte die Tatigkeit des Komitees sich jedoch im Wesentlichen auf die Erforschung des Reichstagsbrandes vom Februar 1933 und die Veranstaltungen von Ausstellungen und Symposien sowie insbesondere die Veroffentlichung von Buchern uber dieses Thema Forschungen und Publikationen zum Reichstagsbrand BearbeitenDie weitaus bekannteste Gliederung des Komitees war die sogenannte Reichstagsbrand Kommission eine sich aus Historikern Thermodynamikern und Kriminologen zusammensetzende Arbeitsgruppe sich bis in die 1980er Jahre mit der Erforschung des Reichstagsbrandes vom 27 Februar 1933 befasste Diese definierte als Ziel ihrer Forschungsarbeit die Widerlegung der sogenannten Einzeltaterthese der zufolge der Niederlander Marinus van der Lubbe das Reichstagsgebaude am Abend des 27 Februar 1933 allein d h ohne Mittater Anstifter oder Hintermanner in Brand gesteckt habe bzw den Nachweis dass der Brand tatsachlich auf Betreiben fuhrender Nationalsozialisten und unter Mitwirkung von weiteren Tatern aus der Anhangerschaft der NS Bewegung gelegt worden war In diesem Zusammenhang wurde 1972 und 1978 eine zweibandige Quellenedition uber den Reichstagsbrand sowie ein ebenfalls 1978 erschienener Forschungsbericht veroffentlicht Wahrend der erste Band der Dokumentation den Anspruch erhob einen negativen Beweis dafur zu erbringen dass die Einzeltaterthese unzutreffend sei indem er mithilfe brandtechnischer Expertisen und andere Materialien veroffentlichte denen zufolge es fur einen Einzeltater unmoglich gewesen ware das Reichstagsgebaude mit den van der Lubbe zur Verfugung stehenden Mitteln in Brand zu setzen erklarte der zweite Band einen positiven Beweis fur die nationalsozialistische Taterschaft vorzulegen indem er Dokumente veroffentlichte aus denen nach Auffassung der Herausgeber klar die Taterschaft der Nationalsozialisten bei der Brandstiftung hervorgehe Besonders der zweite Dokumentationsband wurde nach seinem Erscheinen scharf angegriffen Namentlich wurde den Herausgebern vorgeworfen dass sie gefalschten Quellen aufgesessen und diese durch ihre Veroffentlichung verbreitet oder diese sogar selbst fabriziert hatten Als Belege hierfur wurden inhaltliche Unstimmigkeiten und Anachronismen sowie sprachliche Irregularitaten die sich in einigen Dokumenten fanden ins Feld gefuhrt Die Folge war dass es zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen Forschern des Komitees und ihren Kritikern kam die sich bis Ende der 1980er Jahre hinzogen Eine vom Bundesarchiv Koblenz vorgeschlagene Authentizitatsprufung der befehdeten Dokumente scheiterte daran dass das Komitee lediglich im Besitz von Kopien nicht aber der Originale der betreffenden Unterlagen war Veranstaltungen Bearbeiten28 bis 30 April 1969 Symposium uber nationalsozialistische Massnahmen zur Tauschung des deutschen Volkes und der Weltoffentlichkeit in Luxemburg Mai 1970 Symposion in West Berlin September 1970 Symposion Der Weltkrieg und der Frieden zwischen den Volkern in Zagreb Schirmherrschaft Josip Tito Teilnehmer Charles Bloch Karl Dietrich Bracher Eugen Kogon Friedrich Zipfel 1973 Ausstellung 1933 Der Reichstag brennt in Oberhausen 1975 Symposion in Jugoslawien 1979 Symposion in Paris La Guerre hitlerienne devant l Histoire 1980 Ausstellung 40 Joer Zweete Weltkrich in Luxemburg 1982 Ausstellung zum 40 Jahrestag der Wannseekonferenz in Oberhausen Januar 1983 Symposion in ParisKritik BearbeitenDem Komitee wurde vorgeworfen Geschichtsfalschungen zu verbreiten 3 Der Politikwissenschaftler Uwe Backes wirft dem Komitee vor Wissenschaftler und Publizisten die in der Kontroverse um den Reichstagsbrand die Alleintaterthese vertreten unter NS Verdacht zu stellen und Verschworungstheorien uber sie zu verbreiten um sie mundtot zu machen 4 Veroffentlichungen des Komitees BearbeitenHauptpublikationen Edouard Calic Walther Hofer Karl Stephan u a Der Reichstagsbrand Eine wissenschaftliche Dokumentation Bd 1 Berlin 1972 Edouard Calic Christoph Graf Walther Hofer Der Reichstagsbrand Eine wissenschaftliche Dokumentation Bd 2 Berlin 1978 Der Reichstagsbrand Die Provokation des 20 Jahrhunderts Ein Forschungsbericht Luxemburg 1978 Kleinere Publikationen Edouard Calic Jurgen Schmadeke Friedrich Zipfel Hrsg 1933 Der Reichstag brennt Oberhausen 1973 Simone Veil Wolfgang Scheffler Internationales Komitee Luxemburg Auschwitz Mahnung und Verpflichtung Gedenkausstellung zum 40 Jahrestag der sogenannten Wannsee Konferenz 1982 Literatur BearbeitenMarcus Giebeler Das Luxemburgischer Komitee und seine Veroffentlichungen in Ders Die Kontroverse um den Reichstagsbrand Quellenprobleme und historiographische Paradigmen 2010 S 81 84 Einzelnachweise Bearbeiten Und die Nazis waren es doch Der Reichstagsbrand 1933 in Lars Broder Keil Sven Felix Kellerhoff Deutsche Legenden Vom Dolchstoss und anderen Mythen der Geschichte CH Links Verlag Berlin 2002 ISBN 3 86153 257 3 S 55 Backes Reichstagsbrand S 304 Henning Kohler Der dokumentarische Teil der Dokumentation Falschungen am laufenden Band In Uwe Backes Karl Heinz Janssen et al Reichstagsbrand Aufklarung einer historischen Legende Piper Munchen und Zurich 1986 S 167 215 Lars Broder Keil und Sven Felix Kellerhoff Deutsche Legenden Vom Dolchstoss und anderen Mythen der Geschichte Ch Links Verlag Berlin 2002 S 55 63 Uwe Backes Das Internationale Komitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkriegs In derselbe Karl Heinz Janssen et al Reichstagsbrand Aufklarung einer historischen Legende Piper Munchen und Zurich 1986 S 105 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Internationales Komitee zur wissenschaftlichen Erforschung der Ursachen und Folgen des Zweiten Weltkriegs amp oldid 237967866