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Ausdruckskrankheit ist ein von Thure von Uexkull 1963 beschriebenes psychosomatisches Krankheitskonzept 1 Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Zwiespalt der Krankheitsokonomie 3 Symptomatik 4 Beispiele 5 Sonderformen 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenDas Konzept der Ausdruckskrankheiten als eines Oberbegriffs in der psychosomatischen Systematik besagt dass solche gesellschaftlich sanktionierte Sachverhalte die von einer Einzelperson im Konfliktfall nicht verbal bewusst bzw ohne gesellschaftliche Nachteile formuliert und in gezielte Handlungen umgesetzt werden konnen auf einer korperlichen Ebene mit Hilfe von Korpersprache oder von sonstigen demonstrativ wirkenden Auffalligkeiten symbolhaft zum Ausdruck gebracht werden 1 Das sanktionierte Verhalten kommt nicht zur Ausfuhrung sondern stattdessen ein Handlungsfragment vgl auch die sprachliche Ableitung des Symbolbegriffs Der zunachst als Befindlichkeitsstorung wahrgenommene Konflikt wird somatisiert Prototyp der Ausdruckserkrankung ist die von Freud beschriebene Konversion Meist handelt es sich ursachlich um einen Konflikt zwischen den moralisch von der Gesellschaft oder der naheren familiaren Umgebung geforderten Verhaltensweisen die jedoch vom Betroffenen selbst nicht gebilligt werden und mit den von ihm selbst gewunschten Zielen in Widerspruch stehen Da verbaler Protest aussichtslos erscheint stellt ein gewisses ebenfalls als Protest zu verstehendes korperliches Ausdrucksverhalten einen Kompromiss zwischen der gesellschaftlich geforderten Befolgung von Prinzipien und der vom Individuum selbst verfolgten Motivation dar Ausdruckskrankheiten werden durch von Uexkull abgegrenzt von den Bereitstellungskrankheiten Zur psychologischen Grundlage dieses Konzepts ausserhalb der Psychoanalyse siehe den Begriff der Ausdruckspsychologie Zwiespalt der Krankheitsokonomie BearbeitenDer Protest gegen die soziale Konvention erlaubt nach metapsychologischen Prinzipien zumindest durch den dabei zu berucksichtigenden primaren Krankheitsgewinn eine gewisse Aussicht auf subjektiven Erfolg Dagegen wird das mehr oder weniger leicht zu verstehende Verhalten der Einzelpersonen von Vertretern der gesellschaftlichen Beachtung normierter Motivationen konsequent als unnormal krankhaft in abwertendem Sinne oder gar stigmatisierend als psychisch krank bezeichnet Es handelt sich demnach in der Begriffssprache der Psychoanalyse um einen Konflikt zwischen Ich und Uber Ich Das Konzept ist auch heute noch aktuell 2 Die seelische Energie wird nach psychoanalytischer Auffassung teilweise von der Objektbesetzung abgezogen Es erfolgt eine partielle Verdrangung Entsprechend wird auch von einem Handlungsfragment s o bzw von einem Affektkorrelat gesprochen Sigmund Freud sprach von unvollstandiger Konversion 1 Symptomatik BearbeitenDie korperliche Symptomatik ist Ausdruck des betroffenen Ichs Dies kann an bereits alltaglichen Ausserungen nachvollzogen werden wie z B Ich fuhle mich wie gelahmt Die Symptomatik der Ausdruckskrankheiten verdeutlicht demonstrativ sichtbar den zugrundeliegenden Konflikt mit dem sozialen Umfeld durch nicht organisch bedingte Lahmungen Sprachstorungen Storungen des Mienenspiels und der Gebarden Gefuhls Gehors oder Sehstorungen usw 1 Sie betrifft nach Franz Alexander vornehmlich Organe mit quergestreifter Muskulatur 2 Beispiele BearbeitenBeispiele von Ausdruckserkrankungen sind Hysterie Kriegszitterer Motilitatspsychosen Hier bestehen anhaltende somatische Befunde wahrend die vegetativen Symptome die etwa bei Kranken mit hysterischen Lahmungen usw zu beobachten sind nicht von Dauer sind 1 Sonderformen BearbeitenAusdruckskrankheiten sind in ihrer affektiven Genese dem Betroffenen zumindest teilweise bewusst die bewussten personlichen Motivationen unterliegen jedoch im Krankheitssymptom selbst der Verdrangung Es besteht allerdings noch ein positives Affektkorrelat Als sekundare Ausdruckskrankheit nach der Theorie von George L Engel 1913 1999 u a 2 wird eine somatopsychische Storung bezeichnet bei der eine bereits vorhandene korperliche Schadigung einen sekundaren Bedeutungsgehalt erlangt Fraglicherweise zielt sie auch auf einen sekundaren Krankheitsgewinn ab 1 Von diesen Ausdruckskrankheiten grenzte von Uexkull die Bereitstellungskrankheiten ab die ohne gelungene bewusste Verarbeitung von Konflikten einhergehen und bei denen die konflikttrachtigen Motive weitestgehend verdrangt oder nicht erlernt wurden Siehe auch BearbeitenOrganneuroseEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Thure von Uexkull Grundfragen der psychosomatischen Medizin Rowohlt Taschenbuch Reinbek bei Hamburg 1963 a Ubersicht aller Stw Hinweise zu Ausdruckskrankheiten S 150 ff 155 158 165 172 194 197 f 201 203 ff 233 b zu Stw Ausdrucks und Symbolcharakter S 85 c zu Stw Unvollstandige Konversion S 204 d zu Stw Symptomatik S 198 e zu Stw Vegetative Symptomatik bei hysterischen Lahmungen usw S 198 f zu Stw Sekundarer Krankheitsgewinn S 197 a b c Sven Olaf Hoffmann G Hochapfel Neurosenlehre Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin CompactLehrbuch 6 Auflage Schattauer Stuttgart 2003 ISBN 3 7945 1960 4 a zu Stw Aktualitat des Konzepts der Ausdruckskrankheiten S 202 204 218 b zu Stw Quergestreifte Muskulatur S 304 c zu Stw Sekundare Ausdruckskrankheit S 204 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ausdruckskrankheit amp oldid 208378564