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In situ Hybridisierung ISH auch Hybridisierung in situ ist eine molekularbiologische Methode zum Nachweis von Nukleinsauren RNA oder DNA in Geweben einzelnen Zellen oder auf Metaphase Chromosomen Dabei wird eine kunstlich hergestellte Sonde aus einer Nukleinsaure eingesetzt die uber Basenpaarungen an die nachzuweisende Nukleinsaure bindet Hybridisierung Schema einer In situ Hybridisierung zum DNA Nachweis Eine DNA Sonde A wird mit molekularbiologischen oder chemischen Methoden behandelt und ist anschliessend markiert B Sonden DNA und Ziel DNA werden zu Einzelstrangen aufgeschmolzen nicht gezeigt anschliessend konnen sich passende Sequenzen aneinanderlagern C Dadurch entsteht an der entsprechenden Stelle des Praparats eine mikroskopisch nachweisbare Markierung Weite Verbreitung haben die Fluoreszenz in situ Hybridisierung FISH fur den Nachweis von DNA oder RNA RNA FISH in Zellkernen bzw dem Cytoplasma einzelner Zellen oder auf Metaphase Chromosomen sowie die Untersuchung der Verteilung von mRNA in ganzen Embryonen Schnitten oder Geweben mit farbgebenden chromogenen Molekulen Weitere verwendete Bezeichnungen sind genomische In situ Hybridisierung GISH bei der als Sonde gesamtgenomische DNA eingesetzt wird sowie chromosomale In situ Suppressionshybridisierung CISS Hybridisierung mit der die Markierung von ganzen Chromosomen moglich ist Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Funktionsweise 3 Nachweis von mRNA mit farbgebenden Enzymen 3 1 Ablauf 4 Fluoreszenz in situ Hybridisierung 4 1 Anwendungsgebiete 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIn situ Hybridisierung wurde Ende der 1960er Jahre von den US amerikanischen Biologen Mary Lou Pardue und Joe Gall entwickelt 1 2 Sie verwendeten radioaktiv markierte Sonden Isotopenmarkierung die Praparate mussten anschliessend auf einen Rontgenfilm gelegt werden und wurden zur besseren Auflosung mittels Mikroskop mit einer Fotoemulsion versehen Neben den allgemeinen mit Radioaktivitat verbundenen Problemen war die raumliche Auflosung dabei verglichen mit heutigen Techniken schlecht Daher setzten sich spater Sonden durch die kovalent an die Markierungsmolekule gebunden waren siehe unten Funktionsweise BearbeitenDie In situ Hybridisierung beruht auf der Paarung von komplementaren Basen auf zwei Nukleinsaure Einzelstrangen Einer der beiden Strange kommt dabei von einer zuvor hergestellten und markierten Sonde der andere liegt im Praparat vor und soll nachgewiesen werden Die ersten Arbeitsschritte sind demnach Vorbereitung des Praparats sowie Vorbereitung der Sonde Die Sonde besteht haufig aus DNA da diese stabiler ist als RNA und somit im Labor einfacher zu handhaben ist Auch lasst sich DNA mit heutigen Verfahren einfacher vermehren Bei der RNA In situ Hybridisierung hat sich die Verwendung von Riboproben durchgesetzt da sich sense und antisense Proben mit hoher Spezifitat mittels In Vitro Transkription herstellen lassen Ein Vorteil ist auch dass sich nicht hybridisierte RNA mittels RNase abbauen lasst Die Markierung der Sonde kann indirekt mit Haptenen z B Digoxigenin Biotin oder 2 4 Dinitrophenol oder bei der FISH auch direkt mit fluoreszierenden Molekulen wie FITC oder Cy3 erfolgen Haufig eingesetzte Verfahren zur Markierung der Sonden sind Nick Translation PCR und In vitro Transkription Da DNA normalerweise als Doppelstrang vorliegt muss dieser zuvor getrennt auch aufgeschmolzen oder denaturiert werden Eine Denaturierung kann entweder durch Verschiebung des pH Werts sowohl sauer als auch alkalisch oder durch Hitze erfolgen Bei einer Hitzedenaturierung wird der Schmelzpunkt meist durch Zugabe von Formamid abgesenkt welches durch seine starke Polaritat die Wasserstoffbruckenbindungen zwischen den DNA Einzelstrangen abschwacht Dadurch kann ein Aufschmelzen bereits bei Temperaturen um 70 75 C erreicht werden wodurch die Struktur der Chromosomen weniger stark zerstort wird Weiterhin kann die DNA auch durch ein Molecular Combing gestreckt und ausgerichtet werden Die eigentliche Hybridisierung dauert je nach Sondenmaterial und Zielsequenz zwischen einer Stunde und mehreren Tagen Anschliessend liegen im Praparat Hybridmolekule aus den Nukleinsauren des Praparats und der Sonde vor Nicht oder unspezifisch gebundene Sondenmolekule werden herausgewaschen und gebundene Sondenmolekule konnen nachgewiesen werden Bei der indirekten Markierung geschieht dies uber eine Antikorperfarbung oder im Fall von Biotin mit Avidin Die Antikorper oder das Avidin sind wiederum an Fluorophore bei der FISH oder an Enzyme gebunden welche aus zuzugebenden chromogenen Substraten Farbstoffe bilden Beides wird anschliessend mikroskopisch ausgewertet nbsp Beispiel fur eine RNA in situ Hybridisierung an verschiedenen Stadien von Drosophila melanogaster Embryonen Die Digoxigenin markierte antisense RNA Sonde ist gegen die mRNA des Transkriptionsfaktors hunchback gerichtet Sie wurde mit einer Farbereaktion mit Alkalischer Phosphatase sichtbar gemacht Es ist deutlich erkennbar dass sich das Expressionsmuster des Gens in den verschiedenen Entwicklungsstadien St steht abgekurzt fur Stadium verandert nbsp Die Aktivitat eines Gens in einem Mausembryo des Embryonalstadiums E14 5 nach 14 5 von insgesamt 19 5 Tagen der Schwangerschaft Durch In situ Hybridisierung wurde in einem 25 Mikrometer dunnen Gefrierschnitt das Vorhandensein der mRNA und somit die Aktivitat des Gens Cannabinoid Rezeptor Typ 1 Cnr1 sichtbar gemacht die als dunkelblaue Farbung u a in verschiedenen Gehirnbereichen und im Ruckenmark zu erkennen ist Nachweis von mRNA mit farbgebenden Enzymen BearbeitenBei dieser Anwendung findet vor allem Digoxigenin markierte RNA Verwendung Das Digoxigenin kann mit Hilfe eines Antikorpers der beispielsweise mit einem Enzym gekoppelt ist erkannt werden Das Enzym meistens Alkalische Phosphatase oder Peroxidase kann dann durch Zusatz von Reagenzien einen Farbstoff umsetzen der kovalent im Gewebe gebunden bleibt und sich daher nicht durch Diffusion verteilt Beim Nachweis von mRNA in Geweben werden nur jene Zellen angefarbt hybridisiert in denen ein zu untersuchendes Gen aktiv ist Nur hier liegt die entsprechende mRNA vor Dieses Verfahren findet besonders in der Entwicklungsbiologie Anwendung Hier ist es von besonderem Interesse die Aktivitat eines Gens beispielsweise wahrend der Embryogenese in situ zu verfolgen Das embryonale oder auch adulte Gewebe muss fur die Farbung zunachst fixiert werden die Aktivitat kann daher nicht in Echtzeit verfolgt werden sondern ist nur eine Momentaufnahme des Zustands in dem sich das Gewebe befand als es fixiert wurde Ablauf Bearbeiten Das zu farbende Gewebe beispielsweise Embryonen von verschiedenen Modellorganismen wie Arabidopsis thaliana Drosophila melanogaster Xenopus laevis Mus musculus Danio rerio wird mit Hilfe von formaldehydhaltigen Losungen fixiert Anschliessend wird es in einen formamidhaltigen Puffer uberfuhrt und die markierte Sonde dazugegeben Die Hybridisierungszeit hangt von der Grosse des Embryos ab und dauert mindestens einige Stunden In dieser Zeit kann die Sonde durch das Gewebe diffundieren und bindet uberall dort wo sich komplementare Sequenzen in der mRNA finden Es folgen einige Waschschritte in denen uberschussige nicht gebundene Sonden ausgewaschen werden und am Schluss die Farbung die dann mit einem Mikroskop genau analysiert und dokumentiert werden kann Neben Totalpraparaten beispielsweise von Fliegenembryonen linke Abbildung kann die In situ Hybridisierung an Gewebe Dunnschnitten durchgefuhrt werden Auf diese Weise konnen auch grossere Praparate wie menschliches Gewebe oder komplette Mausembryonen untersucht werden rechte Abbildung Fluoreszenz in situ Hybridisierung BearbeitenBei der Fluoreszenz in situ Hybridisierung FISH wird die Sonde mit Hilfe eines fluoreszierenden Farbstoffes nachgewiesen Dies ermoglicht den gleichzeitigen Nachweis mehrerer Strukturen durch den Einsatz verschiedener Fluoreszenzfarbstoffe zum Beispiel den Nachweis eines Chromosoms mit zwei darauf liegenden Genen Auf Chromosomenpraparaten und auf Zellkernen konnten bereits bis zu sieben verschiedene Farbstoffe erfolgreich eingesetzt werden 3 nbsp Metaphasechromosomen blau mit Nachweis einer Translokation durch den Einsatz zweier genspezifischer Sonden grun und rot siehe Philadelphia Chromosom nbsp Zellkern eines Fibroblasten der Maus Durch Fluoreszenz in situ Hybridisierung wurden die Territorien der Chromosomen 2 rot und 9 grun angefarbt DNA Gegenfarbung in Blau Hier ist eine Tafel mit weiteren Beispielen auch aus anderen Zelltypen der Maus zu finden nbsp Genreiche und genarme Regionen bei menschlichen Chromosomen Auf Metaphasechromosomen eines menschlichen weiblichen Lymphozyten wurden per Fluoreszenz in situ Hybridisierung die Alu Sequenzen markiert grun die besonders in genreichen Chromosomenabschnitten haufig vorkommen Zur Sichtbarkeit genarmer Regionen ist die DNA rot eingefarbt Anwendungsgebiete Bearbeiten Die Moglichkeit das Vorhandensein bzw die Anzahl von Teilen des Genoms vergleichsweise einfach im Fluoreszenzmikroskop zu bestimmen wird fur die klinische Diagnostik in verschiedenen Disziplinen benutzt Fur den Nachweis von Erbkrankheiten werden in der Regel Praparate von Chromosomen in der Metaphase eingesetzt die aus im Labor vermehrten Zellen von Patienten oder bei der Pranataldiagnostik aus Zellen des ungeborenen Kindes hergestellt wurden siehe auch FISH Test Auf diese werden dann beispielsweise Sonden fur das Chromosom 21 hybridisiert um zu testen ob es drei statt zweimal vorhanden ist und somit die Ursache fur das Down Syndrom vorliegt Ob bestimmte chromosomale Regionen fehlen wie etwa beim Katzenschrei Syndrom lasst sich mit Sonden fur solche Regionen ebenfalls feststellen Prinzipiell lassen sich solche Untersuchungen auch an Zellkernen durchfuhren also ohne dass Metaphasepraparate hergestellt werden mussen Dies hat jedoch den Nachteil dass nicht jeder Kern ein richtiges Ergebnis liefert Wenn zwei nachzuweisende Chromosomen im Kern zufallig nebeneinander liegen dann lassen sich beide nicht als zwei Signale erkennen Es mussen daher viele Kerne ausgezahlt werden und ein Vergleich mit bekanntermassen normalen Kernen muss durchgefuhrt werden um eine sichere Aussage treffen zu konnen Der Vorteil dieses Verfahrens liegt in der hoheren Geschwindigkeit da eine Vermehrung der Zellen im Labor nicht oder nur in geringerem Umfang notig ist Auch bei der Charakterisierung von Markerchromosomen wird FISH eingesetzt 4 Bei der Untersuchung des Genoms von Tumor Zellen wird FISH eingesetzt um Chromosomenaberrationen festzustellen Beispielsweise konnen Metaphasepraparate mit FISH untersucht werden um chromosomale Umbauten zu erkennen die sich durch G Banderung nicht diagnostizieren lassen Hierfur konnen Sonden fur verschiedene menschliche Chromosomen der Reihe nach ausprobiert werden Vielfarben FISH erlaubt es auch samtliche Chromosomen in unterschiedlichen Farbkombinationen nachzuweisen so dass samtliche Umbauten zwischen verschiedenen Chromosomen in einem Experiment erkannt werden konnen 5 6 Die hierfur erforderlichen Methoden sind jedoch anspruchsvoll und erfordern eine spezielle mikroskopische Ausstattung Manche chromosomale Umbauten treten bei bestimmten Tumorarten gehauft auf beispielsweise das Philadelphia Chromosom bei manchen Leukamien Bei Non Hodgkin Lymphomen haben verschiedene Untergruppen unterschiedliche typische genetische Veranderungen Das Vorhandensein solcher Veranderungen kann mit FISH gezielt getestet werden Literatur BearbeitenA R Leitch T Schwarzacher D Jackson I J Leitch In situ Hybridisierung Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg Berlin 1994 J M Levsky R Singer Fluorescence in situ hybridization past present and future In Journal of Cell Science 116 Nr 14 S 2833 2838 PMID 12808017 doi 10 1242 jcs 00633 Weblinks BearbeitenGenePaint org Datenbank fur Genexpressionsmuster im Mausembryo die mit In situ Hybridisierung untersucht wurden Einzelnachweise Bearbeiten Joseph G Gall Mary Lou Pardue Formation and detection of RNA DNA hybrid molecules in cytological preparations In Proc Natl Acad Sci USA 63 Nr 2 1969 S 378 383 PMID 4895535 PMC 223575 freier Volltext Mary Lou Pardue Joseph G Gall Molecular hybridization of radioactive DNA to the DNA of cytological preparations In Proc Natl Acad Sci U S A 64 Nr 2 1969 S 600 604 PMID 5261036 PMC 223386 freier Volltext Andreas Bolzer Gregor Kreth Irina Solovei Daniela Koehler Kaan Saracoglu Christine Fauth Stefan Muller Roland Eils Christoph Cremer Michael R Speicher Thomas Cremer Three dimensional maps of all chromosome positions demonstrate a probabilistic order in human male fibroblast nuclei and prometaphase rosettes In PLoS Biology 3 Nr 5 2005 S e157 PMID 15839726 doi 10 1371 journal pbio 0030157 L Brecevic S Michel H Starke K Muller N Kosyakova K Mrasek A Weise T Liehr Multicolor FISH used for the characterization of small supernumerary marker chromosomes sSMC in commercially available immortalized cell lines In Cytogenetic amp Genome Research 114 Nr 3 4 2006 S 319 324 doi 10 1159 000094220 Michael R Speicher Stephen Gwyn Ballard David C Ward Karyotyping human chromosomes by combinatorial multi fluor FISH In Nature Genetics 12 1996 S 368 375 doi 10 1038 ng0496 368 E Schrock S du Manoir T Veldman B Schoell J Wienberg M A Ferguson Smith Y Ning D H Ledbetter I Bar Am D Soenksen Y Garini T Ried Multicolor Spectral Karyotyping of Human Chromosomes In Science 273 Nr 5274 1996 S 494 497 doi 10 1126 science 273 5274 494 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title In situ Hybridisierung amp oldid 221749511