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Randschlag auch Saumschlag bezeichnet in der Steinmetzkunst einen ebenen Streifen am Rand eines Steinquaders Mauerwerk eines Pfeilers aus Buckelquadern mit Randschlag Rom Aqua Marcia Aquadukt 144 140 vor Christus Inhaltsverzeichnis 1 Funktion 1 1 Ebene Spiegel 1 2 Erhabene Spiegel 1 3 Eingetiefte Spiegel 2 Randschlaganzahl 3 Randschlagbreite 4 Unechte Randschlage 5 Verfahren 6 Ubersetzungen 7 Wortherkunft 8 Literatur 8 1 Neue Literatur 8 2 Altere Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseFunktion BearbeitenIn der Steinmetzkunst werden ebene Streifen entlang den Kanten von Steinquadern als Randschlag bezeichnet Das Ziehen der Randschlage ist der erste Schritt bei der manuellen Bearbeitung von Natursteinoberflachen Von der weiteren Bearbeitung des Spiegels der Flache zwischen den Randschlagen hangt es ab welche Funktion die Randschlage erfullen Dabei wird zwischen ebenen erhabenen und eingetieften Spiegeln unterschieden nbsp Bild 1 Flachquadermauerwerk mit ebenen Spiegeln und mit sichtbarem Randschlag nbsp Bild 2 Flachquadermauerwerk mit ebenen Spiegeln und ohne sichtbaren Randschlag nbsp Bild 3 Flachrustika mit erhabenen Spiegeln und waagerechtem Randschlag nbsp Bild 4 Steinquader mit eingetieftem Spiegel und Randschlag Anathyrose Ebene Spiegel Bearbeiten Zur Herstellung ebener Oberflachen wird der uberstehende Bossen 1 bis auf die Tiefe der Randschlage herunter abgearbeitet 2 Die Randschlage erfullen bei Flachquadermauerwerk eine Hilfsfunktion und bilden zusammen mit dem Spiegel die fertige Oberflache Dabei kann der Randschlag sichtbar bleiben Bild 1 3 oder wie der Spiegel abgearbeitet werden so dass er von diesem nicht mehr zu unterschieden ist Bild 2 Erhabene Spiegel Bearbeiten Bei Bossenquadern 4 bleibt der Bossen stehen oder wird zwar abgearbeitet aber nicht bis zur Tiefe der Randschlage Bild 3 In diesem Fall erfullen die Randschlage sowohl eine technische als auch eine asthetische Funktion 5 Die Randschlage erleichtern das lotrechte Versetzen der Quader da die Kanten der Randschlage eben sind Wenn nur die Randschlage gezogen werden mussen und der Bossen stehenbleibt oder nur geringfugig verandert wird wird die Bearbeitungsdauer entsprechend verkurzt Der Mauerwerkverband der Fassaden wird trotz des engen Fugenschlusses an den Lager und Stossfugen durch die Randschlage deutlich hervorgehoben so dass das Zusammenspiel zwischen Fugenbild und Bossen seine asthetische Wirkung entfalten kann Eingetiefte Spiegel Bearbeiten Das Verfahren der Anathyrose erlaubte es den Arbeitsaufwand des Steinmetzen bei der Bearbeitung der Lager und Stossflachen zu minimieren Die Bauglieder wurden mit Randschlag versehen und der Bossen bis unterhalb der Randschlagebene grob abgearbeitet so dass sich eine Eintiefung ergab die den Fugenschluss der Randschlage nicht beeintrachtigte Bild 4 Die Anathyrose wurde nicht nur bei Steinquadern sondern auch bei der Bearbeitung von Saulentrommeln angewendet 6 Die Anathyrose wurde in Agypten im Alten Reich erfunden Im antiken Griechenland fand sie weite Verbreitung und wurde auch in der altromischen Baukunst eingesetzt 7 In der Fachliteratur wird der Begriff Randschlag im Zusammenhang mit der Anathyrose nicht verwendet vielmehr werden Umschreibungen benutzt z B Kontaktflache Saum Anschlussflache Randstreifen Randschlaganzahl Bearbeiten nbsp Bild 5 Bandrustika mit 0 1 und 2 Randschlagen Zur Herstellung eines ebenen Spiegels wird die Quaderoberflache mit einem umlaufenden Randschlag versehen vierseitiger Randschlag Bei Quadern mit erhabenem Spiegel Bossenquadern kann die Anzahl der Randschlage zwischen 0 und 4 variieren Bei vierseitigem Randschlag verdoppelt sich der Abstand zwischen zwei Bossen und der Fugenschluss bleibt sichtbar Durch zwei oder einseitige Randschlage konnen die Stoss bzw Lagerfugen so gesetzt werden dass sie mit der Bossenkante zusammenfallen und dadurch fast unsichtbar sind Dies ist z B erwunscht bei der Herstellung von Bandrustika oder wenn mehrere Quader an den Stossfugen scheinbar zu einem Quader verbunden werden sollen 8 Beispiel In Bild 5 sieht man uber dem Sockelquader drei Steinlagen die als Bandrustika ausgebildet sind An den Lagerfugen im Turstock kann man die Verteilung der Randschlage erkennen Untere Steinlage zweiseitiger Randschlag Mittlere Steinlage kein Randschlag Obere Steinlage einseitiger Randschlag Durch diese Verteilung der Randschlage liegt zwischen zwei Quadern nur ein Randschlag Dies hat den Vorteil dass die Mortelfuge in der Draufsicht unsichtbar bleibt weil sie nicht zwischen zwei Randschlagen liegt Randschlagbreite BearbeitenDie Breite der Randschlage bei Quadersteinen mit ebenem und erhabenem Spiegel variiert zwischen sehr schmal bis 1 5 cm mittelbreit ca 2 5 cm und sehr breit selten mehr als 5 cm 9 Zahlreiche Einzeldaten zu Randschlagbreiten finden sich bei Friederich 1932 deutsche und elsassische Kirchen und bei Eckert 2000 Seite 49 118 Florentiner Profangebaude ab dem Duecento Im antiken Griechenland waren die Randschlage bei Quadern ohne Anathyrose zwischen 0 5 und 3 cm breit 10 Die Randschlage sind bei gleichartigen Quadern eines Mauerwerks in der Regel gleich breit es kommen aber auch variable Randschlagbreiten vor An den Torri dei Galigai z B variiert die Randschlagbreite von 1 bis 4 cm an dem Palazzo dei Cerchi von 0 bis 2 cm und an dem Palazzo da Uzzano von 2 bis 5 cm alle Gebaude in Florenz 11 Bei Baugliedern mit Anathyrose war der Randschlag im antiken Griechenland anfangs 7 10 cm breit in hellenistischer Zeit 11 20 cm 12 Unechte Randschlage BearbeitenDie Anwendung neuer Techniken brachte es mit sich dass die Randschlage zum Teil ihre funktionelle Bedeutung fur das lotrechte Versetzen verloren und daher als stilistisches Element bei der Gestaltung von Verbanden dienen konnten Durch das nachtragliche Herausschlagen senkrechter Kanale in die Ansichtsflache wurde der Quader scheinbar in mehrere Quader geteilt Die meist nicht am Rand geschlagenen Kanale die dadurch auch nicht mit den Stossfugen zusammenfallen tauschen dem Betrachter Randschlage vor 13 Verfahren Bearbeiten nbsp Bild 6 Randschlage ziehen nbsp Bild 7 Visieren Seitenansicht Die folgende Beschreibung zeigt eines der gebrauchlichen Verfahren zum manuellen Ziehen von vierseitigen Randschlagen 14 Aufbanken Der zu bearbeitende Stein wird auf eine Haubank gelegt aufgebankt so dass die zu bearbeitende Oberflache waagerecht liegt und nach oben zeigt In Bild 6 dient ein zweiter Steinquader als Haubank Erster Langsschlag Unterhalb des tiefsten Punktes der Oberflache wird an einer Seite des Steins ein Richtscheit angelegt Mit einer scharfen Kante des Schlageisens wird entlang dem Richtscheit eine waagerechte Linie angerissen Oberhalb dieser Linie wird mit dem Schlageisen eine ebene Bahn Bild 6a gezogen Die Ebenheit dieses Randschlags wird mit dem Richtscheit uberpruft und so lange korrigiert bis das Richtscheit vollkommen eben aufliegt Erster Querschlag In der Ebene des ersten Langsschlags wird nun rechtwinklig ein Querschlag gezogen Bild 6b Einvisieren 15 Damit der zweite Querschlag am andern Ende des Steins mit den beiden ersten Schlagen in eine Ebene zu liegen kommt muss der Stein einvisiert werden Bild 6c Bild 7 Dies geschieht mit Hilfe zweier Richtscheite Das eine wird hochkant auf den fertigen Querschlag gelegt das andere wird an der gegenuberliegenden Seite an den Stein gehalten so dass seine Unterkante mit dem Ende des Langsschlags zusammenfallt Durch Senken und Heben dieses Richtscheits am freien Ende wird es nun so eingestellt dass beim Einvisieren die Oberkanten beider Richtscheite zusammenfallen Stimmt dies so wird an der noch unbearbeiteten Ecke des Steins der vierte Eckpunkt markiert 16 Ubrige Randschlage Nun wird analog den ersten Schlagen der zweite Querschlag und dann der zweite Langsschlag gezogen Bild 6d Die Bilder 6e und 6f zeigen zwei der Arbeitsvorgange die zum Abarbeiten des Bossen uberstehender Teil zwischen den Randschlagen dienen Ubersetzungen BearbeitenSprache WortformenDeutsch der Randschlag der SaumschlagEnglisch chisel draft 17 Franzosisch la ciselure 18 Wortherkunft BearbeitenDas Wort Randschlag bezeichnet den Schlag entlang dem Rand eines Steinquaders und im ubertragenen Sinn das Ergebnis dieser Tatigkeit Literatur BearbeitenNeue Literatur Bearbeiten Dieter Arnold Building in Egypt New York 1991 Seite 123 Anja Eckert Die Rustika in Florenz mittelalterliche Mauerwerks und Steinbearbeitungstechniken in der Toskana Braubach 2000 besonders Seite 44 45 Dorothee Elias Arbeiten einer Stele aus Muschelkalk Vom Entwurf bis zur Bestimmung Monchengladbach ohne Jahr nur online Reiner Flassig Historische Steinbearbeitung Seite 310 ff In Bildungszentrum fur das Steinmetz und Bildhauerhandwerk Hrsg Steinmetzpraxis Das Handbuch fur die tagliche Arbeit mit Naturstein 2 uberarbeitete Auflage Ebner Verlag Ulm 1994 ISBN 3 87188 138 4 Robert Habermayer Mauerwerkstechnik und Steinbearbeitung der romanischen Zeit im ehemaligen Bistum Minden Hannover 1983 Seite 77 80 85 Dorothea Hochkirchen Mittelalterliche Steinbearbeitung und die unfertigen Kapitelle des Speyerer Domes Koln 1990 Seite 34 39 Christoph Hocker Metzler Lexikon antiker Architektur Sachen und Begriffe Stuttgart 2008 Stichworter Anathyrose und Randschlag Werner Muller Text Gunther Vogel Tafeln dtv Atlas zur Baukunst Band 1 Allgemeiner Teil Baugeschichte von Mesopotamien bis Byzanz Munchen 2005 Wolfgang Muller Wiener Griechisches Bauwesen in der Antike Munchen 1988 Seite 75 76 90 Anathyrose 78 Randschlag NN Kleines Worterbuch der Architektur Stuttgart 1995 Stichworter Anathyrose und Randschlag Wolfgang Rudolph Steine klopfen fur den Hausgebrauch Auf dem sachsischen Schloss Trebsen erhalten Interessierte Einblicke in die Geheimnisse der Steinmetzkunst In Bauernzeitung vom 7 August 2009 Seite 68 69 Fritz Scheidegger Aus der Geschichte der Bautechnik Band 1 Grundlagen Basel 1994 Seite 157 Google Buch Michael Senn Das Werkstatt Orange Fachbegriffslexikon 7 10 Randschlag I IV In Campos Zeitung fur Landschaftsgartner 2008 Heft 11 bis 2009 Heft 2 1 PDF 132 kB 2 PDF 129 kB 3 PDF 121 kB 4 PDF 127 kB Peter Volkle Werkplanung und Steinbearbeitung im Mittelalter Ebner Verlag Ulm 2016 ISBN 978 3 87188 258 6 Altere Literatur Bearbeiten Albert Burrer Der Steinmetz an der Arbeit Stuttgart 1911 Seite 7 8 Joseph Claudel L Laroque Pratique de l art de construire Paris 1859 Seite 287 288 Google Buch Josef Durm Handbuch der Architektur Teil 2 Die Baustile Historische und technische Entwicklung Band 2 Die Baukunst der Etrusker Die Baukunst der Romer Darmstadt 1885 Seite 128 130 Digitalisat Karl Friedrich Die Steinbearbeitung in ihrer Entwicklung vom 11 bis zum 18 Jahrhundert Augsburg 1932 Nachdruck Ulm 1988 Seite 26 36 37 und passim Theodor Krauth Herausgeber Franz Sales Meyer Herausgeber Die Bau und Kunstarbeiten des Steinhauers Band 1 Text Leipzig 1896 Seite 185 188 205 206 Google Buch Theodor Krauth Herausgeber Franz Sales Meyer Herausgeber Die Bau und Kunstarbeiten des Steinhauers Band 2 Tafeln Leipzig 1896 Tafel 1 William Dwight Whitney Herausgeber Benjamin Eli Smith Herausgeber The Century Dictionary Band 2 New York 1911 Seite 968 online Leo von Willmann Werksteinbearbeitung In Otto Lueger Herausgeber Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften Band 8 Stuttgart 1904 Seite 917 918 online Ludwig Friedrich Wolfram Vollstandiges Lehrbuch der gesammten Baukunst Band 1 Lehre von den Baustoffen Stuttgart 1833 Seite 175 Google Buch Tafel VII Google Buch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Randschlag Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Erhabener Teil der Oberflache zwischen den Randschlagen Wolfram 1833 Seite 175 Die Zeitliche Ubersicht der Bearbeitungsarten bei Friederich 1932 Seite 36 37 bringt in der Spalte Charakterprobe Bild zahlreiche Hinweise auf Abbildungen von sichtbaren Randschlagen auf Steinoberflachen Die Begriffe Buckelquader und Bossenquader werden fur Steine deren Ansichtsflachen aus der Wandebene hervortreten synonym benutzt Eckert 2000 Seite 11 Die Bossen konnen verschiedene Formen annehmen z B Kissen Polster Diamant Platte Eckert 2000 Seite 44 Hocker 2008 Muller Wiener 1988 Wikipedia Artikel Anathyrosis Reclam 1995 Arnold 1991 Eckert 2000 Seite 44 45 Krauth 1896 1 Seite 205 206 Krauth 1896 1 Tafel 1 Klassifizierung nach Friederich 1932 Seite 37 abgedruckt in Bearbeitung von Natursteinoberflachen Muller Wiener 1988 Seite 77 Eckert 2000 Seite 52 55 92 Muller Wiener 1988 Seite 75 Siehe z B die Fassade des Palazzo Rucellai Eckert 2000 Seite 103 Grabmal der Caecilia Metella Durm 1885 Seite 130 Burrer 1911 Eckert 2000 Seite 44 Friederich 1932 Seite 26 Habermayer 1983 Hochkirchen 1990 Krauth 1896 Scheidegger 1994 Wolfram 1833 Der Vorgang des Einfluchtens kann durch folgende Worter bezeichnet werden in Klammern wird je eine Fundstelle angegeben Visieren Wolfram 1833 Seite 175 Einvisieren Scheidegger 1994 Ersehen Hochkirchen 1990 Seite 424 Versehen Burrer 1911 Seite 8 Absehen Habermayer 1983 Seite 79 Fast wortlich nach Krauth 1896 Whitney 1911 Claudel 1859 Seite 288 Wiktionnaire ciselure Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Randschlag Architektur amp oldid 212452935