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Wahrend der Zeit des Nationalsozialismus war KZ Haftlingen durch die Gefangenenpost ein beschrankter Postverkehr mit ihren Angehorigen grundsatzlich gestattet Erst im Oktober 1942 wurden Paketsendungen formlich zugelassen Juden und sowjetische Kriegsgefangene blieben davon ausgeschlossen Mit dem kontrollierten Postverkehr steuerte die Lagerleitung die Weitergabe von Informationen und verfugte zugleich durch Postentzug und Schreibverbote uber ein disziplinierendes Druckmittel Haftlingsbrief aus dem KZ Auschwitz von 1942Inhaltsverzeichnis 1 Vorschriften 2 Zensur 3 Rolle der Gefangenenpost 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseVorschriften BearbeitenFur die Gefangenenpost wurden Karten und Faltbriefe produziert auf denen die Vorschriften fur den Briefverkehr abgedruckt waren In der Regel durfte nur an ein und dieselbe verwandte Person geschrieben werden mit anderen Bekannten durfte nicht korrespondiert werden In der Praxis stand den Haftlingen alle vierzehn Tage maximal ein Schriftstuck zu Dabei durften im Wechsel eine Karte und ein Faltbrief mit jeweils begrenztem Schreibraum verwendet werden Die Haftlinge konnten diese und die notwendigen Briefmarken in der so genannten Kantine erwerben Geld dafur erhielten sie per Post die Angehorigen durften auch Briefmarken beilegen Die erlaubten Summen waren unterschiedlich hoch doch es wurde an die Inhaftierten oft nur ein geringer Betrag 30 bis 40 Reichsmark ausgezahlt der restliche Teil der Geldsendungen wurde von der SS einbehalten und nicht selten personlich unterschlagen 1 Nach den Postbestimmungen auf den Briefvordrucken war es nicht gestattet Pakete zu empfangen In ihren Briefen jedoch bedankten sich Haftlinge immer wieder fur solche Paketsendungen und tatsachlich wurden Paketsendungen weitaus weniger strengen Regeln unterworfen als der Briefverkehr Noch mehr als bei den Geldsendungen griffen aber auch hier die SS Wachmannschaften zu und trieben zum Teil regen Schwarzhandel mit den gestohlenen Gutern Diese Praxis ging so weit dass sich das SS Wirtschafts und Verwaltungshauptamt WVHA gezwungen sah am 30 Oktober 1942 per Runderlass an alle Lagerkommandanten den SS Angehorigen bei Todesstrafe zu verbieten den Paketen Dinge zu entnehmen Im Ubrigen aber betonte der Erlass dass nunmehr alle Haftlinge ausser Juden und sowjetische Kriegsgefangene unbegrenzt Pakete erhalten durften An der Praxis des Stehlens anderte sich zwar auch nach dem Erlass kaum etwas Indes zeigt er dass die Problematik so umgreifend war dass sie auch von Seiten der SS Fuhrung nicht mehr ignoriert werden konnte 2 Ab Weihnachten 1943 wurden vom Internationalen Roten Kreuz IRK in verschiedene Lager Pakete verschickt die vor allem Lebensmittel enthielten und einen wenn auch sehr geringen Teil der Haftlingsversorgung sicherten Insgesamt schickte das IRK bis Kriegsende 751 000 Pakete mit ca 2 600 Tonnen Hilfsgutern in die NS Konzentrationslager 3 Unterstellt war die Postversorgung der Abteilung Standortverwaltung die neben der Versorgung des Lagerpersonals auch das der Haftlinge regelte Zensur BearbeitenDamit die Briefe zwischen Lager und Aussenwelt keine im Sinne der SS unerwunschten Informationen enthielten gab es eine vollstandige Zensur aller ein und ausgehenden Postsendungen Die Zensur der ausgehenden Post wurde entweder direkt von den Blockfuhrern oder in der Poststelle des Lagers durchgefuhrt Deshalb hatten die Haftlinge gut leserlich fur die Zensoren zu schreiben Die Zensurpraxis war insgesamt von Willkur gepragt Beanstandete Briefe wurden vernichtet oder derartig durch Scherenschnitt verstummelt dass die Empfanger im Lager nicht selten nur noch einzelne Papierschnipsel zugestellt bekamen 4 Entsprechend versuchten die Schreiber ihrerseits uber Codierungen oder Geheimsprache Inhalte zu vermitteln die den Kontrollen entgingen bzw uber Bestechungen und personliche Beziehungen zu den Wachmannschaften unerlaubt Briefe aus und in das Lager zu schmuggeln 5 Rolle der Gefangenenpost BearbeitenIm Kalkul der Lagerverwaltung spielte die Verbindung zwischen Lagerinsassen und deren Familien eine besondere Rolle Die Postversorgung im KZ System folgte dabei keinen humanistischen Leitlinien Sie war ein Herrschaftsinstrument das nach innen und aussen gerichtet war Nach innen wirkte die Postversorgung vor allem im negativen Sinne das heisst durch die standig drohende Gefahr des Entziehens Vergleicht man die Aussagen ehemaliger Haftlinge findet man eine umfassende Ubereinstimmung uber die grosse Bedeutung die Briefe fur sie im Lageralltag besassen 6 Postsperren personliche oder allgemein verhangte stellten wirksame Praktiken der Herrschaftsausubung dar Nicht umsonst werden Schreibverbot und Postentzug in einem Atemzug mit Arrest Strafarbeit oder Prugelstrafe genannt 7 Dementsprechend wirkte auch die willkurliche oder nach Gruppe bzw Haftlingskategorie hochst unterschiedlich gehandhabte Postversorgung Deutsche oder so genannte volksdeutsche Haftlinge durften in der Regel zweimal im Monat Briefe schreiben Juden rangierten auch hier auf der Skala ganz unten und durften monatelang weder schreiben noch Post empfangen 8 Nach aussen wirkte die Versorgung der Familienangehorigen mit Gefangenenpost als gut kontrolliertes Beruhigungsmittel Mit der tropfchenweisen Ubermittlung von Lebenszeichen der Haftlinge wirkte man wilder Geruchtebildung zumindest ansatzweise entgegen da Nachrichten wenn auch zensiert besser waren als keine Nachrichten Siehe auch BearbeitenWaldsee Postkarten Tarnaktion wahrend der sogenannten Ungarn Aktion im KZ AuschwitzWeblinks BearbeitenMuseumsstiftung Post und Telekommunikation Exponate von Haftlingspost Stichwort Konzentrationslager Einzelnachweise Bearbeiten Siehe Eugen Kogon Der SS Staat Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager 31 Auflage Munchen 1995 S 149 Ulrich Herbert Karin Orth Christoph Dieckmann Hrsg Die nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 2 Gottingen 1998 S 845 Robert Steegmann Das Konzentrationslager Natzweiler Struthof und seine Aussenkommandos an Rhein und Neckar 1941 1945 Strassburg 2005 S 396 Vgl Jens Christian Wagner Die Produktion des Todes Das KZ Mittelbau Dora 2 Auflage Gottingen 2004 S 465 Kogon S 146 ff Kogon Ebd Poller S 221 Kogon Ebd Poller S 222 Siehe dazu u a Walter Poller Arztschreiber in Buchenwald Bericht des Haftlings 996 aus Block 36 Hamburg 1946 S 221 ff Leopold Arthofer Als Priester im Konzentrationslager Meine Erlebnisse in Dachau Graz u a 1947 S 90 ff Salesius Hess Dachau Eine Welt ohne Gott Nurnberg 1946 S 75 f Hans Buchheim u a Hrsg Anatomie des SS Staates 7 Auflage Munchen 1999 S 366 Siehe Eugen Kogon Der SS Staat Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager 31 Auflage Munchen 1995 S 148 ff Robert Steegmann Das Konzentrationslager Natzweiler Struthof und seine Aussenkommandos an Rhein und Neckar 1941 1945 Strassburg 2005 S 395 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gefangenenpost Konzentrationslager amp oldid 238934919