Der Pressekodex (eigentlich: Publizistische Grundsätze) ist eine Sammlung journalistisch-ethischer Grundregeln, die der Deutsche Presserat 1973 vorgelegt hat.
Verleger und Journalisten haben den darin formulierten publizistischen Grundsätzen durch ihre Verbände zugestimmt. Der Pressekodex hat somit den Charakter einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Der Text orientiert sich an der Spruchpraxis des Presserats als wichtiges Kontrollorgan der Medien in Deutschland und am Ehrenkodex der internationalen Journalistenföderation. Seit 1973 wurde der Pressekodex mehrfach ergänzt. Konkretisiert wird er durch die „Richtlinien für die publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des Deutschen Presserates“. Zuletzt wurde am 22. März 2017 die Richtlinie 12.1 (Berichterstattung über Straftaten) angepasst.
Der Kodex findet seit dem 1. Januar 2009 auch Verwendung für journalistische Beiträge in Onlinemedien.
Der Pressekodex Bearbeiten
Vom Deutschen Presserat in Zusammenarbeit mit den Presseverbänden beschlossen und dem Bundespräsidenten Gustav Heinemann am 12. Dezember 1973 in Bonn überreicht. Es gehört zur Tradition des Pressekodex, dass auch jede Änderung dem amtierenden Bundespräsidenten übergeben wird.
Der Pressekodex wird in unregelmäßigen Abständen überarbeitet. Die aktuelle Fassung datiert vom 11. September 2019. In Österreich besteht der Ehrenkodex für die österreichische Presse. In der Schweiz gibt es die Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten des Schweizer Presserates.
Inhalt des Pressekodex Bearbeiten
Der Pressekodex umfasst 16 Oberpunkte (Stand September 2019):
Beschwerden wegen Verstößen gegen den Pressekodex Bearbeiten
Jede Person kann sich beim Presserat über Zeitungen, Zeitschriften und seit dem 1. Januar 2009 auch über journalistisch-redaktionelle Beiträge aus dem Internet beschweren, sofern es sich nicht um Rundfunk handelt. Anzeigenblätter und andere kostenlose Zeitungen und Zeitschriften können vom Presserat nicht geprüft werden. Auch Vereine, Verbände etc. sind hierzu berechtigt. Die Beschwerde ist kostenlos. Beschwerden sind auch online möglich.
Rügen Bearbeiten
Vom Presserat ausgesprochene öffentliche Rügen sollen in den betroffenen Publikationsorganen abgedruckt werden. Dies wird nicht von allen Verlagen eingehalten.
Kritik Bearbeiten
Da die schärfste Sanktion für Verstöße gegen den Pressekodex eine öffentliche Rüge ist, wird dem Presserat vorgeworfen, ein „zahnloser Tiger“ zu sein. Der Presserat weist dies mit dem Hinweis darauf zurück, dass 18 der 20 im Jahr 2003 bei massiven Verstößen gegen den Pressekodex ausgesprochenen öffentlichen Rügen in den kritisierten Blättern auch abgedruckt wurden.
Auch die Spruchpraxis des Presserats wird kritisiert: Entscheidungen des Presserats, die in nicht öffentlicher Sitzung gefällt werden, wurden von betroffenen Redaktionen als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet.
Dass die Zugehörigkeit von Verdächtigen oder Straftätern zu Minderheiten nur erwähnt werden darf, wenn sie für das Verständnis der berichteten Straftat ausschlaggebend ist, wird als bevormundend kritisiert, da dieses Veröffentlichungsverbot nicht von der Wahrheitspflicht oder den grundgesetzlichen Einschränkungen der Pressefreiheit gedeckt sei.
Der Medienwissenschaftler Horst Pöttker bezeichnete im Oktober 2013 die Richtlinie 12.1 des Pressekodexes als unzeitgemäße „Selbstzensur“ und forderte ihre ersatzlose Streichung. Der Passus besagt, dass „die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt [wird], wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht“. Pöttker argumentiert, dass diese Vorschrift mit der grundgesetzlich verankerten Presse- und Meinungsfreiheit nicht zu vereinbaren sei. Untersuchungen hätten überdies gezeigt, dass die bewusste Weglassung der Herkunft von Tätern in Presseerzeugnissen von den Lesern sehr wohl registriert werde. Dies untergrabe das öffentliche Vertrauen in die Objektivität journalistischer Arbeit. Im März 2016 befürwortete unter anderem der Nordkurier-Chefredakteur Lutz Schumacher, die Bild-Chefredakteurin Tanit Koch, der ehemalige Rhein-Zeitung-Chefredakteur Christian Lindner und Nordwest-Zeitung-Chefredakteur Rolf Seelheim die Streichung der Richtlinie 12.1. Am 1. Juli 2016 teilte die Sächsische Zeitung mit, dass sie zukünftig die Nationalitäten von Straftätern immer benennen werde. Als Grund wurde der Schutz von Minderheiten aufgeführt, die laut SZ gerade nicht durch Punkt 12.1 des Pressekodex geschützt würden, da Leser vermehrt dazu neigen, die Ausländerkriminalität zu überschätzen.
Sanktion | Fälle | Δ zu 2020 |
---|---|---|
Öffentliche Rügen | 60 | +7 |
Missbilligung | 83 | +5 |
Hinweis | 97 | -36 |
begründet, ohne Maßnahme | 39 | +7 |
Quelle: Jahresbericht 2021 Deutscher Presserat |
Entscheidungen des Presserates Bearbeiten
Mohammed-Karikaturen Bearbeiten
Der Deutsche Presserat hält den Abdruck der umstrittenen dänischen Mohammed-Karikaturen für zulässig. „Religionsgemeinschaften und ihre Mitglieder müssen Kritik – auch scharfe – ertragen.“ Die Veröffentlichungen in Wort und Bild verletzten nach Überzeugung des Presserates nicht die im Pressekodex gezogenen Grenzen.
Siehe auch Bearbeiten
- Boulevardzeitung (Sensationsjournalismus)
- Die verlorene Ehre der Katharina Blum
- Presserat und „Bild“
- Österreichischer Presserat
Weblinks Bearbeiten
- Pressekodex (auf Homepage des Deutschen Presserats)
- Schweizer Presserat mit seinem Pressekodex
- (Memento vom 23. April 2004 im Internet Archive), Diemut Roether, epd medien Nr. 15, 28. Februar 2004
- (Memento vom 1. Mai 2009 im Internet Archive)
- Der Medienkodex des Netzwerks Recherche in der taz vom 23. Februar 2006; netzwerk recherche e. V.
- Regeln für die Wissenschaftsöffentlichkeitsarbeit: "„Leitlinien zur guten Wissenschafts-PR“, Leitlinien und Checkliste (PDF; 3,1 MB)
Einzelnachweise Bearbeiten
- FAZ vom 22. März 2017
- Der Pressekodex, abgerufen am 23. März 2017
- Presserats-Beschwerden jetzt auch online möglich, Pressemeldung des Presserates vom 30. Dezember 2008
- Deutscher Presserat: „Ethische Standards für den Journalismus“. In: Pressekodex. 11. September 2019, abgerufen am 20. Juli 2021.
- FAZ.NET mit dpa: Was die Presse zu Straftätern schreibt. In: FAZ.net. 22. März 2017, abgerufen am 13. Oktober 2018.
- Deutscher Presserat – Beschwerdeanleitung
- Deutscher Presserat – Online-Beschwerdeformular wegen eines Verstoßes gegen den Pressekodex
- Norbert Linke: Presse- und Radiokodex. Bundeszentrale für politische Bildung
- Presserats-Sprecherin Ilka Desgranges, zitiert nach taz, 3. August 2004
- Karin Wenk: Keine Patentrezepte für Gewaltfotos. In: Menschen machen Medien. 53. Jahrgang, Nr. 11, 2004, S. 12–13 (mmm.verdi.de [PDF; 1,2 MB]).
- Medien Monitor - Herr Köhler, helfen Sie! In: archive.is. 5. September 2012 ( (Memento vom 10. November 2012 im Internet Archive) [abgerufen am 22. Mai 2017]).
- Horst Pöttker: Pressekodex. Schluss mit der Selbstzensur. In: Die Zeit. Nr. 41/2013.
- Presseportal: „Bild“-Chefin Tanit Koch: Pressekodex ermögliche „ungerechtfertigte Selbstzensur“.
- NDR.de:Pressekodex bleibt unverändert
- Zeit.de: Presserat wehrt Änderung des Pressekodex ab.
- Sächsische.de: Fakten gegen Gerüchte
- Jahresbericht 2021 des Presserats. Deutscher Presserat. In: presserat.de. Trägerverein des Deutschen Presserats e.V., S. 8, abgerufen am 19. Mai 2022.
- Entscheidung des Presserates zu Mohammed-Karikaturen, 2. März 2006. In: FAZ; abgerufen am 9. Dezember 2011