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Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern Verteidigerpost wird der Schriftwechsel eines Verteidigers mit seinem inhaftierten Mandanten genannt Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Offnung von Verteidigerpost mit Einverstandnis des Gefangenen 3 Vollmacht Kennzeichnung der Verteidigerpost als solche 4 Kontrolle von Verteidigerpost im Haftraum des Gefangenen 5 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenNach 29 Abs 1 Satz 1 Strafvollzugsgesetz vgl auch die nahezu gleichlautenden Regelungen der Landesstrafvollzugsgesetze 24 Abs 2 S 1 JVollzGB III BW Art 32 Abs 1 S 1 BayStVollzG 30 Abs 2 S 1 NJvollzG 30 Abs S 1 HmbStVollzG wird der Schriftwechsel des Gefangenen mit seinem Verteidiger nicht uberwacht es gilt mithin ein absolutes Uberwachungsverbot dieses besonders geschutzten und privilegierten Schriftverkehrs Denn Sinn und Zweck des Uberwachungsverbotes ist es den unbefangenen Verkehr zwischen dem Gefangenen und seinem Verteidiger d h ihren freien vor jeder auch nur blossen Moglichkeit einer Kenntnisnahme des Kommunikationsinhaltes durch Dritte geschutzten Gedankenaustausch auf schriftlichem Wege zu gewahrleisten 1 Verboten ist deshalb jedes auch nur teilweises Offnen der Verteidigersendung wenn nicht ganzlich auszuschliessen ist dass der Kontrollierende hierdurch bewusst oder unbewusst auch nur Bruchstucke des Textes wahrnehmen kann so dass selbst die teilweise Offnung der Verteidigerpost zur blossen Feststellung der Absenderidentitat oder die Kontrolle des Inhalts der Sendung in Form einer groben Sichtung und eines Durchblatterns der Schriftunterlagen von dem Kontrollverbot umfasst ist 2 Denn dem Gesetzgeber war bekannt dass das Verbot der inhaltlichen Kontrolle der Verteidigerpost Gefahren eines Missbrauchs in sich birgt Er hat dies jedoch bewusst in Kauf genommen um jeder Beeintrachtigung des zwischen dem Gefangenen und seinem Verteidiger bestehenden besonderen Vertrauensverhaltnisses vorzubeugen Zielsetzung des 29 Abs 1 Satz 1 StVollzG ist namlich die vollig freie Verteidigung zu gewahrleisten die von jeder Behinderung oder Erschwerung freigestellt wird und in deren Rahmen der Anwalt wegen seiner Integritat als Organ der Rechtspflege jeder Beschrankung enthoben ist Eine Beeintrachtigung der freien Verteidigung und des Vertrauensverhaltnisses zum Mandaten ist indes bereits zu besorgen wenn ohne besonderen Anlass Post eines bei der Anstalt vorschriftsmassig gemeldeten Verteidigers der Kontrolle unterworfen wird Sie bringt namlich aus der fur eine Storung des Vertrauensverhaltnisses allein massgeblichen Sicht des Gefangenen und des Verteidigers Misstrauen der Anstalt auch gegenuber dem Verteidiger zum Ausdruck 3 Offnung von Verteidigerpost mit Einverstandnis des Gefangenen BearbeitenNach standiger und gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung ist die Offnung von Verteidigerpost auch mit Einverstandnis des Gefangenen unzulassig 4 Von dieser Rechtsprechung wich das Oberlandesgericht Stuttgart ab 5 Verteidigerpost durfe mit Einverstandnis des Gefangenen geoffnet und uberpruft werden Doch hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25 Oktober 2011 6 die genannte Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart aufgehoben und festgestellt dass dieser den beschwerdefuhrenden Gefangenen in seinem Grundrecht aus Art 10 Abs 1 GG Briefgeheimnis verletzt Es hat die Rechtsauffassung der ubrigen Oberlandesgerichte 7 welche die Offnung von Verteidigerpost trotz eingeholten Einverstandnisses des Gefangenen fur unzulassig erachten ausdrucklich bestatigt und sich deren Rechtsprechung angeschlossen Daruber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht auf die im Strafvollzug herrschenden besonderen durch weitreichende Abhangigkeitsverhaltnisse gepragten Bedingungen hingewiesen und klar gestellt dass die Zustimmung des Gefangenen den grundrechtseingreifenden Charakter einer behordlichen Massnahme nur ausschliessen konne wenn sie frei bzw frei von unzulassigem Druck erteilt worden sei Komme der Gefangene einer unberechtigten Aufforderung eines Justizbediensteten zur Offnung von Verteidigerpost nach um die Vorenthaltung oder verzogerte Aushandigung derselben zu vermeiden so konne von einem frei erteilten Einverstandnis keine Rede sein Der Gefangene werde einer solchen Vorgehensweise Offnen des Briefes durch einen Bediensteten oder durch ihn selbst aber nur deshalb zustimmen damit ihm das Schreiben unverzuglich ausgehandigt werde Ein anderer Grund weshalb sich der Gefangene mit einer solchen Massnahmen einverstanden erklaren sollte ist nicht ersichtlich Ein Einverstandnis ist daher entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts regelmassig unwirksam Vollmacht Kennzeichnung der Verteidigerpost als solche BearbeitenGemass den Verwaltungsvorschriften zu 29 Abs 1 Satz 1 StVollzG muss sich der Verteidiger als solcher der Justizvollzugsanstalt gegenuber durch die Vollmacht des Gefangenen oder die Bestellungsanordnung des Gerichts ausweisen Aus dem Gesetz selbst ergibt sich keine Verpflichtung des Rechtsanwalts dass er zunachst seine Eigenschaft nachzuweisen habe Die Verwaltungsvorschriften sind keine Dienstanweisung fur Rechtsanwalte sie sind ungeeignet dem als Verteidiger auftretenden Rechtsanwalt verbindliche Anweisungen zu erteilen 8 Daher muss die Justizvollzugsanstalt wenn ihr ein Rechtsanwalt als Absender eines Schreibens angegeben ist die Postsendung solange als Verteidigerpost behandeln solange nicht konkrete Anhaltspunkte dafur bestehen dass der absendende Rechtsanwalt uberhaupt nicht Verteidiger ist oder aber seine Stellung als Rechtsanwalt missbraucht 9 Ein Offnen des Schreibens ist ihr absolut versagt 10 Die Verwaltungsvorschriften schreiben ferner vor dass die Verteidigerpost als solche deutlich sichtbar gekennzeichnet werden musse Auch insoweit kann dieser Verwaltungsvorschrift nicht gefolgt werden Der Verteidiger ist namlich keineswegs verpflichtet seine Schreiben unbedingt als Verteidigerpost zu kennzeichnen 11 Ist auf dem Briefumschlag als Absender ein Rechtsanwalt angegeben so hat die Justizvollzugsanstalt dem Gefangenen das Schreiben ungeoffnet auszuhandigen Sie ist allenfalls jedoch nicht ohne konkreten Missbrauchsverdacht berechtigt mit der Kanzlei des Rechtsanwalts Rucksprache zu halten und sich bestatigen zu lassen dass es sich um Verteidigerpost handelt Eine solche Nachfrage ist allerdings geeignet gegen das in 30 Abs 2 StVollzG normierte Unverzuglichkeitsgebot wonach eingehende Schreiben dem Gefangenen unverzuglich auszuhandigen sind zu verstossen Kontrolle von Verteidigerpost im Haftraum des Gefangenen BearbeitenNach 84 Abs 1 StVollzG durfen Gefangene ihre Sachen und die Haftraume durchsucht werden Danach ist auch die Durchsicht von schriftlichen Unterlagen und Aufzeichnungen eines Gefangenen gestattet wenn er diese nicht gem 30 Abs 3 StVollzG verschlossen zu seiner Habe gibt 29 Abs 1 und 2 begrunden hiervon keine Ausnahme Denn diese Vorschriften stellen nach ihrem Wortlaut nur sicher dass der durch sie besonders geschutzte Schriftwechsel den Empfanger unkontrolliert erreicht Allerdings ist bei der Anwendung des 84 Abs 1 StVollzG der Sinn und Zweck des mit 29 Abs 1 und 2 StVollzG verbundenen besonderen Schutzes bestimmter schriftlicher Aussenkontakte des Gefangenen zu beachten Wie auch im Fall des nicht inhaftierten Beschuldigten sind deshalb u a schriftliche Unterlagen und Aufzeichnungen eines Gefangenen die dessen Verteidigung zu dienen bestimmt sind grundsatzlich der Uberwachung und Beschlagnahme entzogen Es ist deshalb dem Gefangenen auch nicht verwehrt entgegen 30 Abs 3 Hs 1 StVollzG solche Unterlagen und Aufzeichnungen in einem verschlossenen Umschlag in seinem Haftraum zu verwahren wenn er nur auf dem Umschlag den Inhalt kenntlich macht 12 Derart gekennzeichnete Unterlagen durfen aus dem Haftraum nicht entfernt und grundsatzlich nur in Anwesenheit des Gefangenen auf verbotene Gegenstande untersucht und gesichtet werden 13 Durch dieses Beobachtungsrecht soll einem moglichen Missbrauch begegnet und auch bei einer blossen Sichtkontrolle verhindert werden dass die Vollzugsbehorde uber das blosse unvermeidliche Anlesen hinaus Kenntnis vom gedanklichen Inhalt solcher geschutzter Unterlagen nehmen kann Durch die Anwesenheit des Gefangenen soll der Eingriff in dessen insoweit besonders geschutzte Rechtssphare begrenzt werden 13 Einzelnachweise Bearbeiten vgl OLG Dresden NStZ 2007 S 707 OLG Frankfurt a M NStZ RR 2005 S 61 ff m w N OLG Frankfurt a M NStZ RR 2005 S 61 ff m w N vgl OLG Bamberg MDR 1992 S 507 OLG Frankfurt a M NStZ RR 2005 S 61 ff m w N OLG Dresden NStZ 2007 S 707 OLG Saarbrucken NStZ RR 2004 S 188 OLG Stuttgart NStZ 2010 S 348 BVerfG Beschluss vom 25 Oktober 2011 2 BvR 979 10 NStZ RR 2012 S 60 f StV 2012 S 161 ff OLGe Bamberg MDR 1992 Frankfurt NStZ RR 2005 S 61 ff m w N Dresden NStZ 2007 S 707 und Saarbrucken NStZ RR 2004 S 188 OLG Karlsruhe NStZ RR 2005 S 60 AK Joester Wegner StVollzG 4 Aufl 29 Rn 9 OLG Dresden NStZ 2007 S 707 vgl auch OLG Karlsruhe NStZ RR 2005 S 60 AK Joester Wegner StVollzG 4 Aufl 29 Rn 9 insoweit zutreffend OLG Munchen NStZ RR 2012 S 294 f vgl OLG Karlsruhe NStZ RR 2005 S 60 a A OLG Munchen NStZ RR 2012 S 294 f OLG Karlsruhe NStZ 2005 S 52 a b OLG Karlsruhe NStZ RR 2012 S 27 f m w N Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verteidigerpost amp oldid 236812525