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Als Tuzla Kolonne serbokroatisch Tuzlanska kolona Tuzlanska kolona oder auch Angriff auf die Kolonne der Jugoslawischen Volksarmee in Tuzla Napad na kolonu ЈNA u Tuzli Napad na kolonu JNA u Tuzli wird ein Vorfall bezeichnet der sich zu Beginn des Bosnienkrieges am 15 Mai 1992 in der bosnischen Stadt Tuzla abgespielt hat Von der serbischen Justiz wird das Ereignis als Kriegsverbrechen eingestuft Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 1 1 Abzug der JNA 1 2 Situation in Tuzla 2 Vorfall 3 Juristische Verfolgung 4 Literatur Presseberichte 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenAbzug der JNA Bearbeiten Nach einem Referendum am 29 Februar und 1 Marz 1992 hatte Prasident Alija Izetbegovic Bosnien Herzegowina am 3 Marz zum unabhangigen Staat erklart ab Anfang Marz kam es in vielen Teilen des Landes zu bewaffneten Auseinandersetzungen mehrere Waffenstillstandsvereinbarungen wurden nach kurzer Zeit gebrochen Am 7 April erfolgte die Anerkennung des Staates durch die Europaische Gemeinschaft und die USA Die Jugoslawische Volksarmee JNA kundigte den Ruckzug ihrer Einheiten in das aus Serbien und Montenegro bestehende Rest Jugoslawien fur den Zeitraum vom 4 bis 19 Mai 1992 an Zwischen der JNA und der bosnischen Regierung die mittlerweile faktisch nur noch die bosniakische Bevolkerungsgruppe reprasentierte kam es zu Streitigkeiten daruber ob die JNA ihre Waffen mitnehmen kann oder in den Kasernen zurucklassen und damit paramilitarischen Einheiten ubergeben muss In mehreren Stadten kam es zu Blockaden der Kasernen um die Mitnahme von Waffen nach Rest Jugoslawien zu verhindern 1 Bei einem Angriff bosnischer Paramilitars auf eine JNA Kaserne in Sarajevo waren am 3 Mai 1992 nach serbischen Angaben 23 Soldaten getotet und 47 verwundet worden 2 Situation in Tuzla BearbeitenIn Tuzla war es bis Mitte Mai nicht zu nennenswerten Auseinandersetzungen gekommen Wahrend Politiker der drei Nationalparteien SDA bosniakisch SDS serbisch HDZ BiH kroatisch uber eine Aufteilung des Landes in drei monoethnische Teile diskutierten lehnte die Tuzlaer Stadtregierung die mehrheitlich aus Vertretern liberaler und sozialdemokratischer Parteien bestand eine solche Aufteilung ab Falls Bosnien Herzegowina als einheitlicher Staat zerfallen sollte werde man Tuzla so erklarte kurzlich ein Vertreter der lokalen Regierung zu einer unabhangigen Stadt erklaren 3 Vorfall BearbeitenAm 15 Mai 1992 wurde ein Konvoi der Jugoslawischen Volksarmee der die Kaserne Husinska buna in Tuzla verliess von rund 3000 Mitgliedern der Zelene Beretke Grune Barette eine paramilitarischen Einheit der nationalistischen bosniakischen Partei Stranka Demokratske Akcije angegriffen Sieben mit Munition beladene Militarlastwagen sollen explodiert sein 4 Dabei gab es auf Seiten der JNA Soldaten zahlreiche Tote und Verwundete In einer ersten Meldung der jugoslawischen Nachrichtenagentur Tanjug wurde die Zahl der getoteten Soldaten mit 15 angegeben daneben seien vier weitere Menschen getotet worden 5 Nach spateren serbischen Angaben handelte es sich um rund 80 Todesopfer und rund 130 Verletzte auf Seiten der JNA Angehorigen die grosstenteils unbewaffnete Wehrpflichtige gewesen sein sollen Weitere JNA Angehorige gerieten in Gefangenschaft dort sollen einige getotet worden sein 6 In einem anlasslich des in Bijeljina mit einer Gedenkfeier begangenen 16 Jahrestages in der serbischen Zeitung Politika erschienenen Artikel 7 wird angegeben es habe sich bei den Opfern um unerfahrene Rekruten im Alter zwischen 16 und 25 Jahren gehandelt die ihren Wehrdienst in der Stadt ableisteten sowie einige Reservisten Sie waren nach Aussagen der Uberlebenden unbewaffnet da sie die entsprechende Order aus Grunden der Deeskalation erhielten Postierte Scharfschutzen der bosniakischen Freischarler sollen nach Zeugenaussagen dabei zuerst die Fahrer der Wagen ermordet haben um die Kolonne zum Stillstand zu zwingen Die dann aus den LKWs fluchtenden jugendlichen Wehrpflichtigen seien der Reihe nach ermordet worden Juristische Verfolgung BearbeitenErmittlungen zu dem Vorfall wurden von der Militarstaatsanwaltschaft Belgrad eingeleitet Diese veroffentlichte eine Liste von 58 Personen gegen die ein begrundeter Verdacht bestehe den Angriff geplant und durchgefuhrt zu haben Auf dieser Liste steht unter anderem Selim Beslagic damals Burgermeister von Tuzla den die serbischen Behorden 1995 noch wahrend des Krieges zur Fahndung ausschrieben Im Gegensatz zu Serbien und der Republika Srpska hat das UN Tribunal in Den Haag 2005 auf eine Verfolgung Beslagics verzichtet Nach serbischen Angaben soll Beslagic an einem Treffen von Personen teilgenommen haben die den Angriff vorbereitet hatten Nachdem die Sonderkammer fur Kriegsverbrechen am Bezirksgericht Belgrad ein Verfahren eingeleitet hatte liess Serbien ihn und andere angeblich Verdachtige jedoch auf die Fahndungsliste von Interpol setzen Mitte Juni 2006 wurden Beslagic und zwei weitere im Zusammenhang mit der Tuzla Kolonne beschuldigte Personen von den bosnischen Behorden festgenommen aber nach einer Befragung noch am selben Tag entlassen Mitglieder des Srpsko građansko vijeca Tuzle Serbischer Burger Rat von Tuzla protestierten gegen die Festnahme da die Beschuldigten nicht die fur den Vorfall Verantwortlichen seien 8 Da die Fahndung nach Selim Beslagic noch wahrend des Krieges initiiert wurde sind politische Motive naheliegend Beslagic war der einzige Burgermeister einer bosnischen Stadt mit zumindest relativer bosniakischer Bevolkerungsmehrheit der nicht der nationalistischen SDA sondern der Sozialdemokratischen Partei angehorte Er setzte sich fur das friedliche Zusammenleben aller Burger der Stadt unabhangig von deren Nationalitat ein und war deshalb auch bei vielen serbischen Einwohnern popular Die Sozialdemokratische Partei lehnte die Bildung von ethnisch homogenen Armeen und paramilitarischen Gruppen strikt ab Am 28 September 2009 wurde der bosnische Kroate Ilija Jurisic vom Senat des Belgrader Bezirksgerichts zu 12 Jahren Haft verurteilt weil er fur schuldig befunden worden war als Polizeifunktionar den Befehl zum Angriff auf die Kolonne erteilt zu haben Die Gerichtsverhandlung folgte nach der Verhaftung Jurisics im Mai 2007 am Belgrader Flughafen 9 Das Urteil stiess auf bosniakischer Seite auf Unverstandnis und Protest da es aus bosniakischer Sicht einer Verurteilung der Opfer des Bosnienkrieges bedeutet Literatur Presseberichte BearbeitenCyrill Stieger C Sr in Neue Zurcher Zeitung vom 16 Mai 1992 S 2 Die bosnischen Muslime in Bedrangnis letzter Absatz Tuzla eine Oase des Friedens 18 Mai 1992 S 3 Abzug von Uno Soldaten aus Sarajewo 2 Absatz Serbischer Angriff auf Gorazde 20 Mai 1992 S 2 Ruhmloses Ende der jugoslawischen Volksarmee Weblinks BearbeitenDarstellung des Vorfalls in einer Publikation des Dokumentationszentrums der Regierung der Republika Srpska von 2001 hier S 66 71 englischsprachig Memento vom 10 Februar 2012 im Internet Archive PDF Datei 1013 kB Einzelnachweise Bearbeiten vgl NZZ vom 20 Mai 1992 siehe unter Literatur Publikation des Dokumentationszentrums der Republika Srpska siehe unter Weblinks S 56 65 NZZ vom 16 Mai 1992 siehe unter Literatur vgl NZZ vom 18 Mai 1992 siehe unter Literatur unter Berufung auf Tanjug die Publikation des Dokumentationszentrums der Republika Srpska siehe unter Weblinks enthalt keine Angaben hierzu vgl NZZ vom 18 Mai 1992 siehe unter Literatur Publikation des Dokumentationszentrums der Republika Srpska siehe unter Weblinks S 68f Secanje na pakao u tuzlanskoj koloni In Politika 15 Mai 2008 abgerufen am 29 November 2022 BiH Court Beslagic Nikolic and Delibegovic cannot be extradited to Serbia Meldung etwas oberhalb der Mitte der Seite Memento vom 7 September 2009 im Internet Archive Ehemaliger Polizeifunktionar zu 12 Jahren Haft verurteilt In Der Standard online 28 September 2009 abgerufen am 29 November 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tuzla Kolonne amp oldid 229778403