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Klassifikation nach ICD 10I20 1 Angina pectoris mit nachgewiesenem KoronarspasmusICD 10 online WHO Version 2019 Bei einer mikrovaskularen Angina pectoris MVA leiden Patienten unter den gleichen Beschwerden wie Patienten mit verengten grosseren Herzkranzgefassen obwohl man diagnostisch keine Einengungen in diesen Gefassen finden kann Dieses Phanomen also Schmerzen und Engegefuhl im Brustkorb trotz normaler Koronararterien wurde ursprunglich als Syndrom X bezeichnet In einer Untersuchung von Cannon und Epstein 1 konnte 1988 gezeigt werden dass bei einer grossen Anzahl von Patienten mit Angina pectoris ohne Verengungen der grosseren Herzkranzgefasse eine verminderte Erweiterung der koronaren Kleinstgefasse bei Belastung vorlag welche fur die Beschwerden verantwortlich war Sie fuhrten dafur die Bezeichnung mikrovaskulare Angina ein Erst einige Jahre spater wurde auch das Konzept des mikrovaskularen Spasmus eingefuhrt Hier liegt als funktionelles Problem eine krankhaft erhohte Kontraktionsfahigkeit der koronaren Kleinstgefasse vor die vor allem Angina pectoris in Ruhe verursacht 2 Neuere Untersuchungen weisen sogar darauf hin dass mikrovaskulare Spasmen die haufigste Ursache fur die Beschwerden bei Patienten mit MVA sind 3 Bei ca 45 der Patienten die unter Angina pectoris leiden aber keine obstruktive koronare Herzkrankheit KHK aufweisen kann eine dieser beiden Formen mikrovaskularer Funktionsstorungen oder beide zusammen als Grund fur die Beschwerden nachgewiesen werden 4 5 Einige Studien lassen vermuten dass die MVA bei Frauen etwas haufiger als bei Mannern auftritt allerdings existieren hierzu verschiedene Ergebnisse 5 6 Des Weiteren steht die MVA im Zusammenhang mit einem erhohten Risiko fur kardiale Ereignisse auch wenn die Langzeitprognose von MVA Patienten noch nicht vollstandig geklart ist 7 8 Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen 2 Diagnostik 3 Therapie 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseUrsachen BearbeitenVerantwortlich fur die Beschwerden ist wie oben erwahnt eine Fehlfunktion der kleinsten Gefasse im Herzen sog Mikrogefasse mit einem Durchmesser lt 500 µm Dazu zahlen Praarteriolen und Arteriolen Bei einer Vasodilatationsstorung sind diese Gefasse nicht mehr in der Lage bei Bedarf durch entsprechende Weitstellung den Blutfluss angemessen zu steigern Hierdurch kommt es im Herzmuskel zu einem Missverhaltnis zwischen Sauerstoffbedarf und angebot was schliesslich zu einer Unterversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff fuhrt Dieser Form der Funktionsstorung konnen sowohl strukturelle als auch funktionelle Veranderungen der koronaren Kleinstgefasse zugrunde liegen Als strukturelle Storung ist beispielsweise eine Wandverdickung der Arteriolen ohne entsprechende Erweiterung des Aussendurchmessers anzusehen wodurch in den Mikrogefassen eine Verengung mit einem erhohten Flusswiderstand entsteht Funktionell kann die notwendige Vergrosserung des Gefassquerschnittes bei hoheren Herzleistungen durch Storungen in der entsprechenden Signalkaskade bedingt sein Eine plotzliche krankhafte Verengung der Blutgefasse Spasmus hingegen kann schon in der Ruhe zu einer Minderdurchblutung des Herzmuskels fuhren und somit einen Angina pectoris Anfall aus der Ruhe heraus verursachen 9 Diese krankhaften Veranderungen in der koronaren Mikrozirkulation sind haufig mit kardiovaskularen Risikofaktoren wie Bluthochdruck Diabetes mellitus einer Fettstoffwechselstorung oder Nikotinkonsum assoziiert Daruber hinaus spielen chronische Entzundungen Ostrogenmangel sowie genetische Faktoren eine Rolle 10 11 Diagnostik BearbeitenBei Angina pectoris typischen Beschwerden sollte nach den aktuellen Leitlinien zunachst eine bildgebende Ischamiediagnostik oder eine nichtinvasive Koronarangiografie mittels Computertomografie durchgefuhrt werden um dem Verdacht einer Verengung der Herzkranzgefasse nachzugehen Bei auffalligem Befund erfolgt eine invasive Koronarangiographie und eine entsprechende Behandlung von relevanten Engstellen z B Stent oder Bypass OP oder konservativ Falls aber keine relevanten Engstellen zu sehen sind kann mithilfe von zusatzlichen Tests der Diagnose mikrovaskulare Angina nachgegangen werden Das raumliche Auflosungsvermogen der heutigen bildgebenden Verfahren reicht allerdings nicht aus um die koronare Mikrozirkulation sichtbar zu machen Die Diagnose erfolgt daher mittels Messmethoden durch die die Funktionsfahigkeit der Mikrogefasse eingeschatzt werden kann Als invasive diagnostische Methode zum Nachweis einer mikrovaskularen Dysfunktion ist die Herzkatheter Untersuchung mit drahtbasierter Messung der Gefasserweiterung nach Gabe von Adenosin sehr wichtig der Nachweis von mikrovaskularen Spasmen hingegen kann durch einen intrakoronaren Provokationstest mit Acetylcholin erfolgen Eine kombinierte invasive Untersuchung der koronaren Kontraktionsfahigkeit sowie der Funktionsfahigkeit zur Gefasserweiterung wird als invasive diagnostische Prozedur IDP bezeichnet Man kann die verminderte Steigerung des Blutflusses im Herzmuskel nach Gabe von Adenosin einer gefasserweiternden Substanz auch nicht invasiv nachweisen Den Blutfluss in Ruhe und unter Adenosin misst man z B mittels Positronen Emissions Tomographie PET 5 12 Eine weitere Methodik zur quantitativen Durchblutungsmessung des Herzmuskels ist die kardiale Magnetresonanz Tomographie CMR Diagnostik der mikrovaskularen Angina pectoris MVA nach den Diagnostikkriterien der Coronary Vasomotion Disorders International Study Group COVADIS 13 1 Symptome einer Myokardischamie Minderversorgung des Herzmuskels mit arteriellem Blut Angina pectoris Beschwerden unter Belastung und oder in Ruhe Angina Aquivalent wie z B Atemnot2 Keine obstruktive KHK lt 50 verengte Gefasse nachweisbar durch CT Koronarangiographie CTCA Invasive Koronarangiographie3 Objektiver Nachweis mittels EKG PET CMR etc der Myokardischamie durch Ischamische EKG Veranderungen wahrend der Angina Beschwerden Belastungsinduzierte Beschwerden und oder ischamische EKG Veranderungen bei gleichzeitiger oder nichtgleichzeitiger reversibler abnormaler Durchblutung des Herzmuskels und oder Wandbewegungsstorung4 Nachweis einer gestorten koronaren mikrovaskularen Funktion Reduzierte koronare Flussreserve Grenzwerte variieren abhangig von der Methodik zwischen 2 0 und 2 5 Abnormaler Index des mikrovaskularen Widerstands z B iMR gt 25 Nachweis eines mikrovaskularen Spasmus definiert als Symptomreproduktion und ischamische EKG Veranderungen aber kein epikardialer Spasmus im Acetylcholin Test Koronares Slow Flow Phanomen TIMI frame count gt 25 Therapie BearbeitenPatienten mit MVA stellen oft eine therapeutische Herausforderung dar da ein grosser Teil der Patienten nicht oder nur unzureichend auf die klassischen Medikamente zur Behandlung einer Angina pectoris wie z B Nitrate anspricht Das therapeutische Konzept umfasst in der Regel zunachst die Einstellung der kardiovaskularen Risikofaktoren sowie die Basistherapie mit Statinen und ACE Hemmern 14 Die Europaische Gesellschaft fur Kardiologie ESC empfiehlt den Einsatz von Aspirin Statinen und Betablockern bzw Calcium Antagonisten 15 Die medikamentose Therapie erfolgt in individuell angepassten Dosierungen und Kombinationen Oft konnen mehrere Versuche notig sein bis eine individuell wirksame Kombination von Medikamenten gefunden wird Zur Zweitlinientherapie werden z B Ranolazin und Nicorandil empfohlen Diese fuhren allerdings auch nicht immer zu dem gewunschten Therapieerfolg 10 Potentielle zukunftige therapeutische Konzepte stellen neue Medikamentengruppen wie Rho Kinase Inhibitoren Endothelin Rezeptor Antagonisten oder Guanylat Cyclase Stimulatoren dar Da die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Erkrankung noch nicht vollstandig geklart sind sind weitere Studien zur Untersuchung der pathophysiologischen Zusammenhange notig um neue therapeutische Ansatze zu entwickeln Siehe auch BearbeitenPrinzmetal Angina Angina pectorisEinzelnachweise Bearbeiten Cannon R O und Epstein S E Microvascular angina as a cause of chest pain with angiographically normal coronary arteries In Am J Cardiol Band 61 Nr 15 1988 S 1338 43 PMID 3287885 Mohri M Koyanagi M Egashira MK Tagawa H Ichiki T Shimokawa H Takeshita A Angina pectoris caused by coronary microvascular spasm In Lancet Band 351 Nr 9110 1998 S 1165 9 PMID 9643687 Seitz A Pirozzolo G Martinez Pereyra V Storm K A Becker A Sechtem U Bekeredjian R and Ong P Microvascular angina is more frequently associated with microvascular spasm than with impaired microvascular vasodilator capacity In Circulation Band 140 2019 S A13340 Ong P Athanasiadis A Borgulya G Mahrholdt H Kaski J C and Sechtem U High Prevalence of a Pathological Response to Acetylcholine Testing in Patients With Stable Angina Pectoris and Unobstructed Coronary Arteries The ACOVA Study Abnormal COronary VAsomotion in patients with stable angina and unobstructed coronary arteries In J Am Coll Cardiol Band 59 Nr 7 2012 S 655 62 PMID 22322081 a b c Ong P und Sechtem U Optimale Diagnostik und Therapie der mikrovaskularen Angina pectoris In Dtsch Med Wochenschr Band 142 Nr 21 2017 S 1586 1593 PMID 29046002 Vermeltfoort I A C Raijmakers P G H M Riphagen I I Odekerken D A M Kuijper A F M Zwijnenburg A and Teule G J J Definitions and incidence of cardiac syndrome X review and analysis of clinical data In Clin Res Cardiol Band 99 Nr 8 2010 S 475 81 PMID 20407906 Shimokawa H Hrsg Coronary Vasomotion Abnormalities Springer Singapore 2021 Shimokawa H Suda A Takahashi J Berry C Camici P G Crea F Escaned J Ford T Yii E Kaski J C et al Clinical characteristics and prognosis of patients with microvascular angina An international and prospective cohort study by the Coronary Vasomotor Disorders International Study COVADIS Group In Eur Heart J Band 42 Nr 44 2021 S 4592 4600 PMID 34038937 Konst R E Damman P Pellegrini D Hartzema Meijer M J van Uden B J C Jansen T P J et al Vasomotor dysfunction in patients with angina and nonobstructive coronary artery disease is dominated by vasospasm In Int J Cardiol Band 333 S 14 20 PMID 33711394 a b Ford T J Corcoran D Padmanabhan S Aman A Rocchiccioli P Good R McEntegart M Maguire J J Watkins S Eteiba H et al Genetic dysregulation of endothelin 1 is implicated in coronary microvascular dysfunction In Eur Heart J Band 41 Nr 34 2020 S 3239 3252 PMID 31972008 Rosano G M Collins P Kaski J C Lindsay D C Sarrel P M and Poole Wilson P A Syndrome X in women is associated with oestrogen deficiency In Eur Heart J Band 16 Nr 5 1995 S 610 4 PMID 7588891 Ong P Safdar B Seitz A Hubert A Beltrame J F and Prescott E Diagnosis of coronary microvascular dysfunction in the clinic In Cardiovasc Res Band 116 Nr 4 2020 S 841 855 PMID 31904824 Ong P Camici P G Beltrame J F Crea F Shimokawa H Sechtem U Kaski J C and Bairey Merz C N Coronary Vasomotion Disorders International Study Group COVADIS International standardization of diagnostic criteria for microvascular angina In Int J Cardiol Band 215 2018 S 16 20 PMID 29031990 Ong P Athanasiadis A and Sechtem U Treatment of Angina Pectoris Associated with Coronary Microvascular Dysfunction In Cardiovasc Drugs Ther Band 30 Nr 4 2016 S 351 356 PMID 27358172 Task Force Members Montalescot G Sechtem U Achenbach S Andreotti F Arden C Budaj J Bugiardini R Crea F Cuisset T et al 2013 ESC guidelines on the management of stable coronary artery disease The Task Force on the management of stable coronary artery disease of the European Society of Cardiology In Eur Heart J Band 34 Nr 38 2013 S 2949 3003 PMID 23996286 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mikrovaskulare Angina pectoris amp oldid 227673640