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Das Morickestift in Neuenstadt am Kocher im Landkreis Heilbronn geht auf das Landhaus eines Neuenstadter Arztes um 1830 zuruck und war ab 1853 im Besitz der Apothekerfamilie Mori c ke die eng mit dem Dichter Eduard Morike verwandt war Nach dem Tod von dessen Vetter Carl Moricke errichtete dessen Witwe Marie Morike 1874 ein Stift fur ledige oder verwitwete evangelische Frauen das 1979 in die Tragerschaft der Stadt uberging Ab den 1950er Jahren wurden auf dem Stiftsareal weitere Einrichtungen erbaut Das heute weiterhin als Altenheim genutzte alte Stiftsgebaude gilt als Kulturdenkmal Es verfugte seit 1860 uber eine eigene Wasserleitung von einer eigenen Quelle im Nachbarort Burg Der historische Wasserhochbehalter sowie Reste eines im 19 Jahrhundert angelegten Parks sind erhalten Hauptgebaude des Morickestifts Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Bau des Gebaudes als Landhaus fur einen Arzt 1 2 Erwerb und Umgestaltung durch Carl Moricke 1 3 Bau der eigenen Wasserleitung von Burg 1 4 Grundung des Frauenstifts 2 Entwicklung des Stifts 3 Literatur 4 WeblinksGeschichte BearbeitenBau des Gebaudes als Landhaus fur einen Arzt Bearbeiten Das Gebaude wurde ab etwa 1828 von Werkmeister Jakob Adam Grotz 1784 1843 erbaut Seine Entstehung ist eng mit dem Bau der Strasse von Neuenstadt nach Burg verbunden den Grotz ebenfalls leitete Die neue Lindenstrasse von Neuenstadt hinab ins Kochertal kreuzte den ehemaligen herzoglichen Lindengarten hinter der Lindenanlage was Grotz den Erwerb einer Parzelle des ehemaligen Schlossgartens zwischen Ohringer Strasse und Lindenstrasse ermoglichte Zum andern verwendete Grotz das ubrig gebliebene Baumaterial von Damm und Brucke die vom Kochertal hinauf nach Burg fuhren Das Gebaude wurde wohl von Anbeginn fur den seit 1822 in Neuenstadt tatigen Unteramtsarzt Christoph Friedrich Horing erbaut der kurz nach Fertigstellung des Gebaudes um 1830 als Eigentumer erscheint Der grosszugige ursprungliche Gebaudeschnitt mit je vier grossen und drei kleinen Zimmern pro Stockwerk und einem Pferdestall im Sockelgeschoss legt auch die Planung als Arzte Landhaus nahe Bis 1834 entstanden dicht hinter dem Haus eine Remise eine Scheune mit Stall Heuboden und Knechtskammer sowie ein Schuppen Dadurch wurde der Pferdestall im Untergeschoss des Wohnhauses uberflussig Die Post nutzte bis 1851 auch einen Raum im Untergeschoss 1834 gab Horing die Arztstelle in Neuenstadt auf und verkaufte das Haus an den jungen Mediziner Karl Ludwig Elsasser der westlich an die Aussentreppe ein Laboratorium anbaute Zur selben Zeit besass der Apotheker und Hofrat Carl Friedrich Wilhelm Morike 1770 1859 die ostlich an das Hausgrundstuck angrenzende Parzelle des ehemaligen Lindengartens Die Apothekerfamilie Morike war in der Apotheke am Marktplatz durch den Versand von Pillen zu Wohlstand gekommen Der Sohn des Hofrats war der Arzt und Apotheker Carl Abraham Moricke 1806 1874 der nach einer Nordamerikareise 1831 bis 1833 in die elterliche Apotheke eintrat Er schrieb den Nachnamen seit seiner Hochzeit 1837 mit ck und war ein Vetter des Dichters und Pfarrers Eduard Morike 1804 1875 der 1834 eine Pfarrstelle im nahen Cleversulzbach annahm und zu Elsassers Patienten gehorte Elsasser verfasste 1843 den Krankheitsbericht mit dem Eduard Morike im Alter von 39 Jahren in den Ruhestand versetzt wurde Erwerb und Umgestaltung durch Carl Moricke Bearbeiten Als Elsasser 1853 eine Stelle als Leibarzt und Medizinalrat in Stuttgart annahm erwarb Carl Moricke das Landhaus vereinigte die beiden nebeneinander liegenden Gartenparzellen und liess das Landhaus umbauen das Laboratorium wieder abreissen und statt der seitlichen eine reprasentativere Treppe errichten Morickes Schwiegervater der konigliche Bau und Gartendirektor Ernst Seyffer 1781 1856 beriet ihn bei den Veranderungen an Haus und Garten Seyffer war damals bereits uber 70 Jahre alt Der heute noch vorhandene Park geht auf seine Planungen zuruck die sowohl die bereits vorhandenen Gegebenheiten beider Garten nutzten und darin weitere Sichtachsen mit zahlreichen exotischen Pflanzen schufen Ausserdem entstand im Park eine kunstliche Ruine Bis zum Tode Morickes 1874 folgten weitere Veranderungen des Gartens Die alten wohl nur einfachen holzernen Nebengebaude wurden durch stabilere Nebengebaude in grosserem Abstand zum Haus ersetzt Es entstanden u a ein chinesisches Tempelchen eine Laube ein Aussichtsplatz und eine Kegelbahn Moricke und seine Gattin waren kinderlos 1865 verkaufte er die Apotheke am Marktplatz an den bisherigen Pachter und konzentrierte sich danach auf seine Tatigkeit als Hausarzt und auf die Ausgestaltung des Landhauses Fur Gesellschaften wurde in den letzten Lebensjahren Morickes ein Saalbau an das Gebaude angefugt Bau der eigenen Wasserleitung von Burg Bearbeiten nbsp Das Storchenhaus an der Ohringer Strasse ist der historische Wasserhochbehalter des StiftsSeit dem Bau des Hauses gab es nur einen schwachlichen Pumpbrunnen im Hof Auf der Suche nach einer sprudelnden Quelle wurde man auf eine bereits von Werkmeister Grotz erschlossene Quelle auf der gegenuberliegenden Seite des Kochertals in Burg aufmerksam Die Quelle in Burg lag etwa zehn Meter hoher als der hochste Punkt des Morike schen Anwesens so dass die Heruberleitung des Wassers ohne Pumpe rein technisch kein Hindernis darstellte Morickes Wohlstand ermoglichte auch die Finanzierung Da die Gemeinde Neuenstadt auch Anspruch auf die Quelle erhob musste der Leitungsbau zunachst langwierig beantragt werden 1858 erwarb Moricke die Quelle von Grotz Witwe die die Leitung nach Burg wurde 1860 fertiggestellt Als Wasserhochbehalter auf dem Grundstuck in Neuenstadt diente ein auf den Uberresten eines alten Fachwerk Aussichtshauschens erbauter Tuffstein Turm mit einem 2 300 Liter fassenden Blechkasten der zur Dammung mit Holzverschalung versehen war Der von einem flachen runden Dach bedeckte Hochbehalter erhielt eine Bekronung aus einem Pfosten auf dem ein Wagenrad aufgesteckt war das als Nest einer storchenformigen Wetterfahne diente Die Wasserversorgung diente neben dem Landhaus einigen Brunnen Wasserspielen u a im Garten Ostlich des Saalanbaus entstand eine Gruppe von vier lebensgrossen Bronzefiguren von denen eine aus einem Krug Wasser in ein kleines Bassin mit Springbrunnen schuttet Vier weitere lebensgrosse Figuren umstanden ein ostlich der Kelter eigentlich ein Glas bzw Gewachshaus befindliches grosses Bassin Vom einstigen Fischgarten wurde ein Badhaus in den Garten versetzt das mit einem aussen befindlichen Holzofen beheizt werden konnte Grundung des Frauenstifts Bearbeiten Carl Moricke verstarb am 1 Juni 1874 als er einen Besuch im Lautenbacher Hof antreten wollte Bei seiner Beisetzung in der 1868 gestifteten Moricke Gruft auf dem Neuenstadter Friedhof verkantete sich der Sarg und offnete sich so dass der Tote zu sehen war der entgegen dem ortlichen Brauch kein weisses Totenhemd sondern einen schwarzen Frack trug Dies sorgte fur einen Eklat der sich vor allem gegenuber der Witwe Marie Morike die sich seit dem Tod ihres Mannes wieder nur mit k statt mit ck schrieb entlud Die Witwe Morike erbte als Alleinerbin ein Vermogen von etwa einer halben Million Mark ausserdem das Landhaus sowie das Apotheker Gebaude den so genannten Kavaliersbau Schon zu beider Lebzeiten hatten die Gatten besprochen ihr Vermogen testamentarisch in eine Stiftung umzuwandeln Die Witwe verausserte das Apotheker Gebaude an die Gemeinde die gerade eine Wohnung fur den Burgermeister suchte Am 13 Oktober 1874 wandelte sie ihren verbliebenen Grundbesitz bestehend aus Landhaus mit Garten der Quelle in Burg und einigen Ackern und Wiesen in das Frauenstift von Carl Moricke zu Neuenstadt an der Linde um das im Landhaus kunftig ein Haus der Zuruckgezogenheit zu gemeinschaftlichem Leben fur evangelische Frauen Wittwen und Jungfrauen bieten sollte Sie verfugte dass in das Stift nur 12 Frauen wie zuvor bezeichnet im Alter zwischen 45 und 65 Jahren aufgenommen werden sollten und dass eine jede zur Deckung des Unterhalts jahrlich 350 Mark oder eine der Geldentwertung angepasste hohere Summe zu zahlen habe Ausserdem machte sie zur Auflage dass das Morike Grab auf dem Friedhof zu pflegen sei und dass die Morike Familienbilder im Stiftssaal fur ewige Zeiten aufgehangt bleiben sollten Sie schrieb sich ausserdem ein Anrecht auf die lebenslange Nutzung des rechten Eckzimmers fest und sagte eine Investition von 10 000 Mark zur Errichtung des Stifts zu Im Folgenden verfasste sie noch die Statuten und eine ausfuhrliche Hausordnung die das Leben der Stiftsdamen untereinander und die Regelung der Verwaltung des Stifts betrafen Die Urkunden schliessen mit der Vorschrift Herren konnen zu Tisch gebracht aber nicht beherbergt werden Die Stiftungsurkunde wurde am 13 Oktober 1874 notariell beglaubigt der Tag der Ubergabe wurde unter Berucksichtigung einer Frist zur Renovierung des Landhauses auf den 25 Mai 1875 verabredet Die Einweihung und Ubergabe des Stifts wurde am 25 Mai 1875 durch die wurttembergische Konigin Olga vollzogen wofur die ganze Stadt beflaggt wurde und Schulkinder Spalier standen Die Stifterin selbst zog sich an diesem Nachmittag zuruck und nahm nicht an allen Feierlichkeiten teil Sie verzog im November 1874 nach Stuttgart zu ihrer Schwester wo sie bis zu ihrem Tod lebte aber auch immer wieder nach Neuenstadt zu Besuch kam 1891 stiftete sie eine neue Kanzel fur die ortliche Nikolauskirche 1899 war sie letztmals im Stift zu Besuch Sie starb 1909 und bedachte in ihrem Testament das Moricke Frauenstift nochmals mit 150 000 Mark Der Sitz der Stiftsverwaltung blieb jedoch in Stuttgart was sich in den folgenden Jahrzehnten immer wieder als unpraktikabel erwies Entwicklung des Stifts BearbeitenAls das Stift eingeweiht wurde waren bereits neun Stiftsfrauen und die erste Oberin Hildegard Harplin eingezogen Kurz nach der Einweihung bezog im Juli 1875 Clara Morike 1816 1903 eine Schwester des Dichters als zehnte Stiftsdame das Haus Sie hatte dem Bruder den Haushalt gefuhrt und war nach dessen Tod unversorgt zuruckgeblieben 1919 bezog mit Fanny Hildebrandt 1855 1930 auch eine Tochter des Dichters das Stift Das Stift diente fur etwa 40 Jahre rund 50 Frauen als Bleibe Der Erste Weltkrieg wirkte sich kaum merklich auf den Stiftsbetrieb aus Die Rationierungen der spaten Kriegszeit konnten mit dem Anbau von eigenem Gemuse auf stiftseigenem Boden ausgeglichen werden Erst mit der Inflation nach Kriegsende kamen harte Zeiten da das Stiftskapital wertlos geworden war 1922 musste das Silbergeschirr verkauft werden um Brennholz fur den Winter bezahlen zu konnen Mit vielen Einschrankungen uberdauerte das Stift die Inflationszeit und die Weltwirtschaftskrise Das Stift finanzierte sich meist nur aus den Einkunften aus seinen Grundstucken und aus milden Gaben aus der Bevolkerung Eine 50 Jahr Feier zum 50 jahrigen Wiederkehr der Stiftsgrundung 1924 oder eine 100 Jahr Feier des Hausbaus die man um 1930 hatte begehen konnen fanden angesichts der Verhaltnisse nicht statt Auch der Nationalsozialismus ab 1933 anderte nichts an der Lage des Stifts Weder wurde das Stift in irgendeiner Form gleichgeschaltet noch besserte sich die angespannte Finanzlage 1937 wurde wegen Geldnot eine Parzelle auf dem Stiftsgelande als Bauplatz an den Arzt Hans Hegendorfer verkauft 1939 wollte die Stadt Neuenstadt das Stift erwerben um es zum Krankenhaus umzubauen konnte aber den Stiftsfrauen keine adaquate Unterbringung anbieten so dass die Plane aufgegeben wurden Im Zweiten Weltkrieg in dem Neuenstadt stark beschadigt wurde blieb das Stift vor der Zerstorung bewahrt In den Nachkriegsjahren war langere Zeit unklar ob nun das Regierungsprasidium Stuttgart der Verein evangelischer Frauenstifte Wurttembergs die Zentralleitung fur das Stiftungs und Anstaltswesen in Wurttemberg oder der Verwaltungsrat des Wohlfahrtswerks fur Baden Wurttemberg die dem Stift ubergeordnete Behorde war Inzwischen hatte die Stiftsleitung die Verausserung einiger Acker und Wiesengrundstucke beschlossen um zu Geld zu kommen Nun aber trat die Stadt Neuenstadt auf den Plan die gerne einen Bauplatz im Stiftsgarten zum Bau eines neuen Rathauses erworben hatte was man von Seiten des Stifts ablehnte Als die Stadt wenig spater um einen Bauplatz zum Bau eines neuen Krankenhauses anfragte bot man der Stadt das gesamte Areal fur uber 240 000 DM an was aber die Stadt nicht aufbringen wollte Zudem kam es beim Verkauf von Wiesen und Ackern uber den Verein fur evangelische Frauenstifte und bei der Abrechnung mit der Stiftsverwaltung zu Ungereimtheiten Angesichts des Durcheinanders schob man sich die Verantwortung gerne gegenseitig zu Der Verein fur evangelische Frauenstifte gab 1956 die Verwaltung an die Zentralleitung zuruck was diese nicht zu leisten vermochte Mit einer neuen Satzung vom Juli 1956 wurde die Einrichtung dem Landeswohlfahrtswerk unterstellt dem ein Ortsausschuss aus Burgermeister Dekan Oberin Stadtpfleger und drei Burgern beigestellt war Das alte Frauenstift von Carl Moricke zu Neuenstadt wurde aufgelost und das Stift unter dem Namen Dr Moricke Stift fortgefuhrt Von 1955 bis 1956 war auf dem Stiftsgelande nach Planen des Heilbronner Architekten Alber ein kleines Krankenhaus mit etwa 30 Betten errichtet worden Alber plante fur das Landeswohlfahrtswerk die Erweiterung der Anlage um ein Altenheim fur 100 Bewohner was jedoch aus finanziellen Grunden nicht verwirklicht wurde Stattdessen wurde die Belegungszahl des Stifts durch einfache Umbaumassnahmen von 12 auf 23 erhoht 1958 war das fur 28 Betten ausgelegte Krankenhaus mit inzwischen 40 genutzten Betten vollig uberbelegt Von 1963 bis 1964 erfolgte dann nochmals nach Planen von Alber ein Erweiterungsbau der die Bettenzahl von 28 auf 47 erhohte Bis 1974 entstand auch noch ein Personalwohnheim in der Nordwestecke der Anlage Fur die verschiedenen neu hinzugekommenen Bauten gingen jeweils Teile der Parkflache verloren Am 4 Dezember 1978 beschloss der Gemeinderat die stadtische Ubernahme des Stifts die zum 1 Januar 1979 vollzogen wurde Der Sitz der Verwaltung und die Stiftskasse kamen von Stuttgart nach Neuenstadt Statt einer von der Verwaltung benannten Oberin wurde die Einrichtung kunftig von einer Heimleiterin gefuhrt Die bisherige Bezeichnung Stiftsdame wurde durch die zeitgemassere Anrede Stiftsfrau ersetzt Der Ortsausschuss bestimmte kunftig uber die Aufnahme in den Stift Die Gebaude auf dem Gelande des Morickestifts wurden verschiedentlich modernisiert und erweitert Zu den grossten Erweiterungen zahlt der von der Evangelischen Heimstiftung ab dem Jahr 2015 erbaute Erweiterungstrakt des Demenzzentrums mit 60 weiteren Pflegeplatzen integrierter Tagespflege zwei Praxen und 17 betreuten Wohnungen Literatur BearbeitenEvangelische Kirchengemeinden des Bezirks Neuenstadt am Kocher Hrsg Unsere Heimat die Kirche Heimatbuch des Bezirks Neuenstadt am Kocher Bilder aus dem Bezirk Neuenstadt Stuttgart 1959 S 25 27 Eugen Kress Das Frauenstift von Dr Carl Moricke Die Geschichte des Frauenstifts in Neuenstadt am Kocher Eigenverlag Eugen Kress Neuenstadt 2000 Julius Fekete Kunst und Kulturdenkmale in Stadt und Landkreis Heilbronn 2 Auflage Theiss Stuttgart 2002 ISBN 3 8062 1662 2 S 261 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Morickestift Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Morickestift amp oldid 224611614