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Gramadevata Sanskrit ग र मद वत gramadevata Dorfgottheit aus grama Dorf dorfliche Siedlung und devata Gottheit ist in der ublicherweise dem Hinduismus zugeordneten indischen Volksreligion eine lokale Schutzgottheit im landlichen Indien die zu einer Dorfgemeinschaft gehort Es handelt sich dabei haufig um eine weibliche Gottheit die von Brahmanen nicht verehrt wird Sie tritt in unterschiedlichen Formen Namen und Eigenschaften auf 1 Sie sind sowohl Schutz als auch Muttergottheit des jeweiligen Dorfes oder einer ganzen Region Meistens geniesst sie besonders bei unteren Kasten und weiblichen Anhangern Verehrung Die Beziehung zwischen Dorfgottheit und Bewohnern ist personlicher und direkter als es bei den grossen Gottheiten der Fall ist Wahrend diese als weit weg in himmlischen Spharen vorgestellt werden und unzuganglich sind lebt die Gottin auf der Erde mitten im Dorf oder in Baumen und ist den Menschen so stets nah und zuganglich Sie werden nicht durch Sanskrittexte sondern durch eigene lokale Sprachen und Textgattungen beispielsweise den aus Bengalen bekannten beruhmten Mangal kavyas auf Bengali verehrt die die Gottin preisen die Einfuhrung ihrer Verehrung sowie ihren Aufstieg schildern oftmals auch in Gedichten und Volkssagen Vielfach gehen diese auf eine lange mundliche Tradition zuruck Teilweise haben Gramadevatas unterschiedliche Namen aber ahnliche Merkmale es konnen auch Gruppen von Gottern gleiche oder ahnliche Ursprungsmythen haben und viele unterscheiden sich von den allgemein hinduistischen Gottheiten wie Shiva Vishnu oder Lakshmi durch ihre Darstellung Andere wiederum gelten als Lokalformen dieser panindischen Gotter 1 obwohl sie nicht unbedingt viel Gemeinsamkeit mit ihnen haben mussen Es handelt sich dabei lediglich um einen Versuch die Gottin fur neugierige Aussenseiter zuganglich zu machen und sie an die grosse Gottin anzugleichen und sie in ein allumfassendes religioses panhinduistisches Universum einzufugen Dies steht fur den regen fruchtbaren Austausch zwischen grosser und kleiner Tradition den es immer schon gab Haufig werden die kleineren Gottheiten in den grossen Traditionen als Erscheinungsform einer Gottheit ubernommen und statt der ublichen Blutopfer die im brahmanischen Ritual streng verboten sind Ahimsa mit Substitutionsopfern wie beispielsweise dem Kopfen von Kokosnussen verehrt Unter den Gramadevatas gibt es mehr weibliche als mannliche Gottheiten besonders in Tamil Nadu und Odisha Diesen Gottinnen wird haufig ein mannliches Blutopfer Bali das vor ihrem Schrein enthauptet wird dargebracht um sie zu besanftigen damit sie von ihrem Zorn ablassen und das Dorf verschonen 1 Dabei werden die Opfer oft als Verkorperung des Ehemannes der Gottin aufgefasst der sie gedemudigt hat und so gebandigt wird Sie sind also als ein Akt der Emanzipation zu verstehen Im Gegensatz zu den grossen Gottinnen gelten sie als selbstbewusst dominant aggressiv unabhangig wild launisch ungestum gefahrlich gewaltsam unberechenbar zornig blutrunstig unbezahmbar eigenwillig heftig fordernd und zerstorerisch Sie gelten im Allgemeinen als unverheiratet obwohl sie teilweise mannliche Begleiter oder Partner und Bewacher haben Speziell im Suden Indiens gelten diese jedoch uberwiegend als Wachter und Beschutzer ihrer Schreine die ihre Befehle ausfuhren und sind ihnen gegenuber stark unterwurfig untergeordnet und eindeutig unterlegen Vielmehr ist das Dorf der eigentliche Partner der Gottin mit dem sie in einem eheahnlichen Verhaltnis lebt ja verheiratet ist Dorf und Gottin bilden eine untrennbare Einheit und sind aufeinander angewiesen sind aneinander gebunden und erhalten sich gegenseitig Bei Festen zu Ehren der lokalen Gottheiten wird die Dorfgottin oft mit dem Oberhaupt und Reprasentanten des Dorfes symbolisch verheiratet Jede Siedlung kann eine oder mehrere Gramadevatas haben unabhangig von ihrer Grosse Es gibt mehr Dorfgottheiten als Dorfer in Indien das seit jeher immer eine Dorfkultur war Einige gehoren nur zu einer einzelnen Siedlung andere sind regional verbreitet Im Unterschied zu den panindischen Gottern sind die Gramadevatas Teil des taglichen Lebens und es besteht eine enge Beziehung zwischen den Gramadevatas und ihren Verehrern wahrend die orthodoxen Gottheiten die mehr mit bestimmten Zyklen und Rhythmen des Universums in Verbindung stehen oft nur angerufen werden wenn es erforderlich ist 2 Die Gramadevatas stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit der Bewohner und bilden fur sie die weitaus wichtigsten mythologischen Gestalten Sie werden mit weit grosserer Intensitat als die grossen Mainstream Gottheiten des Hinduismus verehrt die fur die Dorfbewohner nur eine sehr untergeordnete und geringe Rolle spielen und oftmals befinden sich nicht einmal Schreine dieser Gottheiten in der Nahe des Dorfes Stattdessen betrachten sie die Lokalgottin als ihre Gottin die sie lieben Im Zentrum der Verehrung steht dabei nicht das Individuum und deren Wunsche wie bei den Mahadevis sondern stets das Wohlergehen des Kollektivs des Dorfes als solches sowie seiner Einwohner das der Gottin am Herzen liegt Es geht also immer um ortliche und existentielle Bedurfnisse des Dorfes Dabei werden Fremde die nicht zum Dorf gehoren oftmals vom Ritual ausgeschlossen damit sie nicht von der Kraft der Gottin profitieren die ja eigentlich fur das Dorf und seinen Einflussbereich bestimmt ist Eine weitere Besonderheit ist dass im Gottesdienst der Dorfgottheiten im Gegensatz zu dem der grossen Gottinnen bei dem oft nur bestimmte Kasten beteiligt sind das ganze Dorf teilhat mitunter sogar Brahmanen und Muslime Auch besteht ein gewisser Austausch zwischen den verschiedenen Kasten Wahrend die Feste der Mahadevis also viel individueller sind scheint die Festtagskultur der kleinen Gottheiten also stets kollektiv zu sein und das ganze Dorf mit einzubeziehen Gramadevatas stehen in engem Zusammenhang mit Krankheit plotzlichem Tod Seuchen Katastrophen und Ungluck des Dorfes die oft als Strafe der Gottin fur eine Vernachlassigung ihres Kultes oder falsche Verehrung aufgefasst werden Oft haben sie ein ambivalentes Wesen und sind sowohl Ursache als auch Heilung einer bestimmten Krankheit vor der sie auch beschutzen konnen Eng mit dem Kult der Dorfgottheiten verbunden sind Besessenheit Trance Traume Visionen und Ekstase Oft agieren Menschen von denen die Gottin Besitz ergreift als Medium und Orakel Der besondere Platz der Gottin ist das Dorf Der Ursprung der Dorfgottheit wird vor Entstehung des Dorfes angenommen oft gelten sie als Mutter Herrin Gebieterin amma und Grunderin des Dorfes die es geboren haben Zeitlich gehen sie dem Dorf also voraus Sie sind sowohl Ursprung als auch Mittelpunkt des Dorfes Es gilt als ihr Besitz und die Dorfbewohner als ihre Kinder Zwischen Dorf und Gramadevata besteht ein sehr enger Zusammenhang beide sind voneinander abhangig Die Gottin fordert Verehrung der Dorfbewohner im Gegenzug gewahrt sie gute Ernte Fruchtbarkeit rechtzeitigen Regen Heilung Schutz vor Krankheiten plotzlichem Tod und Damonen Der Wirkungs und Machtbereich der Gottheit umfasst nur das Dorf und seine Bewohner Sobald die Bewohner das Dorf verlassen unterstehen sie weder Einflussbereich noch Schutz der Gottin Dorfgottheiten werden haufig nicht in anthropomorpher Form sondern als roter runder unbehauener Stein in einem Baum als Wasserkrug oder an einem kleinen Schrein ohne Bildnis verehrt Zu festlichen Anlassen erstellen die Dorfbewohner in Abbilder der Gottheiten aus Erde um sie wahrend dieser Zeit vorubergehend im Tempel unterzubringen und darzustellen Oft wird dabei nur der Kopf der Gottin dargestellt der auf dem Boden platziert wird wahrend das Dorf als Ganzes als Korper der Gottin gilt oder sie fest in der Heimaterde des Dorfes verankert ist Die Dorfbewohner und das Dorf selbst leben dann quasi in oder auf dem Korper der Gottin Haufig werden Schreine oder Symbole der Gottheit am Dorfrand und Eingang aufgestellt um Fremde Damonen bose Geister und Eindringlinge fernzuhalten und zu vertreiben Haufig sind Gramadevatas ganzen Regionen bekannt wie beispielsweise Manasa im Norden Indiens und Mariyamman im Suden Andere Dorfgottinnen konnen ausserhalb des Dorfes vollig unbekannt sein Im Zentrum der Mythologie der weiblichen Dorfgottheiten steht oft ihre ungerechte demutigende und entwurdigende Behandlung durch einen Mann der sie betrogen verraten oder verlassen hat Siehe auch BearbeitenShitala Shashthi Minakshi Jagannath KamakshiLiteratur BearbeitenDenise Cush Catherine Robinson Michael York Hrsg Encyclopedia of Hinduism Routledge London 2008 ISBN 978 0 7007 1267 0 David R Kinsley Hindu Goddesses Visions of the Divine Feminine in the Hindu Religious Tradition University of California Press Berkeley Los Angeles London 1988 ISBN 0 5200 6339 2 village goddesses Kapitel 13 S 197 211Einzelnachweise Bearbeiten a b c Cush Robinson York Hrsg Encyclopedia of Hinduism Routledge London 2008 S 177 Cush Robinson York Hrsg Encyclopedia of Hinduism Routledge London 2008 S 178 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gramadevata amp oldid 221131292