Anton Landgraf (* 22. Februar 1964 in Aalen; † 9. Juli 2023 in Berlin) war ein deutscher Soziologe, Journalist, Blogger, Menschenrechtsaktivist und Fotograf, der vor allem durch seine Arbeit für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bekannt wurde.
Leben Bearbeiten
Anton Landgraf wuchs in Aalen am Rande der Schwäbischen Alb auf, wo er das Theodor-Heuss-Gymnasium besuchte. Bereits als Vierzehnjähriger leitete er die Ortsgruppe der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Aalen und engagierte sich für bessere Haftbedingungen für die Mitglieder der linksterroristischen Rote Armee Fraktion.
Im Jahre 1983 legte er sein Abitur ab und studierte anschließend in Freiburg im Breisgau und Berlin Soziologie, Geschichte, Wirtschaftspolitik und Psychologie. Zwischenzeitlich unterbrach er sein Studium, um ein Jahr lang in Brasilien zu leben und vor Ort Recherchen zur Landlosenbewegung anzustellen, über die er dann auch seine Diplomarbeit in Soziologie schrieb.
1990 zog er nach Berlin, arbeitete als Journalist für die Deutsche Lehrerzeitung und war anschließend als Redakteur der 1997 gegründeten Wochenzeitung Jungle World für das (von ihm initiierte) Euro-Ressort und die Themen-Seiten zuständig. Zeitweise war er Chef vom Dienst.
2003 begann Anton Landgraf als Fachreferent „Länder und Asyl – Regionalstelle Amerikas“ bei der deutschen Sektion von Amnesty International. 2004 wechselte er als verantwortlicher Redakteur zum Amnesty Journal, das er grundlegend reformierte. Gemeinsam mit dem Grafiker Heiko von Schrenk schuf er ein modernes, optisch ansprechendes, vielfach ausgezeichnetes Magazin, das heute weit über die Grenzen der Menschenrechtsorganisation hinaus bekannt ist.
2015 übernahm Anton Landgraf bei Amnesty Deutschland die Teamleitung im Bereich Presse und Publikationen, der 2016 mit dem Bereich Online-Publikationen zu „Presse, Online, Publikationen“ (POP) fusioniert wurde. Damit leitete Landgraf eines der größten Teams im deutschen Sekretariat von Amnesty International.
Anton Landgraf war seit 2004 verheiratet mit der Berliner Schriftstellerin und Journalistin Tanja Dückers. 2009 wurde ihr gemeinsamer Sohn Emil Alexander Landgraf geboren. Nachdem er sich noch kurz zuvor an einem Treffen der deutschsprachigen Amnesty-International-Angehörigen in Wien beteiligt hatte, erlag Anton Landgraf am 9. Juli 2023 den Folgen eines Herzinfarktes.
Publizistische Tätigkeit Bearbeiten
Anton Landgraf publizierte neben seiner Tätigkeit für Amnesty International Artikel, Kommentare und Essays vor allem in der Wochenzeitung Jungle World, für die er rund 500 Mal tätig wurde, sowie in der luxemburgischen Wochenzeitung Woxx. Sein Themenspektrum umfasste Europapolitik, Bildung, Innovative Managementformen, Reisen, Außenpolitik, Faschismus, neue rechte Ideologien und Künstliche Intelligenz, mit welch Letzterer er sich kritisch auseinandersetzte; ein weiteres Anliegen war ihm der Antisemitismus, und zwar nicht zuletzt in seiner israelbezogenen Form; und die in dieser Hinsicht von ihm bei der politischen Linken verorteten blinden Flecken, womit er eine Debatte bei Amnesty International Deutschland anstieß.
Auszeichnungen Bearbeiten
Für das Amnesty Journal erhielt er mehrere Auszeichnungen:
- Best of Corporate Publishing – Gold (2006), Silber (2009, 2010, 2011)
- International Corporate Media Award – Gold (2011, 2021), Silber (2014, 2017, 2019), Bronze (2012, 2013), Best of Decade 2021 (mit Anderen)
Publikationen (Auswahl) Bearbeiten
- Tanja Dückers und Anton Landgraf: Das süße Berlin. Die Schokoladenseiten der Hauptstadt, Insel Verlag, Berlin 2021, mit 80 farbigen Fotografien von Anton Landgraf
- Bankenpleite in den USA Über die Kulturkämpfe im Finanzsektor berichtet Anton Landgraf, 1. April 2023
- „Das schwarze Loch mit Leninbüste“, realsozialistischer Kult und geschäftstüchtige Oligarchie in Transnistrien, 7. August 2008
- „Der Letzte macht das Licht aus“- 20 JAHRE Europa: Die Krise der EU und warum Deutschland nicht Teil der Lösung ist, 8. Juni 2017
- „Vertraue niemandem“ – Weltweit setzt sich ein autoritärer Kapitalismus durch, der auf politische Rechte verzichtet, 2. Juni 2022
- Liebes Krakau Ruth Fruchtman und ihr Verhältnis zu Polen, Tanja Dückers und Anton Landgraf, Berlin 2006
- Zeev Sternhell: Faschistische Ideologie. Eine Einführung, Vorwort: Anton Landgraf, Hg. Kristine Listau, Jörg Sundermeier, Verbrecher Verlag, Berlin 2002
- „Unternehmertum. Vom Nutzen und Nachteil einer riskanten Lebensform“ (Hg. Ludger Heidbrink, Peter Seele), campus, Frankfurt am Main 2010, darin der Beitrag: „Künstlerunternehmer: Von der Kulturindustrie zur Kreativwirtschaft“ (gemeinsam mit Tanja Dückers)
- „Stadt der Sklaven. Slave City“, Hg Museum Folkwang Essen, Katalog zur Ausstellung (Hardcover), Dumont Verlag, Köln 2008, darin der Beitrag: „Wir sind so frei. Selbstausbeutung bei Freiberuflern in kreativen Arbeitsfeldern“ (gemeinsam mit Tanja Dückers)
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Wir trauern um Anton Landgraf. 13. Juli 2023, abgerufen am 4. Dezember 2023.
- ↑ Thorsten Fuchshuber |: Zum Tod unseres Autors Anton Landgraf. Woxx, 13. Juli 2023, abgerufen am 4. Dezember 2023 (deutsch).
- ↑ Jungle World: Homestory #28/23: Zum Tod unseres Kollegen Anton Landgraf. 13. Juli 2023, abgerufen am 4. Dezember 2023.