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Die Broschure Nestle totet Babys aus dem Jahr 1974 ist die deutschsprachige abgeanderte Ubersetzung des Berichts von Mike Muller The Baby Killer der im selben Jahr von der englischen Hilfsorganisation War on Want herausgegeben wurde Der Report war Teil einer internationalen Kampagne von Entwicklungshilfe Gruppen mit der uber schadliche Folgen von kunstlicher Sauglingsnahrung in Entwicklungslandern aufgeklart werden sollte und richtete sich gezielt gegen Nestle den weltgrossten in der Schweiz ansassigen Hersteller von Babynahrung Die Broschure wurde in der Schweiz durch die Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern AgDW herausgegeben Die AgDW entstand 1969 als Zusammenschluss der Arbeitsgruppe Kirche und Gesellschaft der evangelischen Universitatsgemeinde und der Gruppe Focus einer politisch aktiven Gruppe von Theologiestudenten 1 Kopf der Arbeitsgruppe war Rudolf Strahm 2 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Gegenstand der Broschure 3 Auseinandersetzungen vor Gericht 4 Folgen Nestle Boykott und internationale Ubereinkommen 5 Textausgaben 6 Sekundarquellen zur Broschure Nestle totet Babys sowie zum Nestle Boykott 6 1 Literatur 6 2 Film 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenDie Verabreichung von kunstlicher Babynahrung wurde bereits in den Jahren zuvor von wissenschaftlicher Seite kritisiert und 1969 auf der United Nations Protein Advisory Group PAG zur Sprache gebracht In der Kritik stand das Marketing von Firmen There is alarming evidence that the sales of infant formula is leading directly to the infant deaths and that the formula industry s promotional practices are primarily to blame deutsch Es gibt alarmierende Beweise dafur dass der Verkauf von Sauglingsnahrung direkt zum Tod von Sauglingen fuhrt und dass die Werbepraktiken der Sauglingsnahrungsindustrie hauptsachlich dafur verantwortlich sind 3 1973 erschien der Artikel The Baby Food Tragedy im internationalen Monatsmagazin New Internationalist Er beinhaltete ein Interview mit Arzten die die Marketingaktivitaten von Firmen anprangerten und Nestle als besonders aggressiv beschrieben 4 5 Gegenstand der Broschure BearbeitenGegenstand der Broschure Nestle totet Babys waren Milchersatz Produkte mit denen Nestle die Sauglings Sterblichkeit in den Entwicklungslandern wirksam bekampft haben wollte Die Ersatzprodukte bewirken aber laut AgDW das Gegenteil 6 Es wurde Nestle vorgeworfen durch irrefuhrende Werbung Mutter zu veranlassen ihre Babys anstatt sie zu stillen mit kunstlicher Nahrung zu versorgen Internationale Hilfsorganisationen hatten herausgefunden dass vor allem fur das Nestle Produkt Lactogen bei Muttern in der Dritten Welt auch dann geworben wurde wenn sie selbst stillen konnten Zu den Werbemitteln mit denen Mutter dazu gebracht werden sollten ihren Sauglingen statt der Brust die Flasche zu geben zahlten Radiowerbung Plakate aber auch speziell geschulte Milch Schwestern 6 Dabei handelte es sich um Angestellte des Konzerns die sich wie Krankenschwestern kleideten 7 Sie partizipierten prozentual am Umsatz 8 Nicht berucksichtigt wurden gemass einer Analyse des englischen Journalisten Mike Muller von 1974 das oftmals fehlende Geld das Wissen um den Umgang mit kunstlicher Babynahrung sowie die fehlende Kucheneinrichtung um eine ungefahrliche hygienische Flaschennahrung zubereiten zu konnen Die Kosten fur Brennstoffe verhinderten oft eine ausreichende Sterilisierung der Babyflaschen der Preis des Pulvers fuhrte zu einer ubermassigen Verdunnung So entstehe eine meist todliche Kombination aus Diarrhoe Marasmus und oraler Moniliasis Hinzu kamen Dysenterie und Unterernahrung 6 9 10 Auseinandersetzungen vor Gericht BearbeitenAm 2 Juni 1974 verklagte Nestle die Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern wegen ubler Nachrede 11 Es kam zu einem Strafprozess am Obergericht des Kantons Bern 12 Der Titel der Broschure war ein weiterer Grund fur die am 2 Juli 1974 durch Nestle bei einem kantonalbernischen Gericht eingereichte Strafanzeige wegen Ehrverletzung gegen unbekannt 13 Die Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern wurde durch zwei Verteidiger vertreten 14 einer der Anwalte war der spatere Bundesrat Moritz Leuenberger 15 1976 wurden die Mitglieder der Gruppe wegen ubler Nachrede 16 17 im Titel der Broschure zu einer Geldbusse in Hohe von je 300 Schweizer Franken verurteilt Doch alle inhaltlichen Vorwurfe gegen Nestle erklarte das Gericht fur zulassig Das Urteil fallte der Schweizer Richter Jurg Sollberger 18 Er erteilte dem Konzern die Empfehlung seine Werbemethoden in den Entwicklungslandern von Grund auf zu andern Nestle musse als unbestreitbar gelten lassen dass die Methoden beim Verkauf von Babynahrung in der Dritten Welt unethisch und unmoralisch seien den Tod oder bleibende geistige und korperliche Schaden Tausender von Kindern verursachen Mutter irrefuhrten indem als Krankenschwestern getarnte Verkauferinnen dem Babymilchgeschaft einen wissenschaftlichen Anstrich geben 19 Als Anpassung auf die im Report The Baby Killer geausserte Kritik verwies Nestle seit 1974 wieder auf die Vorzuge des Stillens und stellte 1974 den Einsatz von Milch Krankenschwestern in einigen Landern ein 20 Folgen Nestle Boykott und internationale Ubereinkommen Bearbeiten Hauptartikel Nestle Boykott Die Vorkommnisse rund um den The Baby Killer Report mundeten seitens der Kritiker in der Grundung der Infant Formula Action Coalition INFACT heute Corporate Accountability International die am 4 Juli 1977 einen Boykott gegen Nestle aussprach 1979 rief die Weltgesundheitsorganisation WHO zu einer Anhorung Bei dem Treffen wurde das International Baby Food Action Network IBFAN gegrundet 1981 wurde der Internationale Kodex fur die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten durch die Weltgesundheitsversammlung WHA veroffentlicht Er verpflichtet die Anbieter von Babynahrung zur Unterlassung von irrefuhrender Werbung und weiteren Marketing Massnahmen 21 Im selben Jahr entstand in Deutschland die Aktionsgruppe Babynahrung 1998 wurde das IBFAN mit dem Right Livelihood Award Alternativer Nobelpreis ausgezeichnet Die Kampagne wird heute in der Konsumsoziologie als Beispiel angefuhrt dass soziale Bewegungen auf breiter Basis gegenuber Transnationalen Konzernen und Grossbanken intervenieren konnen 22 Textausgaben BearbeitenArbeitsgruppe Dritte Welt Bern Nestle totet Babys Ursachen und Folgen der Verbreitung kunstlicher Sauglingsnahrung in der Dritten Welt Bern 1974 OCLC 885081359 Spanischubersetzung der Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern El asesino de bebes AG3W Bern OCLC 778022870 Originalversion War on Want The Baby Killer OCLC 500693897 Franzosischubersetzung der Declaration de Berne Le tueur de bebes Lausanne OCLC 496651020 Italienischubersetzung der Dichiarazione di Berna L uccisore di bambini Lugano SwissbibSekundarquellen zur Broschure Nestle totet Babys sowie zum Nestle Boykott BearbeitenLiteratur Bearbeiten Arbeitsgruppe Dritte Welt Exportinteressen gegen Muttermilch Der todliche Fortschritt durch Babynahrung Rowohlt Reinbek bei Hamburg 1976 ISBN 3 499 14065 9 Dagmar Zigenis Flaschenkinder Dokumentation Internationaler Frauen Informationsdienst Okumenischer Rat der Kirchen Heiko Spitzeck Moralische Organisationsentwicklung Was lernen Unternehmen durch die Kritik von Nichtregierungsorganisationen Band 42 von St Galler Beitrage zur Wirtschaftsethik Haupt Verlag 2008 ISBN 978 3 258 07410 8 Abschnitt Der Diskurs zwischen Nestle und seinen Kritikern Monica Kalt Tiersmondismus in der Schweiz der 1960er und 1970er Jahre von der Barmherzigkeit zur Solidaritat In Social Strategies Monografien zur Soziologie und Gesellschaftspolitik Band 45 Peter Lang Verlag Bern 2010 ISBN 9783034303064Film Bearbeiten Peter Krieg Flaschenkinder Dokumentarfilm 26 min 1975 Silbermedaille International Festival Science amp Technology Tokyo 1976Weblinks BearbeitenBestand Arbeitsgruppe Dritte Welt Bern in den Findmitteln des Schweizerischen Sozialarchivs Bestand Arbeitsgruppe Nestle in den Findmitteln des Schweizerischen SozialarchivsEinzelnachweise Bearbeiten Heiko Spitzeck 2008 S 239 Schweizerisches Sozialarchiv Heiko Spitzeck 2008 S 100 Nestled in controversy In New Internationalist magazin Heiko Spitzeck 2008 S 109 a b c Kleiner David Der Schweizer Grosskonzern Nestle verkauft seine Babynahrung in der Dritten Welt mit Methoden die als unethisch und unmoralisch bezeichnet werden durfen In Der Spiegel Nr 27 1976 online Marianne M Jennings Business Its Legal Ethical and Global Environment Cengage Learning 2010 ISBN 978 0 538 47054 4 S 340 Heiko Spitzeck 2008 S 123 Die Darstellung stutzt sich auf Ein Weltreich aus Milch und Mehl zur Geschichte Memento vom 13 Juli 2010 im Internet Archive Erklarung von Bern 19 September 2005 Derrick B Jelliffe kritisierte bereits 1969 auf der Konferenz der United Nations Protein Advisory Group PAG dies Marketingpraxis Nestles in einer viel beachteten Rede mit folgenden Worten There is alarming evidence that the sales of infant formula is leading di rectly to the infant deaths and that the formula industry s promotional practices are primarily to blame Consider how it happens A poor mother with a new baby is gently urged by mothercraft or milk nurses at the hospital in which the baby was born not to breast feed her infant Instead she is told she should adopt the modern scientific infant feeding practice of bottle feeding formula the same kind of formula advertised on the radio and on billboards and flyers with pictures of fat happy babies sitting beside cans of powdered formula just the way all the better educated mothers did these days Unaware that the nurse was being paid a commission to sell the formula the mother takes her expert advice allows her breast milk to dry up and takes the baby home with free bot tles and nipples and several cans of formula generously provided by the hospital Alas she is illiterate and cannot read the instructions that tell her to sterilize the bottles the nipples and the water that she mixes with the formula Even if she could read how is she to carry out the sterilization procedures on her three stone stove fireplace But the water supply is contaminated and soon the baby develops diarrhea That lowers his ability to absorb nutrients from the formula Then of course the formula given by the hospital rapidly runs out and she finds that it is very expensive to buy So she does not buy enough and extends it with too much water contaminated water Now the incant has malnutrition added to his intestinal illness and between them he dies of malnutrition and dehydration In order to make a profit on this hitherto untapped market the infant formula industry especially Nestle SA has adopted deceptive hard sell promotional practices including undermining the mother s confidence in her ability to pro duce enough milk for her baby that deliberately disrupt the new mothers breast feeding in order to sell their product That disruption was the cause of that child s death death by scommerciogenic malnutrition Zitiert in Heiko Spitzeck 2008 S 105 Heiko Spitzeck 2008 S 209 Bernisches Obergericht 1 2 Vorlage Toter Link www jgk be ch Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis PDF Infointerne Informationen Referate und Aufsatze aus der Bernischen Justiz Heft 22 Winter 2003 Monica Kalt Nestle totet Babies Totet Nestle Babies Memento vom 9 Dezember 2012 im Webarchiv archive today Konferenz an der Universitat Basel 23 25 Oktober 2003 Janick Marina Schaufelbuehl 1968 1978 ein bewegtes Jahrzehnt in der Schweiz 2009 S 188 Erklarung von Bern Nestle totet Babys die Geschichte einer Kampagne Memento vom 9 Januar 2010 im Internet Archive 19 September 2005 Monica Kalt Tiersmondismus in der Schweiz der 1960er und 1970er Jahre In Social Strategies Vol 45 Monografien zur Soziologie und Gesellschaftspolitik Peter Lang Verlag Bern 2010 Google Books Heiko Spitzeck 2008 S 101 Felix Spies Der Pyrrhussieg von Bern In Die Zeit Nr 28 1976 Dritte Welt Brust statt Schnuller In Der Spiegel Nr 23 1981 online Heiko Spitzeck 2008 S 175 History of the Campaign Memento des Originals vom 21 Dezember 2009 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ibfan org IBFAN abgerufen am 30 Dezember 2009 Ronald Hitzler Michaela Pfadenhauer Hrsg Politisierter Konsum konsumierte Politik Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2006 ISBN 978 3 531 90311 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nestle totet Babys amp oldid 234463127