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Das Bruderschafttrinken in Osterreich auch Bruderschafttrinken zweier Personen bezeichnet den ritualisierten Ubergang vom Siezen zum Duzen mittels des Trinkens Im 17 und 18 Jahrhundert war dafur auch der Ausdruck auf den Dutz trinken auf das Duzen trinken gebrauchlich Dahinter steht wohl die Annahme dass gemeinsames Trinken verbinden und verpflichten kann 1 Im modernen Brauch trinken beide Beteiligte aus je einem Trinkgefass wobei die das Gefass haltenden Arme gegenseitig durch die Armbeuge des anderen greifen und man sich sozusagen unterhakt Unter vertrauten oder bereits verwandtschaftlichen Verhaltnissen gibt man sich danach einen Kuss fruher meist auf den Mund heute eher auf die Wange Anschliessend stellt man sich mit seinem Vornamen vor Ich bin der die ich heisse Dieser Brauch findet sich in Form einer sprichwortlichen Redensart auch in der Literatur Geschichte BearbeitenDer Ursprung des rituellen Bruderschafttrinkens ist nicht genau zu bestimmen Rohrich 2 geht davon aus dass die Redensart ursprunglich auf eine durch magische Riten verpflichtete Form der Wahlverwandtschaft zuruckgeht Riten wie wechselseitiges Trinken des Blutes oder gemeinsames Eintauchen der Hand in Tierblut verpflichteten dabei die Teilnehmer auf die gleichen Ziele und Ideale und formten so eine Bruderschaft Rudolf Schultze erwahnt den Brauch bereits fur das Spatmittelalter 3 allerdings ohne Angaben von Quellen Ganz sicher nachweisbar ist der Brauch im 17 Jahrhundert mit der Schrift Jus Potandi oder Zechrecht einer im Jahr 1616 herausgegebenen juristisch parodistischen Schrift eines anonymen deutschen Verfassers Das Jus Potandi war die Ubersetzung der Disputatio inauguralis theoretico practica jus potandi des englischen Dichters Richard Brathwaite 1588 1673 aus demselben Jahr Im Kapitel 20 der genannten Schrift heisst es Einen sonderlichen Verstandt oder Meynung nhd etwa Eine besondere Bedeutung hat der jenige Becher oder Glass damit einer den andern mit darzu sonderlichen und ublichen woertern zum Bruder erwehlet unnd einweyhet oder aber wie man sonst zusagen pfleget mit ihme auff Bruederschafft oder auff den Dutz trincket Welches auff allgemeine weise folgender Gestallt zu geschehen pfleget In dem einer den andern anredet und spricht Wenn ich dem Herrn nicht zu jung oder zu geringe zu unbedeutend were wolte ich ihm eines auff gute Kundschafft unnd Bruederschafft bringen Darauff antwortet der ander Trinck her in GOTtes Nahmen Es soll mir sehr lieb und angenehm seyn Darauff trinckt er auss und in dem er das wieder eingeschenckte Trinckgeschirr seinem newen neuen Bruder zustellet gebraucht er sich dieser wort und spricht Mein Nahme heist N N ich wil thun was dir lieb ist unnd lassen was dir l eyd ist Darauff antwortet der ander Und beyden dessgleichen wil ich in allem auch thun Und nach Verrichtung dessen schweigen sie ein wenig still unnd bitten darauff dass solche Bruederschafft durch oeffters besuchen so von einem gegen den andern geschehen soll moege bestaettiget und vollnzogen werden und eine solche Bruederschafft wie ich gemeldet ist durch Gewonheit eingefuehret worden 4 Das Bruderschafttrinken scheint hier aus der Sitte des Zutrinkens entstanden zu sein Derjenige der dem anderen die Bruderschaft antragen will spricht diesen an trinkt ihm zu und fullt den Trinkbecher wieder Aus demselben Becher trinkt dann der Angesprochene und der erste nennt seinen Namen Daraufhin versprechen sie sich gegenseitig zu tun was dem anderen lieb und zu lassen was dem anderen leid sei Diese Formel findet sich auch in der Dichtung Wunderlichen und wahrhaftigen Gesichten Philanders von Sittewald des Michael Moscherosch aus dem 17 Jahrhundert in der ein Studentengelage 5 beschrieben wird Teil 1 Gesicht 6 Die vornehmsten sassen an der Tafel und soffen einander zu so dass sie die Augen verdrehten als gestochene Kalber Einer brachte dem anderen etwas zu aus einer Schussel einem Schuh Einer gab dem andern die Hand und fragten sich untereinander nach ihrem Namen und versprachen sich ewige Freunde und Bruder zu sein mit angehangter dieser gewohnlichen Klausul ich thu was dir lieb ist und meide was dir zuwider ist band jeder einer dem andern eine Nestel von seinen Lederhosen an des andern zerfetztes Wams Im 18 Jahrhundert war das Bruderschafttrinken bei den Studentenverbindungen offenbar gangig So berichtet vom Brauch des Bruderschaft Trinkens der aus Halle stammende Magister Christian Wilhelm Kindleben 1748 1785 in einem von ihm verfassten Studenten Lexicon von 1781 wie man zum Duzbruder wurde wenn die jungen Leute beym Glase Wein oder auch wohl beym Kommersch Kommers in einem Glase Bier oder Schnaps Bruderschaft trinken und sich alsdenn einander Du und Herr Bruder nennen Spater wurde dies zum Schmollis trinken Die Bruder Grimm schreiben in ihrem Worterbuch es heiszt bruderschaft trinken und fuhren als literarische Belege fur die Verwendung in Form einer sprichwortlichen Redensart mehrere Werke an So heisst es bei Friedrich von Hagedorn er trinkt mit Aegeln bruderschaft und fragt was ihr Silenus machet und in Goethes Egmont 4 Aufzug heisst es Nun geht Geht Ich rat es euch selbst Dort seh ich wieder eine Runde antreten die sehen nicht aus als wenn sie so bald Bruderschaft mit uns trinken wurden Bei Friedrich Schiller wird in den Raubern sogar die Bruderschaft mit dem Teufel angedeutet So machen wir uns Muth und Kraft Und mit dem Schwarzen Bruderschaft Der in der Holle bratet 6 In Meyers Enzyklopadie von 1888 heisst es unter dem Stichwort Bruderschaft Dies sei zunachst die Ubereinkunft von zwei Personen sich als Bruder anzusehen oft nur um einander mit Du anzureden Die Sitte Bruderschaft zu trinken beruht wohl darauf dass der Genuss des gleichen Trankes als Symbol fester Vereinigung angesehen wurde 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Brudershafts Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Regina und Manfred Hubner Trink Bruderlein trink Illustrierte Kultur und Sozialgeschichte deutscher Trinkgewohnheiten Leipzig 2004 Lutz Rohrich Lexikon der sprichwortlichen Redensarten Lemma Bruder Freiburg im Breisgau 1991 Rudolf Schultze Geschichte des Weins und der Trinkgelage Berlin 1867 S 166 War im 14 und 15 Jahrhundert der ritterliche Saufgeist zu einer bedeutenden Hohe und Ausdehnung gediehen so wurden in den damals entstehenden Universitaten erst recht die wahren Pflanzschulen fur denselben gegrundet Das Willkommtrinken Bruderschaftmachen gaben vollauf Gelegenheit unmassig zu trinken Blasius Multibibus Jus Potandi oder Zechrecht Nachdruck der deutschen Bearbeitung des Jus Potandi von Richard Brathwaite aus dem Jahre 1616 Nachwort von Michael Stolleis Frankfurt am Main 1982 So Wilhelm Bode Kurze Geschichte der Trinksitten und Massigkeitsbestrebungen in Deutschland Munchen 1896 Seite 213 Bruderschaft bruderschaft In Jacob Grimm Wilhelm Grimm Hrsg Deutsches Worterbuch Band 2 Biermorder D II S Hirzel Leipzig 1860 Sp 422 woerterbuchnetz de Bruderschaft In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 3 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 505 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bruderschaft trinken amp oldid 229045392