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Francesco Torniello da Novara um 1490 1589 in Treviglio Italien war ein Mailander Typograf Schriftsteller und Franziskaner der durch die erste schriftliche geometrische Spezifikation einer Schriftart fur lateinische Versalien bekannt wurde Er kann daher als Pionier der mathematischen Typografie angesehen werden Francesco Torniello bei der Konstruktion des A s in einem Holzschnitt von Guillaume Le Signerre von 1517 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Weitere Entwicklung in der Renaissance 4 Literatur 5 WeblinksLeben BearbeitenDie Tornielli waren in der Renaissance eine vermogende weitverzweigte Familie von der einige Mitglieder in Barengo lebten das zur Provinz Novara gehort und einige in der Stadt Novara selbst Es gibt jedoch keine uberlieferten Belege dass Francesco einem dieser beiden Familienzweige angehorte und von dort dann spater nach Mailand zog Zwei Bruder Francesco und Giovanni Antonio Torniello da Novara sind 1525 in Mailand urkundlich belegt als Herzog Francesco Sforza ihnen das Mailander Burgerrecht verlieh In dem Werk Museo Novarese des Mailander Historikers Lazzaro Agostino Cotta 1645 1719 von 1701 wird Francesco Torniello als Experte in Geometrie und Arithmetik beschrieben der als Schriftsteller tatig war Als einziges Werk uberliefert ist jedoch nur ein Buch mit dem Titel Opera del modo de fare le littere maiuscole antique das 1517 in Mailand erschien Ein Francesco Torniello trat 1519 in den Orden der Franziskaner ein und erlangte durch seine Predigten einige Bekanntheit Es lasst sich nicht mit Sicherheit belegen dass es sich um ein und dieselbe Person handelt aber es sprechen nach Einschatzung von Giovanni Mardersteig mehrere Indizien dafur So passt das Alter zusammen und auch der Franziskaner wird in Bezug auf seine berufliche Tatigkeit vor seinem Eintritt in den Orden als Schriftgelehrter beschrieben Der Franziskaner veroffentlichte dann noch ein weiteres Werk mit dem Titel De Unitate Ecclesia Dei von dem jedoch kein Exemplar mehr bekannt ist Er starb 1589 in dem Franziskanerkloster in Treviglio in sehr hohem Alter Werk Bearbeiten nbsp Der Buchstabe A aus Luca Paciolis Werk Divina Proportione veroffentlicht 1509 in VenedigDank der ausfuhrlichen und verehrenden Referenz von Tornielli in seinem Werk an Luca Pacioli wissen wir dass er ihm entweder begegnet sein muss oder ihm zumindest das Werk Divina Proportione zur Verfugung stand Dieses Werk enthalt u a geometrische Darstellungen aller lateinischen Grossbuchstaben Paciolis Schriftart stellte zu dieser Zeit den Hohepunkt einer Entwicklung in der Renaissance dar die danach strebte die lateinischen Buchstaben alter Inschriften und Grabsteine moglichst originalgetreu zu ubernehmen und sie in ihrer geometrischen Ausgestaltung zu perfektionieren Diese Entwicklung begann 1460 mit einer im Vatikan archivierten Handschrift von Felice Feliciano 1433 1479 und wurde von Damianus Moyllus 1439 1500 1483 oder 1484 fortgesetzt Diese Schriftarten waren damals noch nicht primar fur den Buchdruck gedacht sondern als Vorlage fur kunstlerische Inschriften Als Werkzeuge fur den Entwurf der einzelnen Buchstaben standen nur Lineal und Zirkel zur Verfugung Bis einschliesslich des Werks Paciolis wurden allerdings nur die fertigen Entwurfe zusammen mit einigen Konstruktionselementen wie den verwendeten Kreisen und dem umgebenden Rechteck oder Quadrat dargestellt Eine vollstandige schriftliche Spezifikation passend zu den Diagrammen fehlte jedoch In dieser Hinsicht betrat Torniellos Werk Opera del modo de fare le littere maiuscole antique das 1517 in Mailand von Gotardo da Ponte gedruckt und veroffentlicht wurde Neuland Das beginnt damit dass Torniello ein 18 18 Raster definierte das als Koordinatensystem dient Die doppelte Seitenlange eines Rasterfeldes wurde dabei als Punkt definiert Dies ist die erste bekannte Definition eines Punktes als typografische Masseinheit Es ist allerdings nicht anzunehmen dass Pierre Simon Fournier das Werk von Torniello kannte als er 1737 ebenfalls den Punkt als typografische Masseinheit einfuhrte Der Punkt als Masseinheit und das Raster erleichterten Torniello sehr die geometrische Spezifikation in Schriftform wie folgendes Beispiel fur den Buchstaben A illustriert nbsp Der Buchstabe A aus Francesco Torniellos Werk von 1517Der Buchstabe A wird vom Quadrat geformt Die Dicke des rechten Beins sollte ein Neuntel der Vertikalen betragen es sollte ausserhalb des Quadrats beginnen wo es den Kreis beruhrt der durch die oben liegende Horizontale einen halben Punkt links vom Mittelpunkt durchgeht und in der unten liegenden Ecke des Quadrats endet mit den Kreisen wie Du sie eingezeichnet siehst Alle ausseren Kreise haben einen Radius von einem Punkt und die inneren einen Radius von einem halben Punkt gemessen von dem Mittelpunkt eines Kreises bis zu seinem Umfang Das linke Bein sollte die halbe Dicke des rechten haben und die Innenlinie sollte einen Startpunkt haben der mit der Mitte der oberen Linie des Quadrats zusammentrifft und einen halben Punkt vor der Grundlinie enden einen Punkt innerhalb der linken Vertikalen des Quadrats Die Querlinie sollte ein Drittel der Dicke des rechten Beines aufweisen wobei die obere Linie mit der Horizontalen in der Mitte des Quadrats zusammentreffen sollte nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp Vergleich einiger Versalien von Pacioli links und Torniello rechts Wahrend Torniello weitgehend die Entwurfe von Pacioli ubernahm wich er bei den Buchstaben M R S und T deutlich von seinem Vorbild ab Insbesondere die Buchstaben S und T wurden um kalligraphische Details bereichert die auch von spateren Typografen kopiert wurden So findet sich beispielsweise die Gestaltung der parallelen schrag geschnittenen oberen Serifen des T in dem Alphabet von Albrecht Durer wieder Nur das M wurde in der vergleichenden Analyse von Giovanni Mardersteig als weniger gelungen betrachtet Ferner erganzte Torniello sein Alphabet um das Z was als Beleg betrachtet werden kann dass diese Schriftarten auch zunehmend fur nicht lateinische Texte verwendet wurden An den Buchstaben R und S lassen sich auch weitere Eigenheiten der Konstruktionszeichnungen von Torniello erkennen So zeichnete er fur alle verwendeten Kreisbogen jeweils das vollstandige Kreissegment ein zusammen mit der Angabe des jeweiligen Radius der in Punkten gemessen wurde Im begleitenden Text wurden die zugehorigen Koordinaten spezifiziert Weitere Entwicklung in der Renaissance Bearbeiten nbsp Der Buchstabe A aus Verinis Werk Luminario 1526Torniellos Werk und die Alphabete seiner Vorganger insbesondere von Pacioli und Sigismondo Fanti 1514 beeinflussten wesentlich die weitere Entwicklung Giovam Baptista Verini publizierte 1526 in Florenz im dritten Band zu seinem Werk Luminario ein Alphabet das sich weitgehend von den Entwurfen von Pacioli und Fanti ableitete aber von Torniello die Definition des Punkts als neunten Teil der Seitenlange ubernahm Im Unterschied zu Pacioli und Torniello fallen die sehr viel grosseren Kreise bei den Serifen auf so dass diese deutlich schwerer wirken nbsp Der Buchstabe A aus Albrecht Durers Werk Unterweysung der Messung 1528Im Jahr 1528 veroffentlichte Albrecht Durer in Nurnberg seine bereits 1525 entstandenen Entwurfe zu seinem Alphabet Durer kannte seine italienischen Vorganger recht gut und liess sich hauptsachlich von Pacioli und Torniello leiten Als erster stellte er beide Varianten die ausgefullten Buchstaben in Anlehnung an Pacioli und die Konstruktionsskizzen entsprechend dem Vorbild von Torniello nebeneinander dar Die Rasterung ubernahm Durer ebenfalls von Torniello Die Grossen der Serifen ahneln jedoch eher denen von Pacioli Sie sind damit etwas weniger zierlich als die von Torniello jedoch deutlich kleiner als die von Verini nbsp Der Buchstabe A aus Geoffroy Torys Werk Champ Fleury 1529Kurz danach aber in voller Kenntnis des Werks von Albrecht Durer und der italienischen Vorbilder veroffentlichte Geoffroy Tory 1529 sein Werk Champ Fleury in Paris Er ubernahm dabei von Albrecht Durer die duale Darstellung entsprechend der Torniellos und Paciolis und verwandte ebenfalls ein Raster das aber im Unterschied zu dem von Torniello auf 10 10 dimensioniert ist Fur die Serifen kamen jedoch viel grossere Kreise zum Einsatz die eher denen von Verini gleichen als den kleineren Kreisen von Torniello oder Pacioli nbsp Der Buchstabe B aus Francesco Crescis Werk Essemplare di piu sorti lettere 1560Der Abschied vom Zirkel als Werkzeug der Typografie wurde von Ludovico degli Arrighi 1523 und insbesondere von Francesco Cresci in seinem Werk Essemplare di piu sorti lettere von 1560 eingeleitet Cresci studierte erneut die antiken Inschriften und kam zu dem Schluss dass auf dem Zirkel beruhende Konstruktionen den Originalen nicht gerecht werden Beispielsweise basiert das nebenstehende B auf der entsprechenden Form in der Inschrift am Piedestal der Trajanssaule in Rom In seiner Zusammenfassung schreibt Cresci daher abschliessend Ich bin zu dem Schluss gekommen dass Euklid der Prinz der Geometrie wenn er zu unserer Welt zuruckkehren wurde niemals darauf kommen wurde dass die Kurven der Buchstaben mit Hilfe von mit Zirkeln gezogenen Kreisen so konstruiert werden konnten dass sie den Proportionen und dem Stil der antiken Buchstaben entsprechen Literatur BearbeitenLuca Pacioli De Divina Proportione Antonio Capella Venedig 1509 Von diesem Werk existiert ein Nachdruck der 1998 mit einem Vorwort von Fabio Massimo Bertolo von den Tipografi Associati Sassari herausgegeben wurde ausserdem eine elektronische Online Version der zweisprachigen Ausgabe von Constantin Winterberg 1888 1 Das Werk enthalt im Anhang das Alphabet von Pacioli Francesco Torniello da Novara Opera del modo de fare le littere maiuscole antique Gotardo da Ponte Milano 1517 Von dem originalen Werk sind nur noch vier Exemplare bekannt eines davon in der Biblioteca Columbina von Sevilla eines in der Pepys Library von Cambridge und zwei in der Biblioteca Ambrosiana von Mailand Francesco Torniello Luca Pacioli und Giovanni Mardersteig The Alphabet of Francesco Torniello da Novara Officina Bodoni Verona 1971 Dieses Werk enthalt eine vollstandige Reproduktion des Werks von Francesco Torniello Hinzu kommt eine Gegenuberstellung mit dem Alphabet von Luca Pacioli und einer ausfuhrlichen Einfuhrung von Giovanni Mardersteig die eine wichtige Grundlage fur diesen Artikel bildete Von diesem Buch wurden insgesamt nur 160 Exemplare gedruckt Donald M Anderson Cresci and His Capital Alphabets Visible language 4 1971 Seiten 331 352 Der Artikel geht ausfuhrlich auf die gesamte typografische Geschichte der Renaissance ein um die teilweise sehr scharfe Auseinandersetzung von Cresci mit seinen Vorgangern genauer zu beleuchten Donald E Knuth Mathematical Typography Bulletin of the American Mathematical Society new series 1 March 1979 Seiten 337 372 Wurde erneut veroffentlicht in dem Sammelband Donald E Knuth Digital Typography CSLI Publications Stanford 1999 ISBN 1 57586 010 4 Dieser Artikel geht u a in einem Uberblick auch auf die Geschichte mathematischer Definitionen fur Buchstaben ein Donald E Knuth The Letter S The Mathematical Intelligencer 2 1980 Seiten 114 122 Wurde erneut veroffentlicht in dem Sammelband Donald E Knuth Digital Typography CSLI Publications Stanford 1999 ISBN 1 57586 010 4 Dieser Artikel geht detailliert auf die Problematik ein den Buchstaben S darzustellen Hierbei wird u a auch die geometrische Beschreibung fur S von Francesco Torniello vorgestellt und anschliessend in die Sprache METAFONT ubertragen und danach etwas vom Autor erganzt und verfeinert Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Das vollstandige Alphabet aus Francesco Torniellos Werk Album mit Bildern Videos und Audiodateien Jacques Andre De Pacioli a Truchet Trois siecles de geometrie pour les caracteres PDF 950 kB nbsp Dieser Artikel wurde am 6 Mai 2006 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Person GND 132091895 lobid OGND AKS VIAF 28221296 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Torniello FrancescoALTERNATIVNAMEN Torniello da Novara FrancescoKURZBESCHREIBUNG italienischer Typograf und FranziskanerGEBURTSDATUM um 1490STERBEDATUM 1589STERBEORT Treviglio Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Francesco Torniello amp oldid 204704568