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Der Ruckzug von Karansebes turkisch Sebes Muharebesi rumanisch Lupta de la Caransebes fand im September 1788 im Rahmen des Russisch osterreichischen Turkenkrieges 1787 bis 1792 statt Eine Schlacht von Karansebes ist historisch nicht ausreichend gesichert und zumindest in bekannter Form moglicherweise eine Legende Dennoch gilt das Ereignis als militarisches Desaster mit angeblich bis zu 10 000 Toten 1 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Schlacht von Karansebes 3 Authentizitat und Quellenlage 4 Anmerkungen 5 Einzelnachweise 6 LiteraturVorgeschichte BearbeitenNachdem das Osmanische Reich aufgrund der russischen Besetzung der Krim dem russischen Kaiserreich den Krieg erklart hatte trat als russischer Bundnispartner auch Osterreich an Russlands Seite in den Konflikt ein Kaiser Joseph II fuhrte das osterreichische Heer anfangs personlich im Gebiet Siebenburgens und Serbiens allerdings gelangen im Kampf gegen die vom Grosswesir Koca Yusuf Pascha gefuhrten Osmanen keine bedeutenden Erfolge Die Osterreicher beklagten bereits zu Beginn des Feldzugs durch die Malaria Zehntausende an Kranken und Toten da ihr Heerlager bei Belgrad in einem Sumpfgebiet lag Joseph II befand sich anscheinend selbst in schlechter korperlicher Verfassung als er sich entschlossen haben soll mit der Halfte seiner Streitmacht um die 100 000 Mann den Kampf gegen eine turkische Armee unter Fuhrung des Grosswesirs zu suchen mit der er bereits am 14 September bei Slatina zusammengestossen war In der Nahe der Stadt Karansebes fand schliesslich die angebliche Schlacht am 17 September 1788 statt die einen unerwarteten Verlauf nehmen sollte Schlacht von Karansebes BearbeitenWahrend des Vormarsches der osterreichischen Truppen schirmten berittene Husaren die Kolonnen der Infanterie ab zum Anbruch der Nacht trafen einige dieser Kavalleristen auf Hausierer von denen sie Schnaps kauften Als vom Marsch erschopfte Infanteristen zu diesem Zweck ebenfalls aus der Marschkolonne ausscherten wurden sie von den im Status hoher gestellten Kavalleristen weggescheucht Uber die Arroganz ihrer berittenen Kameraden verargert schossen einige Soldaten Schusse in die Luft ab und riefen Turci Turken Die Folgen dieses Scherzes waren fatal in der Dunkelheit gerieten die Husaren und andere Verbande in Panik ruckwartig marschierende Einheiten feuerten auf die vor Schreck fliehenden Husaren wodurch eine allgemeine Schiesserei und Flucht vor dem vermeintlichen Hinterhalt der Turken ausgelost wurde So wurden mitunter die Halt Rufe eigener Offiziere angeblich als Allah Rufe missverstanden solchen Missverstandnissen leistete die Sprachenvielfalt im osterreichischen Heer Vorschub Da die Armee mit Teilen gerade eine Brucke passierte kam es dort zu Stauungen wahrend Manner und Trosseinheiten ins Wasser abgedrangt wurden In diesem Chaos hatte das Sammeln und Neuordnen der Verbande keinen Erfolg sodass bald eine allgemeine panische Flucht einsetzte Beim Heraufdammern des nachsten Morgens wurde das Desaster offenkundig an Gepack Ausrustung und Kanonen waren grosse Zahlen verloren gegangen das osterreichische Heer begab sich auf den Ruckzug Die wenige Tage spater eintreffende turkische Streitmacht soll gut 10 000 Tote und Verwundete vorgefunden haben allesamt durch Eigenbeschuss getotet Authentizitat und Quellenlage BearbeitenEigenbeschuss friendly fire war militarisch zwar zu jeder Zeit ein Problem allerdings sind die Zahlenverhaltnisse 10 Verlustquote sowie die fur damalige Armeen bedeutende Zahl von 10 000 Mann unwahrscheinlich Die damals verwendeten Musketen besassen langere Ladezeiten und eine mangelhafte Prazision das Gefecht hatte also wesentlich intensiver stattfinden mussen als in der Situation realistisch gewesen ware Auch die durch das entstehende Chaos resultierenden Verluste wie durch todliche Sturze im Gedrange etc sind fur derartige Zahlen kritisch zu betrachten Eine relativ verlassliche Quelle ist die Geschichte Josephs des Zweiten von A J Gross Hoffinger geschrieben 59 Jahre nach der angeblichen Schlacht die enormen Opferzahlen werden hier jedoch nicht genannt Eine weitere fruhe Erwahnung datiert 1843 55 Jahre nach dem Vorfall wobei sich hier allerdings kaum nahere Details finden Von osmanischer bzw turkischer Seite gibt es keine gesicherte Bestatigung des Vorfalls auch in entsprechenden Chroniken der Stadt befinden sich keine Hinweise obwohl andere Vorkommnisse des Krieges durchaus aufgefuhrt werden Gerade die ungenaue Quellenlage uber einen Vorfall dieser Brisanz und dieses Ausmasses geben Anlass zum Zweifeln weshalb hier mindestens von einer Ausschmuckung und Ubertreibung als Teil einer modernen Sage der Fall sein wird die gelegentlich im Internet und in der Sekundarliteratur als unglaublicher militarischer Fehlschlag aufbereitet wird Anm 1 Eine zeitgenossische Schilderung der Ereignisse stellt die Vorgange weniger dramatisch dar Anm 2 In dem Hofbericht aus dem Feldlager vom 23 September 1788 wird der Vorfall dergestalt beschrieben dass der Tross nach Karansebes vorausgeschickt worden war und osterreichische Reiterei die nachruckenden Osmanen auf Distanz halten sollte Als es im Rucken des Trosses zu einem Feuergefecht gekommen war flohen die Fuhrleute eines Teils des Trosses auf den Wagenpferden und liessen die Trosswagen zuruck Zwar habe die Ordnung bald wieder hergestellt werden konnen aber ein Teil des Trosses sei verloren gegangen Die Verluste auf osterreichischer Seite beziffert der Hofbericht auf 150 Gefallene Anm 3 Anmerkungen Bearbeiten Vergleiche zum Beispiel Durschmied Erik The Hinge Factor How Chance And Stupidity Have Changed History London Hodder amp Stoughton 1999 S 65f Real Zeitung auf das Jahr 1788 Hrsg von Johann Heinrich Gross Nr 80 1788 vom 7 Oktober 1788 Erlangen 1788 S 726f Um Mitternacht kamen viele Walachen mit grossem Geschrei die Turken die Turken Von diesem falschen Larm erschreckt fuhr alles auf und dachte an Rettung Ein paar Hauser welche von eben diesen Walachen in Brand gesteckt wurden vermehrten den Schrecken Die Verwirrung war unbeschreiblich Unsere Mannschaft stiess in der Finsterniss auf ein anders Regiment Die Offiziere des erstern riefen halt halt die zweiten glaubten den turkischen Ruf allah zu horen feuerten und erlegten viele ihrer Kameraden Inhaltliche Wiedergabe des Hofberichtes in Real Zeitung auf das Jahr 1788 Hrsg von Johann Heinrich Gross Nr 80 1788 vom 7 Oktober 1788 Erlangen 1788 S 727fEinzelnachweise Bearbeiten Giorgio Bergamino Gianni Palitta Desastres Militares S 30f Tikal Madrid 2018Literatur BearbeitenRegan Geoffrey Militarische Blindganger und ihre grossten Niederlagen Lizenzausgabe des Weltbild Verlag ISBN 978 3 8289 0840 6 Durschmied Erik Hinge Faktor Wie Zufall und Dummheit Weltgeschichte schreiben Bohlau ISBN 978 3 205 99159 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ruckzug von Karansebes amp oldid 240056350