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Das Friedrich Wilhelm Stadtische Theater war der Vorganger des Deutschen Theaters in der Friedrich Wilhelm Stadt Schumannstrasse 13 a Es wurde 1850 von Eduard Titz im Auftrag von Friedrich Wilhelm Deichmann jr 1821 1879 errichtet und ersetzte die Winterbuhne des 1848 gegrundeten Sommertheaters des Friedrich Wilhelm Stadtischen Casinos Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Programm 3 Literatur 4 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenDas vom Vater des Theatergrunders Friedrich Wilhelm Deichmann sen 1842 erbaute Casino war kein Offizierskasino sondern ein Ballhaus d h ein Versammlungs und Amusierlokal fur die Bewohner des Viertels das zum einen aus Kleinburgern und Arbeitern bei der Eisenbahn und in Maschinenfabriken bewohnt wurde das aber wegen gunstiger Mietmoglichkeiten auch Studenten der nahe liegenden Charite und intellektuelle Randgruppen anzog 1 Der Sohn hatte wegen seiner musischen Interessen schon 1848 im Park des Casinos ein Sommertheater gebaut und suchte eine dauerhaftere Wirkungsstatte 2 Programm BearbeitenGespielt wurden dort Possen mit Couplets die oft politische Anspielungen enthielten meist extemporiert weil das Risiko eines Verbots oder einer Geldstrafe bestand 3 Eine anschauliche Schilderung bot der Zeitgenosse Gottfried Keller wahrend seine Berlinaufenthaltes 1850 Es sind diesen Sommer schon mehrere Wiener Komiker hier als Gaste aufgetreten und ich gehe deswegen auch in das Friedrich Wilhelmstadtische Theater und vergnuge mich alldort in allen moglichen Dummheiten der Wienerpossen Unabhangig vom Text der Stucke werden mit allen moglichen Organen Possen Schlingeleien und Faxen ausgefuhrt welche einen unendlichen Jubel erregen und alt und jung aufheitern bald ist es ein Bein bald der ganze Korper bald nur das Gesicht oder gar ein einzelner Ton gleich dem Krahen eines jungen Hahnes was unser Lachen erregt Diese Wienerpossen sind sehr bedeutsame und wichtige Vorboten einer neuen Komodie Ich mochte sie fast den Zustanden des englischen Theaters vor Shakespeare vergleichen Ein vortreffliches Element sind auch die Couplets welche von den Hauptpersonen gesungen werden und gewohnlich politische oder soziale Anspielungen enthalten In halb wehmutiger halb mutwilliger Melodie begleitet von den wunderlichsten Gesten und Sprungen werden diese anzuglichen Verse gesungen Der deutsche Michel Belagerungszustand 4 deutsche Einheit usf sind meistens der Gegenstand dieser Couplets und ziemlich erbarmlich zusammengereimt und doch ist in alledem mehr aristophanisher Geist als in den Gymnasialexerzitien von Platen und Prutz Die Schauspieler oder befreundete Literaten machen diese Verse immer nach den Tagesbedurfnissen neu und wechseln damit ab in den Stucken das Volk bekommt davon nie genug und fordert den Komiker jedesmal wenn er endlich abtreten will auf noch mehr vorzutragen worauf er mit komischen Verbeugungen zuruckkehrt wahrend das Volk in lautloser Spannung wartet und denkt nun kommt s Der Schauspieler spielt endlich den letzten Trumpf aus und bleibt dann gewohnlich entweder der Polizei oder eigenen Unvermogens wegen hinter den Erwartungen zuruck aber es ist ruhrend anzusehen wie unverkennbar hier Volk und Kunst zusammen unbewusst nach einem neuen Inhalte und nach Befreiung eines allmahlich reif werdenden Ideales ringen 5 Da Deichmann anstrebte die besseren Kreise Berlins als Publikum zu gewinnen 6 stellte er im Mai 1850 den ausgewiesenen Opernkomponisten Albert Lortzing als Kapellmeister ein doch verkalkulierte er sich damit weil er Stammkunden verlor ohne dass er genugend Kunden aus den besseren Kreisen gewinnen konnte Mehr Gluck hatte er mit Operetten von Jacques Offenbach Franz von Suppe und Johann Strauss 7 Zwar zeichnete sich der Theaterleiter Deichmann jr nicht durch aussergewohnliche intellektuelle und kunstlerische Qualitaten aus wohl aber durch Spursinn Zahigkeit Ausdauer und Energie 8 Schon 1850 gelang es ihm Anton Ascher als Komiker und Oberregisseur und die hochqualifizierte Soubrette Ottilie Genee zu gewinnen Klara Ungar gehorte zum Ensemble Und auch dank der Gastspiele der fuhrenden Hauser spielte das Friedrich Wilhelm Stadtische Theater eine gewichtige Rolle unter den Berliner Theatern lange bevor es unter Adolph L Arronge Otto Brahm und Max Reinhardt als Deutsches Theater Berlin in eine Spitzenrolle hineinwuchs Lieselotte Maas charakterisiert die Rolle dieses Theaters so Zwei Dinge sind es die dem Friedrich Wilhelmstadtischen Theater unter den Berliner Buhnen des 19 Jahrhunderts eine Sonderstellung einraumen die politische Situation die allein seine Entstehung ermoglichte und ein gerade durch diese besondere Art der Entstehung gepragter theatralischer Stil 9 Literatur BearbeitenAlfred Dreifuss Deutsches Theater Berlin Schumannstrasse 13a Funf Kapitel aus der Geschichte einer Schauspielbuhne Henschelverlag Berlin 1983 Liselotte Maas Das Friedrich Wilhelmstadtische Theater unter der Direktion von Friedrich Wilhelm Deichmann in der Zeit zwischen 1848 und 1860 Diss Phil Berlin 1965Einzelnachweise Bearbeiten sieh Dreifuss Deutsches Theater Berlin S 17 18 sieh Dreifuss Deutsches Theater S 24 Eine Form des kleinen Mazenatentums trat in Erscheinung Geldstrafen fur extemporierende Schauspieler ob vom Direktor oder von der Polizei verhangt wurden des ofteren von Freunden und Gesinnungsgenossen der Mimenschar bezahlt in vielen Fallen sogar im voraus Dreifuss Deutsches Theater S 33 Am 10 und 15 November 1848 liess der Konig durch das Militar die Beratungen der preussischen Nationalversammlung in Berlin auflosen In Dusseldorf riefen revolutionare Krafte am 14 November 1848 daraufhin zum Steuerboykott auf zu dessen Durchfuhrung und Uberwachung eine bewaffnete Burgerwehr sich fur permanent erklarte und wenig spater das ortliche Postamt nach Steuergeldern durchsuchte was am 22 November 1848 die Verhangung des Belagerungszustandes uber die Stadt und das Verbot der Burgerwehr durch die Regierung nach sich zog Am 5 Dezember verordnete der Konig die Auflosung der von ihm nach Brandenburg verlegten Nationalversammlung und oktroyierte am selben Tag selbst eine Verfassung die weit hinter den Forderungen der Marzrevolution zuruckblieb Deutsche Revolution 1848 1849 Preussen Posen Polen Gottfried Keller an Hermann Hettner 16 September 1850 zitiert nach G Keller Briefe Tagebucher Aufsatze Atlantis Verlag Zurich o J S 175 176 Maas Das Friedrich Wilhelmstadtische Theater S 52 Dreifuss Deutsches Theater S 38 43 Dreifuss Deutsches Theater S 44 Maas Das Friedrich Wilhelmstadtische Theater S 199 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Friedrich Wilhelm Stadtisches Theater amp oldid 218317658