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Das Glaser Verfahren oder Diagramm ist ein Verfahren der Bauphysik mit dem man ermittelt ob und wo in einer Baukonstruktion Tauwasser anfallt Benannt ist es nach seinem Erfinder Helmuth Glaser Die Entwicklung geschah zu einer Zeit als computergestutzte Analysen noch nicht in dem heute ublichen Umfang moglich waren und war daher als tabellarisch grafisches Verfahren konzipiert das rasch und mit einfachen Rechenoperationen Ergebnisse liefert Inhaltsverzeichnis 1 Internationale Normen 2 Grundlagen 2 1 Interpretation der Ergebnisse 2 2 Einschrankungen des Verfahrens 3 Verfahrensweise 3 1 Eingangsdaten 3 2 Berechnungsverfahren 3 3 Grafisches Verfahren 4 Alternative Verfahren zum Feuchtenachweis 4 1 Naherungsverfahren 4 2 Simulationsverfahren 5 Literatur 6 WeblinksInternationale Normen BearbeitenIn Deutschland ist das Glaser Verfahren in der DIN 4108 3 als Feuchtenachweis genormt Berechnungsalgorithmus und grafisches Verfahren In Osterreich kommt die ONORM B 8110 Teil 2 Wasserdampfdiffusion und Kondensationsschutz zur Anwendung Fur die Schweiz gilt die Schweizer Norm SIA 180 Warme und Feuchteschutz im Hochbau 1999 Grundlagen BearbeitenDas Glaser Verfahren dient der naherungsweisen Ermittlung von Feuchtigkeitsanreicherung durch Diffusion in Gebaudebauteilen Dabei wird von standardisierten Randbedingungen ausgegangen Die Klimabedingungen werden entsprechend dem technischen Regelwerk so gewahlt dass sie eine konservative Naherung der realen Verhaltnisse sind Wahrend der Kondensations oder Tauperiode im Winter Aussenklima 5 C und 80 rel F Innenklima 20 C und 50 rel F Dauer 90 Tage reichert sich bei den meisten Konstruktionen eine Kondensatmenge im Bauteil an Diese Tauwassermenge muss in der Verdunstungsperiode im Sommer Klima innen und aussen 12 C und 70 rel F Dauer 90 Tage wieder austrocknen Interpretation der Ergebnisse Bearbeiten Ist die Tauwassermenge kleiner als 1 kg m bei kapillar nicht wasseraufnahmefahigen Schichten 0 5 kg m bei Holzbauteilen Sonderregelungen und die Verdunstungsmenge im Sommer grosser als die Tauwassermenge im Winter dann kann im Wesentlichen von einer bauschadensfreien Konstruktion ausgegangen werden Verbleibt jedoch am Ende der Verdunstungsperiode ein noch so geringer Tauwasserrest im Bauteil kann sich dieser uber viele Jahre hinweg unbemerkt zu einer Menge aufsummieren die fast unweigerlich zu schweren Bauschaden aufgrund von Durchfeuchtung fuhren wird Einschrankungen des Verfahrens Bearbeiten Die vereinfachten Annahmen berucksichtigen nicht Feuchtespeicherung im Material sie wird als unbegrenzt angenommen Wassertransportvorgange auch kapillar in Materialien Feuchteleitfahigkeit Wasserdampf welcher durch Luftstromung in Fugen z B aufgrund von schadhaften Luftdichtungsebenen in Dach und Wandkonstruktionen in die Konstruktion eindringen und dort als zusatzliches Tauwasser kondensieren kann Die Abhangigkeit des Rechenwertes der Warmeleitfahigkeit l von der momentanen Bauteilfeuchte die sich durch den Wasserdampfdiffusionsstrom im Bauteil erhohen kann Aufgrund dieser Einschrankungen des klassischen Tauwassernachweises nach dem Glaser Verfahren werden heute vermehrt rechnergestutzte Simulationen herangezogen die auch den instationaren Bedingungen Rechnung tragen Dies empfiehlt sich insbesondere wenn eine Konstruktion nach dem Glaser Verfahren als kritisch im Hinblick auf Tauwasser einzuschatzen ist Beim Glaser Verfahren handelt es sich um ein eindimensionales Verfahren bei dem Randeinflusse analog den Warmebrucken nicht berucksichtigt werden Der Bereich der Randeinflusse entspricht etwa der diffusionsaquivalenten Lange der beteiligten Schichten Damit ist es nicht fur die Berechnung eines Schichtaufbaus geeignet bei dem der Randbereich grosser als die zu untersuchende Flache ist wie das z B oft bei Grundachern der Fall ist Verfahrensweise BearbeitenEs gibt neben dem ursprunglichen grafischen Losungsweg auch einen rechnerischen Beide liefern die gleichen Ergebnisse und benotigen die gleichen Daten Eingangsdaten Bearbeiten Folgende Daten der Baukonstruktion werden benotigt Angaben zur Konstruktion Schichtenaufbau des Bauteils die Schichtdicken der einzelnen Bauteilschichten d 1 displaystyle d 1 nbsp d n displaystyle d n nbsp von innen nach aussen Materialkennwerte die einzelnen werkstoffspezifischen Bemessungswerte der Warmeleitfahigkeit aller verwendeten Materialien l1 displaystyle 1 nbsp ln displaystyle n nbsp von innen nach aussen die einzelnen werkstoffspezifischen Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen aller verwendeten Materialien m 1 displaystyle mu 1 nbsp m n displaystyle mu n nbsp Klimarandbedingungen fur Deutschland aus DIN 4108 3 nach Region und Gebaudetyp zu wahlende Randbedingungen Innen und Aussentemperatur 8i 8e Relative Luftfeuchtigkeit innen fi und aussen feAngaben zur Einbausituation daraus abgeleitet und in tabellarischer Form der Norm zu entnehmen die Warmeubergangswiderstande innen R s i displaystyle R si nbsp und aussen R s e displaystyle R se nbsp Berechnungsverfahren Bearbeiten Details dieses Verfahrens und alle relevanten Gleichungen sind der DIN 4108 3 zu entnehmen Die grundlegenden Arbeitsschritte fur die Abschatzung des auftretenden Kondensats in der Kondensationsperiode Winter sind Berechnung des Temperaturprofils innerhalb der Konstruktion mit Hilfe der Warmedurchlasswiderstande der Schichten und der Umgebungstemperaturen Berechnung des Sattigungsdampfdruckprofils aus dem Temperaturprofil d h Bestimmung der Sattigungsdampfdrucke an allen Schichtgrenzen aus den jeweils dort herrschenden Temperaturen Berechnung der Umgebungsdampfdrucke zu beiden Seiten der Konstruktion aus den anliegenden Umgebungstemperaturen und feuchten Berechnung des Dampfdruckprofils durch die Konstruktion mit Hilfe der Wasserdampfdiffusionswiderstande und Umgebungsdampfdrucke d h Bestimmung der Dampfdrucke an allen Schichtgrenzen Unterscheidung von verschiedenen Fallen Der Dampfdruck erreicht uberschreitet an keiner Schichtgrenze den Sattigungsdampfdruck kein Kondensat Der Sattigungsdampfdruck wird an einer Schichtgrenze erreicht uberschritten Kondensatebene Der Sattigungsdampfdruck wird an mehreren Schichtgrenzen erreicht uberschritten Kondensationsbereich Falls Kondensat auftritt wird jetzt der Dampfstrom von der Wandinnenseite bis zur ersten Kondensationsebene berechnet Dann der Dampfstrom von der aussersten Kondensatebene nach aussen Die Differenz der Dampfstrome ist die Menge des anfallenden Kondensats pro Zeitspanne Multiplikation mit der Dauer der Kondensationsperiode ergibt die Gesamtmenge des anfallenden Kondensats Nach Berechnung der Kondensatmenge kann mit ahnlicher Vorgehensweise die potentielle Verdunstungsmenge im Sommer bestimmt werden Fur den Feuchteschutznachweis nach DIN 4108 3 sind folgende Kriterien einzuhalten Kondensatmenge muss kleiner als potentielle Verdunstungsmenge sein Kondensatmenge darf einen Grenzwert abhangig von der Art der Konstruktion nicht uberschreiten Grafisches Verfahren Bearbeiten nbsp Beispiel eines Glaserdiagramms nbsp Glaserdiagramm ohne TauwasseranfallZunachst werden in tabellarischer Form die Daten des Bauteils erfasst Fur jede Schicht wird eine Zeile angelegt in deren Spalten die Eigenschaften dieser Schicht beschrieben und berechnet werden Schicht Nr Materialbeschreibung Schichtdicke d in Metern Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl µAus Schichtdicke und Wasserdampfdiffusionswiderstandszahl errechnet sich fur jede Schicht die wasserdampfdiffusionsaquivalente Luftschichtdicke sd in Metern Dieser Wert sagt aus wie dick eine Luftschicht sein musste um dem Diffusionsstrom den gleichen Widerstand entgegenzusetzen wie die Bauteilschicht mit ihren konkreten Abmessungen und Eigenschaften Es folgt der Bemessungswert der Warmeleitfahigkeit l als Materialkennwert fur jede Schicht Der Quotient aus Dicke und Warmeleitfahigkeit ergibt den Warmedurchlasswiderstand R der Schicht welcher in die darauf folgende Spalte eingetragen wird Erganzt durch die Warmeubergangswiderstande Rsi und Rse ergibt sich aus der Addition der einzelnen Warmedurchlasswiderstande der Warmedurchgangswiderstand RT dessen Kehrwert U als Warmedurchgangskoeffizient der sogenannte U Wert vormals k Wert des Bauteils ist der zur Beurteilung des Warmeschutzes eines Bauteils herangezogen wird Aus der Differenz von Innen und Aussentemperatur sowie dem Warmedurchgangswiderstand des Bauteils ermittelt man nach der Formel q 8 i 8 a R T displaystyle q frac theta i theta a R T nbsp die Warmestromdichte q in W m mit deren Hilfe sich nun ein Temperaturprofil durch das Bauteil jeweils an den Schichtgrenzen errechnen lasst Da vereinfacht betrachtet jeder Temperatur ein bestimmter Sattigungsdampfdruck entspricht kann mit Hilfe einer vorberechneten Tabelle Wasserdampftafel oder mit einer Naherungsformel nun das Sattigungsdampfdruckprofil durch das Bauteil erstellt werden ebenfalls jeweils an den Schichtgrenzen Der Verlauf beider Profile wird in ein Diagramm eingezeichnet als gemeinsame x Achse dient die wasserdampfdiffusionsaquivalente Luftschichtdicke als hygrischer Massstab Die Sattigungsdampfdrucke P s displaystyle P s nbsp sind in Pascal Pa auf der Y Achse abzutragen Um einen zu erwartenden Tauwasserausfall nachzuweisen werden nun die anhand der relativen Luftfeuchten und der Lufttemperaturen ermittelten Partialdampfdrucke in Pa fur das Innen und Aussenklima an Innen und Aussengrenze des Bauteils eingezeichnet Da die einzelnen Materialschichten nicht mit ihrer physikalischen Dicke sondern mit einer ihrem s d displaystyle s d nbsp Wert entsprechenden Dicke eingezeichnet sind wurde ein ungestortes Dampfdruckprofil in diesem Diagramm sich einfach als Gerade zwischen den beiden Randwerten ergeben Gelingt es nun diese beiden Punkte mit einer Geraden zu verbinden ohne dass das Sattigungsdampfdruckprofil geschnitten wird ist das Bauteil tauwasserfrei Ist diese Verbindung nicht moglich stelle man sich vor die beiden Punkte seien mit einem durchhangenden Seil verbunden Nun strafft man das gedachte Seil bis es sich von unten an die storenden Knickpunkte des Profils anschmiegt und die Seilabschnitte zu Geraden werden An den Schichtgrenzen oder in den Bereichen bei denen das Seil das Sattigungsdampfdruckprofil des Bauteils beruhrt fallt Tauwasser aus Seilregel Da die Neigung der Tangenten in diesem Diagramm die Diffusionsstromdichte angibt kann aus dem Winkel der einzelnen Seilabschnitte zueinander die ausfallende Tauwassermasse direkt abgeschatzt oder ermittelt werden In einem zweiten Glaserdiagramm mit den klimatischen Randbedingungen der Verdunstungsperiode wird nachgewiesen ob die Tauwasserbildung als unschadlich im Sinne der Norm betrachtet werden kann Das Glaserdiagramm dient zur Beurteilung des Tauwasserausfalls in Bauteilen Es dient als Alternative zur Berechnung nach dem Glaser Verfahren Zur Erstellung des Glaserdiagramms wird das Bauteil in ein kartesisches Achsensystem eingefugt Fur definierte Klimabedingungen wird der Temperaturverlauf in dem zu untersuchenden Bauteil errechnet Zu den Temperaturen an den Oberflachen und Trennschichten werden Wasserdampfsattigungsdruck und Wasserdampfpartialdruck ermittelt und der Verlauf der Wasserdampfdruckkurven uber der wasserdampfdiffusionsaquivalenten Luftschichtdicke grafisch dargestellt Anhand der Kurvenverlaufe kann festgestellt werden ob und in welchem Bereich des Bauteils Tauwasser anfallt Dabei ist zu beachten dass zwar der Temperaturverlauf innerhalb einer homogenen Schicht linear verlauft nicht aber der Sattdampfdruck Es mussen daher zur korrekten Berechnung des Partialdruckverlaufs bei Kondensationszonen die Tangenten an die Sattdampfkurve gelegt werden Eine Naherung ist im Rahmen der Genauigkeit der Basiswerte zulassig Kondensationsenthalpie und Verdunstungskalte bleiben in der derzeitigen Normung unberucksichtigt Dasselbe gilt fur den Feuchtetransport durch Sorption Einige Verfahren berucksichtigen aber die Haufigkeitsverteilung der Aussentemperatur uber die Befeuchtungsperiode Das Rechenverfahren und seine Anwendung werden in der Energieeinsparverordnung umfassend erlautert Alternative Verfahren zum Feuchtenachweis BearbeitenBei kritischen Konstruktionen wie etwa starker Innendammung von Aussenwanden und Einsatz feuchtespeichernder und leitender Materialien sind die Aussagen des Glaser Verfahrens ungenau da Feuchtespeicherung und leitung den Feuchtehaushalt einer Wandkonstruktion positiv beeinflussen konnen Es gibt verschiedene stationare und instationare Verfahren welche eine genauere Abschatzung von Feuchteakkumulation und austrocknung erlauben Naherungsverfahren Bearbeiten Die Software COND des Dresdner Instituts fur Bauklimatik fuhrt ein analytisches Abschatzungsverfahren durch welches die Speicherung und kapillare Ausbreitung des Kondensats aufgrund von Erfahrungswerten berucksichtigt Simulationsverfahren Bearbeiten Fur detailliertere Betrachtungen von kritischen Konstruktionen konnen Simulationsprogramme verwendet werden wie etwa die Programme WUFI Warme und Feuchte instationar des Fraunhofer Institut fur Bauphysik Holzkirchen oder Delphin des Instituts fur Bauklimatik der TU Dresden Diese Programme simulieren Warme und Feuchtigkeitstransportvorgange in Bauteilen durch Diffusion und kapillare Leitfahigkeit unter Berucksichtigung klimatischer Randbedingungen und bieten bei Verwendung entsprechender Materialkennwerte realitatsnahe Ergebnisse Literatur BearbeitenH Glaser Vereinfachte Berechnung der Dampfdiffusion durch geschichtete Wande bei Ausscheidung von Wasser und Eis In Kaltetechnik 10 H 11 1958 S 358 364 Teil 1 H 12 S 386 390 Teil 2 O W Wetzell Hrsg Wendehorst Bautechnische Zahlentafeln 25 Auflage Stuttgart 1991 S 140 163 H M Kunzel Dampfdiffusionsberechnung nach Glaser quo vadis In IBP Mitteilung 26 Nr 355 1999 online 64 KB R Borsch Laaks Jenseits von Glaser In die neue quadriga 5 2003 ONORM B 8110 Teil 2 Wasserdampfdiffusion und Kondensationsschutz Peter Lutz Lehrbuch der Bauphysik Vieweg Teubner Verlag Wiesbaden 2002 ISBN 3 519 45014 3 S 393 f Anlagenmechanik fur Sanitar Heizungs und Klimatechnik Tabellen Westermann Verlag ISBN 978 3 14 225039 7Weblinks BearbeitenWebseite des Feuchtebemessungsprogramms COND Webseite des Instituts fur Bauklimatik der TU Dresden Bereich Bauphysik Software Ausfuhrliche Beispiel Rechnung auf der Webseite Projekt Baudenkmal ISSN 2509 8403 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Glaser Verfahren amp oldid 230451768