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Geomantie oder Geomantik lateinisch Geomantia von altgriechisch gῆ ɡɛː deutsch Erde und manteia manteia deutsch Weissagung also in etwa Weissagung aus der Erde ist eine Form des Hellsehens bei der Markierungen und Muster in der Erde oder in Sand Steinen und im Boden zum Einsatz kommen 1 Man nimmt das arabische Nordafrika als Ursprungsort an Im 12 Jahrhundert gelangte die Geomantie durch lateinische Ubersetzungen arabischer Werke nach Europa und wurde in der Zeit der Renaissance zu einer beliebten Methode der Wahrsagung Heute ist die Geomantie im ursprunglichen Sinn in Europa fast 2 verschwunden Der Begriff wird heute fur andere Methoden verwandt zum Beispiel in Zusammenhang mit den sogenannten Ley Linien die eher dem chinesischen Feng Shui ahneln Geomantiewerkzeug Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Sikidiy Methode in Madagaskar 3 Europaische Methode 4 Heutige Verwendung des Begriffs Geomantie 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenIn Europa wurde die Geomantie im 12 Jahrhundert durch lateinische Ubersetzungen arabischer Texte etwa durch Gerhard von Cremona 3 bekannt so z B durch die Abhandlung Ars geomancie von Hugo von Santalla Zwischen Mittelalter und Neuzeit steht eine vermutlich in Ingolstadt entstandene Geomantia des Heidelberger Codex 832 4 Ein weiteres bekanntes Werk ist De geomantia von Robert Fludd im Tractatus secundus De naturae simia seu technica macrocosmi historia Oppenheim 1618 Frankfurt 1624 Durch Araber die an der ganzen Kuste Ostafrikas Handel trieben und ihren Glauben verbreiteten kam die Geomantie nach Madagaskar wo sie als Sikidiy Verbreitung fand und auch heute noch betrieben wird In Europa war die Geomantie bereits im 17 Jahrhundert umstritten So bezeichnete der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz sie 1686 in seiner Metaphysischen Abhandlung Discours de metaphysique als eine lacherliche Kunst und zog sie als Beispiel fur ein ganzlich unfruchtbares Erkenntnisinstrument heran 5 Sikidiy Methode in Madagaskar BearbeitenIn Europa wurde Sikidiy nach der madagassischen Methode von dem franzosischen Kolonialbeamten Raymond Decary bekanntgemacht Eine Sikidiy Ubung beginnt mit einem Zufallsexperiment der sogenannten Befragung des Schicksals bei dem Samenkorner eines Fano Baumes einer Akazienart verwendet werden Unter dem Rezitieren von Zauber formeln nimmt der Wahrsager eine Handvoll Korner deren Anzahl er nicht kennt und legt sie als Haufen vor sich Dann nimmt er davon immer zwei Korner weg bis nur noch ein oder zwei Korner ubrig bleiben Diesen Vorgang wiederholt er 16 mal Jedes Ziehungsergebnis ein oder zwei Korner wird in einer quadratischen Tabelle von vier mal vier Feldern abgelegt der Muttermatrix Renin Tiskidy Jede der vier Spalten von rechts nach links und der vier Zeilen von oben nach unten hat einen Namen Spalten bilady fahatelo maly tale Zeilen fianahana abily alisay fahavalo Aus der Muttermatrix werden durch Additionen acht weitere Figuren von je vier ubereinander angeordneten Feldern errechnet Diese acht Figuren werden unter der Muttermatrix angeordnet In jedem Feld sind im Ergebnis wieder entweder ein oder zwei Korner Die Tochter werden ermittelt indem in einer festgelegten Reihenfolge je zwei Spalten oder zwei Linien addiert werden Die Addition erfolgt modulo zwei ein Korn und ein Korn ergibt zwei Korner ein Korn und zwei Korner ergeben ein Korn von den drei Kornern werden wieder zwei Korner abgezogen wie bei der Befragung des Schicksals es bleibt ein Korn zwei Korner und zwei Korner ergeben zwei Korner von den vier Kornern werden wieder zwei Korner abgezogen wie bei der Befragung des Schicksals es bleiben zwei Korner Grundsatzlich unterscheiden die Wahrsager bei den acht Tochterfiguren von denen jede einen Namen hat von links nach rechts fahasivy ombiasy haja haky asorita saily safary kiba zwischen Figuren mit einer geraden Anzahl von Kornern den Prinzen mpanjaka und den Figuren mit ungerader Anzahl den Sklaven andevo Jede der Prinzen Figuren wie auch jede der Sklavenfiguren hat ebenfalls einen eigenen Namen Prinzen z B 1 1 1 1 tareky 1 1 2 2 alsady Sklaven z B 1 1 1 2 karija 1 1 2 1 alimizandaDie Regeln der Interpretation sind komplex aber prinzipiell sind Prinzen starkere Figuren als Sklaven Der Ratsuchende wird von der Spalte eins bilady der Muttermatrix reprasentiert Bei der Frage nach einer Krankheit wurde diese Spalte 1 bilady zur Tochter haja addiert Ist die Figur 1 die fur den Ratsuchenden steht ein Sklave die Figur die fur die Krankheit steht ein Prinz dann schliesst der Wahrsager daraus dass die Krankheit schwer ist Daruber hinaus ist jede der 16 moglichen Sikidy Figuren einer Himmelsrichtung zugeordnet Dies schwankt regional etwas aber bei den Atandroy im Suden der Insel sind z B die Figuren renilaza alibiavo karija und adalo dem Norden zugeordnet Auch die Himmelsrichtungen spielen bei der Interpretation eine grosse Rolle Eine Interpretation besagt beispielsweise dass sich zwei Prinzen und zwei Sklaven aus der gleichen Himmelsrichtung nie schaden Als aussergewohnlich toka oder into gelten Figuren bei denen eine Himmelsrichtung unter den 16 Tableaus nur einmal vorkommt Manchmal streuen die Wahrsager auf ein solchermassen ungewohnliches Tableau ein weisses Pulver das sie spater zu einem als gefahrlich geltenden Talisman verarbeiten nbsp Die 16 Figuren der GeomantieEuropaische Methode BearbeitenVon Robert Fludd wurde eine Variante benutzt deren geomantisches System aus 16 Figuren mit je vier Linien besteht die jeweils einen oder zwei Punkte haben konnen Die Figuren haben alle eine Bezeichnung aus der ein Orakelspruch abgeleitet wurde Um auf das Orakel zu schlagen wurde entweder auf der Erde oder aber auf einem Blatt Papier ein Raster gezeichnet bei dem die verschiedenen Rechtecke jeweils einer Linie der Figuren entsprechen Ohne hinzuschauen zeichnete man nun mit einem Stock auf die Erde oder mit einem Schreibstift auf das Papier eine zufallige Anzahl von Punkten Danach zahlte man die Punkte in den jeweiligen Rechtecken wobei eine ungerade Zahl einem Punkt bei der Figur entsprach bzw eine gerade zwei Punkten Fur jedes Orakel brauchte man vier Figuren aus denen man eine Weissagung herauslas Heutige Verwendung des Begriffs Geomantie BearbeitenDie heutige europaische Geomantie ist eine unwissenschaftliche esoterische Lehre die sich selbst als ganzheitliche Erfahrungswissenschaft versteht und versucht die Identitat eines Lebensraums eines Orts oder einer Landschaft zu erfassen und diese durch Gestaltung Kunst oder Raum und Landschaftsplanung zu berucksichtigen und ihr individuellen Ausdruck zu verleihen Geomantie sei das Erkennen und Erspuren von guten Platzen in Raum und Landschaft und damit die Grundlage fur ein harmonisches und gesundes Wohnen und Leben Die Aufgabe eines Geomanten bestehe darin baubiologisches Wissen mit der geomantischen Kunst zu vereinen Raume zu gestalten den guten Ort zu erkennen und zu erspuren und mit den Menschen in Einklang zu bringen Damit hat sie sich von dem ursprunglichen arabischen Wahrsagesystem entfernt und ahnelt eher dem chinesischen Feng Shui Nach der Ansicht der modernen esoterischen Geomantie 6 ist die ganze Erde mit globalen Gitternetzsystemen uberzogen Genannt werden diese Gitternetzsysteme Curry Gitter Ley Linien Hartmann Gitter oder Benker Linien Diesem Gitter und Liniensystem werden energetische Eigenschaften und damit biologische Wirkungen zugesprochen Die Vorstellungen der Geomantie zu den von ihr postulierten Energien sind wissenschaftlich nicht nachweisbar und nicht haltbar Die doppelblind durchgefuhrten gut kontrollierten Versuche zur Radiasthesie die die verschiedensten Behauptungen pruften sind alle negativ ausgegangen Gitter und Liniensysteme und deren Energiestrome wurden noch nie mit physikalischen Messinstrumenten nachgewiesen Literatur BearbeitenMarcia Ascher Mathematics Elsewhere An Exploration of Ideas across Cultures Princeton University Press Princeton 2005 ISBN 0 691 07020 2 Marc Chemelier Denis Jacquet Victor Randrianry Marc Zabalia Die Mathematik der Wahrsager von Madagaskar In Spektrum der Wissenschaft Spezial 2 2006 Ethnomathematik Lara Mallien Johannes Heimrath Hrsg Was ist Geomantie Die neue Beziehung zu unserem Heimatplaneten Drachen Verlag Klein Jasedow 2008 ISBN 978 3 927369 18 4 Edition Hagia Chora John Michell Sonne Mond amp Steine Ein kleiner geschichtlicher Abriss der Astro Archaologie Werner Pieper s MedienXperimente Lohrbach 1989 ISBN 3 925817 56 5 Der Grune Zweig 156 Werner Pieper Hrsg Starke Platze Orte die zum Herzen sprechen Der Grune Zweig 110 ISBN 978 3 925817 10 6 Weblinks BearbeitenSikidy in MadagaskarMarc Chemelier Denis Jacquet Victor Randrianry Marc Zabalia La divination sikidy a Madagascar Aspects mathematique et cognitifs de la divination sikidy a Madagascar PDF Datei 53 kB Wissenschaftliche Kritik an esoterischer Geomantik Bericht uber Versuche mit der Wunschelrute Memento vom 11 April 2009 im Internet Archive von Fritz Gassmann Zurich auf www geophys uni stuttgart deEinzelnachweise Bearbeiten Eleanor von Erdberg Consten Zeit und Raum in der Geomantik In Alfred C Boettger Wolfram Pflug Hrsg Stadt und Landschaft Raum und Zeit Festschrift fur Erich Kuhn Bonner Universitatsdruckerei Koln 1969 An deutschen Hochschulen gedeiht die Geomantie noch immer wie die Suddeutsche Zeitung am 13 Januar 2012 berichtet Markus C Schulte von Drach Esoterik an deutschen Hochschulen Lasst die Nymphen tanzen Heinrich Cornelius Agrippa s von Nettesheim Magische Werke samt den geheimnisvollen Schriften des Petrus von Abano Pictorius von Villingen Gerhard von Cremona Abt Tritheim von Spanheim dem Buche Arbatel der sogenannten Heil Geist Kunst und verschiedenen anderen 4 Aufl zum ersten Male vollstandig ins Deutsche ubersetzt 5 Bande Amonesta Wien ohne Jahr Band V S 60 94 Astronomische Geomantie Friedrich Lenhardt Coelum Ingolstadiense Himmelsbilder in Ingolstadt um 1550 In Rudolf Schmitz Gundolf Keil Hrsg Humanismus und Medizin Acta humaniora Weinheim an der Bergstrasse 1984 Deutsche Forschungsgemeinschaft Mitteilungen der Kommission fur Humanismusforschung Band 11 S 87 98 hier S 94 Gottfried Wilhelm Leibniz Metaphysische Abhandlung In Ulrich Johannes Schneider Hrsg Monadologie und andere metaphysische Schriften Meiner Hamburg 2002 S 2 109 hier S 15 Nigel Pennick Die alte Wissenschaft der Geomantie Der Mensch im Einklang mit der Erde Trikont dianus Munchen 1982 ISBN 3 88167 083 1 ISBN 3 88167 084 X Normdaten Sachbegriff GND 4130429 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geomantie amp oldid 238278322