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Eine Betriebsanderung liegt vor wenn ein Betrieb oder Betriebsteil stillgelegt eingeschrankt oder mit einem anderen Betrieb zusammengeschlossen wird wenn ein Betrieb aufgespalten wird oder der Betriebszweck oder die Betriebsorganisation geandert oder grundlegend neue Arbeitsmethoden eingefuhrt werden Eine Betriebsanderung lost in Betrieben in denen ein Betriebsrat existiert unterschiedliche und unterschiedlich weitreichende Mitbestimmungsrechte aus die den Kernbereich der wirtschaftlichen Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz ausmachen Dazu gehoren Informationspflichten gegenuber dem Betriebsrat und unter gewissen Voraussetzungen auch Beratungspflichten sowie der Zwang mit dem Betriebsrat uber einen Interessenausgleich zu verhandeln und einen Sozialplan zu vereinbaren Inhaltsverzeichnis 1 Gesetzlicher Katalog der Betriebsanderungen 2 Mitbestimmung des Betriebsrats 2 1 Betriebsgrosse 2 2 Wesentlicher Nachteil 2 3 Erhebliche Teile der Belegschaft 2 4 Abgrenzung Betriebsubergang 3 Rechtsfolgen 3 1 Unterrichtungs und Beratungspflicht 3 2 Interessenausgleich 3 3 Erzwingbarer Sozialplan 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseGesetzlicher Katalog der Betriebsanderungen BearbeitenDer Begriff der Betriebsanderung wird im Gesetz nicht definiert Das Betriebsverfassungsgesetz formuliert aber in 111 BetrVG einen Katalog verschiedener Massnahmen die jeweils fur sich genommen bereits als Betriebsanderung gelten oft aber als Kombination oder Mischform dieser Katalogtatbestande vorkommen Einschrankung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben grundlegende Anderungen der Betriebsorganisation des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen Einfuhrung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren Fur alle Betriebsanderungen wie sie in 111 BetrVG genannt werden ist der Begriff des Betriebs wie er dem Betriebsverfassungsgesetz zugrunde liegt von entscheidender Bedeutung Mitbestimmung des Betriebsrats BearbeitenWurde mit der Durchfuhrung der Betriebsanderung bereits begonnen und erst danach ein Betriebsrat gewahlt stehen diesem keine Mitbestimmungsrechte zu Wurden also etwa auf Grund einer Stilllegungsentscheidung bestehende Pacht und Liefervertrage zum geplanten Stilllegungszeitpunkt gekundigt und dann ein Betriebsrat gewahlt muss dieser zwar gemass 102 BetrVG zu den noch auszusprechenden Kundigungen der Arbeitsverhaltnisse angehort werden Mitbestimmungsrechte gemass 111 ff BetrVG und damit auch Sozialplananspruche oder andere Abfindungsanspruche der Arbeitnehmer scheiden aus Betriebsgrosse Bearbeiten Kleinbetriebe bis zu 20 Beschaftigten sind von vornherein von der wirtschaftlichen Mitbestimmung ausgenommen Hier konnen also auch Betriebsanderungen ohne Beteiligung des Betriebsrats vom Arbeitgeber durchgefuhrt werden Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten also etwa bei Versetzungen oder Abgruppierungen als Folge der Betriebsanderung 99 BetrVG und das Anhorungsrecht des Betriebsrats bei Kundigungen 102 BetrVG bleibt davon allerdings unberuhrt Mitbestimmungspflichtig ist aber eine Betriebsanderung wenn ein Unternehmen mehrere Betriebe unterhalt die zwar alle jeweils nicht mehr als 20 Arbeitnehmer zahlen im Rahmen einer Massnahme aber eine Betriebsanderung beabsichtigt ist die alle oder mehrere Einzelbetriebe betrifft wenn von dieser Massnahme jedenfalls mehr als 20 Arbeitnehmer betroffen sind Wesentlicher Nachteil Bearbeiten Das Gesetz verlangt zwar dass die Betriebsanderung zu wesentlichen Nachteilen fur die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft fuhren musse Weil aber nach der Rechtsprechung bereits genugt dass solche Nachteile moglicherweise eintreten und in den gesetzlich genannten Fallen nach ein wesentlicher Nachteil stets fingiert werde ist dieses Kriterium praktisch kaum von Bedeutung Erhebliche Teile der Belegschaft Bearbeiten Haufig ist strittig ob die Voraussetzung erfullt ist dass erhebliche Teile der Belegschaft von der Betriebsanderung betroffen sind Das Bundesarbeitsgericht greift bei der Bestimmung der Schwellenzahl der von der Massnahme betroffenen Arbeitnehmer auf die fur Massenentlassungen in 17 KSchG genannten Werte zuruck Im Unterschied zur Massenentlassungsanzeige kommt es weder darauf an dass die betroffenen Arbeitnehmer alle entlassen werden noch darauf dass sie von der Betriebsanderung innerhalb des in 17 KSchG genannten Monatszeitraums von der Betriebsanderung betroffen werden Es genugt dass sie infolge einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung die zur Betriebsanderung fuhrt Nachteile erleiden konnten Deshalb werden auch so genannte Wellenkundigungen bei denen Arbeitnehmer uber einen langeren Zeitraum in mehreren Schuben entlassen werden von der Vorschrift erfasst und mussen zur Berechnung ob die Schwellenwerte des 17 KSchG erreicht sind zusammengezahlt werden Abgrenzung Betriebsubergang Bearbeiten Findet allerdings ein Betriebsubergang gemass 613a BGB statt ohne dass es zu weitergehenden betriebsandernden Massnahmen kommt bestehen insoweit keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats Nach der Rechtsprechung sind in diesem Fall die Rechte der Arbeitnehmer umfassend durch 613a BGB geschutzt so dass eine Betriebsanderung nicht vorliege Nur wenn sich die Massnahme nicht nur im Wechsel des Betriebsinhabers erschopft sondern sie mit anderen Massnahmen des Katalogs des 111 BetrVG verknupft ist liegt eine Betriebsanderung vor Rechtsfolgen BearbeitenLiegt eine geplante Betriebsanderung vor knupft das Gesetz an diesen Tatbestand unterschiedliche Rechtsfolgen wobei in Tendenzbetrieben die Rechte des Betriebsrats erheblich eingeschrankt sind Unterrichtungs und Beratungspflicht Bearbeiten Zunachst muss der Arbeitgeber den Betriebsrat unter Vorlage vorhandener Unterlagen Gutachten Berechnungen Planungen rechtzeitig und umfassend unterrichten Diese Unterrichtungspflicht besteht bereits wenn erste Uberlegungen zu einer Betriebsanderung angestellt werden Wird der Betriebsrat erst unterrichtet wenn alles entschieden ist verletzt der Arbeitgeber seine Unterrichtungspflichten weil diese Pflicht sicherstellen soll dass der Betriebsrat noch zu einem fruhen Stadium der Planungen Einfluss nehmen kann In Unternehmen mit uber 100 Arbeitnehmern Ausnahme Tendenzbetriebe gemass 118 BetrVG ist nach 106 BetrVG der Wirtschaftsausschuss zu unterrichten bzw mit diesem zu beraten Interessenausgleich Bearbeiten Sodann muss der Arbeitgeber versuchen mit dem Betriebsrat zu einer Einigung uber einen Interessenausgleich zu kommen In diesem Interessenausgleich wird eine Einigung uber das Ob und das Wie also etwa auch den Zeitpunkt der geplanten Betriebsanderung niedergelegt Diesen Versuch muss der Arbeitgeber wenn eine betriebliche Einigung nicht gelingt zumindest solange fortsetzen bis der Versuch letztlich auch in der von ihm anzurufenden Einigungsstelle gescheitert ist Gelingt auch dort eine Einigung nicht scheitern die Verhandlungen uber den Interessenausgleich also auch in der Einigungsstelle endgultig ist der Arbeitgeber frei die Betriebsanderung so wie er sie dem Betriebsrat mitgeteilt hatte auch durchzufuhren Der Interessenausgleich ist also nicht erzwingbar Die Einigungsstelle ist nicht befugt die ausschliessliche Entscheidungskompetenz des Arbeitgebers hinsichtlich des Ob und des Wie der Betriebsanderung durch einen Spruch zu beschneiden Versucht aber der Arbeitgeber die Einigung mit dem Betriebsrat nicht bis hinein in die Einigungsstelle haben die von der Betriebsanderung betroffenen Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung von Abfindungen durch den Arbeitgeber siehe Nachteilsausgleich Nachdem aber der Europaische Gerichtshof EuGH in einer Entscheidung vom 27 Januar 2005 1 entschieden hat dass die Massentlassungsrichtlinie der EG 2 3 so auszulegen ist dass der Ausspruch von Kundigungen vor Abschluss der Konsultationen mit dem Betriebsrat zur Unwirksamkeit der Kundigung fuhrt durfte die bisherige Rechtsprechung der deutschen Arbeitsgerichte uberholt sein die in diesen Fallen die Kundigungen bislang fur wirksam erachtet hat und die betroffenen Arbeitnehmer nur auf die gerichtliche Geltendmachung von Nachteilsausgleichsanspruchen Abfindungen verwiesen hatte Erzwingbarer Sozialplan Bearbeiten Der Sozialplan der zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu vereinbaren ist regelt nicht Ob und Wie der Betriebsanderung sondern den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile welche die Arbeitnehmer voraussichtlich erleiden werden die von der Betriebsanderung betroffen sind zu den naheren Einzelheiten siehe Sozialplan Da im Unterschied zum Interessenausgleich hinsichtlich eines zu vereinbarenden Sozialplans der Spruch der Einigungsstelle die Einigung von Arbeitgeber und Betriebsrat uber die Aufstellung eines Sozialplans ersetzt 112 Abs 4 BetrVG ist der Sozialplan durch den Betriebsrat wenn die Voraussetzungen einer Betriebsanderung vorliegen wie oben umschrieben erzwingbar In der Regel besteht also ein erzwingbarer Sozialplananspruch wenn durch die Betriebsanderung die Schwellenwerte des 17 KSchG erreicht werden Nur in dem Ausnahme Fall dass eine Betriebsanderung ausschliesslich im Abbau von Personal besteht kommt es auf die erheblich hoheren Schwellenwerte des 112a BetrVG an Siehe auch BearbeitenAbfindung im Arbeitsrecht Betrieb Betriebsubergang Betriebsverfassungsgesetz Nachteilsausgleich Mitbestimmung Sozialplan TendenzbetriebEinzelnachweise Bearbeiten C 188 04 Massenentlassungen Information und Konsultation der Arbeitnehmer Zusammenfassung der Gesetzgebung In EUR Lex Amt fur Veroffentlichungen der Europaischen Union abgerufen am 13 Oktober 2021 Richtlinie 98 59 EG des Rates vom 20 Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten uber Massenentlassungen abgerufen am 13 Oktober 2021Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Betriebsanderung amp oldid 232659227