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Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie auch Polyradikuloneuropathie CIDP ist eine sehr selten auftretende entzundliche Erkrankung der peripheren Nerven Polyradikulitis die sich durch eine allmahlich zunehmende Schwache in den Beinen und mitunter auch Armen bemerkbar macht Diese ansteigenden Schwachezustande entwickeln sich uber einen Zeitraum von zwei Monaten oder langer was das hauptsachliche diagnostische Kriterium zur Abgrenzung gegen das Guillain Barre Syndrom darstellt Die Erkrankung beruht auf einer Schadigung der Myelinschicht die die Nervenfortsatze umkleidet Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie ist behandelbar 1 Seit der Erstbeschreibung 1890 wurden anhand mehrerer Studien die klinischen Manifestationen und Diagnosekriterien bestimmt die untereinander nur gering variieren Inhaltsverzeichnis 1 Epidemiologie 2 Entstehung Pathogenese von CIDP 3 Klinische Manifestation 4 Varianten der CIDP 5 Diagnostik 6 Differential Diagnostik 6 1 Nervenbiopsie 7 Therapiemoglichkeiten 8 Prognose 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseEpidemiologie BearbeitenDie chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie kann sowohl mannliche als auch weibliche Personen jedes Alters befallen Manner sind etwa doppelt so haufig betroffen wie Frauen Moglicherweise wird sie jedoch zu selten diagnostiziert denn die Krankheitshaufigkeit Pravalenz liegt bei 1 2 100 000 wobei ein Erkrankungsgipfel im funften bis sechsten Lebensjahrzehnt liegt Entstehung Pathogenese von CIDP BearbeitenGegenwartige Theorien vermuten dass das Immunsystem des Korpers das ihn normalerweise vor Krankheitserregern schutzt Komponenten der Myelinschicht als Fremdstoff empfindet und abwehrt Unklar ist jedoch was diesen Vorgang auslost Bei einigen Patienten enthalt das Blut abnormale Proteine welche die Schadigung fordern Derzeitige pathogenetische Konzepte legen eine abweichende aberrierende Immunantwort auf zellularer und humoraler Ebene nahe die sich gegen Antigene der peripheren Nerven richtet und bei der Antikorper Komplement Zytokine autoreaktive T Zellen und Makrophagen eine Rolle spielen Die CIDP tritt manchmal in Assoziation mit anderen Erkrankungen auf zum Beispiel HIV Infektionen systemischem Lupus erythematodes Diabetes mellitus Hepatitis C Paraproteinamien und malignen Erkrankungen wie Lymphom und osteosklerotischem Myelom Eine der ersten Forscher Gruppen die das Spektrum der peripheren Neuropathie bei HIV Infektion beschrieben war die Arbeitsgruppe um Robert Miller 2 3 San Francisco die bereits 1988 im Wesentlichen vier Varianten klinisch zu differenzierender Krankheitsbilder der HIV Neuropathie beschrieb distale sensomotorische Polyneuropathie chronische entzundliche demyelisierende Polyneuroradiculitis Mononeuropathia multiplex und progressive Polyradiculitis Es gelang der histologische Nachweis von zirkulierenden Antikorpern gegen Myelin und Therapieansatze mittels Plasmapherese 1 die auch beim Guillain Barre Syndrom ansprechen Klinische Manifestation BearbeitenDie CIDP entwickelt sich meistens langsam und erreicht ihr Maximum definitionsgemass acht Wochen und spater nach Symptom Beginn Es kommt zu symmetrischen Lahmungen Paresen proximal zur Korpermitte hin oder distal von der Korpermitte weg mit Reflexabschwachung Hyporeflexie oder verlust Areflexie und unterschiedlicher sensibler Beteiligung Haufig klagen Patienten uber Schmerzen Mudigkeit Sensibilitatsstorungen Parasthesien die sich durch ein Kribbeln oder Brennen bemerkbar machen oder Kompressionsgefuhlen an den Extremitaten Lahmungen an der oberen Extremitat verursachen eine eingeschrankte Feinmotorik Lahmungen an der unteren Extremitat fuhren zu einem Verlust der Knie und Fussgelenkreflexe Gehstorungen Schwierigkeiten beim Treppensteigen und Aufstehen von Sitzgelegenheiten Eine sensible Gangataxie breitbeiniger schwankender unsicherer Gang kann vorhanden aber auch vor allem bei Kindern alleiniges Symptom sein Beschwerden beim Wasserlassen konnen ebenfalls auftreten Aus noch unklaren Grunden kommt es gelegentlich zum Tremor Zittern Neue Untersuchungen zeigen Tremor als Symptom der Paranodopathie Diese beginnt wie eine CIDP oder wie GBS aber es sind Antikorper im Blut die sich gegen die paranodalen Bereiche der Nerven wenden Diese Patienten sprechen auf die CIDP Therapie nicht an Zur Therapie wird Rituximab eingesetzt Selten beginnt eine CIDP stark progredient wie ein Guillain Barre Syndrom Die Haufigkeitsverteilung der neurologischen Defizite Motorische Defizite mit 94 Parasthesien mit 64 Hirnnerven Beteiligung in 2 32 Varianten der CIDP BearbeitenDie sensorische CIDP charakterisiert durch uberwiegend sensible Symptome oder eine unregelmassige ataktische Neuropathie Elektrophysiologisch zeigt sich eine Beteiligung der motorischen Nerven nach langerem Verlauf sind auch motorische Ausfalle nachzuweisen Lewis Sumner Syndrom ist eine multifokale erworbene demyelinisierende sensorische und motorische Neuropathie MADSAM Diese zeigt eine asymmetrische Verteilung tritt anfanglich an der oberen Extremitat auf vorwiegend sensorisch oder sensomotorisch Charakteristisch ist der Nachweis multifokaler Leitungsblocke in der Elektrophysiologie und ein gutes Ansprechen auf intravenose Immunglobuline In der Literatur finden sich Ubereinstimmungen mit Patienten mit fokaler demyelinisierender Neuropathie an der oberen Extremitat CIDP mit zus monoklonaler IgM Gammopathie und Nachweis von Antikorpern gegen Myelin Glykoprotein MAG AK Die CIDP mit MGUS monoklonale Gammopathie unbestimmter Signifikanz ca 10 20 der Patienten mit typischer CIDP haben eine monoklonale IgG oder IgA Gammopathie unbestimmter Signifikanz Die klinische Manifestation und die Therapie Reaktionen sind ahnlich wie bei CIDP Patienten ohne Paraproteinamie Axonale Varianten Falle von chronisch relapsierender und progredienter axonaler Polyneuropathie steroidresponsibel sind bekannt Bis heute fehlt jedoch der Beweis dass es sich um immunvermittelte Neuropathien handelt Auch ist unklar ob es eine Assoziation gibt zu einer erworbenen multifokalen sensomotorischen Neuropathie charakterisiert durch eine asymmetrische axonale Neuropathie mit Nachweis von Gangliosid Antikorpern Diagnostik BearbeitenDie Elektroneurographie erbringt den Nachweis von verlangsamten Nervenleitgeschwindigkeiten Demyelinisierung auf weniger als 70 80 des unteren Normwertes verlangerten distalen Latenzen verlangerter F Wellen Latenz oder F Wellen Verlust In der Liquordiagnostik zeigt sich eine Eiweisserhohung Schrankenstorung die allerdings vollig unspezifisch ist Mittels Magnetresonanztomographie lassen sich unter Umstanden symmetrisch verteilte entzundliche Veranderungen und oder Verdickung spinaler Wurzeln nachweisen Labordiagnostisch ist der Nachweis von Gangliosid Antikorpern im Serum moglich Differential Diagnostik BearbeitenAbzugrenzen ist das POEMS Syndrom Nervenbiopsie Bearbeiten nbsp Segmentaler Markscheidenverlust im EinzelfaserzupfpraparatAuch wenn die Durchfuhrung einer Nervenbiopsie bei Erfullung der ubrigen diagnostischen Kriterien zur klinischen Diagnosesicherung nicht unbedingt erforderlich ist wird manchmal eine Biopsie des Nervus suralis zur differentialdiagnostischen Sicherung der Diagnose herangezogen 4 Im Kontext klinischer Studien ist die Durchfuhrung einer Nervenbiopsie obligat Research Criteria der American Academy of Neurology 5 Neben dem Nachweis einer demyelinisierenden entzundlichen Neuropathie im Semidunnschnitt kommt dem Nachweis einer segmentalen Demyelinisierung im Einzelfaserzupfpraparat eine besondere Bedeutung zu Therapiemoglichkeiten BearbeitenDie Behandlung der CIDP erfordert eine besondere Vorgehensweise da Patienten unterschiedlich darauf ansprechen Da die CIDP einen fortlaufenden progredienten wenn auch zuweilen aussetzenden Verlauf zeigt ist meist eine langer dauernde medikamentose Therapie erforderlich Anders als beim GBS zeigen Kortikosteroide bei einigen CIDP Patienten eine positive Wirkung Sie verringern die Expression pro inflammatorischer Cytokine und hemmen die T Zellen Entstehung Proliferation 6 Auch die intravenose oder subcutane Immunglobulingabe und die Gabe immunsuppressiver Substanzen stellen Therapie Optionen dar Dazu zahlen unter anderem Azathioprin Cyclophosphamid Ciclosporin Methotrexat Mycophenolat Mofetil Rituximab und Interferon b 1 a Ungefahr zwei Drittel der Patienten zeigen einen positiven Therapieerfolg Bei CIDP Patienten die refraktar gegenuber der medikamentosen Standardtherapie inklusive Steroiden IVIG und Immunsuppressiva sind stellen Apherese Verfahren wie der Plasmaaustausch oder die Immunadsorption weitere Therapieoptionen dar Einige Patienten benotigen auf Dauer eine ambulante Therapie Plasmaaustausch oder Immunadsorption werden dann in regelmassigen Abstanden zur Stabilisierung der Patienten durchgefuhrt 7 8 Die CIDP Variante Lewis Sumner Syndrom spricht gut auf intravenose Immunglobulingabe an weniger gut auf Prednisolon Die CIDP Variante mit zusatzlicher IgM Gammopathie und MAGAK spricht kaum auf Prednisolon an Unter intravenoser Immunglobulingabe kommt es zu inkomplettem Ansprechen Prognose BearbeitenDas Erkrankungsalter scheint Einfluss zu haben auf den Verlauf Patienten von weniger als 20 Jahren entwickeln haufig eine motorisch betonte Neuropathie mit subakuter Progression relapsierend remittierendem Verlauf und guter Ruckbildung Patienten uber 45 Jahren zeigen oft eine chronisch progrediente sensomotorische Neuropathie mit verbleibenden neurologischen Defiziten Weblinks BearbeitenDeutsche GBS CIDP Selbsthilfe e V gbs selbsthilfe de Artikel zu CIDP am Friedrich Baur Institut am Klinikum der Universitat Munchen S2e Leitlinie der Deutschen Gesellschaft fur Neurologie Therapie akuter und chronischer immunvermittelter Neuropathien und Neuritiden S1 Leitlinie Diagnostik bei Polyneuropathien Deutsche Gesellschaft fur Neurologie e V S2e Leitlinie Therapie akuter und chronischer immunvermittelter Neuropathien und Neuritiden Deutsche Gesellschaft fur Neurologie e V Deutsche Gesellschaft fur Nephrologie DGfN ApheresestandardEinzelnachweise Bearbeiten a b D Kiprov W Pfaeffl G Parry R Lippert W Lang R Miller Antibody mediated peripheral neuropathies associated with ARC and AIDS successful treatment with plasmapheresis In J Clin Apher Band 1 Nr 4 1988 S 3 7 R G Miller G J Parry W Pfaeffl W Lang R Lippert D Kiprov The spectrum of peripheral neuropathy associated with ARC and AIDS In Muscle Nerve Band 11 Nr 8 1988 S 857 863 L Germaniskis E J Singer HIV and peripheral neuropathy In J Int Assoc Physicians AIDS Care Band 1 Nr 1 1995 S 30 33 H Koller B C Kieseier S Jander H P Hartung Akute und chronisch entzundliche Neuropathien Diagnostik In Dtsch Med Wochenschr Band 128 Nr 24 13 Jun 2003 S 1357 1360 PMID 12802746 Research criteria for diagnosis of chronic inflammatory demyelinating polyneuropathy CIDP Report from an Ad Hoc Subcommittee of the American Academy of Neurology AIDS Task Force In Neurology Band 41 Nr 5 1991 S 617 618 PMID 2027473 R Press F L Hiew Y A Rajabally Steroids for chronic inflammatory demyelinating polyradiculoneuropathy evidence base and clinical practice In Acta Neurol Scand Band 133 Nr 4 2016 S 228 238 PMID 26437234 N Galldiks L Burghaus C Dohmen S Teschner M Pollok J Leebmann N Frischmuth P Hollinger N Nazli C Fassbender R Klingel T Benzing G R Fink W F Haupt Immunoadsorption in patients with chronic inflammatory demyelinating polyradiculoneuropathy with unsatisfactory response to first line treatment In Eur Neurol Band 66 Nr 4 2011 S 183 189 PMID 21912134 I Lieker T Slowinski L Harms K Hahn J Klehmet A prospective study comparing tryptophan immunoadsorption with therapeutic plasma exchange for the treatment of chronic inflammatory demyelinating polyneuropathy In J Clin Apher Band 32 Nr 6 2017 S 486 493 PMID 28485075 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu 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