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Als Sommersmog auch Photosmog Ozonsmog oder L A Smog bezeichnet man die Luftbelastung durch hohe Konzentrationen von Ozon und andere Photooxidantien Sommersmog entsteht durch die photochemische Oxidation von Kohlenmonoxid CO Methan CH4 und fluchtigen Kohlenwasserstoffen VOC in Gegenwart von Stickoxiden und Wasserdampf als Katalysatoren also bei sonnigem nicht zu kuhlem Wetter in nicht zu grosser Hohe Der Bildungsmechanismus wurde um 1950 als Ursache des sogenannten Los Angeles Smogs identifiziert insbesondere von einer Forschergruppe um Arie Jan Haagen Smit am Caltech 1 2 Der L A Smog war 1943 als besonderes Phanomen erkannt worden 3 Damals nahm dort kriegsbedingt die Industrieproduktion besonders schnell zu 4 Dagegen ist blosser Smog aus Smoke Rauch und Fog Nebel ein alteres und eher winterliches Phanomen Die lokale Ozonbelastung wird durch Luft Messstationen ermittelt und regelmassig in Belastungskarten dargestellt und veroffentlicht Ozon greift die Atmungsorgane an und schadigt Pflanzen und Tiere Da bereits geringe Konzentrationen von Stickoxiden ausreichen sind nur ausgesprochene Reinluftgebiete nicht betroffen Die globale Zunahme des bodennahen Ozons tragt zum Klimawandel bei direkt als Treibhausgas und indirekt durch verminderte Photosyntheseleistung der Pflanzen 5 Inhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften 2 Ozonentstehung 3 Ozonbildungspotential 4 Auswirkungen beim Menschen 5 Gesetzliche Grenzwerte 6 Mogliche Gegenmassnahmen 7 Literatur 8 Einzelnachweise 9 WeblinksEigenschaften BearbeitenHauptkomponente des photochemischen Smogs ist das Ozon eines der starksten Oxidationsmittel uberhaupt Es macht bis zu 90 Prozent der Photooxidantien aus Daneben liegt ein komplexes Gemisch verschiedenster Reizstoffe vor unter anderem Peroxiacetylnitrat Peroxibenzoylnitrat Acrolein und Formaldehyd Neben kurzlebigen hochreaktiven Radikalen kommen auch stabile Produkte des oxidativen Abbaus organischer Verbindungen vor Diese liegen allerdings in wesentlich geringeren Konzentrationen als das Ozon vor und sind daher von geringerer Bedeutung 6 Ozonentstehung BearbeitenSowohl in der stratospharischen Ozonschicht als auch im Sommersmog entsteht Ozon O3 durch die Anlagerung eines Sauerstoffatoms O an ein Sauerstoffmolekul O2 wobei ein dritter Stosspartner M zur Stelle sein muss um Bindungsenergie abzufuhren O O2 M O3 M 1 Allerdings stammen die O Atome aus unterschiedlichen Quellen In der Stratosphare ist es die Photolyse von O2 durch UV C Strahlung die aber nicht bis in die Troposphare gelangt Im Sommersmog ist es 2 die Photolyse von Ozon durch UV B h n displaystyle h nu nbsp jenseits von etwa 308 nm 7 oder 3 von Stickstoffdioxid NO2 durch violettes Licht l displaystyle lambda nbsp lt 420 nm O3 h n displaystyle h nu nbsp O2 O 1D 2 NO2 h n displaystyle h nu nbsp NO O 3 Auf den ersten Blick scheinen 2 und 3 an der O3 Bilanz nichts zu andern denn bei 2 geht ein O3 verloren ebenso in der meist auf 3 folgenden Reaktion 4 NO O3 NO2 O2 4 Allerdings gibt es neben 4 weitere Quellen fur NO2 vor allem ROO NO RO NO2 5 Darin steht R entweder fur ein Wasserstoffatom H oder fur einen organischen Rest wie CH3 Die Bildung von ROO beginnt mit Reaktion 2 Das Produkt O 1D ein elektronisch angeregtes Sauerstoffatom wird zwar meist bereits beim nachsten Stoss in den Grundzustand O 3P abgeregt gefolgt von 1 aber besonders in schwul warmer Luft kann O 1D alternativ auf ein Wassermolekul H2O stossen O 1D H2O 2 OHDas reaktive Hydroxyl Radikal OH auch HO geschrieben gilt als Waschmittel der Atmosphare da fur viele Spurenstoffe uberwiegend fluchtige organische Verbindungen die Reaktion mit OH die dominante Senke darstellt Hier beispielsweise die Reaktionskette fur die Oxidation von Methan CH4 uber die Zwischenprodukte Formaldehyd HCHO und Kohlenmonoxid CO OH CH4 CH3 H2OCH3 O2 CH3OOCH3OO NO CH3O NO2 5 1 CH3O O2 HCHO HO2 HO2 NO OH NO2 5 2 OH HCHO HCO H2OHCO O2 HO2 COHO2 NO OH NO2 5 3 OH CO O2 HO2 CO2 8 HO2 NO OH NO2 5 4 Die drei eingesetzten OH Radikale wurden regeneriert 5 2 bis 5 4 Insgesamt wurden vier NO oxidiert Nach der Photolyse 3 steht NO wieder zur Verfugung Auf 3 folgt Ozonbildung 1 Erhohte Ozonkonzentration lasst beschleunigt weitere OH Radikale entstehen Die Kettenreaktion fuhrt nicht zur Explosion denn die VOC Oxidation kann nicht viel schneller werden als NO durch 3 nachgebildet wird sonst nehmen mit 5 konkurrierende Ozon verbrauchende Reaktionen vom Typ ROO R OO ROOR O2uberhand Da in Ballungsraumen Stickoxide weit uberwiegend anthropogenen Ursprungs sind ist die Stickoxidkonzentration der geeignete Hebel um den Sommersmog zu begrenzen einer der Grunde fur viel niedrigere Stickoxid Grenzwerte in der Umwelt als an exponierten Arbeitsplatzen MAK In der Folge verzogert sich die Oxidation der VOC die Ozonbelastung sinkt im Ballungsraum steigt im Umland Zur grossraumigen horizontalen Verteilung siehe 9 Nur in ausgesprochenen Reinluftgebieten tragt Konvektion aus der Stratosphare wesentlich zur Ozonkonzentration in der unteren Troposphare bei Fur vertikale Profile siehe 10 Ozonbildungspotential BearbeitenHauptverursacher der ozonbildenden Stickoxide und Kohlenwasserstoffe sind Verkehr Verbrennungsmotoren Industrie Kraftwerke Haushalte Heizungsanlagen und losungsmittelhaltige Produkte Lacke 11 Hauptartikel Stickoxide Die beispielsweise von einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor emittierten Abgase tragen mit den unterschiedlichen Reaktivitaten ihrer Bestandteile VOC zur Ozonbildung in der bodennahen Troposphare bei Dabei haben insbesondere unverbrannte Kohlenwasserstoffe eine hohe Reaktionsfreudigkeit mit HO Radikalen und dementsprechend ein hohes Ozonbildungspotential Das Bundesimmissionsschutzgesetz nennt solche Stoffe Ozonvorlauferstoffe und empfiehlt in die Uberwachung von 27 chemischen Verbindungen darunter Alkane Alkene substituierte Benzolverbindungen und Formaldehyd 39 BImschV Teil 8 Anlage 10 B 12 Massstab fur die Bewertung des Ozonbildungspotentials ist eine Anfang der 90er in den USA entwickelte Methode bei der im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Fahrzyklustests z B US FTP die Abgasbestandteile einzeln erfasst und bewertet werden In Kalifornien wird dieses Verfahren inzwischen bei der Zertifizierung neuer auf dem Markt zugelassener Fahrzeuge insbesondere bei solchen mit reformulierten und alternativen Kraftstoffen herangezogen Dies erfolgt mit Hilfe der MIR Skala maximum incremental reactivity welche die Betrachtung relativer Ozonbildungspotentiale unter bestimmten atmospharischen Bedingungen ermoglicht MIR Faktoren wurden mittlerweile fur etwa 200 Abgaskomponenten empirisch ermittelt Komponenten mit den hochsten Reaktivitaten sind einige Olefine MIR 8 11 gO3 gVOC einige Aromaten 7 9 gO3 gVOC sowie einige Oxigenate Aldehyde mit 5 7 gO3 gVOC die niedrigste Reaktivitat hat Methan mit 0 015 gO3 gVOC Fahrzeugversuche haben Folgendes ergeben Das Ozonbildungspotential wird durch einen Katalysator um 80 95 gegenuber einem katalysatorlosen Fahrzeug reduziert Sehr gunstig liegt die Bilanz fur ein mit Erdgas CNG betriebenes Fahrzeug Nur geringe Unterschiede ergeben sich dagegen zwischen verschiedenen Kraftstoffen Benzin Diesel Alkoholkraftstoffe M85 E85 Im Benzinbetrieb werden 50 des Ozonbildungspotentials von nur vier Abgaskomponenten gebildet weitere 40 dagegen von 16 weiteren Komponenten Im Gas CNG und Dieselbetrieb werden 50 des Ozonbildungspotentials von jeweils nur zwei Komponenten gebildet Ebenso werden im Alkoholbetrieb M85 E85 50 des Ozonbildungspotentials von jeweils nur zwei Komponenten gebildet Formaldehyd bzw Acetaldehyd unverbrannter Alkohol weitere 40 dagegen von 18 weiteren Komponenten Auswirkungen beim Menschen BearbeitenOzon dringt als Reizgas tief in die Lunge ein und kann Entzundungen hervorrufen Je nach Dauer der Belastung und der Konzentration gibt es gesundheitliche Auswirkungen wie Husten Augenreizung Kopfschmerzen oder Lungenfunktionsstorungen Nach Empfehlungen von Arzten sollten korperliche Anstrengungen bei hohen Ozonwerten vermieden werden Gesetzliche Grenzwerte BearbeitenNach der 3 EU Richtlinie 2002 3 EG fur Grenzwerte zum Schutze der Gesundheit zum 11 Juni 2010 abgelost durch die neue Luftqualitatsrichtlinie 2008 50 EG gilt 1 h Konzentration gt 180 mg m3 Information der Bevolkerung 1 h Konzentration gt 240 mg m3 Warnung der Bevolkerung max Tagesbelastung 8 h Wert 120 mg m3Mogliche Gegenmassnahmen BearbeitenIndividuell hilft kurzfristig die Vermeidung durch Aufsuchen geschlossener Raume oder das Verlassen belasteter Gegenden Eine langfristige Verminderung gelingt nur auf kollektiver Ebene Da das Wetter als einer der Ausloser als weitgehend unbeeinflussbar gesehen wird zielen die Massnahmen zur Verminderung des Sommersmogs auf die Verminderung von Stickoxiden und fluchtigen Kohlenwasserstoffen ab Da diese durch Verkehr private Feuerungsanlagen und Industrie Gewerbe verursacht werden helfen kurzfristig Anlagenabschaltung und Verkehrsvermeidung Langfristig sind die Nachrustung und oder der Austausch von Anlagen und Fahrzeugen erforderlich 13 14 Nach Sonnenuntergang kommt die Neubildung von Ozon zum Erliegen In verkehrsreichen Regionen reagiert das vorhandene Ozon mit Stickstoffmonoxid und die Ozonkonzentration geht rasch zuruck In landlichen Gebieten sinkt der Ozongehalt der Luft in der Nacht nur wenig 6 Im Allgemeinen sind die Ozonkonzentrationen morgens am niedrigsten Literatur BearbeitenIan Barnes Karl Heinz Becker Peter Wiesen Organische Verbindungen und der Photosmog In Chemie in unserer Zeit Band 41 Nr 3 Juni 2007 S 200 doi 10 1002 ciuz 200700415 Johannes Staehelin Christoph Huglin Stefan Bronnimann Nino Kunzli Ozon und Sommersmog Akademien der Wissenschaften Schweiz 2016 Chemie heute Sekundarbereich II Schrodel Verlag C E Mortimer U Muller Chemie 8 Aufl Thieme Stuttgart 2003 B Hohlein P Biedermann et al Verkehrsemissionen und Sommersmog Monographien des Forschungszentrum Julich Band 26 1996 ISBN 3 89336 188 X G Decker J Beyersdorf et al Das Ozonbildungspotential unterschiedlicher Fahrzeug und Kraftstoffkonzepte ATZ Automobiltechnische Zeitschrift 98 1996 5Einzelnachweise Bearbeiten Arie J Haagen Smit Chemistry and Physiology of Los Angeles Smog Industrial and Engineering Chemistry 44 1952 doi 10 1021 ie50510a045 freier Volltext John M Wallace Peter V Hobbs Atmospheric Science An Introductory Survey Elsevier 2006 ISBN 9780080499536 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche History of Smog LA Weekly 22 September 2005 California Military Department California and the Second World War Los Angeles Metropolitan Area during World War II California Military History Online 2019 Elizabeth A Ainsworth et al The Effects of Tropospheric Ozone on Net Primary Productivity and Implications for Climate Change Annual Review of Plant Biology 63 2012 doi 10 1146 annurev arplant 042110 103829 freier Volltext a b Bodennahes Ozon Informationsbroschure des bayerischen Landesumweltamts Yutaka Matsumi Masahiro Kawasaki Photolysis of Atmospheric Ozone in the Ultraviolet Region Chem Rev 103 2003 doi 10 1021 cr0205255 freier Volltext Diese Reaktion ist nicht elementar sondern verlauft je nach Druck uber HOCO oder H siehe David C McCabe Tomasz Gierczak Ranajit K Talukdar und A R Ravishankara Kinetics of the Reaction OH CO Under Atmospheric Conditions Geophysical Research Letters 28 2001 doi 10 1029 2000GL012719 freier Volltext K B Moiseenko et al Regional Photochemical Surface Ozone Sources in Europe and Western Siberia Izvestiya Atmospheric and Oceanic Physics 54 2018 doi 10 1134 S0001433818060105 freier Volltext L L Pan et al Bimodal distribution of free tropospheric ozone over the tropical western Pacific revealed by airborne observations Geophysical Research Letters 42 2015 doi 10 1002 2015GL065562 freier Volltext Informationen uber Ozon Informationsbroschure des bayerischen Landesumweltamts 39 BImschV Teil 8 Anlage 10 NRW Landtag 1985 Ozon Massnahmen gegen den Sommersmog Memento vom 3 November 2012 im Internet Archive Weblinks BearbeitenPhotosmog Stoffkreislaufe in der Troposphare Memento vom 21 Juni 2008 im Internet Archive UBA Deutschland Aktuelle Luftdaten 1 2 Vorlage Toter Link www lua nrw de Seite nicht mehr abrufbar Suche in Webarchiven Luftgute in Osterreich Photosmog Memento vom 1 Juni 2009 im Internet Archive Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sommersmog amp oldid 217729713