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Das Steuerstaatsprinzip ist ein Begriff aus der staatsrechtlichen Diskussion in Deutschland der die besondere Bedeutung der Steuern fur die staatliche Einnahmeerzielung verdeutlichen soll Die Begriffe Steuerstaat oder Steuerstaatsprinzip werden vom Grundgesetz GG selbst nicht verwendet Als Rechtsgrundlage des Steuerstaats werden hauptsachlich die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzvorschriften der Art 105 ff GG herangezogen Aus diesen Artikeln wird gefolgert dass Steuern vom Grundgesetz als der Regeltypus der Geldlast angesehen werden Insbesondere das Bundesverfassungsgericht beruft sich in standiger Rechtsprechung auf diesen Grundsatz So heisst es in einer Entscheidung aus dem Jahre 1995 1 Der Finanzverfassung liegt die Vorstellung zugrunde dass die Finanzierung der staatlichen Aufgaben in Bund und Landern einschliesslich der Gemeinden in erster Linie aus dem Ertrag der in Artikel 105 ff GG geregelten Einnahmequellen erfolgt 2 Nicht steuerliche Abgaben verschiedener Art sind allerdings nicht ausgeschlossen die Finanzverfassung des Grundgesetzes enthalt keinen abschliessenden Kanon zulassiger Abgabetypen In der finanzverfassungsrechtlichen Diskussion ist umstritten welche Ruckschlusse aus dem Steuerstaatsprinzip auf die Zulassigkeit nicht steuerlicher Abgaben gezogen werden konnen Zumindest auf Bundes und Landerebene wird der grosste Teil der staatlichen Einnahmen durch Steuern erzielt Das Gegenmodell fur den Steuerstaat ist der Gebuhrenstaat Im Gebuhrenstaat zahlt dem Aquivalenzprinzip entsprechend jeder nur fur die Leistungen die er in Anspruch nimmt sofern er sie bezahlen kann Ein sozialer Ausgleich uber eine Steuerprogression findet nicht statt 3 Ein Beispiel sind Studiengebuhren In einem Gebuhrenstaat zahlt derjenige der studiert Studiengebuhren Und es studiert nur der der Studiengebuhren zahlt bzw dessen Studiengebuhren bezahlt werden 4 Dass sich Staaten hauptsachlich uber Steuern und nicht uber Gebuhren finanzieren daher Steuerstaat hat praktische Grunde Zum einen ist es unrealistisch den Finanzbedarf des Staates uberwiegend durch Gebuhren zu finanzieren da viele Staatsfunktionen Gemeinschaftsaufgaben dienen die keine auf die einzelnen Burger individuell aufteilbare Leistungen zum Gegenstand haben Zum anderen dienen Steuern nicht nur rein fiskalischen Zwecken sondern haben auch eine soziale Funktion Leistungsfahigkeitsprinzip 3 Der Begriff Steuerstaat wurde von Joseph Schumpeter weit uber die finanzwissenschaftliche Diskussion hinaus popularisiert und als fortschrittlichstes Modell sowohl gegen vorangegangene Fiskalvarianten wie den Feudalstaat wie auch gegen Alternativen wie sozialistische und staatskapitalistische Staatsfinanzierungswege beworben Die politische Idee des Steuerstaates im Sinne Schumpeters steht in der Tradition liberalistischen Staatsfinanzierungsdenkens in der die Steuer als ein das Privateigentum schutzendes Fiskalmedium und willkurliche staatliche Eingriffe abwehrendes Institut marktwirtschaftlich integrierter freiheitlicher Gesellschaften propagiert wird In diesem Sinne war Schumpeters Text 1918 als eine gesellschaftstheoretisch inspirierte Polemik gegen radikale Umverteilung und uberkommene politische Autoritat gedacht 5 Literatur BearbeitenJosef Isensee Steuerstaat als Staatsform In Rolf Stodter Hrsg Hamburg Deutschland Europa Beitrage zum deutschen und europaischen Verfassungs Verwaltungs und Wirtschaftsrecht Festschrift fur Hans Peter Ipsen zum siebzigsten Geburtstag Tubingen 1977 S 409 ff Werner Heun Die Entwicklung des Steuerstaatskonzepts in theoretischer und tatsachlicher Hinsicht In Ute Sacksofsky Joachim Wieland Hrsg Vom Steuerstaat zum Gebuhrenstaat Baden Baden 2000 S 10 ff Sebastian Huhnholz Was soll das heissen Steuerstaat In Werner Nienhuser Ute Schmiel Hrsg Jahrbuch 29 Okonomie und Gesellschaft Steuern und Gesellschaft Marburg 2017 S 15 48 Sebastian Huhnholz Die Steuer des Steuerstaates In Verena Frick Oliver W Lembcke Roland Lhotta Hrsg Politik und Recht Nomos Verlag Baden Baden 2017 S 453 472 Ute Sacksofsky Umweltschutz durch nicht steuerliche Abgaben Tubingen 2000 zugl Habil Bielefeld 1998 1999 Mike Wienbracke Bemessungsgrenzen der Verwaltungsgebuhr Zugleich ein Beitrag zum Steuerstaatsprinzip und zum Kostendeckungsprinzip unter Berucksichtigung des Europarechts Berlin 2004 zugl Diss Bochum Einzelnachweise Bearbeiten BVerfGE 93 319 342 Wasserpfennig Prinzip des Steuerstaates vgl u a BVerfGE 78 249 266 f BVerfGE 82 159 178 a b Heinrich Weber Grellet Steuern im modernen Verfassungsstaat Dr Otto Schmidt 2001 ISBN 978 3504200756 Seite 5 Wolfgang Lieb nachdenkseiten de Sebastian Huhnholz Refeudalisierung des Steuerstaates Voruberlegungen zu einer politischen Theorie der Steuerdemokratie In Sigrid Boysen et al Hrsg Verfassung und Verteilung Beitrage zu einer Grundfrage des Verfassungsverstandnisses Mohr Siebeck Tubingen 2015 S 175 216 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steuerstaatsprinzip amp oldid 211165740