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Als Beisshemmung versteht die klassische vergleichende Verhaltensforschung einen angeborenen Schutzmechanismus bei dem das uberlegene Tier bei Raubtieren aus der Familie der Hundeartigen dem unterlegenen Tier nicht massiv schadet 1 Andere Autoren sehen darin die Fahigkeit zur Kontrolle der Beissintensitat die von den Welpen dieser Arten allmahlich durch Spielverhalten erlernt wird 2 Ohne Beisshemmung waren schwere Verletzungen in solchen Situationen die Regel Inhaltsverzeichnis 1 Die Position von Konrad Lorenz 2 Die Position von Erik Zimen 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 BelegeDie Position von Konrad Lorenz BearbeitenDer klassischen vergleichenden Verhaltensforschung zufolge bezeichnet Beisshemmung einen bei vielen Tierarten vorhandenen angeborenen Schutzmechanismus der dazu fuhrt dass ein im Kampf unterlegenes Individuum vom siegreichen Artgenossen nicht ernstlich verletzt wird sofern das unterlegene Tier seine Niederlage durch eine Demutsgeste kenntlich macht Dieses Konzept der Beisshemmung wurde im deutschen Sprachraum vor allem durch das Buch Er redete mit dem Vieh den Vogeln und den Fischen von Konrad Lorenz bekannt das 1949 erstmals publiziert wurde In diesem Buch beschreibt und interpretiert Lorenz eine Beobachtung im Whipsnade Zoo von London den anfangs wilden Kampf zweier Wolfe Lorenz hatte beobachtet dass beide Tiere danach plotzlich still standen und der jungere und angeblich unterlegene der beiden Wolfe habe seinen Kopf zur Seite gedreht auf diese Weise dem alteren und uberlegenen seine ungeschutzte Kehle darbietend Der altere Wolf habe sein Maul ganz dicht dem Hals des zweiten angenahert ohne aber zuzubeissen Konrad Lorenz deutete diese Situation so als ob der unterlegene Wolf dem anderen seine empfindlichste Korperstelle absichtlich derart ungeschutzt prasentiert habe Lorenz wortlich Und es sieht nicht nur so aus sondern es ist erstaunlicherweise tatsachlich so Diese Beobachtung wurde spater von Lorenz und anderen Autoren verallgemeinert auch das Ende des Kampfverhaltens von Tieren anderer Arten wurde in gleicher Weise gedeutet Zudem hatte Konrad Lorenz Bericht aus dem Londoner Zoo zwar die grosste Wirkung er stand aber nicht allein Schon 1943 hatte Lorenz so genannte Demutsgesten bei Mensch und Tier beschrieben aufgrund derer beim uberlegenen Gegner angeblich angeborene Hemmungsmechanismen aktiviert wurden Solche hemmenden Schlusselreize hatten sich im Verlauf der Stammesgeschichte entwickelt um weitere beschadigende Handlungen zu unterbinden wenn das Ergebnis der Auseinandersetzung bereits eindeutig ist 3 Auch der Zoologe Werner Fischel hatte in seinem 1947 erschienenen Buch Die kampferischen Auseinandersetzungen in der Tierwelt drei Phasen jedes Kampfes zwischen Tieren unterschieden Drohen Kampfen Unterwerfen Die Position von Erik Zimen BearbeitenDer Kynologe und Lorenz Schuler Erik Zimen postulierte Was Lorenz sah war kein wirklich ernsthafter Kampf 4 Ausserdem habe Lorenz nach der Meinung von Zimen den unterlegenen Wolf mit dem uberlegenen verwechselt Auf Drohverhalten Imponieren und aggressiv wirkende Aktionen folgen laut Erik Zimen beim Hund nur in ganz seltenen Ausnahmefallen wirklich ernsthafte Beschadigungskampfe Solche Kampfe gebe es zwar aber lautlos ohne Ausdrucksverhalten und gleichsam hemmungslos und sie wurden ausserdem niemals durch demutsvolle Unterwerfung beendet werden Die schwere Verletzungen vermeidende Zuruckhaltung bei so genannten Schaukampfen deutet Zimen als ein erlerntes Verhalten Die Angst der Tiere scheint hier eine ganz besonders wichtige Rolle zu spielen Sie verhindert in der Regel dass fest zugebissen wird denn darauf reagiert der Gegner ebenfalls mit festem Beissen 5 Erik Zimen weist darauf hin dass die Welpen erst die Grenzen des spielerischen Kampfens lernen mussen Die Beisshemmung beim Spiel der Welpen wie auch bei den meisten Formen aggressiver Auseinandersetzung unter den alteren Wolfen ware demnach ein durch Lernprozess bedingter und auf der Angst vor Schmerz beruhender Mechanismus der Verletzungen im Rudel weitgehend verhindert Eine angeborene Form der Beisshemmung erkennt Zimen daher nur im zuruckhaltenden Verhalten ausgewachsener Tiere gegenuber Jungtieren vergleiche Kindchenschema Ausserdem kann man aus diesen Studien ableiten dass schlecht sozialisierte oder gar in ihrer Jugend misshandelte Hunde die nicht lernen konnten dass eigene Zuruckhaltung auch den gegnerischen Hund oder Mensch zur Zuruckhaltung beim Schmerzzufugen veranlasst hinsichtlich ihrer Aggressivitat unberechenbar gemacht werden konnen Dorit Urd Feddersen Petersen schliesst sich der Kritik Ziemens an Fruher wurde der Wolf als typisches Beispiel dafur beschrieben dass Tiere mit besonders gefahrlichen Waffen uber besonders wirksame Hemm Mechanismen zur Verhinderung ernster Verletzungen verfugen Konrad Lorenz missdeutete das von Fischel gezeichnete Halsdarbieten eines Hundes als Demutsgeste und schrieb ihm beisshemmende Wirkung zu die den Abbruch des Kampfes bedingt und zur Sicherung der Arterhaltung beitragt Das ist sicherlich falsch Das Halsdarbieten entsteht wenn der uberlegene Hund betont wegsieht ist also ein Imponierausdruck 6 Siehe auch BearbeitenAggressionshemmung Beschwichtigungssignal Hund WelpenschutzLiteratur BearbeitenWerner Fischel Die kampferischen Auseinandersetzungen in der Tierwelt Leipzig 1947 Konrad Lorenz Er redete mit dem Vieh den Vogeln und den Fischen dtv Munchen 1998 ISBN 3423202254 Die Erstausgabe erschien bereits 1949 das Buch wurde in diversen Neu und Sonderausgaben aufgelegt Erik Zimen Der Hund Abstammung Verhalten Mensch und Hund C Bertelsmann Verlag Munchen 1988 ISBN 3 570 00507 0 Erschienen auch aus Taschenbuch bei Goldmann Erik Zimen Der Wolf Verhalten Okologie und Mythos Goldmann Verlag Munchen 1993 ISBN 3 442 12336 4 Taschenbuchausgabe Die Hardcoverausgabe erschien bereits 1990 bei Knesebeck amp Schuler Patricia B McConnell Das andere Ende der Leine Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt Kynos Verlag 2004 ISBN 3 933228 93 X Weblinks BearbeitenKonrad Lorenz Moral und Waffen Memento vom 30 September 2012 im Internet Archive Textauszug aus Er redete mit dem Vieh den Vogeln und den Fischen mit der Beobachtung zur Beisshemmung Im Original publiziert auf dem Vorarlberger Bildungsserver Belege Bearbeiten Dorit Urd Feddersen Petersen Hundepsychologie Franckh Kosmos Stuttgart 2004 ISBN 978 3 440 09780 9 S 269 Desmond Morris Dogwatching Die Korpersprache des Hundes Wilhelm Heyne Verlag Munchen 1999 S 80 81 ISBN 3 453 16503 9 Erik Zimen Der Wolf Verhalten Okologie und Mythos Goldmann Verlag Munchen 1993 S 76 Erik Zimen Der Hund Abstammung Verhalten Mensch und Hund C Bertelsmann Verlag Munchen 1988 S 236 Erik Zimen Der Wolf S 76 Dorit Urd Feddersen Petersen Gefahrliche Hunde S 10 Volltext PDF Memento vom 19 Oktober 2004 im Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Beisshemmung amp oldid 238279883