Der Begriff der Tarski-Endlichkeit ist ein Begriff der Mengenlehre. Er geht auf Alfred Tarski und dessen Arbeit Sur les ensembles finis des Jahres 1924 zurück. Mit dem Begriff der Tarski-Endlichkeit ist es möglich, das Konzept der endlichen Menge zu fassen, ohne auf die natürlichen Zahlen zurückzugreifen.
Definition Bearbeiten
Eine Menge ist endlich im Sinne von Tarski oder (kurz) Tarski-endlich (engl. Tarski-finite), wenn sie der folgenden Bedingung genügt:
Anders gesagt bedeutet dies:
Damit gleichbedeutend ist die folgende Kennzeichnung:
Satz Bearbeiten
Dass der Begriff der Tarski-Endlichkeit zum üblichen Endlichkeitsbegriff hinführt, zeigt der folgende grundlegende Lehrsatz:
Beweisskizze Bearbeiten
Nimmt man eine im üblichen Sinne endliche Menge und dazu ein , so lässt sich die nicht leere Menge der aus diesem Teilmengensystem gebildeten endlichen Anzahlen bilden. Da wohlgeordnet ist, gibt es darin eine kleinste Anzahl , etwa für ein gewisses . Dieses ist dann sicher auch minimal bezüglich der Teilmengenrelation auf .
Ist dagegen eine Menge, welche nicht endlich im üblichen Sinne ist, so lässt sich dazu das Teilmengensystem aller bilden, welche diese Eigenschaft haben, also nicht endlich im üblichen Sinne sind. ist nicht leer, denn es gilt in jedem Falle .
Zudem lässt sich jedes um mindestens ein Element reduzieren, denn ein solches ist nicht die leere Menge, enthält somit mindestens ein . Bei Wegnahme dieses Elements ist die Restmenge immer noch eine im üblichen Sinne nicht endliche Menge; denn wäre die Restmenge im üblichen Sinne endlich, so wäre dies auch selbst, da durch Hinzunahme des Elements aus der Restmenge bildbar ist. Folglich kann kein bezüglich der Teilmengenrelation auf minimal sein.
Weitere Ansätze zum Endlichkeitsbegriff Bearbeiten
Auf den Mathematiker Paul Stäckel geht ein dem tarskischen verwandter Ansatz zur Fassung eines Endlichkeitsbegriffs von Mengen zurück, welcher ebenfalls auf Ordnungskonzepten beruht. Diesem Ansatz liegt die folgende Endlichkeitsdefinition zugrunde:
Stäckels Endlichkeitsbegriff lässt sich auch beschreiben wie folgt:
Auch beim stäckelschen Endlichkeitsbegriff gilt:
Neben dem tarskischen und dem stäckelschen Ansatz zur Fassung des Begriffs der endlichen Menge gibt es noch eine Anzahl anderer Ansätze. Mathematikgeschichtlich herausragend ist der Begriff der endlichen Menge im Sinne von Dedekind (Dedekind-Endlichkeit). Anders als (etwa) beim tarskischen Endlichkeitsbegriff wird zum Beweis, dass Dedekind-Endlichkeit und Endlichkeit im üblichen Sinne zusammenfallen, das Auswahlaxiom benötigt.
Siehe auch Bearbeiten
Literatur Bearbeiten
- Walter Felscher: Naive Mengen und abstrakte Zahlen. BI Wissenschaftsverlag, Mannheim (u. a.) 1978, ISBN 3-411-01538-1 (MR0516505).
- Thomas Jech: Set Theory. The Third Millennium edition, revised and expanded (= Springer Monographs in Mathematics). Springer Verlag, Berlin u. a. 2003, ISBN 3-540-44085-2 (MR1940513).
- Heinz Lüneburg: Tools and Fundamental Constructions of Combinatorial Mathematics. BI Wissenschaftsverlag, Mannheim (u. a.) 1989, ISBN 3-411-03194-8 (MR1116324).
- Wacław Sierpiński: Cardinal and Ordinal Numbers. Panstwowe Wydawnictwo Naukowe, Warszawa 1958 (MR0095787).
- Paul Stäckel: Zu H. Webers Elementarer Mengenlehre. In: Jahresber. DMV. Band 16, 1907, S. 425–428 (digizeitschriften.de [PDF]).
- Alfred Tarski: Sur les ensembles finis. In: Fund. Math. Band 6, 1924, S. 45–95 (matwbn.icm.edu.pl [PDF]).
Einzelnachweise und Fußnoten Bearbeiten
- Tarski: Fundamenta Mathematicae. Band 6, S. 45 ff.
- Sierpiński: S. 50 ff.
- Felscher: S. 180 ff.
- Jech: S. 14.
- Lüneburg: S. 52–54.
- Felscher: S. 181.
- Felscher: S. 181.
- Sierpiński: S. 50.
- Jech: S. 14.
- Felscher: S. 175.
- Felscher: S. 175–177.
- Felscher: S. 175–185.
- Sierpiński: S. 50.