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Stupp ist im westlichen Rheinland die Bezeichnung fur einen Werwolf Offenbar ist diese regionale Variante des europaweit bekannten Gestaltwandlers die einzige mit einem eigenen Namen Der Stupp ist in zahlreichen Volksuberlieferungen im Gebiet zwischen Rhein und Eifel bzw Selfkant vertreten und hat seine nachsten Verwandten in Westfalen wo ein ahnlicher Unhold unter dem Namen Klungelpelz oder Boxenwolf gefurchtet wurde sowie in den an Deutschland grenzenden Provinzen Belgiens und der Niederlande Inhaltsverzeichnis 1 Der Stupp eine Spielart des Werwolfs 2 Beziehungen zur Figur des untoten Wiedergangers 3 Traditionelle Massnahmen gegen den Stupp 4 Der Stupp im Rahmen der rheinischen Spukgestalten 5 Moglicher historischer Hintergrund der Sagenfigur 6 Trivia 7 Literatur 8 WeblinksDer Stupp eine Spielart des Werwolfs BearbeitenDer Stupp unterscheidet sich vom Werwolf wie er in den meisten westeuropaischen Volksuberlieferungen auftritt dadurch dass er seine Opfer in der Regel nicht zerfleischte sondern ihnen auflauerte meistens an einem Kreuzweg der Friedhofsmauer oder einem Bach oder Fluss sie von hinten ansprang und sich von ihnen tragen im rhein Dialekt poozen oder hackeln liess Dies verbindet ihn mit einer anderen Figur aus dem Volksglauben dem Aufhocker der in der rheinischen Sagenwelt ebenfalls haufig vertreten ist Er begleitete seine Opfer haufig in Gestalt eines scheinbar verspielten Hundchens wurde dabei aber immer grosser und sprang ihnen dann auf den Rucken und liess sich nicht mehr abschutteln Meistens wurde er von Schritt zu Schritt schwerer wahrend der ihn tragende Mensch von Todesangst gepeinigt wurde und schliesslich vollig erschopft zusammenbrach und fur den Rest seines Lebens von dem Erlebnis gezeichnet war den Verstand verlor oder bald darauf starb Besonders beruchtigt war der Hackestupp von Duren in dessen Name auch das Verb hackeln auf dem Rucken tragen steckt Es gibt auch Sagen in denen sich der Stupp wie der Werwolf in anderen Teilen Deutschlands oder Europas verhalt d h er zerreisst sein Opfer das danach aber nicht selbst zum Werwolf wird Die Werwolfverwandlung eines Menschen der vom Werwolf angegriffen wurde gehort in den Bereich der modernen Trivialmythen und geht auf Curt Siodmak den Drehbuchautor des klassischen Horrorfilms The Wolf Man 1942 zuruck ist jedoch in den traditionellen Volksuberlieferungen Europas nicht nachweisbar Beziehungen zur Figur des untoten Wiedergangers BearbeitenDer Stupp bevorzugte wie die Volksuberlieferungen besagen typische Orte an denen auch Wiederganger und lebende Leichen auftraten z B Kreuzwege Friedhofe oder Statten an denen Mordtaten geschehen waren oder Menschen sich das Leben genommen hatten Entweder lauerte er dort seinen Opfern auf oder liess sich von ihnen an einen solchen Ort schleppen Dies lasst den Schluss zu dass zumindest die rheinische Variante des Werwolfs ursprunglich als wiederkehrender Toter oder als Trager von Totenseelen gedacht war und nicht primar als ein Mensch der sich dank zauberischer Fahigkeiten in einen Wolf verwandeln konnte Zenker hat in der Eifel eine Sage aufgeschrieben die berichtet dass ein Selbstmorder kurz nach seinem Tod den Menschen als ein riesengrosser Wolf erscheint Der mogliche Zusammenhang zwischen dem Wiederganger und dem Werwolf ist sofern er tatsachlich bestanden hat in den letzten Jahrhunderten verblasst moglicherweise unter dem Einfluss des Hexenglaubens da der Werwolf teilweise zum mannlichen Gegenstuck zur Hexe geraten ist So ist in jungeren Versionen der Sage vom Stupp stets die Rede von einem Gurtel aus Wolfsfell den sich der zauberisch veranlagte Mensch um die Huften wickelte oder schnallte wenn er die Gestalt des Raubtiers annehmen wollte Traditionelle Massnahmen gegen den Stupp BearbeitenWenn ein Mensch vom Stupp angefallen wurde konnte er sich nur bedingt wehren Ahnlich wie bei der als Aufhocker bekannten Spukgestalt litt das Opfer unter starken Beklemmungen und Panikattacken die ihm oft die Sinne raubten In einigen Sagen ist jedoch die Rede davon dass ein Mann dem aufhockenden Werwolf ein Messer in die Pfote oder an die Stelle wo der Werwolfgurtel sass stiess und damit dem Spuk ein Ende machte Hatte er einen konkreten Verdacht bezuglich des Unholds der ihn angegriffen hatte so brauchte er nur dessen Namen zu rufen Der Durener Hackestupp wurde enttarnt weil ein Bauer sich nicht zu Boden drucken liess sondern den Unhold in sein Haus schleppte und die Bauerin dem Werwolf ein silbernes Kruzifix genau auf die Stirn wo einst das Taufwasser geflossen war H Hoffmann schlug Wie gegen jede andere Spielart des Werwolfs konnte man sich gegen den Stupp wehren wenn man ihm ein Tuch haufig eine Schurze hinwarf in die sich der Unhold dann verbiss Spater konnte man den zuruckverwandelten Werwolf leicht enttarnen weil ihm noch Faden des zerrissenen Kleidungsstucks zwischen den Zahnen hingen Da das Beinahe Opfer einer solchen Attacke haufig die Tochter des Werwolfs ist glauben psychoanalytisch geschulte Volkskundler hieraus eine symbolhafte Bearbeitung der Inzestproblematik herauslesen zu konnen ahnlich wie beim Marchen vom Rotkappchen s Blecourt Der Stupp im Rahmen der rheinischen Spukgestalten BearbeitenDie Figur des Werwolfs hat sich mit anderen aufhockenden Spukgestalten vermischt vor allem mit dem Bahkauv Bachkalb einem damonischen Wesen das an Wasserlaufen den Menschen auflauerte und sich von ihnen auf die andere Seite des Baches oder Flusschens tragen liess In Aachen und Duren wurden dem Bachstupp bzw dem Bachkalb sogar therapeutische Fahigkeiten zugeschrieben denn es heilte jeden der einmal von ihm geritten worden war von der Trunksucht In der Figur des aufhockenden Tiers schimmern noch Spuren eines urtumlichen Totenglaubens durch denn die unheimlichen Wesen waren eigentlich Wiederganger die Tiergestalt angenommen hatten und den Lebenden aufhockten eine symbolische Handlung die darauf abzielte ihnen die Lebenskraft zu entziehen Wie alle damonischen Geschopfte scheuten sie die Beruhrung mit dem fliessenden Wasser dem Sinnbild der Reinheit die ihnen als unreinen Wesen zuwider sein musste Andere aufhockende Unholde in der rheinlandischen Sagenwelt waren grosse Hunde mit riesigen gluhenden Augen die als Zubbelsdeer Zotteltier bezeichnet wurden und vermutlich die Schwundstufe eines ursprunglichen Werwolfs waren Diese Variante entstand vermutlich erst in den letzten zwei Jahrhunderten nachdem die Wolfe als Bedrohung der bauerlichen Existenz im Rheinland ganzlich verschwunden bzw ausgerottet waren In demselben Masse wie der Werwolf durch den damonischen Hund ersetzt wurde verblich auch der Glaube an einen Menschen der sich in das bedrohliche Tier verwandelt hatte Viele der Personen die zwischen 1900 und 1925 von Volkskundlern befragt wurden kannten den Stupp nur noch als gespenstisches Wesen In verschiedenen Sagen die um 1900 aufgezeichnet wurden ist der Stupp zu einem harmlosen wenn auch lastigen Qualgeist geraten Moglicher historischer Hintergrund der Sagenfigur BearbeitenSeinen Namen verdankt der Stupp dem Bauern Peter Stump der als Werwolf von Bedburg in die Kriminalgeschichte einging Der Mann wurde am 31 Oktober 1589 zusammen mit seiner Tochter und seiner Geliebten hingerichtet weil er angeblich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hatte und sich in einen Wolf verwandeln konnte In dieser Gestalt hatte er angeblich mindestens dreizehn Menschen grausam getotet Der Fall wurde in Flugblattern und Pamphleten ausfuhrlich geschildert Eine umfangreiche Druckschrift die 1590 in London gedruckt wurde ist die einzige wirkliche Quelle aber die Schilderungen mussen mit allerlei Fragezeichen versehen werden und es ist nicht ausgeschlossen dass Peter Stump ein Opfer der Gegenreformation wurde Einiges spricht dafur dass er zur Abschreckung der Bevolkerung von Bedburg die zum Protestantismus ubergetreten war besonders grausam inkl Ausreissen von Fleisch mit gluhenden Zangen und Radern bei lebendigem Leibe hingerichtet wurde und der Vorwurf der Werwolferei nur einen Vorwand darstellte den die Menschen leicht durchschauten und als massive Warnung von Seiten der Obrigkeit z B des Kurfursten und Erzbischofs von Koln verstanden Der Werwolfglaube in der Gegend westlich von Koln scheint weit in die Vergangenheit zuruckzureichen wie die zahlreichen ortlichen Sagen belegen Insofern ist es nicht verwunderlich dass der erste wichtige Werwolfprozess auf deutschem Boden hier stattfand wobei es gleichgultig ist ob es bei dem Verfahren wirklich um vermeintliche Zauberei ging oder ob es sich um einen politisch motivierten Schauprozess handelte Dass die Obrigkeit den Bauern Stump wegen Gestaltwandlung anklagte lasst den Schluss zu dass dies ein Vergehen war das allseits bekannt war und gefurchtet wurde Der Prozess hat denn auch seine Spuren im Volksglauben hinterlassen Kaum eine Gegend in Europa kann so viele Werwolfsagen aufweisen wie dieser Teil des Rheinlandes und die Gestalt des Werwolfs ist im Volksglauben so ubermachtig geworden dass sie andere Spukgestalten verdrangt oder sich mit ihnen vermischt hat so etwa mit dem Aufhocker Erst mit der Ausrottung der Wolfe nach dem Beginn der preussischen Herrschaft im Rheinland 1815 verblasste auch die Figur des Werwolfs Einzelne Sagen so etwa die vom Durener Hackestupp lassen den Schluss zu dass sich Strassenrauber in fruheren Zeiten die Angst der Landbevolkerung vor dem aufhockenden Werwolf zu Nutze machten und ihren Opfern zu nachtlicher Stunde mit einem Fell bekleidet auflauerten Ahnliches wird in schwankhafter Weise auch vom Aachener Bachkalb berichtet das uber Jahre hinweg Betrunkene ansprang und ausraubte bis ein kraftiger Schmied das Untier uberwaltigte und im Fell einen Stadtwachter vorfand Trivia BearbeitenDer Hackestupp wird in der 4 Folge der 4 Staffel der ARD Serie Mord mit Aussicht thematisiert Literatur BearbeitenWillem de Blecourt I Would Have Eaten You Too Werewolf Legends in the Flemish Dutch and German Area Folklore 118 2007 23 43 Wilhelm Bodens Der Werwolf Das Rurland 3 1935 1 6 Heinrich Hoffmann Volkskunde des Julicher Landes Eschweiler 1911 u 1914 2 Bde Gerda Grober Gluck Aufhocker und Aufhocken nach den Sammlungen des Atlas der deutschen Volkskunde Rheinisches Jahrbuch fur Volkskunde 15 16 1965 S 117 143 Peter Kremer Wo das Grauen lauert Blutsauger und kopflose Reiter Werwolfe und Wiederganger an Inde Erft und Rur Duren 2003 ISBN 3 929928 01 9 Friedrich Wilhelm Noll Heimatkunde des Kreises Bergheim Bergheim 1912 Heinz Rolleke Hg Westfalische Sagen Dusseldorf 1981 Dries Vanysacker Werwolfprozesse in den sudlichen und nordlichen Niederlanden im 16 und 17 Jahrhundert Dennis Vlaminck Spates Pladoyer fur einen Werwolf Kolnische Rundschau Ausgabe Erftkreis Nr 108 v 10 Mai 2003 Adam Wrede Eifeler Volkskunde Bonn 1960 Adolf Wuttke Der deutsche Volksaberglauben der Gegenwart Leipzig 1925 Paul Zaunert Hg Westfalische Sagen Dusseldorf 1967 2 Aufl Matthias Zender Hg Sagen und Geschichten aus der Westeifel Bonn 1980 Zuerst 1934 Weblinks BearbeitenDer Bachstupp Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stupp amp oldid 233572221