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Die importsubstituierende Industrialisierung ISI ist eine handelspolitische Strategie von Entwicklungslandern welche die inlandische Produktion fordern soll Bei der Importsubstitution wird versucht Einfuhren in das Entwicklungsland durch Importrestriktionen wie z B Zolle oder Einfuhrobergrenzen zu beschranken Dieser Artikel wurde aufgrund inhaltlicher und oder formaler Mangel auf der Qualitatssicherungsseite des Portals Wirtschaft eingetragen Du kannst helfen indem du die dort genannten Mangel beseitigst oder dich an der Diskussion beteiligst Inhaltsverzeichnis 1 Varianten 2 Politische Massnahmen 3 Einflussfaktoren 3 1 Importsubstitution versus Exportdiversifizierung 4 Historischer Kontext 4 1 Lateinamerika 4 2 Asien 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseVarianten BearbeitenDie Importsubstitution ist einerseits die Folge des entwicklungsbedingten Strukturwandels die durch internationale Verschiebungen der Angebots und Nachfragebedingungen induziert wird Diese wird als naturliche Importsubstitution bezeichnet Andererseits kann die Importsubstitution durch wirtschaftliche Massnahmen gefordert werden Bei der relativen Importsubstitution wird der Importanteil nur teilweise durch die inlandische Produktion ersetzt Die Rate des Imports sollte niedriger sein als der Anteil im Inland hergestellter Guter Bei der absoluten Importsubstitution werden bestimmte Importguter vollstandig durch die heimische Produktion ersetzt damit das Volumen der importierten Guter absolut sinkt 1 Politische Massnahmen Bearbeiten nbsp Wirkung eines Importzolls Nachfrage nationale Nachfragekurve Angebot nationale AngebotskurveIn der Regel geht eine Strategie der Importsubstitution mit verschiedenen wirtschaftspolitischen Massnahmen einher Typischerweise werden Einfuhrzolle erhoben und Subventionen an die heimische Industrie gezahlt Ausserdem sind Programme der importsubstituierenden Industrialisierung oft mit Massnahmen der Devisenbewirtschaftung verbunden Dies kann sich auf die Aufsicht und Lenkung des gesamten Zahlungs Kredit und Kapitalverkehrs mit dem Ausland auswirken Der Staat setzt beispielsweise Einfuhrrestriktion wie Zolle ein um den Importanteil bestimmter Waren zu vermindern und um die heimischen Wirtschaftszweige zu fordern Folgendes Zahlenbeispiel Angenommen der Preis eines importierten Pkws in einem Entwicklungsland betrage 10 000 Es konnte ein entsprechendes Fahrzeug auch im Inland hergestellt werden Dafur mussten jedoch Vorleistungen Vorprodukte im Wert von 6 000 importiert werden der Gesamtpreis beliefe sich auf 12 000 Die theoretisch mogliche Inlandswertschopfung von 6 000 Verkaufspreis Vorleistung existiert nicht da der Konsument bzw die Konsumenten ausschliesslich den gunstigeren Import Pkw nachfragen Nun werde entsprechend der Importsubstituierenden Industrialisierung zum Aufbau einer nationalen Automobilindustrie ein Schutzzoll von 100 auf Import Pkw und von 50 auf Vorleistungen eingefuhrt Der Import Pkw kostet damit 20 000 der nationale Pkw 15 000 6 000 6 000 150 Pro verkauftem Pkw ergibt sich eine Inlandwertschopfung von 6 000 2 Obwohl zum hoheren Preis weniger Pkw insgesamt verkauft werden siehe nachster Absatz ergibt sich zunachst durch die Einfuhrung der Zolle ein positiver Produktionseffekt fur die einheimische Automobilwirtschaft Freihandel schliesst die Beeinflussung des Weltmarktpreises W fur ein bestimmtes Gut aus Die Differenz zwischen der nachgefragten Menge G und der von der heimischen Wirtschaft bereitgestellten Angebotsmenge H bezeichnet die Importnachfrage Das Land importiert G H Einheiten des Guts Wird ein Importzoll in Hohe von T W eingefuhrt erhoht sich der Inlandspreis auf T Zum Preis T sinkt die Nachfragemenge auf B Zu diesem hoheren Preis kann aber die heimische Industrie die hohere Menge A des Guts bereitstellen Die importierte Menge verringert sich entsprechend auf B A 3 Kurzfristig ergibt sich ein Produktionsanreiz fur die heimische Wirtschaft der mit einer Reduzierung der Gesamtversorgung der Bevolkerung mit Pkw um G B erkauft wird Subventionen an die heimische Industrie konnen beispielsweise aus Exportbeihilfen oder Investitionsbeihilfen direkte Zahlungen insbesondere Steuersenkungen bestehen Ahnlich einem Importzoll stutzen solche Massnahmen zumindest kurzfristig die Wettbewerbsfahigkeit einer im Aufbau befindlichen Industrie Dem gegenuber steht jedoch eine hohere Steuerbelastung der Bevolkerung und ein niedrigerer Konsum Einflussfaktoren BearbeitenIn Entwicklungslandern gibt es oft einen grossen und freien Binnenmarkt Der Einsatz der Importsubstitution fuhrt zur Risikosenkung des Marktes Das bedeutet dass ein Absatzmarkt vorhanden ist und kein neuer aufgebaut werden muss Es kommt somit zur Beschaftigungssteigerung und zur Senkung der Arbeitslosenquote Weiterhin erfolgt eine geringe Einfuhr vom Ausland erwartet die Transportkosten und damit verbundene Umweltprobleme konnten somit teilweise gelost werden Aufgrund des wenig entwickelten Managements der Technologien und der Schutzzollpolitik haben die inlandischen Industrieprodukte meist eine schlechte Qualitat und oder hohere Produktionskosten Die Isolation von der Konkurrenz aus dem Ausland kann Anreize zu Innovation Effizienzsteigerung 4 und Wettbewerbsintensitat inlandischer Produzenten ausbleiben lassen Ausserdem verliert man die Chance von Skalenertragen zu profitieren Sind Skalenertrage bedeutsam kann die Offnung zum Weltmarkt die Chance zu Industrialisierung und schnellem Wachstum eroffnen Die Profite die unter dem Schutz der Handelsschranken entstehen sind oft eine Grundlage von Korruption innerhalb der Regierungen Zudem bleiben Handelsschranken sofern sie eingefuhrt sind oft viele Jahre lang bestehen und konnen schwer abgeschafft werden In einigen Fallen entwickelt sich die Wertschopfung der geschutzten Industriezweige sogar negativ Ein Beispiel eines Automobilherstellers der in einem Entwicklungsland produziert Die Wertschopfung dieses Automobilherstellers entspricht nicht des gesamten Wertes eines Autos sondern nur der Differenz zwischen den Importkosten der einzelnen Teile und dem Wert des Autos Angenommen die importierten Teile eines Autos werden beschadigt ware es gunstiger das ganze Auto zu importieren als im Inland ausschliesslich Montagearbeiten durchfuhren zu lassen Die Konsumenten leiden unter hoheren Preisen 4 Mit dieser Strategie sind hohe Inflationsraten verbunden Es kann eine Knappheit der Guter entstehen weil auslandische Konkurrenz behindert bzw verhindert wird Die Marktpreise werden durch Unternehmen steigen die von Protektionismus profitieren Investitionsanreize werden zusatzlich uber die Vergrosserung der Geldmenge finanziert Die inlandische Wahrung wird in einem System flexibler Wechselkurse abgewertet 5 Importsubstitution versus Exportdiversifizierung Bearbeiten Der Vorteil der Exportdiversifizierung gegenuber Importsubstitution besteht darin dass die Gestaltung der Exportindustrien zwangslaufig unter der Kontrolle des internationalen Wettbewerbs steht wahrend die Importsubstitutionsindustrien fur den Binnenmarkt leicht vor Wettbewerb von aussen geschutzt werden Bei der Importsubstitutionsstrategie ist somit die Gefahr grosser dass ein Fehler der Ressourcenallokation auftritt als bei der Exportdiversifizierung Importsubstitution als Vorbedingung der Exportdiversifizierung Am Beispiel Japan das eine erfolgreiche Wachstumspolitik via Exportdiversifizierung umgesetzt hat Alle traditionellen japanischen Exportprodukte vor und wahrend der take off Periode wie Porzellan Seide und Baumwollerzeugnisse wurden zuvor importiert Porzellan und Seide kamen meistens aus China und Baumwollerzeugnisse aus Europa In Japan wurden solche importierten Guter weiter zu verschiedenen Arten von Produkten verarbeitet die spater exportiert wurden Hierfur war eine vorherige Importsubstitution notwendig 6 Historischer Kontext BearbeitenLateinamerika Bearbeiten Die erste Phase der Globalisierung zwischen der Unabhangigkeit der lateinamerikanischen Staaten und der Weltwirtschaftskrise 1823 1929 vertiefte das Muster der kolonialen Arbeitsteilung Lateinamerika exportierte Agrarerzeugnisse und Bergbauprodukte die von einem oft quasi feudalen Hacienda System bzw von oligarchisch organisierten Minenunternehmern hergestellt wurden Die kleine besitzende Oberschicht befriedigte ihren Bedarf an hochwertigen Konsumgutern vor allem durch Importe aus Europa und den USA Wahrend die Exportsektoren des Subkontinents durch Technologie und Kapital aus dem Norden modernisiert wurden 7 wurde der Rest dieser dualen Wirtschaft abgekoppelt und stagnierte 8 Das wichtigste jeweilige Exportgut von 1900 in den Landern Lateinamerikas Argentinien Wolle Bolivien Silber Brasilien Kaffee Chile Salpeter Kolumbien Kaffee Mexiko Silber Peru Zucker Uruguay Wolle und Venezuela Kaffee Die meisten Staaten waren daruber hinaus zu 50 80 des Exportes von nur zwei Gutern abhangig 9 Die Strategie der Importsubstitution wurde in den meisten lateinamerikanischen Landern im Zeitraum von 1930 bis 1980 durchgefuhrt Die erste Welle begann durch den Einfluss der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren Lateinamerika hatte fruher Primarprodukte landwirtschaftliche Produkte Bergbauerzeugnisse exportiert und Konsumguter sowie Investitionsguter importiert Infolge der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren brachen die Exporte ein Hierdurch entstand ein Devisenmangel aufgrund dessen entsprechend weniger Waren importiert werden konnten Dies bewirkte die erste Phase der importsubstituierenden Industrialisierung in Sudamerika 10 Die ersten Schritte zur Importsubstitution waren weitgehend praktisch und beruhten auf pragmatischen Entscheidungen wie die durch den Exporteinbruch und Devisenmangel auferlegten Einschrankungen bewaltigt werden sollten Die zweite Welle der Strategie erfolgte erst in den 50er Jahren auf Grundlage der strukturalistischen Wirtschaftspolitik Raul Prebisch ein argentinischer Okonom und Generalsekretar der UNCTAD 1963 1969 vertrat hierbei die Position dass Entwicklungslander nur erfolgreich sein konnten wenn sie eine absatzorientierte Verflechtung hatten Das heisst dass die primaren im Inland hergestellten Produkte weiterhin von anderen Wirtschaftszweigen genutzt werden konnen Importsubstitution war meist erfolgreich in den Landern die eine grosse Bevolkerung aufwiesen und uber ein ausreichendes Einkommensniveau zum Konsum der lokalen Produkte verfugten Lateinamerikanische Lander wie Argentinien Brasilien Mexiko Chile Uruguay und Venezuela hatten mit dieser Strategie Erfolg siehe auch Mexikanisches Wunder Chile fuhrte die Importsubstitutionsstrategie in der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts durch Bis zu den 1970er Jahren verfolgte Chile die gleiche Politik wie andere lateinamerikanische Lander Im Zeitraum von 1940 bis 1954 bewahrte der Staat die Industrialisierung durch eine Vielzahl von Massnahmen wie hohe Zollmauern als Schutz fur den Binnenmarkt preiswerte Kredite und Steuerbefreiungen fur die heimischen Investoren und direkte Auslandsinvestitionen Mit der Zeit ruckte die Nachfrage nach Industrieprodukten ins Zentrum der wirtschafts und sozialpolitischen Entwicklung Die Konsumguter produzierende Industrie wuchs rasch vor allem die Textil und Schuhindustrie Der Anteil der Industrie am Bruttosozialprodukt erhohte sich in den 1940er und fruhen 1950er Jahren von 13 6 auf 24 9 Prozent und die industrielle Beschaftigung stieg um 70 Prozent Ab 1970 wurde die Produktionsbasis hinter der ausfuhrlichen Restriktion des Imports entwickelt wahrend der Export von agraischen und mineralischen Rohstoffen weiterhin bestand insbesondere Kupfer Mitte der 1970er Jahre trat die Wirtschaft des Landes in eine schwierige Phase ein da Importrestriktionen abgebaut und durch niedrigere Zolltarife ersetzt wurden Der Grund lag in erster Linie im Preisverfall des Kupfers auf dem Weltmarkt 11 Fur die sechs grossten sudamerikanischen Okonomien war die Phase der importsubstituierenden Industrialisierung zwischen 1940 und 1980 mit durchschnittlich 2 7 Wirtschaftswachstum pro Jahr die wachstumsstarkste Phase In der Phase der exportorientierten Wirtschaftspolitik zwischen 1900 und 1939 gab es ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1 3 pro Jahr in der neoliberalen Ara zwischen 1980 und 2000 betrug das Wirtschaftswachstum 0 6 pro Jahr 12 Asien Bearbeiten In Asien speziell in Taiwan China Indien und Korea erfolgte eine Politik der importsubstituierenden Industrialisierung bei gleichzeitiger Einfuhrung des Freihandels Die Regierungen wahlten zielgerichtet einzelne Unternehmen aus welche durch Subventionen gefordert wurden Ebenso wurde die technologische Entwicklung durch staatliche Forschungseinrichtungen bis zur Entwicklung marktreifer Produkte vorangetrieben wobei erfolgreiche Forschungsgruppen dann als spin off privatisiert wurden 13 Siehe auch BearbeitenFluggansemodellLiteratur BearbeitenNorbert Wagner Martin Kaiser Fritz Beimdiek Okonomie der Entwicklungslander Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1983 ISBN 3 437 40133 5 Robert Alexander The Import Substitution Strategy of Economic Development in Dietz James Street James Latin America s Economic Development Institutionalist and Structuralist Perspectives Boulder and London 1987 Seite 118 127 Helmut Hesse Importsubstitution und Entwicklungspolitik in Zeitschrift fur die gesamte Staatswirtschaft 124 1968 S 641 683 Felipe Pazos Import Substitution Policies Tariffs and Competition in Dietz James Street James Latin America s Economic Development Institutionalist and Structuralist Perspectives Boulder and London 1987 Seite 147 155 Einzelnachweise Bearbeiten T An Chen Zum Problem der Importsubstitution und der Exportdiversifikation Diss Munster 1969 S 49 vgl Zahlenbeispiel in Juergen B Donges Aussenwirtschafts und Entwicklungspolitik Springer 1981 S 39 vgl J B Donges Aussenwirtschafts und Entwicklungspolitik Springer 1981 S 35 a b Stiglitz Volkswirtschaftslehre 2 Auflage Oldenbourg S 1125 1126 Lachmann Entwicklungspolitik Band 1 Grundlagen 2 Auflage Oldenbourg S 173 Lutz Hoffmann Importsubstitution und wirtschaftliches Wachstum in Entwicklungslandern Tubingen 1970 S 41ff Heinz Preusse Handelspessimismus alt und neu J C B Mohr Tubingen 1991 ISBN 3 16 145780 3 S 9 Walther Bernecker Hans Werner Tobler Staat Wirtschaft Gesellschaft und Aussenbeziehungen Lateinamerikas im 20 Jahrhundert in Walther Bernecker Hans Werner Tobler Hrsg Handbuch der Geschichte Lateinamerikas Band 3 Stuttgart ISBN 3 608 91497 8 S 15 Rosemary Thorp Progress Poverty and Exclusion An Economic History of Latin America in the 20th Century Washington 1998 ISBN 1 886938 35 0 S 53 347 Joseph L Love The Rise and Decline of Economic Structuralism in Latin America In Latin American Research Review Bd 40 Nr 3 2005 S 100 125 S 114 Paul R Krugman Maurice Obstfeld international economics 6 Edition Addison Wesley 2003 S 260 Joseph L Love The Rise and Decline of Economic Structuralism in Latin America In Latin American Research Review Bd 40 Nr 3 2005 S 100 125 S 107 Alice H Amsden Import substitution in high tech industries Prebisch lives in Asia CEPAL Review 82 April 2004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Importsubstituierende Industrialisierung amp oldid 221238750