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Das Gesellschaftswissenschaftliche Grundstudium war in der DDR fur alle Studenten obligatorisch Dazu gab es ab 1951 an allen Universitaten und Hochschulen ein Institut fur Marxismus Leninismus nach der 3 Hochschulreform 1967 umbenannt in Sektion fur Marxismus Leninismus ML oder zumindest eine Abteilung fur ML Die ursprungliche Bezeichnung war Institut fur Gesellschaftswissenschaften 1 Die Einrichtungen waren die Trager der fur samtliche Studenten wissenschaftlichen Mitarbeiter Doktoranden und Hochschullehrer vorgeschriebenen marxistisch leninistischen Aus und Weiterbildung Mit dem Ende der realsozialistischen Diktaturen in Osteuropa nach den Revolutionen im Jahr 1989 wurden sie aufgelost Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Anfange 1 2 Institute fur Gesellschaftswissenschaften 1 3 Institute fur Marxismus Leninismus 1 4 Sektionen fur Marxismus Leninismus 2 Aufgaben 3 Mitarbeiter 4 Auflosung 5 Andere Lander 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAnfange Bearbeiten Nach der Wiedereroffnung von Universitaten in der SBZ 1945 fanden im Rahmen der Ersten Hochschulreform Demokratische Kurse durch Politiker und Wissenschaftler statt die einen antifaschistisch demokratischen Tenor hatten Auch Hochschuloffiziere der Roten Armee hielten in diesem Rahmen Vortrage Im Oktober 1946 wurde mit Unterstutzung der SMAD erstmals an einer deutschen Universitat in Jena ein Institut fur Dialektischen Materialismus gegrundet 2 Im Dezember 1946 erging an die Universitaten Leipzig Jena und Rostock der Befehl Nr 333 der SMAD zur Grundung Gesellschaftswissenschaftlicher Fakultaten Gewifak zur Kaderausbildung auf diesem Gebiet 3 Die drei Gewifak nahmen 1947 48 zusammen 400 Studenten an vorwiegend Studierende aus Arbeiterfamilien Daraus sollten nach sowjetischem Vorbild auch Lehrkrafte fur ein zukunftiges gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium fur alle Studenten ausgebildet werden Noch vor der DDR weiten Einfuhrung wurde das Gesellschaftswissenschaftliche Grundstudium auf Veranlassung der Rektorin Eva Altmann obligatorischer Bestandteil des Studiums an der Hochschule fur Planokonomie 4 Institute fur Gesellschaftswissenschaften Bearbeiten Im Rahmen der Zweiten Hochschulreform 1951 52 erschien die Verordnung uber die Neuorganisation des Hochschulwesens vom Februar 1951 Mit zentraler Steuerung durch ein Staatssekretariat fur Hochschulwesen wurden u a eingefuhrt ein gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium als Pflichtfach fur Studenten aller Fachrichtungen in der DDR unter anleitender Aufsicht eines Prorektors fur das Gesellschaftliche Grundstudium Der Unterrichtserfolg in Grundlagen des Marxismus Leninismus Politischer Okonomie und Dialektischem und Historischem Materialismus Diamat sollte kontrolliert werden durch Zwischenprufungen am Ende jeden Studienjahres und eine Abschlussprufung nach vier Jahren Zur Durchfuhrung des Grundstudiums wurden an allen Universitaten und Hochschulen Institute fur Gesellschaftswissenschaften eingerichtet Sie sollten sich gliedern in Abteilungen fur Grundlagen des ML der Politokonomie und des Diamat Es waren Planstellen zu schaffen fur einen Institutsdirektor weitere Professoren Dozenten Assistenten und Hilfsassistenten Die Professoren und Dozenten des Gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudiums sollten Mitglieder des Lehrkorpers der Hochschule sein Die SED hatte eine Grundorganisation an den Instituten Praktisch alle Hochschulkader der Institute waren Mitglieder der SED 1958 wurden auf Anordnung des Staatssekretariats aus den ML Dozenten in den verschiedenen Fakultaten Fakultatsabteilungen gebildet Institute fur Marxismus Leninismus Bearbeiten 1960 wurden die Institute fur Gesellschaftswissenschaften unter Beibehaltung ihrer Funktion in Institute fur Marxismus Leninismus umbenannt Sektionen fur Marxismus Leninismus Bearbeiten Die Dritte Hochschulreform der DDR mit dem Ziel des Umbaus zu sozialistischen Hochschulen erfolgte auf der Basis der Beschlusse des 6 Parteitags der SED 1963 Sie wurde 1965 eingeleitet und 1968 praktisch umgesetzt An den Universitaten und grossen Hochschulen wurden die Institutsstrukturen durch Sektionen ersetzt an kleineren Hochschulen blieben die Institute bestehen So entstanden auch Sektionen fur Marxismus Leninismus mit einem Sektionsdirektor an der Spitze Die Sektionen wurden im Allgemeinen dreigeteilt in Philosophische Okonomische und Historisch Politikwissenschaftliche Disziplinen Die Ordnung der Sektion ML der Universitat Jena forderte 1968 Das Grundlagenstudium als Zentrum der Klassenerziehung musse den ML in allen Bestandteilen systematisch parteilich praxisverbunden und lebendig bei konsequenter Auseinandersetzung mit der modernen imperialistischen Ideologie vermitteln 5 Aufgaben BearbeitenIm Herbst 1951 erfolgte die Einfuhrung eines obligatorischen gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudiums uber drei bis vier Studienjahre fur ausnahmslos alle Studenten an Universitaten und Hochschulen der DDR Trager dieser Aufgabe waren die Gesellschaftswissenschaftlichen Institute Abteilungen spater die Institute Sektionen fur ML Die Lehrveranstaltungen fanden in Form von prasenzkontrollierten Seminaren Kolloquien Konsultationen und Vorlesungen statt Dazu kam die Pflichtlekture von ML Literatur sowie Kontrollen durch Zwischen und Hauptprufungen Definitiv nicht bestandene Prufungen bedeuteten ebenso das Ende des Studiums wie bei Fachprufungen Inhaltlich sah das zentrale Lehrprogramm 1968 vor im 1 Studienjahr 60 Unterrichtsstunden Geschichte der Arbeiterbewegung im 2 Studienjahr 75 Stunden Dialektischer und Historischer Materialismus im 3 Studienjahr 90 Stunden Politische Okonomie und im 4 Studienjahr 45 Stunden Wissenschaftlicher Sozialismus 6 Die Einzelheiten wurden im Laufe der Jahre modifiziert 1971 wurde ein Minimum von 300 Stunden angesetzt das galt bis 1989 Regelmassig sollten auch die aktuellen Beschlusse der SED dargestellt werden Ab 1958 mussten auf dem Weg zur Promotion A in den verschiedenen Fachrichtungen auch ML Kurse durchlaufen werden Der Umfang sollte bei drei Stunden wochentlich liegen nach jedem Jahr hatte eine Leistungskontrolle zu erfolgen Vor der Promotion musste als Teil des Promotionsverfahrens der Nachweis der erworbenen ML Kenntnisse vor einem Prufungsausschuss der Sektion ML erfolgen 7 Daruber hinaus wurden von Mitarbeitern der IML die Dissertationsarbeiten durchgesehen und z B auf die obligate Auswertung sowjetischer bzw russischsprachiger Literatur uberpruft Mitarbeiter der IML waren auch bei den Verteidigungen der Dissertationen anwesend und stellten ihre Fragen Ab 1969 begann jedes Studienjahr ohne fachbezogene Lehrveranstaltungen mit einer Einfuhrungswoche Rote Woche bei der die IML die Verantwortung hatten mit Kurzlehrgangen Seminaren organisiertem Selbstudium Darstellung aktueller Beschlusse der SED Fuhrung und Interpretation der Weltlage Von der Universitat Jena 1967 angeregt fanden fur die Professoren und Hochschuldozenten aller Fachdisziplinen Marxistisch Leninistische Abendschulen MLA statt Sie stellten das Partei Lehrjahr fur Parteilose und Angehorige der anderen Blockparteien dar Die MLA fanden entweder monatlich oder zusammengefasst als Klausur Wochen mit ganztagigen Veranstaltungen statt Dabei wurden von den leitenden IML Mitarbeitern auch Informationen mitgeteilt die nicht fur die breite Offentlichkeit bestimmt waren Die sich daraus ergebenden teils angeregten Diskussionen erlaubten sich ein ideologisches Bild von den Teilnehmern zu machen und entsprechende Beurteilungen zu verfassen Diese kamen auch den Kaderabteilungen zur Kenntnis Laut einer Direktive des Ministeriums fur Hoch und Fachschulwesen von 1970 sollte die ML Ausbildung nicht nur Aufgabe der entsprechenden Institute sein sondern auch durch die geschulten Fachwissenschaftler als integraler Bestandteil ihrer Lehrveranstaltungen praktiziert werden 8 Die nicht zu den Hochschullehrern gehorenden wissenschaftlichen Mitarbeiter der Mittelbau hatten ebenfalls meist monatlich marxistisch leninistische Schulungen in Seminarform Mitarbeiter bei denen man es fur notwendig hielt erhielten vor wissenschaftlichen Graduierungen z B nach Antrag auf Facultas Docendi Auflagen zum Selbststudium von Literatur der Klassiker Marx Engels Lenin auch der Geschichte der Arbeiterbewegung und der KPdSU Danach erfolgte eine Konsultation uber die Inhalte und Schlussfolgerungen die daraus zu ziehen waren Die ML Institute Sektionen waren auch weltanschauliche Leiteinrichtungen fur ausseruniversitare Lehrtatigkeiten im dazugehorenden Territorium Schulungen und Weiterbildungsveranstaltungen in Betrieben und anderen Einrichtungen Referententatigkeit im Parteilehrjahr der SED Die IML Sektionen der Universitaten hatten auch den Aufbau entsprechender Einrichtungen in anderen Hochschulen zu initiieren und zu unterstutzen so die Universitat Jena die 1954 gegrundete Medizinische Akademie Erfurt die Hochschulen fur Musik und fur Architektur und Bauwesen in Weimar sowie die Hochschule fur Elektrotechnik Ilmenau 9 Die IML hatten enge Verbindungen zu den Studien und Kader Abteilungen der Universitaten und Hochschulen Mitarbeiter der IML hatten neben der im Vordergrund stehenden Lehrtatigkeit auch Forschungsaufgaben wahrzunehmen und zu publizieren Mitarbeiter BearbeitenDie Hochschulkader unter den Mitarbeitern waren Diplom Gesellschaftswissenschaftler Diplom Philosophen Diplom Historiker oder hatten ein ahnliches Studium absolviert Ihre Ausbildung hatten sie an entsprechenden Instituten der Universitaten aber besonders die Leitungskader haufig auch an parteigebundenen akademischen Einrichtungen erhalten Dazu gehorten die Parteihochschule Karl Marx in Berlin das Institut fur Marxismus Leninismus beim ZK der SED die Akademie fur Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und das Franz Mehring Institut der Karl Marx Universitat Leipzig 10 Fur Leitungskader gab es auch Studienaufenthalte in der Sowjetunion 1953 gab es insgesamt 66 ML Lehrkrafte an den DDR Hochschulen 1969 zahlte allein die Jenaer Sektion fur ML 57 1989 aber bereits 113 akademische Mitarbeiter davon 11 Professoren und 18 Hochschuldozenten 11 Auflosung BearbeitenNoch im September 1989 fanden an allen Hochschulen die Einfuhrungswochen statt Mit der Friedlichen Revolution 1989 90 wurde im Spatherbst Winter 1989 das vierjahrige ML Grundstudium eingestellt Im Bemuhen um ein neues Profil kam es zu selbstandigen Umbenennungen der IML oder Teilen von ihnen Sektion Institut fur Sozialwissenschaften Soziologie Politikwissenschaften Zivilisationsforschung Friedens und Konfliktforschung Am 23 Mai 1990 ging ein Telegramm der ersten frei gewahlten DDR Regierung an alle uber 50 Universitaten und Hochschulen der DDR das diese uber den Beschluss zur Abberufung aller Hochschullehrer fur ML informierte 12 Schon vorher hatten die neu gewahlten Gremien der meisten Hochschulen Aktivitaten in dieser Richtung unternommen Ende 1990 ergingen die offiziellen Bescheide der Regierungen der neuen Bundeslander an ihre Hochschulen dass die ML Institute nicht in die neue Hochschulstruktur ubernommen wurden 13 Den Abwicklungsbescheiden fur die sich auflosenden Institute folgten die Abberufungsurkunden fur die noch vorhandenen ML Hochschullehrer Andere Lander BearbeitenAuch an den Hochschulen der Sowjetunion und aller anderen osteuropaischen Lander hat es bis zu den politischen Umbruchen 1989 bis 1991 Marxistisch Leninistische Institute gegeben Ihren Ursprung hatten sie 1921 in Sowjetrussland wo der Rat der Volkskommissare unter Lenin die obligatorische Vermittlung entsprechenden politischen Wissens an den Hochschulen der RSFSR dekretierte 14 Der Begriff Marxismus Leninismus wurde 1938 von Stalin und dem ZK der KPdSU als obligatorisch festgelegt ebenso dessen Vermittlung an den sowjetischen Hochschulen 15 Weblinks BearbeitenAlexander Klaehr Unsere Geschichtsforscher befassen sich zu sehr mit Fragen der Vergangenheit Der Marxismus Leninismus als Ausdruck wissenschaftlicher Geschichtserkenntnis Zur Wissenschaftlichkeit der Historiographie in der DDR in Geschichte erforschen de Online Magazin fur Geschichte in Wissenschaft und Unterricht Berlin 2010 Michael Ploenus Das Pflichtfach Marxismus Leninismus und seine Geschichte Uni JenaEinzelnachweise Bearbeiten Die Hochschulreform der DDR Dokument der Universitat Leipzig von 2009 Ulrike Seidel Gerhard Muller Mario Kessler Die Entwicklung des Instituts fur Dialektischen Materialismus der FSU Jena In Neubeginn Die Hilfe der Sowjetunion bei der Eroffnung der FSU Jena Hg Rektor der Universitat Jena Jena 1977 S 69 Gottfried Handel Roland Kohler Hrsg Dokumente der SMAD zum Hoch und Fachschulwesen Berlin 1975 S 56 Hagen Schwarzel Bernd Rainer Barth Altmann Eva In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Ordnung der Sektion M L vom 1 September 1968 Universitatsarchiv Jena VA Nr 2170 Hans Joachim Glemnitz Die Geschichte des marxistisch leninistischen Grundlagenstudiums und der Sektion Marxismus Leninismus an der Friedrich Schiller Universitat Jena 1 Fassung Ms Jena 1980 S 79 Anweisung Nr 112 des Staatssekretariats fur Hoch und Fachschulwesen uber das Studium des Marxismus Leninismus durch die Angehorigen des wissenschaftlichen Nachwuchses vom 6 Juni 1958 In Das Hochschulwesen 7 8 1958 Beilage S 57 f Autorenkollektiv Uberblick zur Geschichte des marxistisch leninistischen Grundlagenstudiums an den Universitaten Hoch und Fachschulen der DDR Leipzig 1981 S 126 Anweisung Nr 57 des Staatssekretariats fur Hochschulwesen vom 1 Oktober 1954 in Das Hochschulwesen 11 1954 Beilage S 11 f Michael Ploenus so wichtig wie das tagliche Brot Das Jenaer Institut fur Marxismus Leninismus 1945 1990 Schriften der Stiftung Ettersberg Bohlau Verlag Koln Weimar Wien 2007 ISBN 978 3 412 20010 7 S 49 f M Ploenus so wichtig wie das tagliche Brot S 241 f Dokument Nr 157 in Herbert Gottwald Michael Ploenus Katja Rauchfuss Aufbruch Umbruch Neubeginn Die Wende an der Friedrich Schiller Universitat Jena 1988 bis 1991 Hain Verlag Rudolstadt 2002 S 243 f Positivliste des Thuringer Ministeriums fur Wissenschaft und Kunst vom 17 Dezember 1990 Universitatsarchiv Jena VA Nr 67 W I Lenin Uber Wissenschaft und Hochschulwesen Berlin 1969 S 365 f J W Stalin Uber dialektischen und historischen Materialismus In Geschichte der KPdSU Bolschewiki Kurzer Lehrgang 5 Auflage Berlin 1950 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesellschaftswissenschaftliches Grundstudium DDR amp oldid 225560799