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Das Frauenbuch mittelhochdeutsch Der Vrouwen Buoch auch Itwitz Ytwitz 1 wurde um 1257 von Ulrich von Liechtenstein verfasst Es ist ursprunglich auf Mittelhochdeutsch in Reimpaarversen geschrieben und lasst sich literarisch als Minnerede klassifizieren Der Text ist in fruhneuhochdeutscher Sprachform ausschliesslich im Ambraser Heldenbuch uberliefert heute in Wien Osterreichische Nationalbibliothek Diese Handschrift die Werke des 12 und 13 Jh enthalt wurde 1504 von Konig Maximilian I in Auftrag gegeben Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau 2 Inhalt 2 1 Textprobe 3 Uberlieferungsgeschichte 4 Interpretationsansatze 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAufbau BearbeitenDas Frauenbuch beschreibt einen Dialog zwischen einer adligen Dame und einem Ritter den der Erzahler wiedergibt Der Dialog ist in einen Prolog und Epilog des Dichters eingebettet in denen dieser die Frauen preist und das Buch seiner Herrin widmet Das Werk ist durchgangig in Paarreimen verfasst und 2134 Verse lang Inhalt BearbeitenWahrend sich Dame und Ritter zuerst hoflich unterhalten kommt es bald zu einem Streit in dem sie dem jeweils anderen Geschlecht Vorhaltungen machen Sie werfen einander vor nicht mehr freundlich genug miteinander umzugehen kein Interesse mehr am anderen Geschlecht zu zeigen und so den hohen muot freudige Gesinnung am Hof zu verhindern Die Frau stellt die Manner als spottische prahlerische Trinker dar Im Gegenzug wirft der Ritter den Frauen vor sie versteckten Lebensmut und Freude und gaben ihre Liebe nur noch gegen Geld oder Geschenke Ab der Halfte des Dialogs beruhigt sich die Stimmung der Streit ist soweit beendet allerdings wurde keine Losung gefunden Der Ritter versucht nun der Frau Ratschlage zu erteilen wie sie leben konne ohne zum Gespott zu werden Der Dichter tritt anschliessend zu den beiden und entscheidet den Streit zugunsten der Frauen Wahrend der Prolog und der Epilog eine funktionierende hofische Gesellschaft beschreiben in der die Minne Freude und Ehre zentral sind thematisiert der Dialog dass die Realitat von diesen Idealen abweicht Interessant ist dass in dem Werk auch das damalige Tabuthema der mannlichen Homosexualitat Erwahnung findet in deutlich abwertender Form und eingebettet in eine Klage dass diese Sunde nicht mehr gebuhrend bestraft werde Textprobe Bearbeiten Nachdem im Frauenbuch der Mann der Dame vorgeworfen hat das weibliche Geschlecht wurde ihre Liebe Ehre und den Korper nur noch gegen Gaben und Geld anbieten wehrt sich diese und wirft nun ihrerseits dem Mann sexuelle Ungehorigkeiten vor Dabei lasst der Beginn der Rede bereits erahnen wie unangenehm ihr dieses Thema ist und wie sehr sie sich allein fur das Aussprechen der Worte schamt Originaltext UbersetzungDaz ich iu nu antwurten sol daz tuot mir anders danne wol ja muoz ich diu wort sprechen diu mir min herze brechen mohten hie so an der stunt und diu nimmer vrouwen munt geprechen solte daz ist war si hellent also swachlichen gar daz si den luft verswachent und mich ouch schamerot machent ir sprechent so daz nu diu wip veile haben minne ere und lip nu sult ir mich ouch wizzen lan stat daz wol daz nu die man mit ein ander daz begant des vogel noch tier niht willen hant und alle creatiure dunket ungehiure ir wizzent wol waz ich meine ez ist so gar unreine daz ich sin niht gennenen getar ir leben ist vervluochet gar sprechet ob daz si missetat daz man mit manne daz begat da got iu zuo geschuof diu wip vervlouchet immer si sin lip der sich der sele also bewiget daz er so swacher dinge pfliget daz ein ungezogner munt mit worten ungerne machet kunt Was ich Euch jetzt antworten muss ist mir alles andere als angenehm Ich muss jetzt Worte aussprechen die mir auf der Stelle das Herz brechen konnten und die eine Dame wirklich niemals in den Mund nehmen sollte Sie sind so abscheulich dass sie die Luft verpesten und mich auch schamrot werden lassen Ihr sagt dass die Damen jetzt Liebe Ehre und Korper feilbieten Jetzt sollt Ihr mir bitte erklaren Ist es richtig dass jetzt die Manner das miteinander tun was weder Vogel noch Tiere miteinander treiben und alle Kreaturen als schrecklich ansehen Ihr wisst wohl was ich meine Es ist so ganz und gar unrein dass ich es nicht einmal auszusprechen wage Ihr Leben ist vollig verflucht Sagt ob das eine Sunde ist dass ein Mann das mit einem anderen Mann tut wozu Gott Euch die Frauen schuf Verflucht sei fur immer der der seine Seele so vergisst dass er solche abscheulichen Sachen macht die sogar ein schlechterzogener Mund nur ungerne zur Sprache bringt Ulrich von Liechtenstein Frauenbuch V 637 666 Uberlieferungsgeschichte BearbeitenDas Frauenbuch ist nur im Ambraser Heldenbuch uberliefert es existiert kein anderer Uberlieferungszweig Das Frauenbuch ist Stuck 21 der Handschrift die 28 Spalten befinden sich auf den Blattern 220v 225r Dem Frauenbuch voraus gehen vier Texte des Schwiegersohns Ulrichs Herrand II Wildon was die Frage nach einer spontanen Familienuberlieferung aufwirft 2 doch ist historisch nicht gesichert wie das Frauenbuch seinen Weg in das Ambraser Heldenbuch gefunden hat Dazu werden in der Forschung mehrere Moglichkeiten diskutiert 3 Eine der diesbezuglichen Vermutungen besteht darin dass sich die Vorlage dieses Werkes bereits im Besitz Maximilians I befand Auch die Eigeninitiative des Schreibers Hans Ried der selbst darauf aufmerksam geworden sein konnte wird als Moglichkeit genannt Ausserdem ware es denkbar dass das Frauenbuch in das Ambraser Heldenbuch aufgenommen wurde da es sich im Besitz von Paul von Liechtenstein der nicht mit Ulrich verwandt war befand Andere Quellen lassen vermuten dass das Werk durch die Hilfe Ulrichs von Fladenitz seinen Weg in die Handschrift fand Interpretationsansatze BearbeitenRealitat und FiktionAusgehend von der didaktischen Komponente die sich in der deutschen Minnelehre grundsatzlich eher an Manner richtet stellt das Frauenbuch einen Sonderfall dar Das zeigt sich nicht nur dadurch dass sich der didaktische Teil des Werkes um das Verhalten der Frauen dreht sondern auch weil hier erstmals beide Geschlechter zu Wort kommen 4 Das Werk hinterfragt die Aspekte des hofischen Lebens und weist darauf hin dass sich Minne und die Gepflogenheiten des offentlichen Lebens manchmal interpretatorisch schwer auseinanderhalten lassen da Liebe keine offentliche sondern eine rein personliche Angelegenheit ist Die Mehrdeutigkeit zwischen Minne und Offentlichkeit lasst Ulrich zwischen den beiden Gesprachspartnern immer mehr eskalieren der Meinungsunterschied steigert sich bis ins Absurde Dies wird vor allem auch im Vorwurf der Dame ersichtlich Ritter waren alle homosexuell und wurden den ganzen Tag mit ihren Freunden im Wald umher jagen Die Rede der Frau zeigt dabei ein starkes Gegenbild zur idealen Vorstellung des hofischen Ritters wie er in der Literatur dargestellt wird Diese Steigerung lasst sich kaum anders denn als Humor interpretieren der dazu fuhren soll uber die uberzeichnet dargestellten Mangel und Schwachen der beiden Geschlechter nachzudenken 5 Jedoch ist die Frage nach Realitat und Fiktion der dargestellten Probleme zwischen Mannern und Frauen nicht eindeutig zu beantworten Selbstdarstellung UlrichsZu dem Zeitpunkt als die Erzahlerfigur Ulrich von Liechtenstein selbst zum Schiedsrichter des Streitgesprachs wird ist dies eigentlich gar nicht mehr notwendig Der Streit zwischen Ritter und Dame ist grundsatzlich beendet sie beide sind sich in der negativen Beurteilung ihrer Zeit einig und auch daruber dass Manner und Frauen gleichermassen die Schuld daran tragen Ulrich erlost in dem Fall beide aus der Erstarrung ihres Streits an dem sie keine Losung mehr finden Sein Einschreiten lasst somit Tendenzen zur Selbstdarstellung vermuten Er prasentiert sich durchwegs ausgestattet mit viel Kompetenz sei es als allwissender Berichterstatter oder als im Werk selbst handelnde Figur Er zeigt dabei dass er ein Mann ist der die hofische Lebensweise kennt und praktiziert Dies ist auch durch Ulrichs Anmerkung im Buch ersichtlich die besagt dass er dieses Werk im Auftrag seiner Minnedame verfasst habe und es damit Teil seines personlichen Minnedienstes sei 6 Frauenbuch und FrauendienstIn vielen Dingen spielt Ulrich im Frauenbuch auf Teile des Frauendienstes an Hier stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang der beiden Werke Der Frauendienst beschreibt eine konkrete Lebensorientierung wahrend das Frauenbuch den Minnedienst nun auch theoretisch erortert und ein allgemeines Nachdenken uber das Leben beschreibt Das Frauenbuch geht dabei insofern uber den anderen Text hinaus da es den Minnedienst generell zum Allheilmittel fur die hofische Gesellschaft erklart Literatur BearbeitenAlfre Ebenbauer Fritz Peter Knapp Anton Schwob Hrsg Die mittelalterliche Literatur in der Steiermark Akten des Internationalen Symposiums Schloss Seggau bei Leibnitz 1984 Lang Bern u a 1988 Franz Viktor Spechtler Hrsg Ulrich von Liechtenstein Frauenbuch Kummerle Goppingen 1989 Goppinger Arbeiten zur Germanistik Band 520 ISBN 3 87452 760 3 Franz Viktor Spechtler Barbara Maier Hrsg Ich Ulrich von Liechtenstein Literatur und Politik im Mittelalter Akten der Akademie Friesach Stadt und Kultur im Mittelalter 1996 Klagenfurt 1999 Schriftenreihe der Akademie Friesach Band 5 Ulrich von Liechtenstein Das Frauenbuch Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch Hrsg ubersetzt und kommentiert von Christopher Young Reclam Stuttgart 2003 Universal Bibliothek Band 18290 ISBN 3 15 018290 5 Ulrich von Liechtenstein Leben Zeit Werk Forschung Hrsg von Sandra Linden und Christopher Young De Gruyter Berlin New York 2010 ISBN 978 3 11 018485 3 Weblinks BearbeitenUlrich von Liechtenstein Frauenbuch im HandschriftencensusEinzelnachweise Bearbeiten RI OPAC Hofmeister Wernfried Das Frauenbuch Ulrichs von Liechtenstein als interdisziplinare Herausforderung Ansatze und Forschungsperspektiven In Ich Ulrich von Liechtenstein Literatur und Politik im Mittelalter Hrsg von Franz Viktor Spechtler und Barbara Maier Klagenfurt Wieser 1999 Schriftenreihe der Akademie Friesach 5 S 209 Vgl Wernfried 1999 S 210 Ulrich von Liechtenstein Das Frauenbuch Mittelhochdeutsch Neuhochdeutsch Hrsg ubersetzt und kommentiert von Christopher Young Stuttgart Reclam 2003 Universal Bibliothek 18290 S 22 Vgl von Liechtenstein 2003 S 25 Hofmeister Wernfried Minne und Ehe im Frauenbuch Ulrichs von Liechtenstein In Die mittelalterliche Literatur in der Steiermark Akten des Internationalen Symposiums Schloss Seggau bei Leibnitz 1984 Hrsg von Alfred Ebenbauer Fritz Peter Knapp und Anton Schwob Bern u a Lang 1988 S 132 Normdaten Werk GND 7611035 7 lobid OGND AKS VIAF 194955841 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Frauenbuch amp oldid 239485711