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Im Projekt A119 auch bekannt als A Study of Lunar Research Flights englisch fur Eine Studie uber lunare Forschungsfluge wurde Ende der 1950er Jahre im Auftrag der United States Air Force ein streng geheimer Plan entwickelt eine Nuklearbombe auf dem Mond zu zunden Ziel war es durch eine solche Detonation zu demonstrieren dass die Vereinigten Staaten der Sowjetunion und dem Rest der Welt wahrend des Kalten Krieges im Weltall technisch uberlegen seien Das Wissen um Details des Projekts stammt vom ehemaligen NASA Angestellten Leonard Reiffel der 1958 als Leiter des Projekts A119 fungierte Ebenfalls beteiligt war der spater bekannt gewordene Astrophysiker Carl Sagan der in einem Team die theoretischen Effekte einer Nuklearexplosion bei geringer Schwerkraft erforschte Deckblatt von A Study of Lunar Research Flights Vol IDas Projekt A119 wurde nie durchgefuhrt hauptsachlich deshalb weil die Verantwortlichen einer bemannten Mondlandung eine sehr viel positivere Wirkung auf die US amerikanische Offentlichkeit zusprachen Nach Bekanntwerden von Details des Projekts durch Reiffel veroffentlichte die US Regierung Anfang der 2000er Jahre nach einer Anfrage gemass dem Freedom of Information Act den ersten Band der Projektstudie A Study of Lunar Research Flights wahrend die restlichen Bande vernichtet wurden Bis heute Stand November 2012 hat die Regierung eine Beteiligung an der Studie nicht offiziell bestatigt 1 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund des Kalten Krieges 2 Pressegeruchte um ein sowjetisches Programm 3 Projekt 3 1 Forschung 3 2 Abbruch 4 Folgen und Aufdeckung 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 Literatur 8 EinzelnachweiseHintergrund des Kalten Krieges BearbeitenWahrend des Kalten Krieges gelang es der Sowjetunion mit Sputnik 1 am 4 Oktober 1957 den ersten Satelliten ins Weltall zu schiessen Dies fuhrte gemeinsam mit bereits zwei gescheiterten Testlaufen des Vanguard Projekts auf US amerikanischer Seite zum sogenannten Sputnikschock und befeuerte den Wettlauf ins All Um den sowjetischen Vorsprung aufzuholen setzten die US Amerikaner eine Reihe neuer Projekte an die unter anderem in den Start von Explorer 1 und der Grundung der DARPA und der NASA mundeten 2 Pressegeruchte um ein sowjetisches Programm BearbeitenEnde 1957 gab es in der amerikanischen Tageszeitung Pittsburgh Press einen Bericht nach dem eine anonyme Quelle dem United States Secret Service enthullt habe dass die Sowjetunion zur Feier der Oktoberrevolution die Detonation einer Wasserstoffbombe auf dem Mond plane Diese solle an der dunklen Seite der Tag Nacht Grenze stattfinden und am 7 November sichtbar werden Weiter berichtete die Pittsburgh Press dass die Rakete falls sie den Mond verfehlen sollte auf die Erde zurucksturzen konnte was der Grund fur den Abbruch der sowjetischen Planungen gewesen sei 3 Im Jahr 1999 berichtete die zu Independent News amp Media gehorende Webseite Independent Online dass ein sowjetisches Programm tatsachlich existiert habe jedoch vom 1957 berichteten Szenario abweiche Es sei erst im Januar 1958 gestartet worden als Teil einer Serie von Vorschlagen unter dem Codenamen E Nach dem Bericht habe man im Projekt E 1 Plane erarbeitet den Mond zu erreichen wahrend die Projekte E 2 und E 3 eine Umrundung des Mondes durch eine Sonde und die Aufnahme einer Reihe von Fotos der dortigen Oberflache zum Ziel gehabt hatten Das letzte Projekt E 4 sollte ein Konzept fur eine nukleare Detonation auf der Mondoberflache zur Machtdemonstration erarbeiten Wie das US amerikanische Projekt sei auch das sowjetische Programm bereits in der Planungsphase eingestellt worden Grund hierfur seien Sicherheitsbedenken gewesen So hatten die Verantwortlichen gefurchtet dass bei einer Fehlfunktion der Rakete diese mitsamt ihrem Sprengkopf auf die Erde zuruckfallen konne Ein weiterer Grund sei laut Independent Online gewesen dass eine Explosion wegen der fehlenden Mondatmosphare nur fur sehr kurze Zeit sichtbar gewesen ware 4 Der schwedische Raumfahrtingenieur Sven Grahn der sich auf den Russen Alexander Borissowitsch Schelesnjakow stutzt gibt als zusatzlichen Grund an dass die Sowjetunion kein wirksames Mittel gewusst hatte die Weltoffentlichkeit unauffallig uber die bevorstehende Explosion zu informieren und damit die Aufmerksamkeit von Astronomen auf den Mond zu richten 5 Im Gegensatz zu den kurz darauf einsetzenden Berichten uber das Projekt A119 wurde das Thema eines sowjetischen Programms nicht von renommierten internationalen Zeitungen und Nachrichtenmagazinen aufgegriffen Im Oktober 2017 konnte der Historiker Matthias Uhl durch Aktenfunde im russischen Staatsarchiv belegen dass 1958 ein solcher Plan tatsachlich existierte aber aufgegeben wurde noch bevor es irgendwelche praktischen Vorbereitungen gegeben hatte 6 Projekt BearbeitenMithilfe des Projekts A119 wollten Offizielle des Militars der Vereinigten Staaten neben anderen Projekten demonstrieren dass diese im All uberlegen seien Im Mai 1958 begann die Armour Research Foundation am Illinois Institute of Technology bezuglich der Auswirkungen einer Nuklearexplosion auf dem Mond zu forschen Hauptgegenstand der von der Air Force uberwachten Forschung sollte die Intensitat einer konventionellen oder nuklearen Bombenexplosion auf dem Mond sein die notig ware um sie von der Erde aus sehen zu konnen Es gab die Hoffnung solch eine fur alle sichtbare Machtdemonstration konnte die Moral der US amerikanischen Bevolkerung nach dem Sputnikschock wieder heben 7 Im Februar 1957 hatte Edward Teller der sogenannte Vater der Wasserstoffbombe die Detonation mehrerer Bomben auf und uber der Oberflache des Mondes vorgeschlagen um die Effekte solcher Explosionen bei geringer Schwerkraft analysieren zu konnen 8 Forschung Bearbeiten Unter der Leitung von Leonard Reiffel stellte die Armour Research Foundation am Illinois Institute of Technology in Chicago ein zehnkopfiges Team zusammen das die Sichtbarkeit einer Explosion Erkenntnisse fur die Wissenschaft und Auswirkungen auf die Mondoberflache untersuchte Unter den Mitgliedern befanden sich der Astronom Gerard Kuiper und dessen damaliger Doktorand Carl Sagan der mathematisch die Ausdehnung einer Staubwolke um den Mond als Folge der Explosion an der Mondoberflache untersuchte Diese Berechnungen waren essentiell fur den Grad der Sichtbarkeit von der Erde aus 8 9 nbsp Die Explosion sollte an der Tag Nacht Grenze des Mondes stattfinden um eine maximale Sichtbarkeit auf der Erde zu gewahrleisten Die Wissenschaftler empfahlen die Nutzung einer Wasserstoffbombe was die Air Force jedoch ablehnte Als Grund gab sie an dass die vorgesehene Rakete das enorme Gewicht damaliger Wasserstoffbomben nicht tragen konnte 10 Daher beschlossen die Wissenschaftler in Absprache mit der Air Force einen kleinen Atomsprengkopf vom Typ W25 zu verwenden der eine Sprengkraft von 1 7 Kilotonnen hatte 8 Im Vergleich hierzu besass die 1945 auf Hiroshima abgeworfene Bombe Little Boy eine Sprengkraft von etwa 13 18 Kilotonnen 11 Der Plan sah vor den W25 Sprengkopf mittels einer Rakete auf die dunkle Seite des Mondes zu bringen und nahe der Tag Nacht Grenze beim Aufprall auf die Oberflache explodieren zu lassen Die durch die Explosion entstehende Staubwolke wurde durch die Sonne angestrahlt und damit von der Erde aus sichtbar sein 8 9 Laut Reiffel hatte der Fortschritt der Air Force bei der Entwicklung von Interkontinentalraketen eine solche Mission ab dem Jahr 1959 moglich gemacht 12 Abbruch Bearbeiten Im Januar 1959 stellte die Air Force das Projekt letztlich ein da Zweifel am positiven Offentlichkeitseffekt einer Atomexplosion auf dem Mond bestanden und sie bei technischen Problemen bei der Durchfuhrung des Projekts eine Gefahr fur die Zivilbevolkerung befurchtete Einen weiteren Faktor stellte laut Reiffel der radioaktive Fallout dar der eine Gefahr fur zukunftige bemannte Mondmissionen und eine mogliche Kolonisierung bedeutete 12 10 Folgen und Aufdeckung Bearbeiten nbsp Projekt A119 wurde durch Nachforschungen fur eine Biografie uber Carl Sagan bekannt Die Unterzeichnung des Vertrags uber das Verbot von Kernwaffenversuchen in der Atmosphare im Weltraum und unter Wasser im Jahr 1963 und des Weltraumvertrags 1967 verhinderten die Wiederaufnahme von Planungen zur Herbeifuhrung einer Atomexplosion auf dem Mond Sowohl die USA als auch die Sowjetunion hatten bis dahin jedoch bereits versuchsweise in Operationen wie Hardtack Argus und Dominic mehrere Kernwaffen in der Erdatmosphare gezundet 8 Im Jahr 1969 hatten die Vereinigten Staaten durch den Erfolg von Apollo 11 in ihren Augen beim Wettlauf ins All einen bedeutenden Erfolg verbucht Im Dezember 1969 forderte der am Apolloprogramm beteiligte Wissenschaftler Gary Latham die Zundung einer Miniatur Atombombe auf dem Mond um Informationen uber dessen geologische Zusammensetzung zu gewinnen 13 Das Vorhaben wurde jedoch verworfen da amerikanische Astronomen planten zu einem spateren Zeitpunkt die naturliche Hintergrundstrahlung des Mondes zu messen 14 Die Existenz von Projekt A119 blieb bis in die Mitte der 1990er Jahre geheim als der Autor Keay Davidson es bei Nachforschungen fur seine Biografie uber Carl Sagan entdeckte Sagans Beteiligung am Projekt wurde in seiner Bewerbung um eine Dozentenstelle an der University of California Berkeley im Jahr 1959 offenkundig In seiner Bewerbung gab Sagan Details des Projektes preis was Davidson als Gefahrdung der nationalen Sicherheit durch Sagan wertete 15 Die Indiskretion Sagans bestand darin dass er die Titel zweier mit dem Projekt A119 verbundener Thesenpapiere nannte zum einen ein Papier von 1958 mit dem Titel Possible Contribution of Lunar Nuclear Weapons Detonations to the Solution of Some Problems in Planetary Astronomy zum anderen ein Thesenpapier von 1959 mit Namen Radiological Contamination of the Moon by Nuclear Weapons Detonations 16 Insgesamt existierten acht solche Thesenpapiere die alle 1987 vernichtet wurden 7 Davidsons Nachforschungen resultierten 1999 in der Biografie Carl Sagan A Life Kurz nach der Veroffentlichung hob das Magazin Nature in einer Rezension die Entdeckung Davidsons hervor 17 Diese Buchbesprechung fuhrte dazu dass Leonard Reiffel seine Anonymitat aufgab und einen Brief an Nature schrieb in dem er Sagans Beteiligung am Projekt bestatigte und angab dass dessen Verhalten eine Verletzung der Vertraulichkeit uber den Inhalt des Projekts dargestellt hatte Reiffel nutzte die Gelegenheit Details der Forschungen bekanntzugeben die spater von weiten Pressekreisen aufgegriffen wurden 9 18 Neben der Bestatigung der Existenz von Projekt A119 gab Reiffel seine Rolle in den Planungen bekannt und ausserte dass er entsetzt sei dass solch eine Tat zur Beeinflussung der offentlichen Meinung jemals erwogen worden sei 7 Als Resultat der Veroffentlichung Reiffels wurde eine Anfrage gemass dem Freedom of Information Act gestellt um die Akten zu Projekt A119 freigeben zu lassen Als Reaktion hierauf gab die US Regierung eine digitale Version von A Study of Lunar Research Flights Volume I frei 19 Diese beschaftigt sich hauptsachlich mit den geologischen und atmospharischen Begebenheiten des Erdmondes Da Leonard Reiffel im Mai 2000 in einem Interview mit der britischen Zeitung The Observer eigentlich angegeben hatte dass er insgesamt acht Bande der Studie angefertigt hatte und diese alle im Jahr 1987 von der Armour Research Foundation vernichtet worden seien 7 forschten Paolo Ulivi und David Michael Harland fur ihr Buch Lunar Exploration Human Pioneers and Robotic Surveyors nach dem Verbleib der restlichen Bande Dies taten sie da durch die Veroffentlichung klar war dass anders als von Reiffel behauptet nicht alle Bande vernichtet worden waren Zwar konnten sie die Namen zweier weiterer Bande Possible Contribution of Lunar Nuclear Weapons Detonations to the Solution of Some Problems in Planetary Astronomy und Radiological Contamination of the Moon by Nuclear Weapons Detonations herausfinden jedoch sind alle sieben nicht veroffentlichten Bande nach ihren Informationen tatsachlich vernichtet worden wobei sie keine Begrundung hierfur herausfinden konnten 8 Der britische Nuklearhistoriker David Lowry meinte zu den Planen nukleare Detonationen auf dem Mond herbeizufuhren It is obscene To think that the first contact human beings would have had with another world would have been to explode a nuclear bomb Had they gone ahead we would never have had the romantic image of Neil Armstrong taking one giant step for mankind Es ist obszon Man stelle sich vor dass der erste Kontakt der Menschheit mit einer anderen Welt die Explosion einer Nuklearbombe gewesen ware Wenn sie das tatsachlich umgesetzt hatten hatten wir nie das romantische Bild von Neil Armstrong gehabt wie er einen grossen Schritt fur die Menschheit macht David Lowry 7 Siehe auch BearbeitenWeltraumwaffeWeblinks BearbeitenKatja Iken Kalter Krieg Posse Komm wir bombardieren den Mond einestages Zeitgeschichten auf SPIEGEL Online veroffentlicht am 5 Dezember 2012 Literatur BearbeitenKeay Davidson Carl Sagan A Life Willey 1999 ISBN 0 471 25286 7 Lillian Hoddeson Paul W Henriksen Roger A Meade und Catherine L Westfall Critical Assembly A Technical History of Los Alamos During the Oppenheimer Years 1943 1945 Cambridge University Press 1993 ISBN 0 521 54117 4 Paolo Ulivi und David Michael Harland Lunar Exploration Human Pioneers and Robotic Surveyors Springer 2004 ISBN 978 1 85233 746 9 Einzelnachweise Bearbeiten Brian Todd Dugald McConnell U S had plans to nuke the moon cnn com 28 November 2012 abgerufen am 5 Dezember 2012 50th Anniversary of the Space Age Memento vom 16 September 2011 im Internet Archive Website der NASA abgerufen am 23 Oktober 2011 Joseph L Myler Lates Red Rumor They ll Bomb Moon In Pittsburgh Press 1 November 1957 abgerufen am 23 Oktober 2011 Russia wanted nuclear bomb on moon In Independent Online 9 Juli 1999 abgerufen am 23 Oktober 2011 Aleksandr Zheleznyakov The E 4 project exploding a nuclear bomb on the Moon In Sven Grahn Abgerufen am 1 Dezember 2011 Bericht der Tagesschau vom 10 Oktober 2017 abgerufen am Erscheinungstag 18 29 a b c d e Antony Barnett US planned one big nuclear blast for mankind In The Observer 14 Mai 2000 abgerufen am 23 Oktober 2011 a b c d e f Paolo Ulivi et al Lunar Exploration Human Pioneers and Robotic Surveyors 2004 S 19 21 a b c William J Broad U S Planned Nuclear Blast On the Moon Physicist Says In The New York Times 16 Mai 2000 abgerufen am 23 Oktober 2011 a b U S Wighed A Blast on Moon in 1950s In Los Angeles Times 18 Mai 2000 abgerufen am 23 Oktober 2011 Lillian Hoddeson et al Critical Assembly A Technical History of Los Alamos During the Oppenheimer Years 1943 1945 1993 S 392 393 a b U S consideres lunar a bomb blast In Pittsburgh Post Gazette 18 Mai 2000 abgerufen am 23 Oktober 2011 Moon madness In The Sydney Morning Herald 21 Dezember 1969 abgerufen am 23 Oktober 2011 Scientist Withdraws Plans for Nuclear Blast on Moon In St Petersburg Times 7 Januar 1970 abgerufen am 23 Oktober 2011 Keay Davidson Carl Sagan A Life 1999 S 95 Matthias Dorries The Politics of Atmospheric Sciences Nuclear Winter and Global Climate Change In Osiris Nr 26 2011 S 198 223 Christopher Chyba An exobiologist s life search In Nature Nr 401 28 Oktober 1999 abgerufen am 23 Oktober 2011 Leonard Reiffel Sagan breached security by revealing US work on a lunar bomb project In Nature Nr 405 4 Mai 2000 abgerufen am 23 Oktober 2011 Onlineversion von A Study of Lunar Research Flights Volume I Defense Documentation Center for Scientific and Technical Information abgerufen am 5 Dezember 2012 PDF 5 8 MB nbsp Dieser Artikel wurde am 7 Marz 2012 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Projekt A119 amp oldid 230087350