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Das Land der Blinden englischer Originaltitel The Country of the Blind ist eine Erzahlung von H G Wells Sie erschien zuerst 1904 in einer Ausgabe des Strand Magazine Die erste Buchveroffentlichung folgte 1911 in dem Band The Country of the Blind and other Stories 1939 wurde in einer weiteren Kurzgeschichtensammlung eine uberarbeitete Fassung veroffentlicht TitelbildUngewohnliche Schwellungen im Gesicht Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Charakterisierungen 2 1 Nunez 2 2 Medina sarote 3 Verhaltnis der Geschlechter 4 Stil 5 Erzahlperspektive 6 Thematik 7 Verfilmung 8 Weitere Ausgaben 9 Literatur 10 WeblinksInhalt BearbeitenDer Bergsteiger Nunez sturzt in den Anden in ein ihm unbekanntes Tal Nach und nach merkt er dass es sich dabei um das legendare Land der Blinden handelt Vor Jahrhunderten siedelten sich hier Menschen an die kurze Zeit spater durch ein Erdbeben von der Aussenwelt abgeschnitten wurden Nach und nach wohl durch eine Krankheit erblinden alle Bewohner und auch die Kinder kommen alle blind und mit leeren Augenhohlen zur Welt Nunez betritt das Tal 14 Generationen nachdem der letzte Sehende gestorben ist jede Erinnerung an das Sehen und an die Aussenwelt ist ausgeloscht Nunez glaubt nun sich zum Herrscher und Lehrmeister der Menschen machen zu konnen scheitert aber da die Bewohner durch ihre Erfahrung mit dem Leben im Tal und die extreme Scharfung der ubrigen Sinne ihm mindestens ebenburtig sind Die Bewohner halten ihn fur geistesgestort und zwingen ihn zu niedrigen Arbeiten bis er zugibt sich das Sehen nur eingebildet zu haben und vorgibt das beschrankte Weltbild der Blinden zu ubernehmen Er verliebt sich in Medina sarote die Tochter seines Herrn die Einwilligung zur Hochzeit wird aber verweigert Einer der Dorfaltesten der Medizinmann glaubt den Grund fur Nunez Verwirrung erkannt zu haben Die ungewohnlichen Schwellungen in seinem Gesicht seine Augen reizen sein Gehirn sodass er nicht zu klaren Gedanken fahig sei Durch eine Entfernung der Augen konne er ein vollwertiges gesundes Mitglied der Gemeinschaft werden und heiraten Er willigt ein entschliesst sich aber dann zum Fluchtversuch uber die Berge Er erreicht den Hohenkamm und legt sich bei Einbruch der Nacht nieder glucklich dem Tal der Blinden entkommen zu sein Damit endet die Geschichte In der uberarbeiteten Auflage von 1939 erkennt Nunez auf seiner Flucht einen das Tal bedrohenden Bergrutsch Beim Versuch die Bewohner des Tals vor der nahenden Katastrophe zu warnen wird er erneut verspottet Er kann sich und Medina sarote wahrend des Erdrutsches in Sicherheit bringen und das Tal verlassen Charakterisierungen BearbeitenNunez Bearbeiten Nunez wird als ein junger Mann beschrieben der viel von der Welt gesehen hat und sich durch Mut Ehrgeiz und Unternehmungslust auszeichnet Es wird angedeutet dass er grosser und kraftiger gebaut ist als die Blinden Sein Selbstbewusstsein kann sich wenn es gekrankt wird zur Arroganz steigern wodurch er sich zu irrationalen Taten und sogar zu Gewalt hinreissen lasst Jedoch ist er auch dann nicht skrupellos sondern erkennt die Grenzen des Zivilisatorischen an So hat er zunachst grosse Hemmungen einen Blinden zu schlagen Medina sarote Bearbeiten Medina sarote unterscheidet sich schon ausserlich entscheidend von allen anderen Blinden Sie ist diejenige die den Menschen ausserhalb des Tals am ahnlichsten ist und entspricht dem Schonheitsideal der Blinden uberhaupt nicht Daher ist sie wie Nunez ein Aussenseiter Sie ist emotional und geistig offener auch gegenuber Nunez Berichten uber die Aussenwelt Allerdings ist auch sie entscheidend von ihrer Kultur und dem Alltag im Dorf gepragt Sie respektiert die Entscheidungen ihres Vaters und der Altesten und hinterfragt diese nicht Beim entscheidenden Gesprach mit Nunez uber die Moglichkeit einer Augenentfernung ist sie zogerlich Einerseits vertraut sie dem Rat der Altesten und mochte Nunez gern uberreden andererseits traut sie sich nicht offen ihre Bitte zu aussern sondern deutet sie nur an Sie wirkt schuchtern besonnen aber auch passiv Verhaltnis der Geschlechter BearbeitenNunez und Medina sarote reprasentieren das traditionelle Geschlechterbild der Zeit Er vertritt das mannliche Ideal von Mut und Entschlossenheit sie ist sehr gefuhlsbetont zuruckhaltend und uberlasst die Entscheidung uber die Operation voll und ganz Nunez In gewisser Weise wechselt sie aus der Einflusssphare des Vaters unmittelbar in die des Verlobten Ausserdem ist auffallig dass sie die einzige Frau in der Geschichte ist selbst eine Mutter scheint sie nicht zu haben Der Altestenrat besteht nur aus Mannern und auch die Hirten und Bauern die Nunez am Anfang finden und spater zu fangen versuchen sind Manner Auch wenn das gesellschaftliche Leben nur skizzenhaft dargestellt ist wird deutlich dass Frauen darin keine Rolle spielen Die Anbahnung der Hochzeit bestatigt dies Nunez halt beim Vater um Medina sarotes Hand an dieser hat die Entscheidungsgewalt Medina sarote reagiert auf traditionell weibliche Weise Es sind nicht Argumente oder gar Drohungen die den Vater uberzeugen die Sache zu uberdenken sondern ihre Tranen Stil BearbeitenDer Erzahler macht den Leser zunachst mit der Legende um das Land der Blinden bekannt und zwar in einem leicht mythisch marchenhaften Ton Dieser wechselt aber sofort in eine realistischere Darstellungsweise wenn Nunez vorgestellt wird also exakt beim Zeitsprung von der Vorgeschichte zur eigentlichen Handlung Die Naturbeschreibung tendiert zur Verklarung des Tals als locus amoenus wahrend das Dorf und die Menschen sachlicher beschrieben werden Die Enge und Repression in der Gemeinschaft der Blinden wird durch die idyllische Schonheit der Natur die diese nicht wahrnehmen konnen kontrastiert und dadurch verstarkt Erzahlperspektive BearbeitenDer Anfang der Geschichte wird von einem auktorialen Erzahler vermittelt der auf das Geschehene aus einer spateren Zeit zuruckblickt Zunachst erfahrt der Leser die Vorgeschichte also die Legende vom sagenumwobenen Land der Blinden Dann verengt sich der Fokus auf die Bergsteiger und den Tag des Sturzes Immer noch spielt der Erzahler seinen Wissensvorsprung vor den Figuren aus Dann jedoch bindet sich der Erzahler an die Eindrucke von Nunez er ist die Fokalfigur aus deren Sicht dem Leser das Tal beschrieben wird Diese Welt ist Nunez und dem Leser gleichermassen unbekannt und beide mussen sie nun gemeinsam erforschen Im weiteren Verlauf der Geschichte wird nun zwischen auktorialem und personalem Erzahlen gewechselt wobei der Erzahler der Fokalfigur zwar oft sehr nahe kommt aber nie vollig deckungsgleich mit ihr wird Auch die Sprache passt sich nicht dem Stil der Figur an der Erzahler verschwindet nie in dessen Rede oder Gedankenstrom sondern bleibt relativ neutral Thematik BearbeitenWells entwirft in dieser Erzahlung durch den Zusammenprall zweier Kulturen eine sehr komplexe soziale Problemlage Nunez fuhlt sich durch seine Sehkraft uberlegen und glaubt daher sich zum Konig machen zu konnen Dahinter steckt dieselbe Denkweise wie hinter den kolonialen Bestrebungen der europaischen Nationen im fruhen 20 Jahrhundert welche hier kritisiert werden Allerdings steht hier nicht einfach der aggressive Eroberer den hilflosen unzivilisierten Opfern gegenuber Stattdessen entpuppt sich die heile Welt der Blinden als Ordnungsstaat mit totalitaren Zugen Jeder fugt sich in die Gesellschaft ein der Altestenrat bestimmt alles und der Fremde wird als schwachsinnig angesehen und zu schwerer Arbeit gezwungen Wells zeigt so wie durch Unverstandnis und Kulturchauvinismus Vorurteile und Feindbilder entstehen konnen Diese Tendenz zu Intoleranz und Abgrenzung nach aussen wird da sie auch in der vollig isolierten Blindenkultur vorhanden ist als kulturunabhangige menschliche Eigenschaft dargestellt Ein weiterer Fokus liegt auf der sozialen Integration Nunez in die blinde Gesellschaft Sich deren Geboten z B einem umgekehrten Tag Nacht Rhythmus anzupassen und sich mit dem engen Talkessel ihrer Welt zu begnugen ist dem freiheitsliebenden weltgewandten Mann zunachst nicht moglich Also begehrt er auf und flieht Erst nach dem Scheitern seiner Rebellion beugt er sich der Mehrheit und bekennt sich sogar zu dem beschrankten Weltbild der Blinden als hatte seine Niederlage eine Art Gehirnwasche bewirkt Wells veranschaulicht hier wie in totalitaren Staaten homogene Gesellschaften geformt werden Soziale Integration ist ein primares menschliches Bedurfnis ihre Verweigerung ist die Strafe fur das Aussern einer abweichenden Meinung Nunez muss aber erkennen dass trotz der Probleme die soziales Leben mit sich bringt der Mensch allein schutz und hilflos ist Dieses eher pessimistische Menschenbild gesellschaftlich angepasst und Fremdem gegenuber verstandnislos wird durch das Ende der Geschichte gebrochen Nunez zeigt sich als bis in den Tod frei denkendes und handelndes Subjekt Seine endgultige Flucht zeigt dass trotz der sozialen Erniedrigung und der zwischenzeitlichen Einschrankung seiner Entscheidungsfreiheit durch die Liebe zu Medina sarote ein unstillbarer Lebens und Freiheitswille in ihm uberlebt hat der im Moment seiner drohenden Vernichtung sich zur grossten Kraft aufbaumt Verfilmung BearbeitenDie Erzahlung wurde 1976 von Pete Ariel unter dem Titel Das Land der Blinden oder Von einem der auszog verfilmt Weitere Ausgaben BearbeitenDas Land der Blinden Ausgewahlte Erzahlungen Aus dem Englischen von Ursula Springer mit Illustrationen von Tomi Ungerer Erstausgabe unter dem Titel Der gestohlene Bazillus 1969 Diogenes Zurich 1976 Diogenes Taschenbuch detebe Band 67 v ISBN 3 257 20274 1 S 7 40 Literatur BearbeitenBernard Bergonzi The Early H G Wells A Study of the Scientific Romances Manchester University Press Manchester 1961 Alex Boulton Alex Boulton The Myth of the New Found Land in H G Wells s The Country of the Blind In The Wellsian 18 1995 S 5 18 Mercedes Penalba Garcia My World is Sight H G Wells s Anti utopian Imagination in The Country of the Blind In Epos Revista de filologia 31 2015 S 475 484 Richard Gerber H G Wells The Country of the Blind In Karl Heinz Goller Gerhard Hoffmann Hrsg Die englische Kurzgeschichte August Bagel Dusseldorf 1973 S 98 108 J R Hammond An H G Wells Companion A Guide to the Novels Romances and Short Stories Macmillan London 1979 John Huntington The Logic of Fantasy H G Wells and Science Fiction Columbia University Press New York 1982 Patrick Parrinder Wells s Cancelled Endings for The Country of the Blind In Science Fiction Studies 17 1 1990 S 71 76 Terry W Thompson I come from the great world Imperialism as Theme in Wells s The Country of the Blind In English Language Notes 42 1 2004 S 65 75 Terry W Thompson Exterminating Brutes Subjugation as Subtext in H G Wells s The Country of the Blind In South Carolina Review 43 2 S 137 144 Terry W Thompson Channeling Balboa in H G Wells The Country of the Blind A Contrary Reading In Midwest Quarterly 56 3 2015 S 217 228 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons The Country of the Blind Sammlung von Bildern 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