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Als Gasdrucklader werden automatische Schusswaffen bezeichnet bei denen der Nachladevorgang mittels des durch Verbrennung der Treibladung der Patrone entstehenden Gasdrucks ausgelost wird 1 Alternative Konzepte sind Ruckstosslader bei denen die Ruckstossenergie des Geschosses als Antrieb genutzt wird oder Waffen mit Fremdantrieb z B Chain Gun die einen externen Antrieb in der Regel einen Elektromotor benotigen 2 Lewis Maschinengewehr als Beispiel eines zuschiessenden Gasdruckladers mit Laufanbohrung und langem Gaskolbenhub Die Waffe hat einen Drehkopfverschluss Die passgenauen Nuten Verriegelungskamm zur Verriegelung des Verschlusses sind in dieser Animation nicht dargestellt Obwohl der Begriff Gasdrucklader physikalisch fur verschiedene Antriebsvarianten steht sind in der Literatur manchmal implizit nur verriegelte Gasdrucklader 3 oder gar nur Gasdrucklader mit Laufanbohrung gemeint 4 Auch werden nicht verriegelte Gasdrucklader manchmal physikalisch inkorrekt als Ruckstosslader kategorisiert 4 Inhaltsverzeichnis 1 Unverriegelt 2 Verriegelt 2 1 Mit Laufanbohrung 2 2 Ohne Laufanbohrung 2 3 Bewegliches Zundhutchen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseUnverriegelt Bearbeiten nbsp Blow Forward links und Ruckdrucklader nbsp Brownings fruhestes Patent einer als Gasdrucklader funktionierenden SelbstladepistoleNach der Zundung der Treibladung breitet sich der Druck der Verbrennungsgase in alle Richtungen aus Auf der einen Seite wird das Geschoss nach vorne getrieben wahrend der Hulsenboden nach hinten gedruckt wird Dieses expandierende Gas wird fur den Verschlussantrieb verwendet Der Masseverschluss basiert auf der Massentragheit Es gibt grundsatzlich zwei Arten der nicht verriegelten Gasdrucklader zum einen Ruckdrucklader zum anderen Blow Forward Vordrucklader Bei einem Ruckdrucklader ist der Lauf starr mit dem Gehause verbunden bei Blow Forward ist es genau umgekehrt der Lauf ist nach vorne beweglich der Verschluss bzw die Stutzplatte hingegen starr mit dem Gehause verbunden 1 Verriegelt BearbeitenVerriegelte Gasdrucklader haben ein verriegeltes Verschlusssystem es gibt Varianten mit oder ohne Laufanbohrung Wird der Gasdruck genutzt solange sich das Geschoss im Lauf befindet ist eine Laufanbohrung erforderlich Wird der Gasdruck erst genutzt wenn das Geschoss den Lauf verlassen hat kann auf die Laufanbohrung verzichtet werden 1 3 Mit Laufanbohrung Bearbeiten nbsp Von Browning entwickeltes Maschinengewehr Colt M95 auch Potato Digger genannt nbsp Zweistufiger von Hand verstellbarer Gasdruckregler unter dem Korn eines SIG 550 nbsp Schnittzeichnung einer Desert Eagle nbsp Bei einigen Waffen kann der Gaskanal durch ein hochgeklapptes Granatvisier blockiert werden Dadurch wird der komplette Gasdruck der Treibpatrone zum Antrieb der aufgesteckten Gewehrgranate verwendet Gasdrucklader mit Laufanbohrung entnehmen durch eine Bohrung am Lauf einen Teil des Treibgases nachdem das Geschoss die Bohrung passiert hat Uber den Gasblock wird das Gas in dem parallel zum Lauf verlaufenden Gaszylinder bzw rohr gefuhrt Ein Teil des Gasdruckes geht dabei fur den Geschossantrieb verloren Durch das unter hohem Druck stehende Gas wird der Verschluss entriegelt und geoffnet wobei zunachst die leere Patronenhulse ausgeworfen wird Beim folgenden Schliessen des Verschlusses durch die Schliessfeder wird eine neue Patrone ins Patronenlager gefuhrt Die Position der Laufanbohrung muss abgestimmt sein auf das Verriegelungssystem und die Starke der Munition In der Regel liegt die Laufanbohrung im letzten Laufdrittel damit der Druck und die Temperatur des Treibgases vorher auf beherrschbare Werte fallen 3 Bei Pistolen z B Desert Eagle die schwachere Munition als Gewehre verschiessen kann sich die Laufanbohrung nah am Patronenlager befinden 5 Die Laufanbohrung ist vom Querschnitt her deutlich kleiner als der Laufinnendurchmesser Kaliber Dadurch erhoht sich die Geschwindigkeit der Gase was zu Uberhitzung und Erosionsverschleiss fuhren kann 3 Ein Vorteil von Gasdruckladern liegt darin dass die Verriegelung des Verschlusses sicher und konstruktiv einfach aufrechterhalten werden kann bis der Gasdruck im Lauf auf unkritische Werte abgesunken ist Die Gase betatigen den Selbstlademechanismus erst nachdem das Geschoss die Gasentnahmebohrung engl gas port passiert hat und durch die Tragheit des Mechanismus wird der Verschluss mit einer ausreichenden Verzogerung entriegelt Der Selbstlademechanismus wird dabei so lange durch das Gas betatigt bis das Geschoss den Lauf verlassen hat engl dwell time Ein weiterer Vorteil ist die Moglichkeit den von der Laufbohrung entnommenen Druck z B durch ein Stellventil zu verandern Dadurch kann z B die Kadenz der Waffe verandert oder die Waffe an Vereisung und Verschmutzung verschiedene Munitionssorten einschliesslich Gewehrgranaten unterschiedlich lange Laufe und an einen Schalldampfer angepasst werden 3 Mit so einem Gasdruckregler kann auch verhindert werden dass es zu einem zu starken Ruckstoss Verschleiss und zu Zufuhr oder Auswurfstorungen aufgrund von zu viel entnommenem Gas engl overgassing kommt Wegen dieser Eigenschaften werden Gasdrucklader bevorzugt zum Verschiessen von relativ starker Munition eingerichtet Viele Gewehre manche Flinten und einige wenige Pistolen nutzen dieses Prinzip 5 Nachteilig sind im Vergleich zu Ruckstossladern das Gewicht und der Platzbedarf von Gaskolben und Gasgestange sowie die durch die abgeleiteten Gase entstehende Verschmutzung des Systems insbesondere im Bereich des Stellventils und der Gasentnahmebohrung Dies kann ein ungleichmassiges Schussverhalten zur Folge haben 3 Die Ubertragung der Kraft der Gase auf den Verschlusstrager kann auf unterschiedliche Arten erfolgen So gibt es Systeme mit einem Kolben oder Gasrohr und Kombinationen Langer Gaskolbenrucklauf nbsp 1 Gasentnahmebohrung 2 Gaskolben 3 Gasgestange 4 Verschluss 5 Verschlusstrager 6 Verschlussfeder nbsp Gaskolben eines AK 74 ist mit dem Verschlusstrager verbunden Kurzer Gaskolbenrucklauf nbsp nbsp Gaskolben und Verschlusstrager eines modifizierten AR 15 Das gebrauchlichste System ist der Gaskolbenlader hier wirken die Gase auf einen Gaskolben der die Kraft uber ein Gasgestange auf den Verschlusstrager ubertragt Als Erfinder gelten die Bruder Clair aus St Etienne die 1889 eine Konstruktion eines Gasdruckladers mit Gasentnahmebohrung und Gaskolben unter der Nummer 49100 in Deutschland patentieren liessen Weitere Erfinder wie Pitcher und Dewhurst England und Unge Schweden entwickelten ahnliche Systeme in den folgenden Jahren 1 Selbstlademechanismen die nach diesem Prinzip arbeiten erschienen ab etwa 1890 bei Maschinengewehren wie dem Colt Modell 1895 das auf dem gleichen Prinzip arbeitet wie die 1897 patentierte Selbstladepistole von John Moses Browning dem Hotchkiss M1914 von Benjamin Hotchkiss auf der Basis der Erfindung des Osterreichers Adolf Odkolek von Ujezd dem Lewis Gun von Colonel Isaac Lewis und einigen anderen Konstruktionen Gaskolben Gasgestange und Verschlusstrager konnen aus mehreren Bauteilen bestehen oder wie beispielsweise beim Sturmgewehr AK 47 zu einem einzigen Bauteil zusammengefasst sein Es gibt Systeme mit einer dedizierten Ruckholfeder fur den Gaskolben aber vielfach wird auf diese verzichtet und diese Aufgabe von der Verschlussschliessfeder ubernommen Ublicherweise ist die Gasdruckeinrichtung uber dem Lauf befestigt denn dort ist sie nicht der Magazinzufuhrung im Weg Sie kann aber auch unterhalb des Laufs angebracht sein wie z B bei Maschinengewehren die den Munitionsgurt seitlich einfuhren 3 Dabei gibt es Systeme bei denen der Gaskolben mit dem Verschlusstrager verbunden ist engl long stroke piston und deshalb beide den gleichen Weg zurucklegen z B AK 47 und solche bei denen sich der Gaskolben separat vom Verschlusstrager bewegt und einen kurzeren Weg zurucklegt engl short stroke piston z B HK416 Hier ubertragt ein Impulskolben mit relativ kurzem Hub die Bewegungsenergie auf den Verschlusstrager der den Rest des zum Repetieren notigen Weges wegen seiner Massentragheit zurucklegt Kolbenloses Gassystem nbsp nbsp Gasrohr eines AR 10 nbsp Direktes Gassystem des Ag m 42Bei einigen Gasdruckladern wurde eine andere technische Variante umgesetzt bei welcher die Gase durch ein Gasrohr in das Waffeninnere geleitet werden und dort unmittelbar auf den Verschlusstrager wirken engl direct impingement Die erste Serienwaffe mit einem solchen kolbenlosen Gassystem war das schwedische Gewehr Ag m 42 es kam spater auch beim franzosischen Gewehr MAS 49 und beim Standardgewehr der US Streitkrafte M16 zum Einsatz Der Wegfall von Gaskolben und Gasgestange ermoglicht bei diesem Prinzip eine merkliche Gewichtsersparnis jedoch gelangen heisse Gase und Pulverruckstande direkt in die Waffe was die Gefahr von Funktionsstorungen durch Ablagerungen birgt Speziell das M16 mit seinem expandierenden Gassystem 6 erlangte aus diesem Grund erst nach umfangreichen Entwicklungsarbeiten eine ausreichende Zuverlassigkeit jedoch ohne die Funktionssicherheit von Gaskolbenladern zu erreichen Manche Waffen kombinieren die Systeme mit Gaskolben und Gasrohr indem das Gasrohr bis an den Verschluss gefuhrt ist dort aber nur auf einen kurzen Gaskolben den Gasstossel wirkt 3 Ohne Laufanbohrung Bearbeiten nbsp Animation eines Ruckstossverstarkers des wassergekuhlten Vickers MG nbsp Patentzeichnung fur ein Manoverpatronengerat fur das Browning M2 zum Verschiessen von PlatzpatronenEine andere Konstruktion kommt ohne Laufbohrung aus und nutzt stattdessen den Gasdruck an der Laufmundung 1 Die Antriebselemente mussen sich dabei an der Mundung befinden z B in der Form einer Gasduse Dabei werden die aus der Mundung entweichenden Gase in der Gasduse gestaut und die so entstehende Bewegung nach hinten geleitet Da die Gaskrafte an der Mundung kleiner sind als im Lauf sind die Antriebskrafte bei dieser Konstruktion geringer als bei einem Gasdrucklader mit Laufanbohrung Auch ist der Ubertragungsweg langer denn die Krafte mussen von der Mundung uber die gesamte Lange des Laufs zum Verschluss gefuhrt werden Damit sind die Verzugszeiten langer und die Kadenz geringer als bei einem Gasdrucklader mit Laufanbohrung Auf der anderen Seite ist diese Konstruktion sehr sicher denn der Nachladevorgang kann erst starten wenn das Geschoss den Lauf verlassen hat 3 Es gibt zwei Varianten des Gasdruckladers ohne Laufanbohrung mit feststehendem und mit beweglichem Lauf Bei der Variante mit feststehendem Lauf umgibt ein beweglicher Ringkolben den Lauf vor der Mundung Den Ringkolben umhullt wiederum eine fixierte Hulse die an der Laufmundung in eine Gasduse ubergeht Beim Schuss wird durch die in der Gasduse gestauten Gase der Ringkolben nach hinten gedruckt und betatigt uber eine Schubstange den Selbstlademechanismus Eine Waffe die nach diesem Prinzip arbeitet ist das Gewehr 41 Wegen vielen Nachteilen in der Zuverlassigkeit wurde das System nicht weiterverfolgt Bei Waffen mit beweglichem Lauf wird der Lauf selber gleichzeitig als Kolben und Antriebselement genutzt Auch hier ist eine Gasduse vor der Mundung angebracht Beim Schuss wirkt durch die in der Gasduse gestauten Gase Druck auf die Mundungsflache Dadurch wird der bewegliche Lauf nach hinten gedruckt und lost so die Verriegelung des Verschlusses Waffen die nur nach diesem Prinzip arbeiten haben sich ebenso nicht durchgesetzt Jedoch wird dieses Prinzip in Waffen mit kombinierten Verschlussantrieben als Ruckstossverstarker zur Verstarkung des Ruckstosslader haufig genutzt 3 Eine Ausnahme bilden Ruckstosslader welche mit Platzpatronen funktionieren sollen Da sich kein Geschoss im Lauf bewegt kann das Ruckstossprinzip nicht angewendet werden Dann sorgt ein Manoverpatronengerat welches die Funktion eines Ruckstossverstarkers nachbildet allein fur die Nachladefunktion 7 Bewegliches Zundhutchen Bearbeiten nbsp Patentzeichnung KolbenzundhutchenEinige andere Konstruktionen konnten sich nicht durchsetzen wie einige Systeme bei denen der Selbstlademechanismus durch den Gasdruck in der Patronenhulse betatigt wurde Der Schweizer Georg Raschein stellte 1894 ein solches System vor bei dem Schlagbolzen und Verschluss durch ein bewegliches Zundhutchen nach hinten getrieben wurden 1 Ende der 1960er Jahre wurde in den USA dieses Konzept wiederaufgenommen Irwin R Barr entwickelte es unter der Bezeichnung Piston Primer Kolbenzundhutchen weiter Man wollte Waffen mit sehr hoher Kadenz entwickeln die sich mit den herkommlichen Gasdruckladesystemen nicht erreichen liessen Beim Schuss wird eine bewegliche Zundglocke durch den Gasdruck aus dem Hulsenboden geschoben Dabei wird der Schlagbolzen nach hinten geschoben wahrend der Verschluss noch geschlossen ist Nachdem er eine bestimmte Wegstrecke zuruckgelegt hat entriegelt der Schlagbolzen den Verschluss 8 9 Literatur BearbeitenR Germershausen E Schaub et al Waffentechnisches Taschenbuch Hrsg Rheinmetall 3 Auflage Dusseldorf 1977 OCLC 664599417 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gasdrucklader Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Maxim Popenker Gun automatics gas operated actions In Modern Firearms modernfirearms net abgerufen am 3 Marz 2023 englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Jaroslav Lugs Handfeuerwaffen Band I 6 Auflage Militarverlag der DDR Berlin 1979 S 302 304 F Flanhardt K Harbrecht Kapitel Einteilung der automatischen Schusswaffen In Waffentechnisches Taschenbuch 3 Auflage Rheinmetall Dusseldorf 1977 S 243 245 hier S 244 a b c d e f g h i j Wolfgang Pietzner Waffenlehre Hochschule des Bundes fur offentliche Verwaltung 1998 ISBN 3 930732 32 7 S 68 75 PDF a b Heinz Dathan Waffenlehre fur die Bundeswehr 4 neu bearbeitete Aufl Mittler amp Sohn Verlag 1980 ISBN 3 87599 040 4 S 72 75 a b T A Warlow Firearms the Law and Forensic Ballistics Verlag CRC Press 1996 ISBN 978 0 7484 0432 2 S 53 1 Patent US2951424A Gas operated bolt and carrier system Angemeldet am 14 August 1956 veroffentlicht am 6 September 1960 Anmelder Fairchild Engine amp Airplane Corp Erfinder Eugen M Stoner Edward Clinton Ezell Thomas M Pegg Small Arms of the World Ausgabe 12 Verlag Barnes amp Noble 1993 ISBN 0 88029 601 1 S 190 Manfred R Rosenberger Katrin Hanne Vom Pulverhorn zum Raketengeschoss 1996 ISBN 978 3 613 01541 8 S 112 Patent US3744420A Piston primer cartride with improved one piece primer Angemeldet am 29 Oktober 1971 veroffentlicht am 10 Juli 1973 Anmelder AAI Corp Erfinder Irwin R Barr Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gasdrucklader amp oldid 236039209