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Silverview ist ein Spionageroman des britischen Schriftstellers John le Carre Ursprunglich in der ersten Halfte der 2010er Jahre geschrieben blieb das Manuskript zu le Carres Lebzeiten unpubliziert und wurde 2021 von seinem Sohn Nicholas Cornwell postum veroffentlicht Die Handlung kreist um einen alten Spion der in Verdacht gerat nicht langer loyal zum britischen Geheimdienst zu stehen Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Hintergrund 3 Rezeption 4 Ausgaben 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenJulian Lawndsley ein ehemaliger Top Trader der Londoner Bankenszene hat sich mit 33 Jahren in einen kleinen Kustenort nach East Anglia zuruckgezogen um eine Buchhandlung zu eroffnen Allerdings fehlen ihm grundlegende Kenntnisse des Literaturbetriebs So lasst er sich gerne von einem verschrobenen alten Kauz beraten der regelmassig seine Buchhandlung aufsucht und sich ungeachtet seines osteuropaischen Akzents als Edward Avon vorstellt Gemeinsam planen sie im Keller der Buchhandlung eine Bibliothek die unter dem hochtrabenden Namen Literarische Republik das europaische Geistesleben versammeln soll Was der gutglaubige Julian nicht weiss Der aus Polen stammende Edward war unter dem Decknamen Florian ein hochrangiger Spion fur den britischen Auslandsgeheimdienst bis er durch ein Ereignis wahrend der Bosnienkriegs aus der Bahn geworfen wurde Bei seiner Spionagetatigkeit hatte er sich in einem kleinen bosnischen Bergdorf mit einer jordanischen Familie angefreundet die eine Klinik leitete Doch das Idyll des friedlichen Miteinanders unterschiedlicher Kulturen wurde durch einfallende serbische Kampfer zerstort Ehemann und Sohn ermordet Edward rettete die Ehefrau Salma und liess sich von ihrer starken Personlichkeit in den Bann ziehen Doch als Spion war er ausgebrannt nachdem der britische Dienst seine gesammelten Informationen zwar stets an die amerikanischen Partner weitergeleitet aber niemals zum Schutz der bosnischen Bevolkerung eingesetzt hatte Inzwischen lebt Edward mit seiner Frau Deborah in einem Herrenhaus genannt Silverview nach der Villa Silberblick von Friedrich Nietzsche Deborah eine Analystin des Geheimdienstes aus der britischen Oberschicht liegt mit einer Krebserkrankung im Sterben Sie verdachtigt ihren Mann geheime Unterlagen uber die von ihr mitgeplanten subversiven Geheimaktionen rund um den Nahostkonflikt an Friedensaktivisten weitergegeben habe Dies ruft Stewart Proctor alias Proctor the doctor auf den Plan den Chef der Inlandssicherheit und obersten Hexenjager des Dienstes ein Mann in Edwards Alter wie dieser unglucklich verheiratet doch im Unterschied zum lebenserfahrenen Spion ein reiner Theoretiker Nach Deborahs Beerdigung beschuldigt Proctor Julian der inzwischen mit Edwards Tochter Lily liiert ist mit dem alten Spion zu konspirieren Tatsachlich hat Edward den Keller der Buchhandlung als Tarnung benutzt Julians Computer verwendet um der Uberwachung zu entgegen und diesen sogar einmal als Boten eines Briefes an Salma eingesetzt Doch Proctor tauscht sich in der Kooperationsbereitschaft Edwards den er mit grosszugigen Zusicherungen zum Gestandnis zu bewegen hofft Edward entkommt der Observation im Zustellwagen des Postboten Als Lily vom Verschwinden ihres Vaters hort ist sie sich sicher dass er auf dem Weg zu Salma ist Hintergrund BearbeitenObwohl erst nach le Carres Tod im Dezember 2020 erschienen ist Silverview nicht dessen letztes entstandenes Werk Er hatte es bereits nach dem 2013 erschienenen Roman Empfindliche Wahrheit geschrieben Anschliessend entstanden mit Der Taubentunnel 2016 noch seine Memoiren sowie die beiden Romane Das Vermachtnis der Spione 2017 und Federball 2019 1 Obwohl le Carre das Manuskript von Silverview wieder und wieder uberarbeitete liess er es schliesslich unveroffentlicht liegen 2 Laut le Carres Biograf Adam Sisman brach er die Arbeit an dem Roman im Jahr 2015 ab und er bringt dies in Zusammenhang mit einer Aussage dass der Autor aufhoren wollte zu schreiben wenn seine Bucher nicht mehr die fruhere Qualitat besassen 3 Fur le Carres Agenten hingegen war gerade die belastende Mitarbeit an Sismans Biografie der Ausloser den Roman ruhen zu lassen Sein Sohn Nicholas Cornwell brachte die Krebserkrankung von le Carres Ehefrau Jane als Grund ins Spiel die le Carre nicht in der unsympathisch gezeichneten Figur der Deborah gespiegelt sehen wollte Zudem habe sein Vater Bedenken wegen des negativen Bildes des britischem Geheimdienstes gehabt das im Roman gezeichnet werde 4 im Kontext dieser Geschichte hat man nicht das Gefuhl dass der Geheimdienst fur irgendjemanden etwas Gutes tut 1 Laut Cornwell der unter den Pseudonymen Nick Harkaway und Aidan Truhen selbst Romane veroffentlicht habe sein Vater ihm das Versprechen abgenommen ein Manuskript zu beenden das er unvollendet hinterlasse Er habe allerdings nur an wenigen Stellen redigierend eingreifen mussen Ich glaube im ganzen Buch gibt es vielleicht zwei Absatze die ich als Ubergang geschrieben habe Niemand wird meine Spuren finden und ich kann mich selber nicht einmal mehr erinnern wo sie sind 1 Der Titel Silverview stammt von einem englischen Herrenhaus im Roman den der Protagonist nach Friedrich Nietzsches Villa Silberblick benannt hat Jochen Vogt vermutet dass le Carre das Nietzsche Archiv besucht haben konnte als er 2011 in Weimar mit der Goethe Medaille ausgezeichnet wurde Der Sinn des Bezuges bleibe allerdings auch dem sehr geneigten Leser unklar 5 Im Roman wird der Name begrundet als Hommage fur den Fursprecher der individuellen Freiheit 4 Thomas Wortche assoziiert mit dem Titel schon fast Gottfried Keller sche Abendstimmung 6 Ein zweiter deutscher Schriftsteller der im Roman prominent erwahnt wird ist W G Sebald mit seinem Reisebericht Die Ringe des Saturn der jene Gegend beschreibt in der auch Silverview angesiedelt ist Sebalds Text wird im Roman als literarischer Taschenspielertrick erster Gute eingefuhrt was fur Vogt das Schlusselwort fur le Carres hinterlassene Erzahlung wie die gesamte Sphare des Geheimdienstes ist 5 Laut Gina Thomas ist Sebalds Wanderung eine Wanderung durch zivilisatorische Selbstzerstorung und der alte Spion im Zentrum des Romans eine der geschadigten Figuren denen le Carre Zuge seines eigenen zerrissenen Wesens einschreibt 4 Rezeption BearbeitenJohn le Carres postum erschienener Roman wurde noch einmal ein internationaler Bestseller In der britischen Belletristik Bestsellerliste erreichte er nach seinem Erscheinen Platz 2 beim amerikanischen Pendant Platz 5 In Deutschland stieg er auf Platz 45 der Spiegel Bestsellerliste ein 7 Im Kritiker Ranking der Krimibestenliste erreichte der Roman im November 2021 Rang 2 8 Fur Marcus Muntefering wirkt Silverview geradezu sanft verglichen mit den spater geschriebenen Romanen in denen le Carre heftig gegen den Brexit gewutet hatte Stattdessen treffe man einen jungen naiven Helden der in ein Rankespiel alternder Agenten gerat denen eigentlich bewusst ist dass ihre Zeit langst abgelaufen ist Wie haufig bei le Carre werde die Fragen gestellt Wann wird Verrat zu einem Akt der Loyalitat wann eine Luge zur Wahrheit und woher schopfen wir Zuversicht in einer an sich hoffnungslosen Welt 2 Die Botschaft liegt laut Tobias Gohlis in der Erkenntnis dass die Jugend das Alter zwar respektvoll behandeln aber nicht dessen Fehler wiederholen solle Dies sei garniert mit altersweiser ironischer Heiterkeit 9 Fur Jochen Vogt verschwindet mit Edward dieser letzte Held Le Carres wie die meisten anderen auch ein Opfer aus seiner Erzahlwelt als ein gealterter und vom Leben gebeutelter Felix Krull fast ohne eine Spur zu hinterlassen 5 Gina Thomas findet im Roman viele vertraute Leitmotive aus le Carres Werk wieder so dass er beinahe wie eine Le Carre Persiflage wirke Unzuverlassige Vater untreue Frauen englische Privatschulen und auch die Liebe zur deutschen Kultur 4 Auch Thomas Wortche erkennt viele von le Carres Themen wieder allerdings in einem Zerrspiegel So sei etwa Proctor ein naher Verwandter von George Smiley die Vater Sohn Beziehung zwischen Julian und Edward habe bei le Carre immer einen autobiografischen Hintergrund den er schon in Ein blendender Spion aufgearbeitet hatte Und Motor der Handlung sei wie immer ein Maulwurf das Trauma aller Geheimdienste wobei der Roman gerade die Sinnfreiheit der Maulwurfsjagd entlarve indem dessen Missetaten bis zum Schluss ebenso nebulos bleiben wie seine psychologische oder moralische Verortung 6 Laut Fritz Gottler schrieb le Carre zwar sein ganzes Leben uber Geheimagenten und Spione In Wahrheit aber ging es ihm immer um die Liebe 10 Sylvia Staude liest von dem Menschenfreund le Carre eine Liebesgeschichte die hier auch die Liebe zu den Buchern einschliesst 11 Fur Ferdinand Quante ist der Roman ein finaler Streifzug durch eine zweifelhafte Agentenwelt und zugleich ein Lobgesang auf die Liebe ein kraftvoller geschmeidiger und oft witziger Roman Am Ende legt er ihn traurig beiseite im Wissen dass er das endgultig letzte starke Stuck des Meisters war 12 Ausgaben BearbeitenJohn le Carre Silverview Penguin Books London 2021 ISBN 978 0 241 55006 9 John le Carre Silverview Aus dem Englischen von Peter Torberg Ullstein Berlin 2021 ISBN 978 3 550 20206 3 John le Carre Silverview Aus dem Englischen von Peter Torberg Gelesen von Achim Buch Horbuch Hamburg Hamburg 2021 ISBN 978 3 95713 264 2 Weblinks BearbeitenRezensionsnotizen zu Silverview bei PerlentaucherEinzelnachweise Bearbeiten a b c dpa Silverview Der letzte Roman von John le Carre In Die Zeit 18 Oktober 2021 a b Marcus Muntefering Wenn Spione melancholisch werden In Der Spiegel 24 Oktober 2021 Adam Sisman John le Carre The Biography Bloomsbury London 2015 ISBN 978 1 4088 4944 6 Kapitel 24 Mr Angry a b c d Gina Thomas Tollerei der Meisterspione In Frankfurter Allgemeine Zeitung 1 November 2021 a b c Jochen Vogt Unterhaltsam aber mit intertextuellem und kulturhistorischem Tiefgang In literaturkritik de 25 Oktober 2021 a b Thomas Wortche Was jetzt Spion In Culturmag 1 November 2021 John le Carres letztes Werk In Buchreport 2 November 2021 Altmeister John le Carre schlagt noch einmal zu In Deutschlandfunk Kultur 5 November 2021 Tobias Gohlis Die Schatten von gestern In Deutschlandfunk Kultur 5 November 2021 Fritz Gottler Die Legende bleibt gewahrt In Suddeutsche Zeitung 18 Oktober 2021 Sylvia Staude John le Carre Silverview Die Warme der Korper In Frankfurter Rundschau 28 Oktober 2021 Ferdinand Quante Silverview von John Le Carre In Westdeutscher Rundfunk 19 Oktober 2021 Werke von John le Carre Schatten von Gestern Ein Mord erster Klasse Der Spion der aus der Kalte kam Krieg im Spiegel Eine kleine Stadt in Deutschland Der wachsame Traumer Dame Konig As Spion Eine Art Held Agent in eigener Sache Die Libelle Ein blendender Spion Das Russlandhaus Der heimliche Gefahrte Ein guter Soldat Der Nachtmanager Unser Spiel Der Schneider von Panama Single amp Single Der ewige Gartner Absolute Freunde Geheime Melodie Marionetten Verrater wie wir Empfindliche Wahrheit Der Taubentunnel Das Vermachtnis der Spione Federball Silverview Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Silverview amp oldid 236924907