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Achorripsis griech fur Axos Klang und ripsh Wurf also etwa Klang der Bewegung Strome ist ein von Iannis Xenakis 1922 2001 komponiertes Orchesterwerk fur 21 Instrumente es wurde 1956 unter der Leitung von Hermann Scherchen uraufgefuhrt Inhaltsverzeichnis 1 Stochastische Musik 2 Aufbau 2 1 Zeilenebene 2 2 Spaltenebene 2 3 Zellebene 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseStochastische Musik Bearbeiten Hauptartikel Stochastische Musik Iannis Xenakis ist ein Komponist der Neuen Musik Er beschreibt in seiner Schrift Formalized Music 1 die Stochastische Musik mit der er eine alternative Kompositionsweise fur Achorripsis festgelegt hat Seine Musik korrespondiert zu naturwissenschaftlichen Uberlegungen Einige seiner Kompositionen basieren auf wahrscheinlichkeitstheoretischen Ideen Xenakis verwendete beim Komponieren von Achorripsis verschiedene Wahrscheinlichkeitsverteilungen Dazu gehoren die Exponential Gleich Poisson sche und die Normalverteilung Laut Xenakis mangelte es den Komponisten der Seriellen Musik die versuchten mit ihren Kompositionen alle Eigenschaften der Musik in ein Ordnungsprinzip einzubetten an wissenschaftlicher Strukturen 2 Auf Grund des immer hoher werdenden Grades der Komplexitat der seriellen Kompositionen bedarf es nach Xenakis einer wissenschaftlichen Formalisierung der Musik welche er in seinem Buch Formalized Music 3 1962 veroffentlichte Aufbau BearbeitenAchorripsis wurde 1956 1957 fur 21 Instrumente komponiert Das circa sieben Minuten andauernde Stuck wurde am 20 Juli 1958 in Brussel unter der Leitung von Hermann Scherchen uraufgefuhrt Es wurde in den Kritiken nicht zuletzt auch wegen der stochastischen Strukturen als skandalos bezeichnet Xenakis beschreibt selbst sehr ausfuhrlich in seiner Schriftensammlung Formalized Music welche stochastischen Elemente sein Stuck enthalt und wie es komponiert wurde Er stellte seine Komposition nicht nur in reiner Notenform dar sondern auch in einem Schaubild das er selbst Matrix of Achorripsis 4 nannte a b g d e z Z h 8 i ia ib ig id ie iz iZ ih i8 k ka kb kg kd ke kz kZ khI 4 5 6 9 10 5 5 9 5 5 4 5 5 2 5 5 6 5 4 5 5 5 10 5II 5 5 4 5 6 4 5 5 3 5 4 5 5 20 6 5III 5 5 4 10 14 3 5 6 5 4 5 11 5 6 6 4 IV 9 9 5 8 5 4 5 6 5 10 6 4 3 5 11 5 5 V 3 5 6 4 5 4 5 5 5 4 5 5 4 5 5 3 5 17 10 5 10 4 6 5 5VI 10 5 5 10 4 5 5 6 5 5 10 5 6 VII 6 5 15 3 5 11 4 5 10 5 4 5 4 6 9 6 16 No Event Single Event Double Event Triple Event Quadruple EventDie Matrix bildet eine Ubersicht uber den zeitlichen Verlauf des Stuckes die Instrumentation und die Intensitat der Klangereignisse Man kann in der Matrix drei Ebenen erkennen In der Zeilenebene wird die zeitliche Struktur des Stuckes verdeutlicht Auf der Spaltenebene wird eine Verteilung der musikalischen Ereignisse Events vorgenommen Die kleinste Ebene die Zellebene beschaftigt sich unter anderem mit den ausnotieren Notenwerten fur die jeweilige Instrumentengruppen der dynamischen Gestaltung der einzelnen Zeitabschnitte und der Berechnung der Glissandi in der Instrumentengruppe Streichinstrumente Glissando Die Besetzung der Zellen mit Klangereignissen wird durch die Anwendung von Wahrscheinlichkeitsverteilungen bestimmt Die Terminierung der einzelnen Parameter des Stuckes wurde von Xenakis eigenstandig per Hand berechnet und notiert Zeilenebene Bearbeiten Die Matrix ist in sieben Instrumentengruppen Zeilen und 28 Zeiteinheiten Spalten unterteilt Die Instrumentengruppen setzen sich wie folgt zusammen Holzblasinstrumente I Piccolo Es Klarinette Bass Klarinette Holzblasinstrumente II Oboe Fagott Kontrafagott Streichinstrumente Glissando Violine Cello Bass Percussionsinstrumente Xylophon Woodblock Bass Drum Streichinstrumente Pizzicato Violine Cello Bass Blechblasinstrumente Zwei Trompeten Posaune Streichinstrumente Arco Violine Cello Bass In der Matrix entstehen so 196 Felder die mit musikalischen Ereignissen belegt werden konnen Xenakis beschreibt funf verschiedene musikalische Ereignisse die sich im Wesentlichen durch die dynamische Intensitat unterscheiden Er spricht dabei von verschiedenen Klangdichten Die Klangdichte beschreibt die Anzahl an Klangereignissen Tonen pro Takt Ein Double event hat durchschnittlich doppelt so viele Tone pro Takt wie eine Single event Ein leeres Feld in der Matrix bedeutet No event also Stille Wie genau die verschiedenen Events entstehen ist im Abschnitt Zellebene zu lesen Um die verschiedenen Klangereignisse auf die Matrix zu verteilen musste er zunachst festlegen wie oft ein bestimmtes Event vorkommen soll Dies legte er mit Hilfe der Poisson schen Verteilung fest Diese stellt eine Alternative zu Binomialverteilung dar P l k l k k e l displaystyle P lambda k frac lambda k k mathrm e lambda nbsp Hier bei ist k 0 1 2 3 4 5 displaystyle k in 0 1 2 3 4 5 nbsp und allgemein gilt l R gt 0 displaystyle lambda in mathbb R gt 0 nbsp Xenakis wahlte fur den Parameter l displaystyle lambda nbsp den Wert 0 6 5 und berechnet damit die Wahrscheinlichkeit mit der eine Zelle mit einem No event Single event Double event Triple event oder einem Quadruple event belegt wird Die Wahrscheinlichkeit mit der eine Zelle mit einem No event also k 0 displaystyle k 0 nbsp belegt wird lasst sich beispielsweise durch P 0 6 0 0 6 0 0 e 0 6 1 1 e 0 6 0 548 8 displaystyle P 0 6 0 tfrac 0 6 0 0 mathrm e 0 6 tfrac 1 1 cdot mathrm e 0 6 0 5488 nbsp berechnen Die Multiplikation mit 196 Anzahl aller Zellen in der Matrix ergibt dann eine Absolute Verteilung des No Events auf die Matrix Berechnung der Wahrscheinlichkeiten fur die 196 Zellen der Matrix Event Berechnung der Verteilung Verwendeter Wert fur die Matrix 6 No Event 0 548 8 196 107 564 0 displaystyle 0 5488 cdot 196 107 5640 nbsp 107 displaystyle 107 nbsp Single event 0 329 3 196 64 542 8 displaystyle 0 3293 cdot 196 64 5428 nbsp 65 displaystyle 65 nbsp Double event 0 098 8 196 19 364 8 displaystyle 0 0988 cdot 196 19 3648 nbsp 19 displaystyle 19 nbsp Triple event 0 019 8 196 3 880 8 displaystyle 0 0198 cdot 196 3 8808 nbsp 4 displaystyle 4 nbsp Quadruple event 0 003 0 196 0 588 displaystyle 0 0030 cdot 196 0 588 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp Quintupel event entfallt 0 000 4 196 0 078 4 displaystyle 0 0004 cdot 196 0 0784 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp Es wurden also lediglich die Berechnungen der Anteile der einzelnen Events auf dieser Ebene vorgenommen Aber es wurde noch nicht festgelegt welche Instrumentengruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einer bestimmten Intensitat spielt Auch die zu spielenden Tone sind an dieser Stelle noch nicht festgelegt worden Aus der Tabelle ist beispielsweise zu entnehmen dass in 107 von 196 Zellen der Matrix ein No event stattfindet Das bedeutet dass in einer Zelle die mit einem solchen event belegt wurde die Instrumentengruppe der jeweiligen Zeile zur Zeit der angegebenen Spalte nicht spielt 65 Zellen der Matrix werden dagegen mit der Intensitat des Single events gespielt Analog gilt dies fur die weiteren events Spaltenebene Bearbeiten Auf der Spaltenebene berechnete Xenakis wie die Events deren Absolute Haufigkeiten zuvor berechnet wurden auf die Spalten und Zeilen zu verteilen sind Dazu verwendete er wieder die Poisson sche Verteilung Verteilung der Single events auf die Spalten Single event in einer Spalte Berechnung der Verteilung Gerundeter Wert 7 Anzahl der Spalten mit 0 Single events 0 098 27 28 2 752 1 displaystyle 0 09827 cdot 28 2 7521 nbsp 3 displaystyle 3 nbsp Anzahl der Spalten mit 1 Single event 0 227 99 28 6 383 9 displaystyle 0 22799 cdot 28 6 3839 nbsp 6 displaystyle 6 nbsp Anzahl der Spalten mit 2 Single events 0 264 47 28 7 405 2 displaystyle 0 26447 cdot 28 7 4052 nbsp 8 displaystyle 8 nbsp Anzahl der Spalten mit 3 Single events 0 204 53 28 5 726 8 displaystyle 0 20453 cdot 28 5 7268 nbsp 5 displaystyle 5 nbsp Anzahl der Spalten mit 4 Single events 0 118 62 28 3 321 3 displaystyle 0 11862 cdot 28 3 3213 nbsp 3 displaystyle 3 nbsp Anzahl der Spalten mit 5 Single events 0 055 04 28 1 541 1 displaystyle 0 05504 cdot 28 1 5411 nbsp 2 displaystyle 2 nbsp Anzahl der Spalten mit 6 Single events 0 021 28 28 0 595 8 displaystyle 0 02128 cdot 28 0 5958 nbsp 1 displaystyle 1 nbsp Anzahl der Spalten mit 7 Single events 0 007 05 28 0 197 4 displaystyle 0 00705 cdot 28 0 1974 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp In der Tabelle wird die Verteilung der Single events auf die Spalten beispielhaft berechnet In der zweiten Spalte der Tabelle bedeutet der gerundete Wert 6 dass es sechs Spalten in der Matrix gibt in der ein Single event vorkommt was leicht zu uberprufen ist So wird durch eine allgemeine Verteilung der Events klarer an welcher Stelle ein bestimmtes Event vorkommt Ubertragen in die Musik bedeutet es dass bestimmt wird zu welchem Zeitpunkt mit welcher Intensitat gespielt wird Es ist also noch nicht festgelegt welche Instrumentengruppe also welche Spalte ein bestimmtes event spielt Zellebene Bearbeiten Auf der Zellebene werden die Zeitabschnitte zwischen den einzelnen Noten die Intervalle der Tonhohen und die Geschwindigkeit der Glissandi fur die Streichinstrumente berechnet Hierbei werden verschiedene Verteilungen verwendet Die Exponentialverteilung Die Gleichverteilung und die NormalverteilungDie Klangdichten sind in der Matrix in den einzelnen Zellen notiert Beispielsweise spielt die Instrumentengruppe der Floten Erste Zeile in der Matrix in der zweiten Spalte mit einer Klangdichte von 4 5 Tonen Pro Sekunde Die Dauer von Achorripsis wurde auf circa sieben Minuten festgelegt was bei 28 Spalten eine durchschnittliche Dauer von 15 Sekunden pro Spalte ergibt Bei dem festgelegten Tempo von MM 26 entsprechen einer Spalte 6 5 Takte In Achorripsis legt Xenakis fest dass die maximale Klangdichte 10 Klange pro Sekunde betragen soll Dieser Wert beschreibt die maximale Anzahl der Klange pro Sekunde die zu spielen ein Orchester in der Lage ist Weil dieser Wert als Maximum festgelegt wird ordnet Xenakis diesen dem Quadruple event zu also dem event mit der hochsten Klangdichte Daraus ergeben sich rechnerisch die Klangdichten der Single Double und Triple events Die Dichte eines Single events wird beispielsweise berechnet durch 10 4 displaystyle tfrac 10 4 nbsp denn ein Quadruple event soll 4 mal so viele Tone pro Sekunde haben wie ein Single event Wie in der Tabelle zu sehen schwanken die Werte eines events So unterscheiden sich die Klangdichten der Double events von 8 5 bis 11 5 Xenakis fasst die verschiedenen Klangdichten eines events also in Klassen zusammen Es entstehen funf Klassen von Klangdichten bei der jede Klasse eine bestimmte Streuung aufweist Diese funf Klassen bilden die verschiedenen Events Spannweite der Events Event D Klangdichte SpannweiteNo event 0 0 displaystyle 0 0 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp Single event 6 5 2 5 displaystyle 6 5 2 5 nbsp 4 displaystyle 4 nbsp Double event 11 5 8 5 displaystyle 11 5 8 5 nbsp 3 displaystyle 3 nbsp Triple event 17 14 displaystyle 17 14 nbsp 3 displaystyle 3 nbsp Quadruple event 20 20 displaystyle 20 20 nbsp 0 displaystyle 0 nbsp Xenakis konstruierte mit seiner Formalisierung der Musik ein System das auf mathematischen Grundsatzen basiert Er versuchte das Komponieren als eine der Basiswissenschaften zu verstehen und eine wissenschaftliche Lucke zu schliessen die sich laut Xenakis seit Anfang des 20 Jahrhunderts in der Musik auftat Literatur BearbeitenXenakis Iannis Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 ISBN 1 57647 079 2 Xenakis Iannis Stochastische Musik In Gravesaner Blatter Nr XXIII XXIV Hrsg Herman Scherchen S 156 168 1962 Xenakis Iannis Grundlagen einer Stochastischen Musik II In Gravesaner Blatter Nr XIX XX Hrsg Herman Scherchen S 128 150 1960 Xenakis Iannis Achorripsis fur Orchester Partitur Hrsg Boosey Hawkes Berlin 1957 Arsenault Linda M Iannis Xenakis Achorripsis The Matrix Game Postdoctoral Fellow University of Toronto 2002 Childs Edward Achorripsis A sonification of Probability Distributions Proceedings of the 2002 International Cenferences on Auditory Display Kyoto Japan 2002 Weblinks BearbeitenYouTube Iannis Xenakis Achorripsis Zeitverlauf der Matrix Autograph der Matrix aus Formalized Music Memento vom 2 Januar 2012 im Internet Archive GitHub Implementierung der Matrixberechnung in der Programmierumgebung SuperColliderEinzelnachweise Bearbeiten Xenakis Iannis Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 ISBN 1 57647 079 2 Xenakis Iannis Stochastische Musik In Gravesaner Blatter Nr XXIII XXIV Hrsg Herman Scherchen S 156 168 1962 Xenakis Iannis Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 ISBN 1 57647 079 2 Xenakis Iannis Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 S 28 Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 S 29 Xenakis Iannis Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 S 29 Formalized Music Thought and Mathematics in Music Stuycesant New York 1962 S 29Normdaten Werk GND 300757867 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Achorripsis amp oldid 227655114