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Der Zuchtstuhl auch Zwangs oder Strafstuhl wurde im 19 Jahrhundert im Grossherzogtum Baden in den Zuchtanstalten neben der Dunkelhaft fur aufsassige Insassen angewandt Er wurde zuerst in dem Zellengefangnis in Bruchsal eingefuhrt Zuvor durften die Gefangenen noch gezuchtigt werden 1 Diese Art von Massnahme stammte aus den sogenannten Irrenanstalten wo solche Straf oder Zwangsstuhle zum Einsatz kamen 2 Inhaltsverzeichnis 1 Begrundung fur die Verwendung 2 Beschreibung und Anwendungsdauer 3 Kritik 4 EinzelnachweiseBegrundung fur die Verwendung BearbeitenDer ehemalige Direktor Gustav Ekert 1824 1892 von der Strafanstalt in Bruchsal begrundete die Verwendung wie folgt Es mag vom Standpunkte des Theoretikers und Humanisten grausam erscheinen wenn man sagt ein Mensch wird am ganzen Korper fest in einen Sessel geschnallt so dass er sich kaum mehr ruhren kann Anders ist nun der Standpunkt des Praktikers Wenn ein Mensch von verworfenstem Charakter der aller Wahrscheinlichkeit nach schon mehr als ein Menschenleben auf dem Gewissen hat wegen Mordes zum Tode verurtheilt jedoch zu lebenslanglicher Zuchthausstrafe begnadigt wird trotz aller humanen Behandlung sich unzuganglich all den guten Einflussen zeigt der gegen einen Beamten ohne jegliche gegrundete Ursache das lebensgefahrliche Werkzeug drohend aufhebt was soll da geschehen Gewiss werden alle meine Collegen aus Erfahrung wissen dass in solchen und ahnlichen Fallen kurze aber energisch wirkende Strafen die besten sind In der That muss ich bestatigen dass die Strafe des Zwangsstuhles die man naturlich nur mit grosster Vorsicht erkennt und vollzieht in fast allen Fallen die beste Wirkung gethan und in keinem einzigen Falle eine nachtheilige Wirkung gehabt hat Die Disciplinarstrafen in den Osterreichischen Strafanstalten und Gerichtsgefangnissen 3 Dabei wurde diese Massnahme als ein Mittel angesehen das im Allgemeinen nur als eine strengere Haft in unbehaglicher Lage angesehen werden konne die nur im aussersten Notfall zur Anwendung komme Die Wirksamkeit dieser Art der Bestrafung hatte sich als sehr gunstig herausgestellt 1 Nach Aussage des damaligen Hausarztes in Bruchsal handle es sich durchaus um eine korperliche Peinigung der Straflings die jedoch vorsichtiger Anwendung keine dauernde schadliche Wirkung auf die Gesundheit des Straflings ergebe 1 Zu dieser Zeit waren Einzelzellen noch die Ausnahme was die Fixierung als Mittel der Wahl begunstigte Neben dieser Strafart gab es weitere bei denen die Insassen in Ketten gelegt oder an der Wand fixiert wurden Die Einfuhrung des Strafstuhl war umstritten und eine Gesetzesanderung zur flachendeckenden Einfuhrung wurde von der Kommission abgelehnt die mehrheitlich die Einfuhrung einer neuen Art korperlicher Peinigung nicht fur gerechtfertigt hielt 1 Beschreibung und Anwendungsdauer Bearbeiten nbsp Zuchtstuhl Original im Stadtmuseum BruchsalBei dem Strafstuhl handelt es sich um einen massiven Lehnstuhl in dem der Gefangene festgeschnallt wird Das Besondere dabei ist dass die Fesseln nicht allein am Rumpf sondern auch an Armen und Beinen angelegt werden Dabei kann es vorkommen dass die Blutzirkulation gehemmt wird was eine standige Beaufsichtigung erfordert Zudem sollte zuvor der Rat eines Arztes eingeholt werden der den Allgemeinzustand untersucht 3 Die Anwendung des Strafstuhls war genau festgelegt und sollte nicht langer als sechs Stunden taglich und nicht langer als acht zuvor drei 1 Tage hintereinander gegen Zuchtlinge angewendet werden 3 Die badische Justiz ging davon aus dass der Strafstuhl als kurzes energisch wirkendes Strafmittel gute Dienste tut und den Delinquenten am sprechendsten seine ganzliche Ohnmacht fuhlen lasst Eine weitere Massnahme war die Verwendung einer ledernen Zwangsjacke zur Ruhigstellung der Gefangenen Es wurde 1879 zudem fur die Verwendung festgelegt Zwangsstuhl oder Zwangsjacke durfen nur zur augenblicklichen Bandigung bei thatlicher Widersetzlichkeit oder wuthendem Toben angewendet werden 4 Kritik BearbeitenIm Zuchtstuhl wurden die Riemen an Hals Brust Armen und Beinen so festgeschnallt dass die Zirkulation des Blutes stockte und damit unertragliche Schmerzen verursachen konnte Dies konnte neben den Schmerzen zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen fuhren beispielsweise zu Abquetschung der Blutadern und damit der Gefahr des Absterbens einzelner Korperteile Schaden an inneren Organen und an der Wirbelsaule sowie die Gefahr einer Venenthrombose Die Anwendung des Zuchtstuhls wurde Ende der 1940er Jahre verboten Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Abschaffung der korperlichen Zuchtigung in Wurttemberg In Gustav Ekert Blatter fur Gefangnisskunde Zeitschrift de Vereins der deutschen Strafanstaltsbeamten Band 3 G Weiss Heidelberg 1868 S 379 Textarchiv Internet Archive Strafstuhl In Universal Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit 4 umgearb und stark vermehrte Auflage Band 16 Sicilien Stuckgesell Eigenverlag Altenburg 1863 S 896 a b c Karl Hiller Die Disciplinarstrafen in den Osterreichischen Strafanstalten und Gerichtsgefangnissen F Deuticke Leipzig Wien 1894 S 55 56 Textarchiv Internet Archive Gustav Ekert Blatter fur Gefangnisskunde Zeitschrift de Vereins der deutschen Strafanstaltsbeamten Band 13 G Weiss Heidelberg 1879 S 140 Textarchiv Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zuchtstuhl amp oldid 237069667