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Als Liturgie der Hagia Sophia bezeichnet man den byzantinischen Kathedralritus der griechisch orthodoxen Kirche wie er bis 1453 in der Hagia Sophia in Konstantinopel heute Istanbul gefeiert wurde Die Liturgie war auf der Basis der byzantinischen Philosophie als mystagogische Gesamterfahrung aus Architektur Musik Akustik und den eigentlichen liturgischen Handlungen konzipiert Der uberwaltigende Eindruck dieser Liturgie war entscheidend fur die Konversion Wladimirs des Grossen und der Kiewer Rus im Jahr 988 Kuppeln der Hagia Sophia Inhaltsverzeichnis 1 Akustik und architektonische Bedingungen 2 Historische Entwicklung 3 Musik 4 Liturgie 4 1 Stundenliturgie 4 2 Gottliche Liturgie 5 Literatur 6 Tondokumente 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAkustik und architektonische Bedingungen BearbeitenDer Raum der Hagia Sophia ist durch einen enormen Nachhall gepragt und nicht auf Verstandlichkeit des gesprochenen Wortes hin ausgelegt Die Kuppel der Hagia Sofia projiziert vor allem Frequenzen jenseits von 1000 Hertz Wahrend der Liturgie kamen uber 500 Personen zum Einsatz Neben den zelebrierenden Klerikern sangen im Jahr 612 vom Ambo aus neben dem Solisten domestikos 25 so genannte psaltai unterstutzt von bis zu 160 anagnostes 1 Besonders die Musik der psaltsai war stark melismatisch Der Verbund aus Klang und Lichtreflexionen in der Kathedrale zielte somit auf eine synasthetische und performative Spiegelung des Himmels Diese abstrakte Vorstellung des Gottlichen spiegelt sich jedenfalls zu Beginn im sparsamen anikonischen Bildprogramm der Kathedrale Sie stellt sich insoweit als Gegenpol zur westlichen lateinischen Liturgietradition hin 1 Der Eindruck der Liturgie scheint fur Aussenstehende uberwaltigend gewesen zu sein Fur das Jahr 877 uberliefert die Nestorchronik das Erlebnis einer Gesandtschaft Wladimirs des Grossen i pridoho m G zhe v Greki i vedodsha ni idezhe sluzhat Bu svoyemu i ne svѣmi na n bѣ li yesmi bili li na zemli nѣs bo na zemli takago vida li krasoti takoӕ i ne dooumѣyem bo skazati tokmo to vѣmi ӕko ѡndѣ B s chlv ki prebivayet i yest sluzhba ih pache vsѣh l ob stran mi oubo ne mozhem zabiti krasoti toӕ vsѧk bo chlv k ashe oukusit sladka poslѣdi goresti ne priimayet 2 Und so kamen wir zu den Griechen und sie fuhrten uns dahin wo sie ihrem Gott dienen Und wir wissen nicht Sind wir im Himmel gewesen oder auf der Erde denn auf Erden gibt es einen solchen Anblick nicht oder eine solche Schonheit und wir vermogen es nicht zu beschreiben Nur das wissen wir dass dort Gott bei den Menschen weilt Und ihr Gottesdienst ist besser als der aller anderen fremden Lander Wir aber konnen jene Schonheit nicht vergessen denn jeder Mensch wenn er von Sussem gekostet hat nimmt danach Bitteres nicht an 3 Nestorchronik 987 44 48Historische Entwicklung BearbeitenDie historische Entwicklung kann in zwei Phasen der Rezeption monastischer Riten zergliedert werden Die erste Phase begann im neunten Jahrhundert und dauerte bis 1204 Sie ist durch die Ubernahme liturgischer Elemente des Studionklosters gekennzeichnet Die zweite Phase begann nach dem Ende der lateinischen Besetzung Konstantinopels von 1204 bis 1261 In dieser zweiten Phase nahm die Liturgie Elemente der neo sabataischen Liturgie konstantinopolitanischer Kloster und vom Berg Athos aus dem elften Jahrhundert auf Diese Liturgie ist schriftlich uberliefert in Aufzeichnungen der Hagia Sofia aus Thessaloniki durch Bischof Symeon von Thessaloniki 1 Musik BearbeitenVom musikalischen Repertoire der Chore ist nur ein kleiner Teil bekannt Die Melodien finden sich heute in den Bibliotheken suditalienischer Kloster Nach dem Fall Konstantinopels im Jahr 1453 wurde dort eine Zeit lang ein Mischritus gefeiert bei dem an Hochfesten der konstantinopolitanische Kathedralritus teilweise fortlebte Nur ein Bruchteil kann in heutige Musiknotation zuverlassig ubertragen werden Die Gesange des Solisten finden sich im Psaltikon und Kondakarion diejenigen des Chors im Asmatikon Die Uberlieferung kann durch einige slawische Manuskripte erganzt werden 1 Liturgie BearbeitenDie Liturgie erreicht in der Mitte des zehnten Jahrhunderts den Hohepunkt ihrer Entwicklung und blieb eine Stationsliturgie in der Tradition der Spatantike Der Ritus setzte sich zusammen aus 1 der gottlichen Liturgie Eucharistie 1 den Mysterien Sakrament der Taufe Salbung chrismation Olung Busse und Weihe 1 der Stundenliturgie bestehend aus orthros und lychnikos 1 dem liturgischen Kalender 1 weiteren kleineren liturgische Handlungen akolouthiai wie Kirchweihe Segnungen Exorzismen und monastischen Gelubden 1 Stundenliturgie Bearbeiten Die wichtigsten Gottesdienste des Stundengebetes waren orthros und lychnikos Ihre Gesange asmatike akolouthia waren bis ins 13 Jahrhundert nur mundlich uberliefert und speisten sich aus der Psalmodie des vierten Jahrhunderts in Jerusalem und Antiochia Sie ist in zwei spatbyzantinischen Manuskripten der Hagia Sofia in Thessaloniki uberliefert 1 Die Psalmen wurden meist syllabisch gesungen In den Gesang der Psalmen war die Gemeinde stets miteinbezogen Die Chore sagen die Verse der Psalmen und die Gemeinde den Kehrvers Im Unterschied zur Jerusalemer und Antiochenischen Psalmodie waren die Psalmen des konstantinopolitanischen Psalters unter dem Einfluss des Patriarchen Anthimos I in grossere Einheiten so genannte Antiphonen aufgeteilt 1 Psalm 85 140 die Psalmen 3 62 133 Psalm 118 Psalm 50 und die Psalmen 148 149 und 150 wurden bei jedem orthros bzw lychnikos gesungen Zerteilt in Einheiten von 68 bis 74 Antiphonen konnte der Psalter so in etwa einer Woche einmal vollstandig gesungen werden 1 Gottliche Liturgie Bearbeiten Die Reflexion des Klanges im Gewolbe und des Lichts in Gold und Marmor der Kathedrale fand seine Rechtfertigung im Ziel der liturgischen Spiegelung des Himmels Als Beispiel dient der hier Cherubikon Hymnus der wahrend des Grossen Einzugs gesungen wurde 1 Oἱ tὰ Xeroybeὶm mystikῶs eἰkonizontes kaὶ tῇ zwopoiῷ Triadi tὸn Trisagion ὕmnon prosadontes pᾶsan tὴn biotikὴn ἀpo8wme8a merimnan Ὡs tὸn Basilea tῶn ὅlwn ὑpode3omenoi taῖs ἀggelikaῖs ἀoratws doryforoymenon ta3esin Ἀllhloyia Ἀllhloyia Ἀllhloyia Die wir die Cherubim geheimnisvoll abbilden und die lebenschaffende Dreiheit mit dem Hymnus Dreimal Heilig besingen lasst uns nun jegliche Sorge des Alltagslebens ablegen auf dass wir den Konig des Alls empfangen der unsichtbar von den himmlischen Heerscharen im Triumph geleitet wird Halleluja Halleluja Halleluja ebenso wie das Gebet des Patriarchen vor dem Grossen Einzug Die Liturgie versteht sich somit als performative Umsetzung der Theologie des Pseudo Dionysios 1 Literatur BearbeitenBissera V Pentcheva Liturgy and Music at Hagia Sophia In Oxford Research Encyclopedias Religion 2016 doi 10 1093 acrefore 9780199340378 013 99 Gregor Maria Hanke Vesper und Orthros des Kathedralritus der Hagia Sophia zu Konstantinopel Aschendorff Munster 2018 ISBN 978 3 402 11041 6 Tondokumente BearbeitenIcon of Sound technische Reproduktion der akustischen Bedingungen der Hagia Sophia durch das Center for Computer Research in Music and Acoustics CCRMA und der Fakultat fur Kunst und Kunstgeschichte Department for Art amp Art History der Universitat Stanford in Zusammenarbeit mit der Capella RomanaWeblinks BearbeitenAural Architecture Music Acoustics and Ritual in Byzantium Akustische Architektur Musik Akustik und Ritual in Byzanz Seminar der Universitat Stanford in englischer SpracheEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n o Bissera V Pentcheva Liturgy and Music at Hagia Sophia In Oxford Research Encyclopedias Religion 2016 doi 10 1093 acrefore 9780199340378 013 99 http litopys org ua lavrlet lavr05 htm Ludolf Muller Hrsg Die Nestorchronik die altrussische Chronik zugeschrieben dem Monch des Kiever Hohlenklosters Nestor in der Redaktion des Abtes Sil vestr aus dem Jahre 1116 rekonstruiert nach den Handschriften Lavrent evskaja Radzivilovskaja Akademiceskaja Troickaja Ipat evskaja und Chlebnikovskaja Fink Munchen 2001 S 133 f digitale sammlungen de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liturgie der Hagia Sophia amp oldid 235018483