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Ahasver ist ein Roman von Stefan Heym Er erschien 1981 im Bertelsmann Verlag In diesem Roman greift Stefan Heym die Legende vom Ewigen Juden auf Diese erzahlt von Ahasver einem judischen Schuster an der Via Dolorosa der Jesus als dieser auf dem Weg zu seiner Kreuzigungsstatte sein eigenes Kreuz trug nicht vor seinem Haus ausruhen liess Deshalb wird er von Jesus dazu verdammt bis zum Jungsten Tag wandernd auf der Erde umherzuirren Stefan Heym uberhoht diese Legende ins Mythische indem er Ahasver als einen gefallenen Engel darstellt der neben Lucifer am sechsten Tag von Gott gesturzt wurde weil er die Demut vor dem Menschen verweigerte Der Roman besteht aus drei Handlungsspharen die einander kapitelweise ablosen eine mythologische Sphare die von der Genesis von der Schopfung der Welt bis zum Armageddon dem Weltuntergang reicht und die den Rahmen des Romans bildet eine nicht wirklichkeitsgetreue Lebensbeschreibung des Reformators Paul von Eitzen in der unter anderem dessen Begegnungen mit dem Ewigen Juden geschildert werden und ein Briefwechsel zwischen einem Wissenschaftler am fiktiven Institut fur wissenschaftlichen Atheismus der DDR und einem israelischen Wissenschaftler uber die Frage ob es den Ewigen Juden wirklich gibt Als gemeinsames Thema dieser Handlungsspharen wird die dialektische Frage angesehen wie aus Revolutionaren die eifrigsten Verfechter der Ordnung werden Darin wird ein Bezug der Ahasver Figur zu Stefan Heyms Biographie gesehen der unter Hitler McCarthy und Ulbricht Dissident in drei verschiedenen politischen Systemen war Inhaltsverzeichnis 1 Handlung und Form 1 1 Handlungsspharen 1 2 Die mythologische Handlung 1 3 Die Eitzen Handlung 1 4 Die DDR Handlung 2 Analyse 2 1 Die Erzahler 2 2 Sprache 3 Literatur 3 1 Sekundarliteratur 3 2 Rezensionen 4 QuellenHandlung und Form BearbeitenHandlungsspharen Bearbeiten Der Roman besteht aus drei Handlungsspharen Erstens eine von einem als Ahasver bezeichneten 1 Ich Erzahler erzahlte Handlung die sich vom Sturz Lucifers bis zum Armageddon erstreckt und deren Ort unklar ist Das erste Kapitel beginnt mit dem Sturz d urch die Endlosigkeit des oberen Himmels des feurigen der aus Licht ist 2 das letzte spielt in der Endlosigkeit des Abgrunds der Raum ist und Zeit zugleich und in dem es kein Unten gibt und kein Oben und kein Rechts und kein Links nur die Strome der Teilchen die noch nicht geschieden sind in Licht und in Dunkel 3 ein Kapitel spielt in den Tiefen des Raumes der Sheol genannt wird und der sich erstreckt ausserhalb der Schopfung ohne Finsternis oder Licht uberallhin in endloser Krummung 4 Zweitens der Werdegang des lutherischen Theologen Paul von Eitzen die mit einer Reise des jungen Eitzens nach Wittenberg beginnt und mit seinem Tod endet und damit dass ihn der Teufel holt Drittens eine mit den Mitteln des Briefromans dokumentierte Handlung die den Briefwechsel eines Professors vom fiktiven Institut fur wissenschaftlichen Atheismus in der DDR und eines Professors aus Jerusalem beinhaltet Diese Handlung wird anhand von Briefen und Dokumenten erzahlt und erstreckt sich vom 19 Dezember 1979 5 bis zum 12 Januar 1981 6 Diese drei Spharen sind formal durch die verschiedenen Erzahlperspektiven klar erkennbar voneinander unterschieden Dabei sind sie durch Gemeinsamkeiten und Bezuge miteinander verbunden Diese Verbindung geschieht zum einen durch die Kapiteluberschriften die nicht nur die Rezeption des Lesers lenken sondern auch eine den jeweiligen Erzahlern ubergeordnete Erzahlinstanz behaupten 7 Zum anderen gibt es thematische Parallelen wie etwa die Rekurrenz des Namens Lucifer als Jochanaan Leuchtentrager im Briefwechsel und in seiner eingedeutschten Form als Hans Leuchtentrager in der Eitzen Handlung Diese zunachst nur formale Parallele stellt sich spatestens nach dem zunftigen Ende von Beifuss und Eitzen als Gemeinsamkeit im Personal der Handlungsspharen heraus Lucifer und Ahasver tauchen in allen drei Handlungsspharen auf Ausserdem werden die DDR Handlung und die Eitzen Handlung dadurch miteinander verknupft dass sich der Briefwechsel auf die Eitzen Handlung bezieht Die mythologische Handlung Bearbeiten Der Roman beginnt mit der Legende vom Engelssturz In Heyms Version ist Ahasver einer der Engel die sich gemeinsam mit Lucifer weigern den neu geschaffenen Adam zu bewundern Zur Strafe verbannt Gott sie aus seiner Nahe Lucifer sieht die ganze Schopfung und den Menschen als fehlerhaft an Deshalb glaubt er er konne in Ruhe abwarten bis die Welt an ihrer eigenen Unzulanglichkeit untergehen wird Seine Aufgabe sieht er darin die Weltordnung zu fordern um diese Entwicklung zu beschleunigen Wo immer es ihm moglich ist unterstutzt er deshalb die Obrigkeit Ahasver dagegen sieht in Adam auch die positiven Moglichkeiten Sein Ziel ist es die fehlerhafte Weltordnung zu verandern und zu verbessern Folglich ist er uberall beteiligt wo sich Menschen gegen ihre Unterdrucker erheben Ausserdem sucht Ahasver eine Moglichkeit von Gott wieder aufgenommen zu werden Als Jesus im Roman Reb Joshua auf die Erde gesandt wird versucht Ahasver ihn zu uberreden seine Macht zu benutzen um das Volk in den Freiheitskampf zu fuhren Dafur benutzt Heym biblische Geschichten die er dann aber frei umerzahlt Hierfur ein Beispiel Im 4 Kapitel des Matthaus Evangeliums wird erzahlt dass der Teufel Jesus versucht und ihm die Herrschaft uber die Welt anbietet Bei Heym ist es Ahasver der von Jesus verlangt dass er sich zum Konig aufschwingt um endlich eine gerechte Welt zu errichten Auch den Kern der Ahasverlegende deutet Heym um Jesus bittet Ahasver auf dem Weg nach Golgatha darum im Schatten seines Hauses rasten zu durfen Ahasver erklart noch einmal dass er von Jesus nicht stummes Leiden erwartet sondern er soll als Revolutionar handeln Als Jesus das verweigert verjagt er ihn aus spontanem Zorn also nicht aus Bosheit von seiner Turschwelle und wird dafur verflucht bis ans Ende der Zeiten auf der Erde zu wandeln was Ahasver im Grunde nicht weiter betrifft da er als gefallener Engel schon immer zu den ewigen Wesen gehort hat Spater sucht Ahasver Jesus dann im Himmel auf um ihm zu erklaren dass sein Leiden uberhaupt nichts verandert hat denn die Menschheit ist noch immer verdorben und handelt noch immer so egoistisch wie zu Jesu Zeiten Jesus der bisher geglaubt hat er hatte die Menschheit erlost erhebt sich emport gegen Gott und lost dadurch die Apokalypse aus In einem neuen Engelssturz vereint sich Ahasver mit Jesus und weil Jesus mit Gott identisch ist ist Ahasver damit zu Gott zuruckgekehrt Die Eitzen Handlung Bearbeiten Die Haupthandlung erzahlt von dem Theologen Paul von Eitzen der verschiedene Male in seinem Leben Lucifer und dem ewigen Juden Ahasver begegnet Von Lucifer wird er im Laufe seiner Karriere immer wieder unterstutzt teils weil es einen unausgesprochenen Teufelspakt gibt teils weil Lucifer und Eitzen gemeinsame Interessen haben denn beide sind kompromisslose Verteidiger der herrschenden Ordnung Ausserdem lasst sich Eitzen keine Gelegenheit entgehen um gegen die treulosen Juden zu hetzen Zur Strafe dafur wird er am Ende des Romans vom Teufel geholt Die DDR Handlung Bearbeiten Ein Professor Jochanaan Leuchtentrager Lucifer der Hebrew University in Jerusalem beginnt einen Briefwechsel mit seinem Kollegen Siegfried Beifuss vom Institut fur wissenschaftlichen Atheismus uber die reale Existenz des ewigen Juden Leuchtentrager bringt dafur immer neue Beweise die im Rahmen des Romans unwiderlegbar sind Beifuss wird aber durch seine Vorgesetzten immer wieder darauf hingewiesen dass er Leuchtentrager aus ideologischen Grunden widerlegen muss egal wie uberzeugend der argumentiert Zur Strafe fur diese Borniertheit wird auch Beifuss schliesslich vom Teufel geholt Analyse BearbeitenDie Erzahler Bearbeiten In der mythologischen Handlung ist Ahasver der Ich Erzahler Aus seiner Sicht bekommen die bekannten Mythen und biblischen Geschichten immer wieder eine unbekannte Wendung Paul von Eitzens Lebensgeschichte wird von einem Er Erzahler aus der Perspektive der Hauptperson geschildert Dadurch ergibt sich ein Gegensatz zwischen dem Leser der ja durch die anderen Teile weiss dass Ahasver und Lucifer existieren und Eitzen selbst der einfach nicht wahrhaben will dass seine hilfsbereite Reisebekanntschaft nicht nur ein einfacher Hans Leuchtentrager ist Der Briefwechsel Leuchtentrager Beifuss hat naturgemass keinen Erzahler Sprache Bearbeiten Heym bemuht sich darum seine Sprache der jeweiligen Zeit anzupassen und imitiert Barocksprache und die Sprache der Bibel In dem Briefwechsel karikiert er die Gepflogenheiten von modernen Gelehrten und gegen Ende des Romans zitiert er die Dokumente uber das Verschwinden Republikflucht des Professors Beifuss als dieser in Wahrheit vom Teufel geholt wurde Dies ist eine Satire auf eine Burokratie die vollig uberfordert ist sobald sie mit dem Ubernaturlichen konfrontiert wird Manchmal wechselt Heym auch die Stilebenen um einen komischen Effekt zu erzielen Literatur BearbeitenSekundarliteratur Bearbeiten Hans Peter Ecker Poetisierung als Kritik Stefan Heyms Neugestaltung der Erzahlung vom Ewigen Juden Reihe Mannheimer Beitrage zur Literaturwissenschaft 13 Tubingen 1987 Gabrielle Oberhansli Widmer Stefan Heym Ahasver 1981 Kirche und Israel KuI Neukirchener theologische Zeitschrift 23 2008 S 166 177 1 Anja Reuter Die Frommigkeit des Zweifels Biblisch messianische Motive und deren sozialkritische Funktion im Roman Ahasver von Stefan Heym Reihe Europaische Hochschulschriften Peter Lang Frankfurt 2001 Marc Temme Mythos als Gesellschaftskritik Stefan Heyms Ahasver Texte 4 der RLS Karl Dietz Verlag Berlin 2000 ISBN 3 320 02013 7Rezensionen Bearbeiten Gunter Zehm Die Welt 5 September 1981 Herwarth von Schade Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt Nr 36 6 September 1981 S 18 Neue Zurcher Zeitung 12 September 1981 Uwe Stamer Stuttgarter Zeitung N2 237 14 Oktober 1981 Jorg Bernhard Bilke Rheinischer Merkur 42 16 Oktober 1981 Peter Pawlik Pallawatsch Die Zeit Nr 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Taschenbuchausgabe 1 Auflage S 259 Neunundzwanzigstes Kapitel Stefan Heym Ahasver Roman Goldmann Munchen 1998 S 144 Siebzehntes Kapitel Stefan Heym Ahasver Roman Goldmann Munchen 1998 Genehmigte Taschenbuchausgabe 1 Auflage S 26 Drittes Kapitel Stefan Heym Ahasver Roman Goldmann Munchen 1998 S 26 Siebenundzwanzigstes Kapitel Hans Peter Ecker Funktionen der Kapiteluberschrift In derselbe Poetisierung als Kritik Stefan Heyms Neugestaltung der Erzahlung vom Ewigen Juden Tubingen Narr 1987 S 88 90 Normdaten Werk GND 4140425 7 lobid OGND AKS VIAF 206966142 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ahasver Roman amp oldid 235801909