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Ein Hochschulrat ist in Deutschland ein Gremium an einer Hochschule Je nach Bundesland wird dieser auch als Universitatsrat Kuratorium Stiftungsrat oder Aufsichtsrat bezeichnet Hochschulrate sind ein vergleichsweise neuartiges Element in der Hochschulverwaltung und werden in der Regel mehrheitlich mit Hochschulexternen besetzt Als Begrundung fur die Einfuhrung der Hochschulrate wird als Zielideal angegeben strategische Kompetenzen und Aufgaben bei dem Hochschulrat operative bei der Hochschulleitung und legislative bei dem hochschulinternen Senat anzusiedeln Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Merkmale und Kompetenzen 3 Struktur und Arbeitsweise 4 Rezeption 5 Situation in den Landern 6 Siehe auch 7 Literatur 8 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenDas Konzept im Falle des Aufsichtsrates auch der Begriff selbst stammt aus dem Bereich der Privatwirtschaft und lehnt sich in Teilen an Unternehmensstrukturen an Die Idee den Hochschulen ein am Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften orientiertes Kontrollgremium zur Seite zu stellen steht im Kontext von neuesten Stromungen auf dem Gebiet der Governance dabei insbesondere dem New Public Management 1 Die Einrichtung von Hochschulraten wurde von Vertretern der privaten Wirtschaft gefordert besonders deutlich vom Centrum fur Hochschulentwicklung der Bertelsmann Stiftung 2 sowie vom Stifterverband fur die Deutsche Wissenschaft 3 Die Idee eines hochschulratsahnlichen Organs wurde in Deutschland erstmals 1945 1948 und spater erneut in den 70er Jahren diskutiert Erste Einrichtungen der Hochschulrate die uber die Funktion der Beratung deutlich hinausgingen wurden durch das Sachsische Hochschulgesetz von 1993 ermoglicht In der Breite also fast alle Bundeslander ubergreifend wurden Hochschulrate nach der Vierten Novelle des Hochschulrahmengesetzes von 1998 eingefuhrt 4 Als Erfahrungsbeispiel und vorbild fur Hochschulrate werden von Befurwortern des Hochschulrates oftmals die governing boards bzw boards of trustees US amerikanischer Hochschulen genannt deren Machtfulle jedoch aufgrund der abweichenden Rolle des Staates im tertiaren Sektor nicht ubernommen wurde 5 In jungerer Zeit sind zunehmende Anderungen an den Hochschulraten so Baden Wurttemberg Hamburg Nordrhein Westfalen im Zuge neuer Hochschulgesetze zu beobachten die teilweise Korrekturen an vorherigen Befugnissen aber auch neue Zustandigkeiten mit sich bringen Deutlich wird vor allem dass die Senate gegenuber dem Hochschulrat wieder gestarkt werden vgl Schutz 2014 Merkmale und Kompetenzen BearbeitenDie Einbeziehung eines Hochschulrates in die Gremienstruktur lasst die bisherige Aufteilung der Kompetenzen zwischen akademischem Senat als der Legislative einerseits und Rektorat bzw Prasidium als der Exekutive andererseits meist recht weit hinter sich Zum einen gehoren den Hochschulraten oft uberwiegend hochschulexterne Personen an welche aus den Bereichen Wirtschaft Politik Kultur und hochschulexterne Wissenschaft kommen der Hochschulrat ist dadurch nicht mehr als Teil der unmittelbaren Selbstverwaltung im Sinne von Verwaltung einer Einrichtung durch Angehorige dieser Einrichtung zu betrachten zum anderen gehen heute schon teilweise Aufgaben die traditionell zu den Kernkompetenzen des akademischen Senats gehoren auf den Hochschulrat uber so zum Beispiel die Wahl des Rektors oder die Einrichtung und Schliessung von Studiengangen Ausserdem wirken die Rate teils am Fundraising mit 6 Grundsatzlich kommt den Hochschulraten eine beratende Funktion zu Hochschulrate durfen Vorschlage einbringen zu strategischer Ausrichtung Strukturveranderungen Prioritaten bei der Mittelverteilung Desideraten in Studium und Forschung u a Dabei sollen ausseruniversitare Perspektiven zum Tragen kommen um den Hochschulen mehr Relevanz in Forschung und Lehre zu verschaffen Inwiefern erbrachte Vorschlage verbindlich sind hangt von den Regelungen des Bundeslandes ab Baden Wurttemberg Hamburg und Nordrhein Westfalen haben jungst eine Rechenschaftspflicht fur ihre Hochschulrate gegenuber Hochschule und Ministerium eingefuhrt Diese besteht derzeit jedoch nicht in allen Bundeslandern Struktur und Arbeitsweise BearbeitenDa in Deutschland die Hochschul Bildung Landersache ist sind die Hochschulrate der einzelnen Hochschulen unterschiedlich ausgestaltet Die Mehrheit der Mitglieder eines Hochschulrates stammt primar aus den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft 7 Die Personalstruktur der Hochschulrate wurde empirisch intensiv betrachtet Schutz amp Robken 2013 haben im Rahmen nahezu einer Vollerhebung die Hochschulrate der deutschen Universitaten und universitar gleichrangigen Hochschulen bzw Spezialuniversitaten anhand aktueller Daten untersucht Dabei wurden die Biografien und Berufe der Ratsmitglieder ausgewertet 70 der Mitglieder gehoren nicht zu der betroffenen Hochschule und ein Funftel der Gremien wird ausschliesslich extern besetzt 47 der Ratsmitglieder kommen aus anderen Hochschulen oder akademischen Organisationen Die weitere Offentlichkeit z B Sozialverbande Kirchen Kultur umfasst etwa 11 Wahrend Wissenschaftler signifikant haufiger an klassischen Universitaten tatig werden kommen auf Technische und Wirtschaftshochschulen entsprechend zahlreicher Mitglieder aus dem Management 42 der Mitglieder gehoren den Sozial und Geisteswissenschaften an 37 kommen aus den Natur und Ingenieurwissenschaften sowie 6 aus Wirtschafts und 5 Rechtswissenschaften vgl Schutz Robken 2013 Rezeption BearbeitenJorg Bogumil et al kommen zu diesen Vorwurfen in ihrer von der Hans Bockler Stiftung herausgegebenen Studie von Ende 2007 zu dem Schluss dass sich die Zusammensetzung der Hochschulrate je nach Hochschulart signifikant unterscheide Wirtschaftsvertreter hatten laut der Studie eine einflussreiche allerdings auch keine dominierende Rolle in den Hochschulraten inne An Universitaten spielen neben diesen vor allem Personen aus dem Bereich Wissenschaft eine signifikante Rolle Fachhochschulen und Technische Universitaten sind in ihrer Besetzungspolitik dagegen eindeutig wirtschaftsnaher Gewerkschaftliche Mitglieder sind in den bundesdeutschen Hochschulraten mit 3 dagegen nur marginal vertreten und damit ihrem gesellschaftspolitischen Stellenwert entsprechend deutlich unterreprasentiert 8 Die Befurworter von Hochschulraten vom Centrum fur Hochschulentwicklung der Bertelsmann Stiftung widersprechen den Vorwurfen und entgegnen der Kritik dass es Fehler gebe aber der Erfolg der neben einer komplementaren Aufgabenzuweisung an die Hochschulgremien vor allem von einer konstruktiven Umsetzungspraxis abhange bereits sichtbar sei die Hochschulrate in Deutschland funktionieren vielleicht noch nicht uberall perfekt aber sind auf dem Weg ein Erfolg zu werden 9 Situation in den Landern BearbeitenBaden Wurttemberg Nach dem neuen LHG 2014 wurden die sog Aufsichtsrate wieder zu Hochschulraten umgebildet siehe 20 LHG BW Bayern Hochschulrate bestehen aus den Mitgliedern des Senats und zehn Personlichkeiten aus Wissenschaft und Kultur und insbesondere aus Wirtschaft und beruflicher Praxis Art 26 Abs 1 Satz 1 BayHSchG sind also paritatisch aus hochschulinternen und externen Mitgliedern besetzt Berlin das Gesetz sieht ein Kuratorium vor das aus 8 internen sowie 14 externen Mitgliedern besteht allerdings nutzen alle Berliner Hochschulen die Erprobungsklausel zur Umsetzung alternativer Modelle Brandenburg Es besteht ein hochschulubergreifender Landeshochschulrat Bremen Gesetzlich sind keine Hochschulrate vorgesehen Private Hochschulen haben teilweise vergleichbare Gremien sog Boards Hamburg Das Gesetz sieht einen Hochschulrat aus 9 UHH und HAW Hamburg bzw 5 an den ubrigen Hochschulen Mitgliedern vor Hessen Vorgesehen ist ein rein extern besetzter Hochschulrat mit bis zu 11 Mitgliedern Mecklenburg Vorpommern Die Bildung eines Hochschulrates ist laut Landeshochschulgesetz Fassung vom 25 Januar 2011 eine Kann Bestimmung Dieser Hochschulrat muss rein extern besetzt werden Er hat eine beratende Funktion Niedersachsen Die Hochschulen des Landes verfugen uber einen mehrheitlich extern besetzten Hochschulrat mit je 7 Mitgliedern Die Stiftungshochschulen des Landes verfugen uber einen analog besetzten Stiftungsrat Nordrhein Westfalen Das Gesetz verlangt dass der Hochschulrat min 6 und max 12 Mitglieder umfasst sowie mindestens halftig extern besetzt ist Rheinland Pfalz der Hochschulrat umfasst 10 Mitglieder und ist halftig extern bzw intern besetzt Saarland der Universitatsrat umfasst sieben externe Mitglieder Sachsen Mit dem Sachsischen Hochschulfreiheitsgesetz vom 10 Dezember 2008 wurden auch in Sachsen Hochschulrate eingefuhrt Dem Gesetz nach bestehen die Hochschulrate aus 5 7 9 oder 11 Personen wobei bis auf zwei alle Hochschulexterne sein mussen Das fuhrt dazu dass die Hochschulrate in Sachsen vor allem mit hochschulbetriebsfernen Personen besetzt sind Die naheren Aufgaben des Gremiums regelt 91 des Sachsischen Hochschulgesetzes Sachsen Anhalt Das Kuratorium umfasst funf externe Mitglieder Schleswig Holstein Im Zuge der Novelle des Hochschulgesetzes sind die Hochschulrate wieder fur jede Hochschule einzeln zustandig Nach dem alten Gesetz bestand ein Universitatsrat der Universitaten Flensburg Kiel und Lubeck Alle Gremien sind rein extern besetzt Thuringen Hochschulrate mussen gemass 32 Abs 3 ThurHG entweder zu zwei Dritteln oder vollstandig jeweils bezogen auf die stimmberechtigten Mitglieder aus hochschulexternen Mitgliedern bestehen Siehe auch BearbeitenLandeshochschulgesetzLiteratur BearbeitenA Borgwardt Hochschulrate und Hochschulsteuerung Zwischen Beratung und Kontrolle Bonn 2013 T Horst Zur Verfassungsmassigkeit der Regelungen des Hochschulgesetzes NRW uber den Hochschulrat Hamburg 2010 M Schutz Reorganisation der Hochschulrate In Die Neue Hochschule 55 4 2014 S 126 129 M Schutz amp H Robken Hochschulrate eine empirische Bestandsaufnahme ihrer Zusammensetzung In Die Hochschule Journal fur Wissenschaft und Bildung 21 2 2013 S 96 107 M Schutz amp H Robken Alle Jahre wieder Die neue alte Diskussion um den Hochschulrat zgl als Year After Year The New Old Debate on the University Council In Das Hochschulwesen 59 6 2012 S 146 153 Thomas Schmidt Deutsche Hochschulrate Begriff Darstellung und rechtliche Analyse Frankfurt am Main Berlin Bern Bruxelles New York Oxford Wien Lang 2004 zugleich Dissertation Universitat Koln 2002 ISBN 3 631 52147 2 Reihe Kolner Schriften zu Recht und Staat Band 17 Einzelnachweise Bearbeiten Jorg Bogumil Rolf G Heinze Stephan Grohs Sascha Gerber Hochschulrate als neues Steuerungsinstrument Eine empirische Analyse der Mitglieder und Aufgabenbereiche Abschlussbericht der Kurzstudie Dezember 2007 S 14 che de PDF 96 kB Zehn CHE Anforderungen an ein Hochschulfreiheitsgesetz in NRW 2005 stifterverband de 1 2 Vorlage Toter Link www stifterverband de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2018 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Best Law Worst Law Hochschulgesetze der Lander auf dem Prufstand 2002 Britta Behm Ulrich Muller Erfolgsfaktoren fur Hochschulrate in Volker Meyer Guckel Mathias Winde und Frank Ziegele Hrsg Handbuch Hochschulrate Denkanstosse und Erfolgsfaktoren fur die Praxis PDF 2 9 MB Essen 2010 S 26f Abgerufen am 25 Februar 2011 Ralph P Muller Eiselt Hochschulrate im internationalen Vergleich in Volker Meyer Guckel Mathias Winde und Frank Ziegele Hrsg Handbuch Hochschulrate Denkanstosse und Erfolgsfaktoren fur die Praxis PDF 2 9 MB Essen 2010 S 106 129 Abgerufen am 25 Februar 2011 Handelsblatt Die unkontrollierte Macht der Manager an den Unis 10 September 2010 Jorg Bogumil Rolf G Heinze Stephan Grohs Sascha Gerber Hochschulrate als neues Steuerungsinstrument Eine empirische Analyse der Mitglieder und Aufgabenbereiche Memento des Originals vom 4 November 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe 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