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Als Postsparkassenskandal werden die Aufdeckung schwerster Verluste der Osterreichischen Postsparkasse im Jahr 1926 und die damit verbundenen politischen Wirkungen bezeichnet Der in der zweiten Jahreshalfte 1926 im Anschluss an die Krise der Centralbank der deutschen Sparkassen aufgebrochene Postsparkassenskandal gehort mit dem Zusammenbruch von Bodencreditanstalt 1929 der Krise der Creditanstalt 1931 und dem Phonix Skandal 1936 zu den grossten Finanzskandalen Osterreichs der Zwischenkriegszeit Er erwuchs im Wesentlichen aus dem verlustreichen spekulativen Zusammenspiel der Leitung des staatlichen Finanzinstituts mit dem Grossspekulanten Siegmund Bosel Hintergrund und Vorgeschichte BearbeitenAnfang der zwanziger Jahre waren die Wirtschaft Osterreichs und insbesondere das Bankwesen gepragt durch Inflation und Borsenkrach Die galoppierende Inflation die 1922 einen Hohepunkt erreichte und 1923 noch einmal aufflammte hatte nicht nur die Ersparnisse weiter Teile der Bevolkerung sondern auch die Aktiva der Banken weitgehend entwertet Im Zusammenhang mit der Genfer Sanierung und den damit verbundenen Abschlagszahlungen fur abgebaute Bundesbedienstete kam es zudem zu einem plotzlichen Geldstrom der vielfach in Effekten investiert wurde und die Aktienpreise in die Hohe trieb Im Jahr 1924 brach diese Hausse zusammen Ablauf der Krise BearbeitenBereits im Juli 1922 informierte der Vorsitzende der Bankenkommission Wittek ein ehemaliger Finanzminister der Donaumonarchie den damaligen Bundeskanzler Ignaz Seipel uber fragwurdige Devisengeschafte der Postsparkasse Daraus erwuchsen aber keine Massnahmen und die Goldbilanz der PSK von 1925 wies wahrheitswidrig einen Gewinn und einen Reservefonds auf wahrend tatsachlich mit einem Verlust in etwa hundertfacher Hohe des angeblichen Reservefonds hatte abgeschlossen werden mussen Am 22 September 1926 trat dann plotzlich der langjahrige Gouverneur des Postsparkassenamtes Schuster zuruck nach dem Urteil von Karl Ausch eher ein Verwaltungsbeamter als ein Finanzfachmann Zur etwa gleichen Zeit begann das in Finanzangelegenheiten stets gut informierte linke Sensationsblatt Der Abend eine Artikelserie uber die Postsparkasse Anders als im Falle der Centralbankaffare hatten die Enthullungen des Abend aber keinen Bank Run auf die PSK zur Folge die als staatliches Institut besonderes Vertrauen genoss Anfang November 1926 wurde der im Parlament seit 1924 uber ein neues Postsparkassengesetz beratende Unterausschuss des Finanzausschusses mit der Untersuchung der Misswirtschaft in der PSK betraut Die Beratungen des besagten Parlamentsausschusses ergaben dass die enormen Verluste der PSK im Wesentlichen auf drei Wegen zustande gekommen waren durch eigene Spekulationen der PSK in Effekten und Devisen durch Transaktionen zwischen der PSK und Siegmund Bosel durch Sanierungs und Hilfsaktionen fur in Schwierigkeiten befindliche meist der Christlichsozialen Partei nahestehende Banken etwa die Osterreichische Allgemeine Kreditbank die Austro Hollandische Bank die Austria Bank die Allgemeine Industriebank die Agrarbank fur die Alpenlander die Tiroler Vereinsbank die Osterreichisch kaufmannische Bank sowie die Wiener Lombard und Escomptebank Die Gesamtverluste uberstiegen nicht nur das Eigenkapital der PSK sondern lagen im Bereich von etwa 30 Prozent der bei ihr eingelegten Mittel Der Ursprung dieser gigantischen Verluste lag in der Tatsache begrundet dass das alte noch aus den Zeiten der Donaumonarchie stammende Postsparkassengesetz diesem Institut den Kauf von Aktien nicht gestattete In der Inflationsperiode nach dem Ersten Weltkrieg war aber die Veranlagung in Staatspapieren noch weniger sinnvoll die PSK begann daher im Widerspruch zu ihrer gesetzlichen Festlegung doch Effekten und Devisengeschafte in grossem Umfang durchzufuhren Massgeblich dafur durfte der die tatsachliche Leitung des Instituts ausubende Vizegouverneur Klimesch gewesen sein Dieser wollte nicht direkt an der Borse auftreten sondern bediente sich als Mittelsmann des Siegmund Bosel Wahrend der grossen Aktienhausse des Jahres 1923 wurde die Postsparkasse bei bereits stabilisierter Wahrung zum grossten Borsenspekulanten Osterreichs Aus dem Zusammenbruch dieser Hausse erwuchsen die ersten grossen Verluste der Postsparkasse aber auch Bosels Es stellte sich in der Folge heraus dass dieser aus seiner Geschaftsverbindung mit der PSK grosse Schulden aufgehauft hatte Er wurde aber in dieser Sache sehr pfleglich behandelt Diese auffallend wohlwollende Behandlung Bosels wurde unter anderem durch Finanzminister Jakob Ahrer an den Tag gelegt der im September 1926 kurz vor Offenlegung seiner Rolle im PSK Skandal zeitweilig nach Kuba emigrierte Aber auch dem langjahrigen niederosterreichischen Landeshauptmann und zeitweiligen Bundeskanzler Karl Buresch wurde ein Naheverhaltnis zu Bosel und eine Verwicklung in den Postsparkassenskandal nachgesagt Literatur BearbeitenKarl Ausch Als die Banken fielen zur Soziologie der politischen Korruption Wien 1968 Der osterreichische Volkswirt insbesondere zweites Halbjahr 1926 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Postsparkassenskandal amp oldid 233538197