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Das Babinet sche Prinzip auch Babinet sches Theorem ist ein Satz aus der Optik und besagt dass die Beugungsbilder zweier zueinander komplementarer Blenden beispielsweise Spaltblende und ein Draht gleicher Dicke ausserhalb des Bereiches in den die geometrisch optische Abbildung fallt also die Abbildung ohne Beugungseffekte gleich sind Beispielsweise unterscheidet sich das Beugungsbild eines Einzelspalts kaum von dem eines Drahtes und das einer Kreisscheibe nicht von dem eines Loches in der Grosse des Kreises Das Babinet sche Prinzip gilt sowohl bei Fresnel als auch bei Fraunhoferbeugung Der Name geht auf den franzosischen Physiker Jacques Babinet 1794 1872 zuruck der das Theorem 1837 aufstellte Inhaltsverzeichnis 1 Erlauterung und Anwendung 2 Anwendung in der Elektrodynamik 3 Herleitung 4 Fraunhofer Beugung 5 Erweiterung auf vektorielle Feldgrossen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseErlauterung und Anwendung BearbeitenIm einfachen Bild der geometrischen Optik breiten sich Lichtstrahlen geradlinig aus Tatsachlich kann es jedoch durch Beugung zur Ablenkung des Lichtes kommen beispielsweise wenn das Licht durch eine Blende fallt An den Randern der Blende werden die Lichtwellen gebeugt und Interferenz zwischen den gebeugten Lichtwellen fuhrt zu Beugungserscheinungen d h das Bild der Blende auf einem Schirm weicht von dem ab was man fur einen rein geometrisch optischen Strahlenverlauf erwarten wurde Das Bild auf einem Schirm das bei einem rein geometrisch optischen Strahlenverlauf also ohne Beugungseffekte entstehen wurde soll im Folgenden mit geometrisch optischer Abbildung bezeichnet werden Das von Babinet 1837 aufgestellte Prinzip besagt nun dass zueinander komplementare Blenden also Blenden bei denen Offnungen und undurchsichtige Bereiche vertauscht sind ausserhalb des Bereiches den die geometrisch optische Abbildung einnehmen wurde die gleichen Beugungserscheinungen erzeugen Komplementare Blenden sind zum Beispiel ein Spalt und ein Draht der genauso dick ist wie der Spalt breit oder eine Kreisblende und ein Kreisplattchen gleichen Durchmessers Das Babinet sche Prinzip erlaubt es daher die Beugung an einem undurchsichtigen Hindernis auf die an einer Offnung desselben Umrisses zuruckzufuhren siehe Korona dort wird die Beugung an den Wassertropfen der Wolken auf die Beugung an einer Kreisblende zuruckgefuhrt Anwendung in der Elektrodynamik BearbeitenAnalog zur Optik lasst sich das Babinet sche Prinzip auch fur die Elektrodynamik einsetzen so dass sich nutzliche Relationen ergeben Beispielsweise konnen elektromagnetische Effekte durch Aperturen in leitenden Ebenen berechnet werden Es reicht die Kenntnis der tangential zur Oberflache liegenden elektrischen Felder aus um die transmittierten Felder in der Apertur zu berechnen 1 Zum Beispiel lasst sich damit das elektromagnetische Feld eines Loches in einer unendlich ausgedehnten leitenden Oberflache bestimmen in der die Stromverteilung nicht berechnet werden kann Das Loch wird gemass dem Babinet schen Prinzip also zur leitenden Oberflache Die Oberflachenstrome mussen dann nur uber das Loch berechnet werden und die Rucktransformation bietet schliesslich das Ergebnis fur ein Loch in einer unendlich grossen leitenden Flache Herleitung Bearbeiten nbsp Geometrisch optische Strahlausbreitung d h ohne Beugung durch komplementare Blenden schematisch Fallt ein Lichtstrahl auf einen Schirm erzeugt er dort einen hellen Bereich Wenn zwischen der Lichtquelle und dem Schirm kein Hindernis liegt breitet sich der Strahl geradlinig also ungebeugt aus Der helle Bereich auf dem Schirm entspricht daher der geometrisch optischen Abbildung Abbildung rechts oben Die Verteilung von Helligkeit und Dunkelheit auf dem Schirm entspricht einer Verteilung der Amplitude der Lichtwelle Die Amplitude soll hier mit E0 x displaystyle E 0 x nbsp bezeichnet werden Im hellen Bereich ist die Amplitude gross ausserhalb des hellen Bereiches ist der Schirm dunkel dort ist die Amplitude also null Nun sollen zwei komplementare Blenden nacheinander in den Strahl eingebracht werden beide Blenden zusammen sollen den Strahl vollstandig verdecken wie in der Abbildung rechts Mitte und unten ohne Berucksichtigung von Beugungseffekten dargestellt Sowohl die Lochblende als auch das undurchsichtige Hindernis erzeugen aber naturlich ein Beugungsbild Fur diese Beugungsbilder von Lochblende und Hindernis kann die auf den Schirm fallende Amplitude jeweils in einen geometrischen und einen Beugungsanteil zerlegt werden 1 Eloch x Elochgeo x Elochbeug x displaystyle E text loch x E text lochgeo x E text lochbeug x nbsp 2 Ehind x Ehindgeo x Ehindbeug x displaystyle E text hind x E text hindgeo x E text hindbeug x nbsp E x displaystyle E x nbsp Amplitudenverteilung auf dem Schirm x displaystyle x nbsp Koordinate langs des Schirms loch Lochblende hind zur Lochblende komplementares Hindernis geo geometrischer Anteil beug BeugungsanteilDa die eine Blende jeweils das Licht durchlasst welches die andere ausschneidet mussen beide Beugungsbilder zusammen wieder die geometrisch optische Abbildung der Lichtquelle ohne Blende ergeben Die Summe der Gesamtamplituden hinter der Lochblende und dem Hindernis Eloch x Ehind x displaystyle E text loch x E text hind x nbsp muss also gleich E0 x displaystyle E 0 x nbsp sein 3 Eloch x Ehind x E0 x displaystyle E text loch x E text hind x E 0 x nbsp Die Summe der geometrischen Anteile beider Amplitudenverteilungen Elochgeo x Ehindgeo x displaystyle E text lochgeo x E text hindgeo x nbsp muss gleich dem geometrischen Anteil des Bildes ohne Blende sein sie muss also ebenfalls gleich E0 x displaystyle E 0 x nbsp sein da es ohne Blende nur den geometrischen Anteil gibt 4 Elochgeo x Ehindgeo x E0 x displaystyle E text lochgeo x E text hindgeo x E 0 x nbsp Setzt man nun Gl 1 und 2 in Gl 3 ein erhalt man 5 Eloch x Ehind x Elochgeo x Elochbeug x Ehindgeo x Ehindbeug x E0 x displaystyle E text loch x E text hind x E text lochgeo x E text lochbeug x E text hindgeo x E text hindbeug x E 0 x nbsp Mit Gl 4 ergibt sich 6 E0 x Elochbeug x Ehindbeug x E0 x displaystyle E 0 x E text lochbeug x E text hindbeug x E 0 x nbsp und damit 7 Elochbeug Ehindbeug displaystyle E text lochbeug E text hindbeug nbsp Die Anteile der Amplituden die auf die Beugung entfallen sind fur Lochblende und Hindernis also gleich gross haben aber entgegengesetztes Vorzeichen die Amplitudenverteilung der Lochblende ist demnach ausserhalb der geometrisch optischen Abbildung entgegengesetzt zu derjenigen des komplementaren Hindernisses Wo die Lochblende eine negative Amplitude erzeugt ergibt das Hindernis eine betragsmassig gleich grosse positive Amplitude und umgekehrt Uberlagern sich zwei Amplituden die gleich gross sind aber entgegengesetztes Vorzeichen haben ist die Amplitude der Gesamtwelle null es kommt zur Ausloschung Uberlagert man also die Amplitudenverteilungen beider komplementarer Blenden erhalt man ausserhalb der geometrisch optischen Abbildung Ausloschung und damit Dunkelheit wie man es fur den Fall erwartet in dem es uberhaupt keine Blenden gibt Die Uberlagerung der Amplituden hinter den beiden komplementaren Blenden ergibt also die Amplitudenverteilung der Anordnung ohne Blenden Fur die Wahrnehmung der Beugungsbilder ist nun aber nicht die Amplitude entscheidend sondern die Intensitat Die Intensitat des Lichtes ist proportional zum Quadrat der Amplitude fur die Intensitat der Beugungsmaxima ist es also gleichgultig ob die Amplitude positiv oder negativ ist es kommt nur auf ihre betragsmassige Grosse an Erzeugt die Lochblende an einer Stelle eine grosse positive Amplitude sorgt die komplementare Blende an derselben Stelle fur eine betragsmassig gleich grosse negative Amplitude und beide haben dieselbe Intensitat zur Folge Aus diesem Grund sind die Beugungsbilder von Lochblende und Hindernis ausserhalb der geometrisch optischen Abbildung gleich Fraunhofer Beugung Bearbeiten nbsp Beugungsbilder einer Stecknadel und eines Spaltes zwischen zwei Rasierklingen dessen Breite mithilfe der Stecknadel erzeugt wurde Beleuchtet wurde mit einem roten Laserpointer Wegen der Ungenauigkeit mit der die Breite von Spalt und Nadel nicht in Ubereinstimmung gebracht werden konnten weichen die Positionen der Maxima voneinander ab Das Babinet sche Theorem gilt sowohl fur Fresnel als auch bei Fraunhoferbeugung Bei der Fraunhofer Beugung befindet sich die Lichtquelle in unendlich grosser Entfernung d h die Lichtquelle muss hinreichend klein und der Abstand zwischen ihr und dem Beobachtungsschirm hinreichend gross sein bzw Lichtquelle und Schirm mussen durch Linsen in unendliche Entfernung geruckt werden Im Fall einer annahernd punktformigen Lichtquelle wird auch der Bereich der geometrisch optischen Abbildung sehr klein und spielt im Beugungsbild kaum eine Rolle Damit sehen bei der Fraunhofer Beugung die Beugungsbilder der komplementaren Blenden insgesamt fast gleich aus Daher ist es gerechtfertigt die bei der Entstehung der Korona massgebliche Beugung an Wassertropfen durch eine Beugung an Kreisblenden zu ersetzen Erweiterung auf vektorielle Feldgrossen BearbeitenDie oben beschriebenen Beugungserscheinungen beziehen sich auf die Betrage der elektrischen Felder bzw die Intensitatsverteilung der gebeugten elektromagnetischen Strahlung Sie werden wie oben durchgefuhrt im Rahmen der Naherungen des Kirchhoffschen Beugungsintegrals fur skalare Feldgrossen hergeleitet Will man Aussagen uber die komplexwertigen elektrischen und magnetischen Felder und die Polarisationseigenschaften treffen so beschrankt man sich in der Regel auf den Fall von Blenden aus unendlich dunnen und perfekt elektrisch leitenden Materialien Bei den senkrecht auf die Blenden einfallenden elektrischen und magnetischen Feldanteilen ist zu beachten dass beim Wechsel zwischen den komplementaren Blenden eine 90 Rotation der Feldvektoren um die Flachennormale vorzunehmen ist 2 3 4 Hinsichtlich des Drehsinns und anderer Details sei auf die angegebenen Referenzen und das Lehrbuch Classical Electrodynamics von J D Jackson verwiesen Elektrische Dipolmomente der einen Blende werden hierbei zu magnetischen Dipolmomenten der komplementaren Blende und umgekehrt Literatur BearbeitenBergmann Schaefer Lehrbuch der Experimentalphysik Band 3 Optik 10 Aufl 2004 Walter de Gruyter Berlin S 368Weblinks BearbeitenVorlesung Einfuhrung in die Optik LMU siehe Vorlesung Beugung II 14 12 2011 Wolfgang Zinth Lexikon der Optik auf Spektrum de J D Jackson Classical Electrodynamics 2nd edition 1975 Kap 9 11 S 438 ff frei zuganglich uber das Internet Archive alternativ J D Jackson Classical Electrodynamics 1st edition 1962 Kap 9 7 S 288 ff ebenfalls frei zuganglich uber das Internet ArchiveEinzelnachweise Bearbeiten Leugner Dietmar Berechnung der Elektromagnetischen Einkopplung durch Aperturen mit analytischen Verfahren und der Momentenmethode Als Ms gedr Auflage VDI Verl Dusseldorf 2004 ISBN 3 18 336021 7 F Falcone et al Babinet principle applied to the design of metasurfaces and metamaterials Physical Review Letters 93 197401 2004 DOI 10 1103 PhysRevLett 93 197401 A Blitzer et al Terahertz near field microscopy of complementary planar metamaterials Babinet s principle Optics Express 19 2537 2545 2011 DOI 10 1364 OE 19 002537 D Lee et al Light scattering of rectangular slot antennas parallel magnetic vector vs perpendicular electric vector Scientific Reports 6 18935 2016 DOI 10 1038 srep18935 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Babinetsches Prinzip amp oldid 228903978