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Die Kasseler Grabstele fur Glykera ist eine Bildfeldstele der sogenannten Glykera Gruppe aus der Mitte des 4 vorchristlichen Jahrhunderts Sie stammt aus dem Athener Kerameikosgebiet befindet sich seit 1968 in der Antikensammlung in Kassel und tragt die Inventarnummer ALg 4 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 3 Interpretationen 4 Glykera Gruppe 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Stele wurde am 31 Marz 1871 an der Ecke Piraus Strasse und Ludwigsplatz in Athen gefunden 2 Die Fundstelle wurde 1874 wieder verschuttet Das Grundstuck gehorte damals V Nikopoulos Das Grabdenkmal gelangte in die Athener Sammlung Loverdo 1968 wurde es im Kolner Kunsthandel erworben und gelangte dann als Leihgabe der Sammlung Peter und Irene Ludwig Aachen nach Kassel Damals war die Stele bereits in der Mitte gebrochen und wieder zusammengesetzt worden 1975 wurde das Exponat gereinigt und mit einer Aufhangung versehen 1986 wurde es erneut gereinigt und entsintert damals wurden auch die Farbreste konserviert Die zur Zeit der Auffindung der Stele 1871 offenbar noch deutlich erkennbaren und beschriebenen Farbreste waren damals schon zu einem grossen Teil verloren Beschreibung BearbeitenDie attische Bildfeldstele die weniger aufwandige Version des plastischen Totengedenkens gegenuber Grabreliefs und Naiskos Stelen wurde um 360 350 v Chr geschaffen Sie besteht aus weissem feinkristallinem Marmor mit vertikalen grauen Streifen und weist am Fuss einer der Figuren noch Spuren von Bemalungen auf Die Stele ist 123 5 cm hoch 35 6 cm breit und an der starksten Stelle 7 8 cm tief Das Bildfeld mit den vier Figuren ist 23 2 cm hoch und 25 6 cm breit Ursprunglich war sie auf einem Basisblock aus rotlichem Hymettosstein angebracht der mittlerweile verschollen ist Die Stele selbst ist relativ gut erhalten ob eine bekronende Palmette vorhanden war ist nicht mehr sicher festzustellen Die rechte Volutenranke und die Spitzen der Akanthusblatter am oberen Ende weisen Schaden auf Front und Schmalseiten der Stele wurden geglattet und mit dem Zahneisen bearbeitet Die Ruckseite wurde mit Spitz und Flacheisen schwach gekehlt An der Unterseite der brettformigen Stele befindet sich ein rechteckiger Zapfen der zum Einsetzen in die Basis diente Das rechteckige Reliefbild in der oberen Halfte befindet sich unter zwei Rosetten oder Paterae die jeweils aus zwei konvexen Scheiben und einer omphalosartigen mittig eingestochenen Erhebung in der Mitte bestehen Den Stelenschaft schliesst vorn und an den Seiten ein vorkragendes Gesims ab Das obere Ende ist mit einem Kelch geschmuckt aus dem ein Anthemion mit Akanthusblattern emporwachst Flankiert wird es von Volutenranken Die Stele tragt drei Inschriften Oberhalb der beiden Rosetten sind ohne Trennung die Namen ONHSIMOS und AN8HDWN zu lesen direkt uber der sitzenden weiblichen Figur des Reliefs befindet sich die Namensbeischrift GLYKERA Im Bildfeld in dessen oberen Ecken zwei Kapitelle angedeutet sind ist offenbar eine Abschiedsszene dargestellt Das zentrale Paar wird von Onesimos und Glykera gebildet die einander die Hande reichen Onesimos steht mit leicht geneigtem Kopf nach rechts blickend am linken Bildrand Er ist mit einem Mantel mit dreieckigem Uberschlag bekleidet sein rechter Arm ist nackt Das Gewicht des bartigen Mannes ruht auf seinem linken Bein wahrend das rechte als Spielbein leicht angewinkelt ist Glykera sitzt ihm gegenuber auf einem Stuhl mit elegant geschwungenen Beinen ihre Fusse ruhen auf einem Kasten oder Schemel Der Kopf der sitzenden Frau befindet sich dadurch fast auf derselben Hohe wie der ihres Mannes An ihre Knie schmiegt sich eine Kindergestalt im Armelchiton deren Kopf sich unter den Handen des abschiednehmenden Paares befindet und die moglicherweise einen Vogel in der einen Hand halt Am rechten Bildrand hinter Glykera steht eine weitere Figur vermutlich eine Dienerin die ein Kastchen auf dem Arm tragt und einen Chiton mit Apoptygma tragt Glykera selbst tragt zu einem halblangen Armelchiton einen Mantel in den Haaren ist ein Haarband zu erkennen 3 Interpretationen BearbeitenClairmont vermutete 1993 4 die Glykera Inschrift konne nach den beiden oberen Inschriften eingefugt worden sein es gibt aber auch die Theorie dass die beiden Hinterbliebenen Onesimos und Anthedon erst nach ihrem eigenen Tod ebenfalls per Inschrift auf der Stele verewigt wurden 5 Allgemein wird die Szene so gedeutet dass die sitzende Glykera die Frau und Mutter in der Familie darstellt Onesimos ihren Gatten der die Stele in Auftrag gegeben hat Mit Anthedon konnte entweder der Name der Stadt aus der Onesimos stammte gemeint sein oder der Name des abgebildeten Kindes Sollte es sich um einen Stadtenamen handeln so kame wohl eher das bootische als das palastinensische Anthedon in Frage Onesimos ware damit wohl kein Vollburger in Athen gewesen Auf der Internetseite der Kasseler Museumssammlung findet sich der Kommentar So betrachtet ware die Glykera Stele ein weiteres Beispiel fur die in Athen entwickelte und uber Athen hinaus wirkende Bildprogrammatik des burgerlich spatklassischen Polisverstandnisses wie das attizierende Aristodika Grabrelief von Kreta Die idealtypischen Bilder mit individuellen Namensbeischriften im sepulkralen Bereich werden auch als Ausdruck einer kollektiven Erfahrung der betrachtlich gewachsenen Bedeutung der familiaren Gemeinschaft Oikos als Kern und wichtigster gleichwohl bedrangter Bestandteil in den spatklassischen Poleis verstanden 3 Das Akanthusanthemion durfte ein Symbol der lebenspendenden Kraft der Erde darstellen Ob der Akanthus im Totenkult eine besondere Bedeutung hatte ist umstritten Das Rosettenpaar wird meistenteils als Amulettpaar gesehen Glykera Gruppe BearbeitenDie sogenannte Glykera Gruppe umfasst insgesamt 14 Stelen die stilistisch der Kasseler Glykera Stele entsprechen und typische Beispiele fur die attische Reliefarbeit um 350 v Chr darstellen Zeit und gattungsspezifisch sind sowohl die Gewandgliederung mit der betonten Schwere der Stoffe als auch die Anordnung der Figuren die etwas Steifes hat Die Gewander sind mit lang durchgezogenen und ziemlich breiten Faltenzugen dargestellt Sechs Stelen der Glykera Gruppe zeigen Manner deren Mantel wie der des Onesimos unter der Brust umgeschlagen sind so dass sich ein dreieckiger auf den Bauch fallender Uberschlag ergibt Bei vier Stelen der Gruppe findet sich die nahezu gleich behandelte Figur des stehenden Mannes an der Seite Andreas Scholl 6 vermutet dass diese Stelen derselben Werkstatt entstammen konnten wie zwei reliefierte Marmorlekythen Vergleichbar sind auch Athenedarstellungen auf attischen Urkundenreliefs derselben Zeit 3 Literatur BearbeitenPeter Gercke und Nina Zimmermann Elseify Antike Skulpturen Antikensammlung Museumslandschaft Hessen Kassel Mainz 2007 ISBN 978 3 8053 3781 6 S 320 ff Einzelnachweise Bearbeiten Janet Grossman Funerary Sculpture American School of Classical Studies at Athens 2014 ISBN 978 1 62139 014 5 S 123 google de Archaologische Zeitung G Reimer 1872 S 93 google de a b c Grabrelief fur Glykera Onesimos Anthedon auf antikeskulptur museum kassel de Christoph W Clairmont Classical Attic Tombstones III 1993 S 519 f zitiert auf antikeskulptur museum kassel de John Boardman Antike Kunstwerke aus der Sammlung Ludwig Archaologischer Verlag 1990 ISBN 978 3 8053 1072 7 S 228 google de Andreas Scholl Die attischen Bildfeldstelen des 4 Jhs v Chr Athener Mitteilungen Beiheft 17 1996 S 67 f zitiert nach antikeskulptur museum kassel de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stele der Glykera Kassel amp oldid 229519095