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Die Unruhen in Qamischli 2004 waren Auseinandersetzungen zwischen uberwiegend kurdischen Demonstranten und syrischen Sicherheitskraften die im Marz 2004 von Qamischli auf andere Stadte Syriens ubergriffen Ausloser war ein Fussballspiel in Qamischli Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Verlauf 3 Folgen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDie Unruhen brachen wahrend eines Fussballspiels zwischen den Mannschaften al Futowa aus Deir ez Zor und al Dschihad aus Qamischli am 12 Marz 2004 aus Die als gewaltbereit bekannten Fans von al Futowa gelangten ohne die sonst ublichen Sicherheitskontrollen ins Stadion in Qamischli und nahmen dort anders als ublich neben den Fans der Heimatmannschaft al Dschihad Platz Noch vor Beginn des Spiels begannen sie deren Fans mit Steinen und Flaschen zu bewerfen Anschliessend verbreitete sich das Gerucht drei Kinder seien umgekommen ein Rundfunkreporter gab dieses nach Bitten von Anwohnern in seiner Sendung weiter Daraufhin fullte sich die Umgebung des Fussballstadions mit Menschen Obwohl sich herausstellte dass die Meldung von drei getoteten Kindern falsch war eskalierten die Auseinandersetzungen 1 Verlauf BearbeitenDie Menschen innerhalb und ausserhalb des Stadions bewarfen sich mit Steinen die syrischen Sicherheitskrafte gaben erste Schusse ab Nach zunehmenden Steinwurfen begannen die al Futowa Fans antikurdische Parolen zu rufen und die irakisch kurdischen Politiker Barzani und Talabani zu beleidigen Die Polizei vertrieb die Fans von al Dschihad aus dem Stadion die Fans von al Futowa durften bleiben Obwohl die Menge ausserhalb des Stadions keine Schusswaffen benutzte schossen die syrischen Sicherheitskrafte mit scharfer Munition auf sie Dabei kamen neun Menschen ums Leben Ob der Gouverneur von al Hasaka hierzu den Befehl gab ist unbekannt 1 Am nachsten Tag dem 13 Marz 2004 sollten die Toten beerdigt werden Alle kurdischen Parteien vereinbarten einen Trauerzug an dem mehrere zehntausend Menschen teilnahmen Unter ihnen waren neben Kurden auch Christen und Araber Regierungsvertreter sicherten den Teilnehmern einen ungestorten Trauerzug zu wenn diese nicht randalieren wurden Der Zug verlief zunachst friedlich Als einige Teilnehmer jedoch Parolen fur den amerikanischen Prasidenten Bush riefen und eine Assad Statue mit Steinen bewarfen schossen die Sicherheitskrafte zunachst in die Luft Nach dem Ende des Trauerzugs wurde dann von Bewaffneten in Zivil massiv auf die Teilnehmer geschossen Anschliessend griffen die Demonstranten zahlreiche staatliche Gebaude an Nachdem sich Geruchte uber die Unruhen verbreiteten kam es auch in anderen Stadten mit hohem kurdischen Bevolkerungsanteil wie Amude al Hasaka al Malikiyah Derik Ain al Arab Kobani Raʾs al ʿAin Sere Kaniye und al Qahtaniya Tirbesipi zu Demonstrationen und Ausschreitungen bei denen staatliche Gebaude Buros der Baath Partei und Statuen Hafiz al Assads angegriffen und angezundet wurden Die Demonstranten riefen prokurdische Parolen und trugen kurdische Fahnen Die Auseinandersetzungen setzten sich am 14 Marz fort und erfassten auch Aleppo und Damaskus wo kurdische Studenten sich mit den Demonstranten solidarisierten In Afrin eroffneten Sicherheitskrafte am 16 Marz das Feuer auf Jugendliche die an den Giftgasangriff auf Halabdscha 1988 erinnern wollten 1 Eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung der Unruhen soll der PKK nahe Fernsehsender Roj TV gespielt haben der mit teilweise falschen Aussagen die Kurden ausserhalb Qamischlis dazu aufrief auf die Strasse zu gehen Die der PKK nahestehenden Partei der Demokratischen Union PYD rief dabei ihre Anhanger zu Demonstrationen auf 2 Am 15 Marz fanden in Qamischli Gesprache zwischen Vertretern der kurdischen Parteien Assyrern und Arabern statt in denen die Kurden betonten dass die Unruhen sich gegen die baathistische Politik ihnen gegenuber und nicht gegen andere Ethnien richteten Am 16 Marz riefen kurdische Parteien und arabische Menschenrechtsorganisationen gemeinsam zu einem Ende der Gewalt auf 1 Die Sicherheitskrafte machten wahrend der Unruhen von ihren Schusswaffen Gebrauch nach mehreren Augenzeugenberichten waren aber ihre Vertreter auch selbst an Ausschreitungen und Plunderungen beteiligt Insgesamt sollen mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen sein 160 Menschen wurden verletzt 3 Der Grossteil der kurdischen Opfer waren Anhanger der PYD bzw PKK 2 Folgen BearbeitenNach den Unruhen begann eine umfangreiche Verhaftungswelle die bis zu 2 000 Menschen darunter auch Kinder betroffen haben soll Die Verhafteten wurden wie in Syrien ublich 4 gefoltert anschliessend aber meist freigelassen im Jahr 2005 wurden 312 Haftlinge von Baschar al Assad amnestiert 3 In der Dschazira wurde zusatzliches Militar stationiert Es kam zu einem Treffen von Vertretern kurdischer Parteien mit Mahir al Assad einem Bruder des Staatschefs und dem Verteidigungsminister Mustafa Tlas das Treffen hatte aber keine Ergebnisse 1 Die kurdischen Parteien beschlossen die offentlichen Feierlichkeiten zum Newrozfest am 21 Marz abzusagen um weitere Proteste zu verhindern Die Verbundenheit mit den Martyrern von Qamischli sollte mit schwarzen Flaggen und Abzeichen ausgedruckt werden 1 Nur die PYD veranstaltete eine offentliche Newrozfeier in Qamischli die vom syrischen Staatsfernsehen ubertragen wurde 5 Nach Aussagen vieler Teilnehmer waren die Unruhen ein Anlass fur das Entstehen einer neuen Graswurzelbewegung junger syrisch kurdischer Aktivisten Diese trauen den bestehenden kurdischen Parteien die oft von den Geheimdiensten infiltriert sind nicht mehr und organisieren Proteste und Demonstrationen selbstandig Von den Geheimdiensten werden sie harter verfolgt als die Vertreter der alteren Parteien die meisten Gefolterten und Ermordeten gehoren zur armen kurdischen Jugend Besonders streng werden Studenten uberwacht denen jede politische Aktivitat verboten ist ein Verstoss dagegen fuhrt oft zur Zwangsexmatrikulation 3 Fur 88 Familien die aus den kurdischen Gebieten Syriens in die Autonome Region Kurdistan geflohen sind wurden Fluchtlingslager in Makoble bei Dohuk und Domiz eingerichtet 3 Kurden in anderen Staaten und Erdteilen solidarisierten sich mit den syrischen Kurden in mehreren Demonstrationen in Diyarbakir Erbil Dohuk und Sulaimaniya sowie in Europa 1 6 Literatur BearbeitenJordi Tejel Syria s Kurds History Politics and Society Routledge London 2009 ISBN 978 0 415 42440 0 The Qamishli revolt 2004 the marker of a new era for Kurds in Syria S 108 132 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Der Aufstand von al Qamischli Beginn einer neuen Ara fur die Kurden Syriens Kurdwatch Dezember 2009 S 3 18 PDF Datei 511 kB a b Ferhad Ibrahim Der kurdische Faktor im syrischen Burgerkrieg 2013 S 26 a b c d Menschenrechtliche Fragestellungen zu KurdInnen in Syrien Bericht zu einer gemeinsamen Fact Finding Mission des Danish Immigration Service DIS und von ACCORD Osterreichisches Rotes Kreuz nach Damaskus Syrien Beirut Libanon und Erbil und Dohuk Region Kurdistan Irak Mai 2010 S 8 32 34 133 PDF 4 7 MB Damaskus Zehn Jahre nach dem Amtsantritt Baschar al Assads ist die Lage der kurdischen Bevolkerung unverandert schlecht Kurdwatch 17 Juli 2010 Nikolaus Brauns Brigitte Kiechle PKK Stuttgart 2010 ISBN 3 89657 564 3 S 187 Boston Globe 16 Marz 2004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Unruhen in Qamischli 2004 amp oldid 237434988