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Unter Ausgewogenheit versteht man im Medienrecht die gleichgewichtige Wiedergabe von Medieninhalten Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Rechtsfragen 3 Arten 4 Abgrenzung 5 Falsche Ausgewogenheit 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenAusgewogenheit ist einer der schwer zu definierenden Begriffe Das Ausgewogene spricht jedenfalls dafur dass etwas ausgeglichen ausbalanciert sein soll Der Pluralismus in den Medien soll durch die Prasentation verschiedener Meinungen und politischer Alternativen erhalten bleiben Negativ dargestellt darf ein Medium nicht einseitig einer politischen Partei oder Gruppe einer Interessengemeinschaft einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dienen 1 Ausgewogenheit kann einerseits in der Themenvielfalt andererseits in der Balance zwischen Pro und Kontra gesehen werden Rechtsfragen BearbeitenIm Medienrecht ist Ausgewogenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff Bereits in seiner ersten Rundfunkentscheidung spricht das BVerfG von inhaltlicher Ausgewogenheit ohne den Begriff zu prazisieren 2 Das BVerfG bezieht die externe Ausgewogenheit auf das jeweilige Verbreitungsgebiet derjenigen Programme von denen angenommen werde sie glichen einander aus 3 Fur das oberste Gericht ist Ausgewogenheit identisch mit Gleichgewichtigkeit und Vielfalt der bestehenden Meinungsrichtungen 4 Der Gesetzgeber hatte die Ausgewogenheit im Rahmen der Programmanforderungen zu berucksichtigen Nach dem Rundfunkstaatsvertrag RStV ist die Ausgewogenheit des Programms beim offentlich rechtlichen Rundfunk nach 11 Abs 2 RStV zu berucksichtigen wahrend die Programmgrundsatze in 41 RStV fur den Privatrundfunk das Erfordernis der Ausgewogenheit nicht erwahnen Das ist dem Landesmedienrecht uberlassen das beispielsweise in 33d Landesmediengesetz NRW dem Chefredakteur die Verantwortung der Ausgewogenheit des Programms ubertragt und dem Programmbeirat die Entscheidungshoheit uberlasst Es genugt ansonsten die Ausgewogenheit des Gesamtangebots privater Anbieter im Verbreitungsgebiet Ausgewogenheit wird vermutet wenn mindestens 3 Vollprogramme im Geltungsbereich eines Gesetzes veranstaltet werden so genannte Aussenpluralitat Arten BearbeitenOlaf Jandura unterscheidet zwischen qualitativer und quantitativer Ausgewogenheit 5 Quantitativ ist demnach die Berichterstattung ausgewogen wenn sie dem Pluralismusgebot entspringt und die Auswahl der Fakten und Standpunkte zum Bewertungsobjekt im Mittelpunkt des Interesses steht Die qualitative Ausgewogenheit bezieht sich auf die Abweichung bei der Nachrichtenauswahl im Vergleich zu anderen Medien 6 Ausgewogenheit betrifft zudem sowohl einen einzelnen Beitrag als auch das Gesamtangebot eines Mediums Abgrenzung BearbeitenBei einem unscharfen Begriff wie Ausgewogenheit entsteht das Problem ihn zu anderen Begriffen abzugrenzen Das gilt insbesondere im Verhaltnis zur Objektivitat Wahrend Ausgewogenheit das Verhaltnis der Aussagen zueinander betrifft bezieht sich Objektivitat auf das Verhaltnis zwischen Aussagen und Ereignis 7 Bei der Ausgewogenheit geht es um das Gleichgewicht bei der Themenwahl Es darf in der Berichterstattung weder zu einer negativen noch zu einer positiven Valenz kommen Valenz bedeutet hier Wertigkeit oder Aufforderungscharakter den alle Informationen besitzen die Spannung aufbauen Entsprechend ist positive Valenz Anziehung und negative bedeutet Abweisung 8 Im Extremfall liegt eine einseitige Berichterstattung vor das Gegenteil von Ausgewogenheit Einseitige Berichterstattung fuhrt wenn sie vom Rezipienten nicht wahrgenommen wird zur einseitigen Meinungsbildung Wird sie wahrgenommen kann sie Ablehnung oder Widerspruch provozieren 9 Falsche Ausgewogenheit Bearbeiten Hauptartikel Falsche Ausgewogenheit Falsch angewandt kann eine ausgewogene Darstellung zu einer informellen Voreingenommenheit Balance as Bias fuhren bei der die tatsachliche Sachlage durch eine vermeintlich ausgewogenene Berichterstattung verzerrt und somit falsch wiedergegeben wird Ein Beispiel hierfur ist die vermeintlich ausgewogene Berichterstattung bezuglich der menschengemachten globalen Erwarmung So ergab eine einflussreiche Studie aus dem Jahr 2004 dass von 636 untersuchten Medienartikeln die zwischen 1988 und 2002 in vier grossen Zeitungen erschienen waren rund 53 ausgewogen berichteten also die Thesen annahernd gleich gewichteten dass der Mensch erheblichen Anteil an der globalen Erwarmung habe bzw dass die Klimaerwarmung ausschliesslich naturlich sei 35 der Artikel betonten die Existenz der menschengemachten Erderwarmung erwahnten aber genauso die Gegenthese dass die Erwarmung naturliche Ursachen habe Nur 6 der Artikel gaben hingegen den wissenschaftlichen Konsens korrekt wieder indem sie die Erwarmung dem Menschen zuschrieben ohne eine Gegenthese zu prasentieren Dabei veranderte sich die Berichterstattung auch uber die Zeit Wahrend 1988 noch der Grossteil der Berichte die Sicht der Wissenschaft korrekt wiedergab gingen Journalisten ab ca 1990 mit dem Einsetzen von Desinformation skampagnen der organisierten Klimaleugnerszene u a durch die Global Climate Coalition und das Heartland Institute dazu uber ausgewogen zu berichten Gleichzeitig ging die Presse dazu uber Wissenschaftler als zunachst am haufigsten zitierte Quellen durch Politiker als Informationsquellen zu ersetzen 10 11 Durch die vermeintlich ausgewogene Berichterstattung die ihren Ursprung in der Fairness Doktrin hat wurden damit Klimaleugner und ihre Thesen in den Medien systematisch bevorzugt da sie viel mehr Aufmerksamkeit erhielten als ihnen aufgrund des breiten wissenschaftlichen Konsenses eigentlich zustand 12 Einzelnachweise Bearbeiten WDR Sendegrundsatze zitiert uber Horst Decker Hrg Einfuhrung in die Kommunikationswissenschaft Teil 2 1983 S 236 BVerfG Urteil vom 28 Februar 1961 Az 2 BvG 1 2 60 Memento des Originals vom 20 Juni 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www telemedicus info BVerfGE 73 118 162 BVerfGE 57 295 324 Olaf Jandura Kleinparteien in der Mediendemokratie 2006 S 44 Olaf Jandura Kleinparteien in der Mediendemokratie 2006 S 45 Siegfried J Schmidt Siegfried Weischenberg Mediengattungen Berichterstattungsmuster Darstellungsformen In Klaus Merten Siegfried J Schmidt Siegfried Weischenberg Die Wirklichkeit der Medien 1994 S 227 Matthias Kraft Mandy Haller Christoph Haas Die Feldtheorie von Kurt Levin 2005 S 11 Birger P Priddat Politik unter Einfluss 2009 S 113 Maxwell T Boykoff Jules M Boykoff Balance as bias global warming and the US prestige press In Global Environmental Change Band 14 2004 S 125 136 doi 10 1016 j gloenvcha 2003 10 001 James Lawrence Powell The Inquisition of Climate Science New York 2012 S 121f Naomi Oreskes Erik M Conway Die Machiavellis der Wissenschaft Das Netzwerk des Leugnens Wiley VCH Weinheim 2014 S 267f Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ausgewogenheit amp oldid 230644351