www.wikidata.de-de.nina.az
Das DP Lager Dieburg bekannt auch als Lager 560 war eines von etwa 450 DP Lagern die 1946 in der Amerikanischen Besatzungszone eingerichtet worden waren um ehemalige Insassen der Konzentrationslager NS Zwangsarbeiter oder Menschen die aufgrund des Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verloren hatten zu betreuen Das Lager in Dieburg bestand zwischen Oktober 1946 und August 1949 und entwickelte sich in dieser Zeit vom DP Lager fur polnische und lettische DPS zu einem rein judischen DP Lager Standorte des ehemaligen DP Lagers Dieburg 1 Bischofliches Konvikt 2 Die new colony im Bereich Kettler und Gabelsbergerstrasse 3 ehemalige SA Siedlung 4 Schloss Fechenbach Inhaltsverzeichnis 1 Die Geschichte des DP Lagers Dieburg 1 1 Das Muna Lager 1 2 The new Colony und die weitere Ausweitung des DP Lagers 1 3 Das judische DP Lager 1 3 1 Begegnungen mit der judischen Geschichte Dieburgs 1 3 2 Das DP Lager als antisemitische Zielscheibe 2 Lager fur nationaltschechische DPs 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDie Geschichte des DP Lagers Dieburg BearbeitenDP Lager wurden von den Alliierten nach ihrem Sieg uber Nazi Deutschland meistens in grossflachigen Einrichtungen eingerichtet die wahrend der NS Zeit als Wehrmachts oder SS Kasernen genutzt worden waren nicht selten aber auch in den ehemaligen Kriegsgefangenenlagern Konzentrationslagern und Unterkunften fur Zwangsarbeiter Der Lagercharakter blieb schon aufgrund dieser Gegebenheiten auch fur die Menschen erhalten die diese Einrichtungen uberlebt hatten und nun als DPs nach einer neuen Perspektive ohne Lagerzwange suchten Insoweit war das DP Lager Dieburg abgesehen von seinen Anfangen im Muna Lager eine Besonderheit Es verfugte zwar uber zwei Sammelunterkunfte doch war die Mehrzahl der DPs in beschlagnahmten Wohnungen und Hausern untergebracht die sich uber weite Teile der Kleinstadt Dieburg erstreckten 1 S 291 Das Muna Lager Bearbeiten Am 25 Marz 1945 wurde Dieburg von der US Army besetzt und damit begannen auch die Bemuhungen um die Versorgung und Unterbringung der Displaced Persons In Dieburg spielte sich das zunachst noch ausserhalb der Stadt ab denn das erste Lager fur polnische Zwangsarbeiter DP Camp 559 1 S 295 entstand auf dem Muna Gelande in einem zur Gemeinde Munster gehorenden Wald Hauptartikel Das DP Fluchtlings und Internierungslager auf dem Muna Gelande In Dieburg selbst entstand ab Oktober 1945 im Bischoflichen Konvikt ein Sammellager 2 S 2 in dem vermutlich lettische DPs untergebracht worden waren 1 S 294Nach dem Winter 1945 46 hatten UNRRA und die US amerikanische Militarverwaltung beschlossen das Muna Lager wegen der dort herrschenden schlechten Unterkunftsbedingungen aufzulosen und dessen Bewohner nach Dieburg umzusiedeln Die Geschichte des DP Lagers auf dem Muna Gelande endete im Juli 1946 2 S 14 doch wurden auch danach noch DPs in vier grossen Hausern ehemaliger Mitglieder der NSDAP untergebracht Administrativ handelte es sich hierbei um eine Aussenstelle des DP Lagers Dieburg 2 S 2 The new Colony und die weitere Ausweitung des DP Lagers Bearbeiten In Dieburg stand im Gegensatz zum Muna Gelande keine grossflachiges Areal fur die Einrichtung eines Lagers zur Verfugung weshalb vierzehn Hauser in der Nahe des Kovikts im nordlichen Bereich der Kettler und Gabelsbergerstrasse 2 S 11 fur die DPs requiriert wurden 1 S 294 Die einheimischen Bewohner mussten diese innerhalb von 24 Stunden verlassen und ihre Wohnungseinrichtungen zurucklassen 1 S 295 In dem beschlagnahmten Wohnraum fanden knapp 300 lettische DPs Unterkunft weitere 200 lebten im Konvikt Zusammen bildeten sie bis Oktober 1946 die von der UNRRA so benannte new colony 1 S 295 nbsp Teilansicht des Konvikt Gebaudes nbsp Schloss FechenbachParallel zu den zuvor skizzierten Massnahmen wurden weitere Raumlichkeiten fur DPs benotigt So wurden im Mai 1946 Schloss Fechenbach und 25 Hauser in der sogenannten SA Siedlung 3 beschlagnahmt Beide Standorte wurden fur Unterkunfte herangezogen Eine weitere Beschlagnahmung von privatem Wohnraum fur DPs scheiterte am Einspruch der Militarregierung in Darmstadt da diese auch noch mit dem Problem konfrontiert war fur deutsche Fluchtlinge in der Stadt Unterkunfte zu finden 1 S 296 297Das DP Lager Dieburg verteilte sich also im Sommer 1946 auf funf Standorte und bot Raum fur maximal 1000 Personen 1 S 298 Wohnhauser auf dem Muna Gelande Lage ausserhalb der Karte Sammellager Bischofliches Konvikt Karte 1 beschlagnahmte Wohnungen im Bereich Kettler und Gabelsbergerstrasse the new colony Karte 2 beschlagnahmte 25 Hauser in der SA Siedlung Karte 3 Sammellager Schloss Fechenbach Karte 4 Hinzu kam das UNRRA Buro im Rathaus und ein Schulhaus an der Gross Umstadter Strasse in dem bis zu 200 Kindergarten und Schulkinder betreut werden konnten Ein Klassenraum diente religiosen Zwecken der uberwiegend protestantischen DPs 1 S 298Diese Phase des DP Lagers endete im Oktober 1946 Das judische DP Lager Bearbeiten In der Folge des Pogroms von Kielce kam es von August bis Oktober 1946 zur massenhaften Zuwanderung polnischer Juden in die amerikanische Besatzungszone die meist von den Transitlagern Landshut oder Cham Oberpfalz aus auf andere Standorte verteilt wurden darunter auch in das DP Lager Babenhausen Fur die Menge der ankommenden Menschen fehlte im Lager Babenhausen einem ehemaligen Kasernengelande die notwendige Infrastruktur Die UNRRA und andere judische Hilfsorganisationen verlangten deshalb die Verlegung der Camp Insassen in Privatwohnungen ausserhalb des Camps was dazu fuhrte dass Ende Oktober Anfang November 1946 mehrere Hundert DPs vor allem Familien nach Dieburg verlegt wurden Das hatte Folgen fur die bisher hier untergebrachten lettischen DPs Sie wurden in das DP Lager Marienhohe verlegt das sich auf dem Gelande des Schulzentrums Marienhohe 4 befand 1 S 298 Das Schulzentrum Marienhohe war 1941 fur die Wehrmacht beschlagnahmt worden und befand sich bis zum Sommer 1948 in der Verwaltung der Besatzungsmacht und der Internationalen Fluchtlingsorganisation IRO 5 Nach Kohn kamen etwa 1000 judische DPs aus Babenhausen nach Dieburg 1 S 298 Anm 678 Fur deren Unterbringung reichten die bisherigen Raumlichkeiten nicht aus weshalb weitere Wohnungen beschlagnahmt werden mussten Der Dieburger Burgermeister wurde angewiesen Anwesen die fruher Dieburger Juden gehort hatten fur die DPs zur Verfugung zu stellen Das betraf vier Gebaude 17 weitere die beschlagnahmt wurden gehorten Nazis Aufgegeben wurden die Hauser in der new colony 1 S 299 Den DPs standen somit neben den Sammelunterkunften im Konvikt und im Schloss Fechenbach etwa in 50 Einzelhausern Platz fur rund 700 Personen zur Verfugung 1 S 300 Grosstes zusammenhangendes Lagergebiet war nach wie vor die ehemalige SA Siedlung mit 25 beschlagnahmten Hausern Von zentraler Bedeutung fur das Zusammenleben der judischen DPs war das Konvikt das neben weiteren Wohnmoglichkeiten fur etwa 200 Menschen Stand Marz 1947 vor allem die Gemeinschaftseinrichtungen enthielt Es befanden sich in den weitlaufigen Raumlichkeiten medizinische Versorgungseinrichtungen und Duschraume eine Bibliothek ein Gemeinschaftsraum und ein Kindergarten Zudem beherbergte das Konvikt zwei Magazine fur Lebensmittel und Kleidungsausgabe sowie Buroraume fur Institutionen der Selbstverwaltung der Lager Polizei und fur den lokalen Vertreter des AJDC Holger Kohn Die Lage der Lager S 300 301 Ausserdem soll sich in einer ehemaligen Kokosmattenfabrik auf dem Gelande von Schloss Stockau Dieburg auch ein Kaufhaus fur die DPs befunden haben 2 S 11Aus den Reihen der DPs bildete sich auch eine Fussballmannschaft die Hapoel Dieburg die gegen andere hessische Lagermannschaften spielte 2 S 3 und es gab ein schulisches und berufliches Ausbildungsangebot das auf die Auswanderung vorbereiten sollte Die berufskundliche Ausbildung wurde von der Organisation ORT angeleitet Prufungsprotokolle der ORT Fachschule in Dieburg Abteilung Mannerzuschneiderei belegen dass 1947 48 judische DPs ihre Abschlussprufung vor einem Prufungsauschuss absolvierten der aus Vertretern des Judischen Komitees und der Dieburger Innung bestand Die Kurse hatten zwischen vier und zehn Monaten gedauert die Ergebnisse waren zumeist befriedigend Die Zusammenarbeit der ORT mit der ortlichen Handwerkskammer die auch fur Lampertheim und Bensheim belegt ist gehort zu einem der wenigen Lichtblicke der deutsch judischen Kontakte Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Beiheft S 43 Auf der Webseite After the Shoah Dieburg Judisches DP Lager wird ausserdem die Existenz eines Cheders und einer Jeschiwa erwahnt Dort werden auch die folgenden Belegungszahlen genannt 866 November 1946 917 Januar 1947 843 Mai 1947 832 September 1947 918 Januar 1948 815 Mai 1948 641 Oktober 1948 421 Marz 1949Geschlossen wurde das Lager im Mai 1949 Begegnungen mit der judischen Geschichte Dieburgs Bearbeiten Den DPs durfte kaum bewusst gewesen sein dass das uberwiegend katholische Dieburg vor 1933 uber einen sehr hohen judischen Bevolkerungsanteil verfugt hatte und alles andere gewesen war als eine NS Hochburg 6 S 40 Gleichwohl war auch hier die erst 1929 erbaute Synagoge wahrend der Novemberpogrome 1938 geschandet worden blieb aber ausserlich unzerstort In der Folgezeit wurde sie nun in stadtischem Besitz als Magazin und fur Werkstatten benutzt 6 S 43Die US amerikanische Militarregierung entschied dann den vorwiegend provisorische Betraume unter anderem im Schloss Fechenbacher nutzenden DPs die zweckentfremdete Synagoge wieder fur religiose Zwecke zur Verfugung zu stellen Nach im Fruhjahr 1947 begonnenen Renovierungsarbeiten konnte am 29 Juli 1947 die Einweihung gefeiert werden 2 S 6 7 2000 Personen wohnten der Feier bei wahrend der die Thora Rollen in einer feierlichen Prozession in die fur 50 000 RM renovierte Synagoge gebracht wurden Es gab Grussadressen durch Oberst Newman Landrat Ritzert Burgermeister Steinmetz und Geistliche beider christlichen Religionen Die judische Lagerpolizei war mit Schlagstocken ausgerustet worden um einen ungestorten Ablauf der Feier zu gewahrleisten Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Beiheft S 43 44 Obwohl in den folgenden Monaten taglich zwei Gottesdienste in der Synagoge stattfanden endete deren Nutzung 1948 nachdem viele DPs in den neu gegrundeten Staat Israel oder in die USA ausgewandert waren Nach einem Ruckerstattungsverfahren kam die Synagoge 1950 in den Besitz der IRSO die sie 1952 an einen ortlichen Mobelhandler verkaufte Die Synagoge wurde zu einem Mobelgeschaft umgebaut und nach weiteren Besitzerwechseln 1986 abgerissen 2 S 7In Dieburg hatte es ausserdem seit etwa 1550 auch einen judischen Friedhof gegeben Uber dessen Schicksal berichtete am 9 Mai 1946 Burgermeister Steinmetz Der Friedhof wurde im Jahre 1938 von Nazis verwustet bzw wurden die Grabstein umgeworfen Auf Anordnung der Stadtverwaltung wurde der Friedhof im Jahre 1945 von PGs wiederhergestellt und in einen der Wurde des Ortes entsprechenden Zustand versetzt Burgermeister Steinmetz Brief vom 9 Mai 1946 an den Landrat des Kreises Dieburg zitiert nach Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange Nach 1945 ein neuer Anfang S 289 Was Steinmetz nicht berichtete Schloss Fechenbach zum Zeitpunkt des Schreibens bereits Bestandteil des DP Lagers war wahrend des Zweiten Weltkriegs von der NSDAP Ortsgruppe als Gemeinschaftshaus und Partei Zentrale benutzt worden Sie erweiterte das Gebaude um eine grosse Terrasse mit einer Freitreppe Das Baumaterial dafur fanden die Nazis auf dem judischen Friedhof rund 200 Grabsteine Ob Steinmetz das nicht wusste oder nicht wissen wollte ist unklar 7 Erst 1948 wurde dieser Akt der Schandung wieder ruckgangig gemacht Auf Initiative und mit grosser Anteilnahme der DPs wurden die geschandeten Grabstein am 8 Januar 1948 feierlich zum Friedhof zurucktransportiert und wieder aufgestellt Es gab eine ergreifende Rede durch Rabbi Bluth ehe weitere Verantwortliche des Lagers sprachen 8 S 306 Da aber der ursprunglich Standort der Grabsteine nicht mehr bekannt war wurden die zuruckgefuhrten Grabsteine entlang der ostlichen Friedhofsmauer aufgestellt und jene Steine deren Inschriften herausgehauen worden waren wurden zu einem Haufen aufgeschichtet 9 Das DP Lager als antisemitische Zielscheibe Bearbeiten Dass die judische Lagerpolizei mit Schlagstocken bewaffnet die Einweihungsfeierlichkeiten fur die Synagoge uberwachte ist ein Indiz dafur dass in Dieburg das Verhaltnis zwischen den DPs und der einheimischen Bevolkerung alles andere als konfliktfrei war obwohl wie oben schon erwahnt die Dieburger Bevolkerung nicht unbedingt zu den strammesten Nazianhangern zahlte Doch schon wenige Wochen nach dem Einzug der judischen DPs kam es zur Jahreswende 1946 47 an mehreren Tagen zu tatlichen Angriffen und zum Einwerfen der Fenster von Hausern judischer DPs die zum Teil Uberlebende des Warschauer Ghettos waren 6 S 40 Burgermeister Steinmetz der nach Kohlmannslehner Lange vom Dieburger Chef der UNRRA zu unrecht als Antisemit bezeichnet wurde sah sich nach diesen Ubergriffen veranlasst in einer offentlichen Bekanntmachung seiner Bevolkerung einen Verhaltenskodex vorzugeben und sie aufzufordern sich den in der Stadt Dieburg untergebrachten Juden gegenuber korrekt und human zu benehmen 10 Er sprach von Deutschen und besonders Jugendlichen die Juden ohne jeden Anlass beschimpft oder bedroht sowie Fenster eingeworfen hatten aber auch davon dass Juden beim Besuch von Gastwirtschaften von dem Wirt und den Gasten unter Drohungen und Beschimpfungen hinausgewiesen worden seien Derartige Vorfalle durften sich gerade in der bevorstehenden Fastnachtszeit nicht wiederholen Des Burgermeisters Appell bewirkte wenig wie aus einem OMGUS Report zum Karneval 1948 hervorgeht Es ist bemerkt worden dass bei fast jeder Karnevalsveranstaltung Geschichten erzahlt wurden uber den Schwarzen Markt ubers Handeln und Schnapsbrennen Beim Dieburger KarnevaI Club der von 1 600 Personen besucht wurde wurde viel Humor um die judischen DPs gesponnen Im ganzen sind diese Kommentare uber judische DPs zwar nicht besonders bosartig doch kehren sie mit provozierender Haufigkeit zu diesem Thema zuruck Im Folgenden Beispiele dieses Humors Die Internationalisierung vor der sich so viele Dieburger furchten wird nicht stattfinden weil das gesegnete Volk nach Palastina emigrieren wird Die Fruchtbarkeit judischer Frauen ist ganz wunderbar daher wird das Standesamt von der Storch Familie ubernommen werden Weil Verordnungen der Alliierten verlangen dass Storche und Hebammen Babys in ziemlich grossen Mengen zu unseren judischen Burgern bringen sind der ortliche Hermes Brunnen und Jacob Brunnen die Geburtsbrunnen nicht langer notig Der am Eingang des Schlossgartens wo judische DPs untergebracht sind gelegene Springbrunnen wird ab sofort wieder als Isaak Brunnen in Betrieb genommen Fruhere judische Burger aus Dieburg beabsichtigen aus Amerika nach Dieburg zuruckzukehren z B die Isaaks Isidors Sarahs und Levies Das wird eine nette Wiedervereinigung Hort Leute die Neuigkeiten es verschwanden eine grosse Zahl von Grabsteinen niemand weiss wohin sie verschwunden sind Der Sprecher verweist wahrscheinlich darauf dass hunderte von NSDAP Mitgliedern wussten was US Behorden erst neulich entdeckten dass namlich die Grabsteine vom geplunderten judischen Friedhof stammten und als Stufen und Gelander zur Eingangshalle des Parteihauses missbraucht wurden Ein Oflizier der mit vielen Menschen im Landkreis uber das Thema Antisemitismus gesprochen hat ist uberzeugt dass die jetzigen judischen Bewohner Dieburgs heftiger abgelehnt werden als die Juden die vor dem Pogrom dort lebten Es ist Tatsache dass dieses Gefuhl weitverbreitet ist und nun sogar solche Leute erfasst hat die von der Art wie fruher die Juden behandelt wurden abgestossen wurden OMGUS 8 4 1 7 Report 45 zum Karneval 1948 zitiert nach Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Beiheft S 42 Die Anmerkungen in den eckigen Klammern stammen von den beiden Autoren Dieser Antisemitismus blieb nicht auf den Karneval beschrankt Die in dem Report angesprochene verstarkte Ablehnung der judischen DPs durfte zum Teil auf der erfolgten Beschlagnahmung von Wohnraum fur deren Unterbringung beruhen aber auch auf dem unter den Einheimischen weit verbreiteten Gefuhl der Benachteiligung bei der Lebensmittelversorgung in der Nachkriegszeit Zu der Wohnraumbeschlagnahmung die auch Hauser in Munster betraf beklagte die Munsteraner CDU in einer Petition dass dadurch Deutsche in armlichen Verhaltnissen leben mussten beraubt um die am meisten benotigten Dinge fur ein menschliches Leben und ihre Kinder unter Bedingungen die deren Gesundheit gefahrdeten In einer Stellungnahme hierzu bemerkte ein US amerikanischer Offizier an In ihrer Petition ignorieren sie mit der fur sie typischen Einseitigkeit die Tatsache dass in den beiden ehemals von 14 Deutschen bewohnten Hausern heute 40 judische DPs leben und die Hauser ausgewahlt wurden weil sie den fuhrenden Nazi Familien der Stadt gehoren 11 Auch die Katholische Kirche war weniger um das Wohlergehen der DPs besorgt als um den Ruckerhalt ihrer Liegenschaft Bereits im Marz 1947 forderte der Bischof von Mainz die Ruckgabe des beschlagnahmten Konvikts was die DPs neben den dortigen Unterkunftsmoglichkeiten auch ihrer Gemeinschaftseinrichtungen beraubt hatte Dass die US amerikanischen Behorden diesem Ansinnen nicht nachgaben lag vermutlich daran dass zu diesem Zeitpunkt 200 DPs im Konvikt wohnten Deren Unterbringung ausserhalb dieses Gebaudes hatte aber die Beschlagnahmung von weiterem privatem Wohnraum zur Folge gehabt Die lokale Militarregierung befurchtete ordnungspolitische Schwierigkeiten die bis hin zu gewaltsamen Auseinandersetzungen fuhren konnten 1 S 301 Auch wenn die Katholische Kirche hier in eigener Sache erfolglos blieb unterstutzte sie dennoch den ortlichen Burgermeister bei seinem Kampf um die Freigabe des beschlagnahmten Wohnraums und ubernahm am 6 August 1947 in einer Eingabe an die Militarbehorde in der die angeblich privilegierten Wohnverhaltnisse der DPs den katastrophalen der Einheimischen gegenubergestellt wurden das bekannte Stereotyp dass der Antisemitismus durch die Bevorzugung der Juden entstunde 6 S 42 43Die Dieburger CDU wiederum beschwerte sich bei der US amerikanischen Militarverwaltung uber die angebliche bessere Lebensmittelversorgung der DPs Denen seien 2 000 Zentner Kartoffeln zugeteilt worden obwohl die Dieburger Bevolkerung seit langer Zeit keine Kartoffeln erhalten habe Die Juden wurden ohnehin weit mehr und bessere Lebensmittel erhalten und konnten mit diesen sogar noch ihre Tiere futtern 6 S 42Bereits am 27 April 1946 hatte der Staatsbeauftragte fur die Betreuung der Juden in Gross Hessen in einem Rundschreiben an die Burgermeister daran erinnert dass es einen Zusammenhang gab zwischen dem Verhalten der deutschen Bevolkerung vor 1945 und der Tatsache dass jetzt in Hessen Tausende von Juden durchaus unfreiwillig in den Lagern leben mussten Er kritisierte das bloss passive Verhalten der Deutschen gegenuber den Nazigraueln und forderte ein anstandiges Verhalten gegenuber den Juden Wenn der Nationalsozialismus nicht gewesen ware dann hatten sie die Juden es auch nicht notig gehabt heute die Grosshessische Regierung um Hilfe zu bitten 8 S 299 Diese Botschaft kam in Dieburg ebenso wenig an wie der oben zitierte direkte Appell des Burgermeisters aus dem Januar 1947 an seine Mitburgerinnen und Mitburger Ein Nachdenken uber das Schicksal der Juden fand offenbar so gut wie nicht statt Staatlich wohlmeinende Appelle uber das Los der Juden verhallten ungehort So wie bei der Mehrheit der deutschen Bevolkerung das eigene Verhalten wahrend der Nazidiktatur ausgeblendet ein Zusammenhang zwischen dem gerade erlebten und typisch so genannten Zusamrnenbruch und der totalen Zerstorung Deutschlands der allgemeinen Situation von Mangel und Elend kaum wahrgenommen wurde So gab es auch keine Versuche das Verhalten der judischen DPs mit ihrer von Deutschen bestimmten Vorgeschichte zu verbinden Schliesslich wurde die Geschichte entscheidend anders wahrgenommen Was fur die Deutschen Zusammenbruch war hatten die Juden ja schliesslich als Befreiung erlebt Vielmehr wurden die judischen DPs aus ihrer Geschichte herausgelost und die Deutschen begegneten ihrem gegenwartigen Verhalten mit der Reduktion auf die antisemitischen Klischees Zu einer Korrektur antisemitischen Denkens war auf deutscher Seite kaum jemand bereit Danach wurde diese Zeit im beginnenden Wirtschaftswunder so gut verdrangt dass 50 Jahre spater kaum noch Erinnerungen an jene fast 200 000 judischen Menschen vorhanden sind die etwa zwei Jahre lang nach der Endlosung auf deutschem Boden gelebt haben Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde S 45Lager fur nationaltschechische DPs BearbeitenLothar Lammer et al erwahnen eine DP Unterkunft in der Hoheren Burgerschule die vermutlich parallel zum judischen DP Lager existiert hat und in der im November 1947 etwa 250 kroatische DPs gelebt haben sollen 2 S 11 Nach Kohn handelte es sich bei ihnen um einige auslandische Fluchtlinge aus Sudosteuropa die auf ihren Weitertransport gewartet hatten 12 S 56 In die frei gewordene Unterkunft zogen dann analog zur Belegung mit Tschechen im DP Lager Babenhausen am 26 Marz 1948 etwa 300 Personen die zuvor in Bayern untergebracht waren Ihre Dieburger Unterkunft firmierte als Regierungsdurchgangslager Dieburg in dem sich nach einem weiteren Transport Mitte April uber 350 Menschen aufhielten 12 S 56Nach Kohn war die Unterkunft zu der auch die Schulturnhalle gehorte fur eine derartige Belegung kaum geeignet In einem Raum schliefen uber neunzig Personen Der einzige Waschraum des Hauptgebaudes verfugte uber lediglich zwei Kaltwasserhahne und auf den Fluren gab es keine Toiletten 12 S 56 Aufgrund der unzulanglichen Lebensverhaltnisse kam es zu Verhandlungen in deren Folge die IRO vom 1 August 1948 an die Betreuung der Lagerinsassen ubernahm und deren Verlegung in andere IRO Lager anstrebte Ende September 1948 wurde das Dieburger Lager fur die National Tschechen aufgelost 12 S 58 Ob dessen Bewohner wie bei Kohn angedeutet in ein DP Lager in Ludwigsburg verlegt wurden ist nicht bekannt Literatur BearbeitenHolger Kohn Zweierlei Raum zweierlei Wirkung Displaced Persons Lager in Babenhausen und Dieburg 1946 1950 Magister Arbeit an der TU Darmstadt August 2004 Online abgerufen am 16 Januar 2022 Holger Kohn Die Lage der Lager Displaced Persons Lager in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands Klartext Verlag 2012 ISBN 978 3 8375 0199 5 Lothar Lammer Maria Porzenheim Tina Rosenfeld Displaced Persons im Lager 560 Dieburg Katalog zur Dauerausstellung im Museum Schloss Fechenbach Band 6 1 1 Dieburg 2017 ISBN 978 3 941823 22 8 Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Judisches Leben in Sudhessen nach 1945 Die DP Lager in Lampertheim Lindenfels Bensheim Dieburg und Babenhausen sowie die Anfange der Judischen Gemeinde Darmstadt Beiheft zur Ausstellung des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt Darmstadt 1998 ISBN 3 933112 06 0 Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange Nach 1945 ein neuer Anfang in Thomas Lange im Auftrag des Landkreises Darmstadt Dieburg Hrsg L chajim Die Geschichte der Juden im Landkreis Darmstadt Dieburg Reinheim 1997 ISBN 3 922916 02 3 Weblinks BearbeitenArolsen Archives DP Camp Inventory wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Judisches Leben in Sudhessen nach 1945 Die DP Lager in Lampertheim Lindenfels Bensheim Dieburg und Babenhausen sowie die Anfange der Judischen Gemeinde Darmstadt Ausstellung im Haus der Geschichte Hessisches Staatsarchiv Darmstadt vom 20 Oktober 1998 bis 18 Dezember 1998 After the Shoah Dieburg Judisches DP Lager Die Talmud Thora Schule im DP Camp Dieburg Dokumente zum Dieburg displaced persons camp im Bestand des USHMMEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n Holger Kohn Die Lage der Lager a b c d e f g h i Lothar Lammer Maria Porzenheim Tina Rosenfeld Displaced Persons im Lager 560 Dieburg Informationen uber die SA Siedlungen Bebauungsform Bewohner Grundung liegen nicht vor und sind auch im Internet kaum zu finden Zwar gibt es Hinweise darauf dass auch in anderen Stadten solche Siedlungen wahrend der NS Zeit entstanden doch mehr daruber ist kaum in Erfahrung zu bringen In der Wikipedia findet der Begriff SA Siedlung einzig im Zusammenhang mit der SA Siedlung Birken Bayreuth etwas ausfuhrlicher Erwahnung der liefert aber auch keine weitergehenden Informationen Laut dem Arolsen Archives DP Camp Inventory firmierte die Marienhohe als DP Camp No 2 Baltic DP Camp und bestand vom 6 Oktober 1945 bis zum 18 Oktober 1948 Die Kapazitat betrug 1 200 Platze Marienhoher Zeitreise S 4 5 Nach Kohn war die Marienhohe zuvor ein polnisches DP Lager Wohin dessen Bewohner verbracht worden waren ist nicht erwahnt a b c d e Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Beiheft Nach Kohn war die Zweckentfremdung der Grabsteine erst Mitte 1947 festgestellt worden Holger Kohn Zweierlei Raum zweierlei Wirkung S 48 a b Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange Nach 1945 ein neuer Anfang Hartmut Heinemann Die judischen Friedhofe im Landkreis Darmstadt Dieburg in Thomas Lange im Auftrag des Landkreises Darmstadt Dieburg Hrsg L chajim S 119 Bekanntmachung von Burgermeister Steinmetz vom 16 Januar 1947 zitiert nach Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange wohnen auf der verfluchten deutschen Erde Beiheft S 41 Mervin S Clark Information Report No 86 to Director Office of Military Government for Hesse 15 August 1947 zitiert nach Dietrich Kohlmannslehner Thomas Lange Nach 1945 ein neuer Anfang S 300 In their petition they have with characteristic one sidedness ignored the fact that there are now 40 Jewish DPs living in the 2 houses formerly occupied by 14 Germans and the houses were chosen because they belong to the town s leading Nazi families a b c d Holger Kohn Zweierlei Raum zweierlei Wirkung Abgerufen von https de wikipedia org w index php title DP Lager Dieburg amp oldid 227279765