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Der Eisenbahnunfall von Thorpe war der Frontalzusammenstoss zweier Zuge auf einer eingleisigen Strecke der Great Eastern Railway am 10 September 1874 zwischen den Bahnhofen Norwich Thorpe in der Grafschaft Norfolk in England und Brundall 25 Menschen starben Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Unfallhergang 3 Folgen 4 Bewertung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenAm Abend des 10 September 1874 war ein Postzug mit Personenbeforderung nach London unterwegs Er bestand aus einer Lokomotive einem Schlepptender und 14 Wagen von denen ein Teil aus Lowestoft ein anderer aus Yarmouth kam In der Gegenrichtung fuhr ein Schnellzug der von einer Dampflokomotive gezogen wurde sowie einen Schlepptender und 15 Personenwagen fuhrte Der Fahrplan sah fur den Streckenabschnitt vor dass der Postzug im Kreuzungsbahnhof Brundall den entgegenkommenden Schnellzug abwarten und passieren lassen sollte bevor er selbst seine Fahrt fortsetzte An diesem Abend hatte der Schnellzug Verspatung Solange die Zuge im vorgegebenen Fahrplan fuhren stellte dieser in dem eingleisigen Streckenabschnitt die Betriebssicherheit her Bei Abweichungen vom Fahrplan seien es Verspatungen seien es ausserplanmassige zusatzliche Zuge stimmten die beiden zustandigen Fahrdienstleiter miteinander telegrafisch ab welcher Zug die Strecke zuerst befahren durfte Dies geschah in der Form dass der Empfangsbahnhof des Zuges der Abfahrt des Zuges im Ausgangsbahnhof telegrafisch zustimmte Wahrend dieser Vorgang im Bahnhof Brundall beim dortigen Bahnhofsvorsteher in einer Hand vereinigt war gestaltete sich das Verfahren im sehr viel grosseren Bahnhof Norwich Thorpe komplizierter Der dortige Fahrdienstleiter wies den Telegrafisten an in Brundall nachzufragen ob die Strecke frei sei und musste die Anfrage unterschreiben ebenso wie die eingehende Antwort Erst danach durfte er gegebenenfalls dem Lokomotivfuhrer einen schriftlichen Fahrbefehl ubergeben Unfallhergang BearbeitenAufgrund von Nachlassigkeiten bei der Kommunikation zwischen dem Fahrdienstleiter und dem Telegrafisten in Norwich erhielt der Bahnhof Brundall die Zustimmung den Postzug in die eingleisige Strecke einfahren zu lassen Die Zustimmung war nicht vom Fahrdienstleiter unterschrieben der sich deshalb darauf verliess dass sie von dem Telegrafisten nicht abgesandt werde ohne das noch einmal zu uberprufen als er seine Entscheidung revidierte und den Schnellzug auf die Strecke schickte Der Telegrafist hatte die Zustimmung aber gleichwohl abgesandt und die Unterschrift in dem Telegramm mit angegeben Zudem blieb die Antwort aus Brundall dass der Postzug sich auf die Strecke begeben habe aus ungeklarter Ursache sechs Minuten im Buro des Telegrafisten unbearbeitet liegen bevor sie an den Fahrdienstleiter weitergereicht wurde In diesen sechs Minuten traf der Schnellzug in Norwich ein und erhielt ebenfalls die Genehmigung zur Weiterfahrt Somit hielten beide Lokfuhrer einen Fahrbefehl in der Hand begaben sich auf die Strecke und versuchten mit hochst moglicher Geschwindigkeit Zeit zu gewinnen um die entstandene Verspatung zu reduzieren und den vermeintlich wartenden entgegenkommenden Zug moglichst wenig zu behindern Es war bereits dunkel regnete und die Unfallstelle lag in einer leichten Kurve so dass die Lokomotivpersonale die gegenseitigen Spitzensignale bis kurz vor dem Zusammenstoss nicht erkennen und nicht mehr bremsen konnten Die Lokomotiven trafen gegen 21 Uhr 45 aufeinander Nachtraglich wurde geschatzt dass der Postzug mit etwa 50 km h der Schnellzug mit etwa 35 km h unterwegs war Beim Aufeinandertreffen der Zuge wurde die Schnellzuglokomotive auf die des Postzuges geschoben und die ersten Wagen beider Zuge an diesem Hindernis zertrummert Die Trummer der Fahrzeuge turmten sich pyramidenformig auf Lediglich die letzten Wagen beider Zuge blieben im Gleis die letzten des Schnellzuges auf einer Holzbrucke die den Yare uberquerte Folgen Bearbeiten25 Menschen starben darunter beide Lokomotivbesatzungen 75 Personen wurden daruber hinaus verletzt Dies war der folgenreichste Frontalzusammenstoss zweier Zuge auf einer eingleisigen Strecke in Grossbritannien bis zu diesem Zeitpunkt 1 Bewertung BearbeitenDie Unfalluntersuchung wies dem Fahrdienstleiter des Bahnhofs Norwich Thorpe und dem dortigen Telegrafisten die Schuld an dem Unfall gleichermassen zu da beide Kommunikationsfehler zu verantworten hatten die letztendlich den Zusammenstoss zur Folge hatten 2 Die Untersuchungskommission empfahl trotz der damit verbundenen Probleme im Betrieb aus Sicherheitsgrunden das telegrafische Zugmeldesystem um ein Stafettensystem zu erganzen bei dem jedem Blockabschnitt ein nur einmal vorhandener Fahrbefehl in Form eines Gegenstandes z B eines gekennzeichneten Stabes oder einer Marke zugeordnet ist und nur der Zug in den entsprechenden Blockabschnitt einfahren darf dessen Lokpersonal im Besitz des Gegenstandes ist Nachteil dieses Systems ist dass jeder Zug einen Gegenzug braucht der den Gegenstand wieder zuruckbefordert bevor wieder ein Zug in gleicher Richtung auf die Strecke geschickt werden kann Der Unfall zeigte dass eine Streckensicherung im Zugmeldeverfahren relativ hohe Risiken barg wenn es zu einem nie auszuschliessenden Kommunikationsfehler der Beteiligten kam und dass technische Sicherungen erforderlich waren um sicherzustellen dass sich immer nur ein Zug in einem Blockabschnitt befand Dafur war zu diesem Zeitpunkt nur das Stafettensystem bekannt Das Stafettensystem wurde zwischen Brundall und Norwich wegen der zahlreichen Sonderzuge nicht eingesetzt die mit Frischfisch von der Kuste unregelmassig aber gehauft und immer nur in einer Richtung sowie gleichermassen die Leerzuge in der Gegenrichtung unterwegs waren und dann keinen unmittelbaren Gegenzug hatten der den gegenstandlichen Fahrbefehl wieder zuruckbefordern konnte Veranlasst auch durch diesen Unfall und die bekannten Nachteile des Stafettensystems entwickelte der Ingenieur Edward Tyer das Electric Tablet System 3 bei dem nur derjenige Lokfuhrer in einen Block einfahren darf der im Besitz eines Schlussels ist der ihm vor Einfahrt in den Block ubergeben wird Solange er im Besitz des Schlussels ist kann der Sicherungsanlage kein zweiter Schlussel entnommen werden Nach Durchfahren des Blocks wird dieser bei der Ausfahrt dort wieder in die Anlage gesteckt Erst dann kann wieder ein Schlussel aus der Anlage gelost werden mit dem ein anderer Lokfuhrer den Block befahren darf und zwar wahlweise nach Bedarf an einer der beiden Endgerate in dem die Blockstelle beendenden Bahnhof Siehe auch BearbeitenListe von Eisenbahnunfallen im Vereinigten KonigreichLiteratur BearbeitenNicholas Faith Derail Why Trains Crash 2000 ISBN 0 7522 7165 2 S 44 Lionel Thomas Caswell Rolt Red for Danger Bodley Head David and Charles Pan Books 1956 Weblinks BearbeitenZeitgenossischer Bericht in der Illustrated London News vom 19 September 1874 Untersuchungsbericht zu dem Unfall PDF Datei 1 87 MB Einzelnachweise Bearbeiten Untersuchungsbericht zu dem Unfall PDF Datei 1 87 MB S 13 Untersuchungsbericht zu dem Unfall PDF Datei 1 87 MB S 15 Faith 52 625196 1 344023 Koordinaten 52 37 30 7 N 1 20 38 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenbahnunfall von Thorpe amp oldid 238857984