www.wikidata.de-de.nina.az
Die Ligandensubstitution ist eine chemische Reaktion bei der ein Ligand eines Komplexes gegen einen anderen Liganden ausgetauscht wird Die allgemeine Reaktionsgleichung des Ligandenaustausches kann wie folgt formuliert werden ML n X Y ML n Y X displaystyle ce ML n mathbf X mathbf Y lt gt ML n mathbf Y mathbf X Darin ist M displaystyle ce M das Zentralatom elektrisch neutral oder positiv geladen mit einer Anzahl von n displaystyle n Liganden L displaystyle ce L und dem Liganden X displaystyle ce X Der Ligand X displaystyle ce X austretende Gruppe wird in der Reaktion gegen den Liganden Y displaystyle ce Y eintretende Gruppe ausgetauscht Inhaltsverzeichnis 1 Kinetik der Ligandensubstitution 1 1 Dissoziativer Ligandenaustausch D 1 2 Assoziativer Ligandenaustausch A 1 3 Interchange Mechanismus I 2 Thermodynamik der Ligandensubstitution 3 Bedeutung 4 Siehe auchKinetik der Ligandensubstitution BearbeitenEs konnen drei Reaktionsmechanismen der Ligandensubstitution als Grenzfalle formuliert werden Tatsachlich laufen Ligandenaustauschreaktionen selten exakt nach einem der folgenden Mechanismen ab und der Reaktionsverlauf liegt irgendwo dazwischen Dissoziativer Ligandenaustausch D Bearbeiten Es handelt sich hierbei um einen monomolekularen zweistufigen Prozess Im ersten Reaktionsschritt wird die austretende Gruppe X displaystyle ce X nbsp vom Komplex abgespalten der Komplex dissoziiert also ML n X ML n X displaystyle ce ML n mathbf X lt gt ML n mathbf X nbsp Im zweiten Reaktionsschritt wird die eintretende Gruppe Y displaystyle ce Y nbsp gebunden ML n Y ML n Y displaystyle ce ML n mathbf Y lt gt ML n mathbf Y nbsp Beide Reaktionsschritte sind Gleichgewichtsreaktionen wobei der erste Schritt die Dissoziation geschwindigkeitsbestimmend ist Wichtig bei diesem Reaktionsmechanismus ist dass ein Zwischenprodukt ML n displaystyle ce ML n nbsp gebildet wird das eine geringere Koordinationszahl hat als das Edukt ML n X displaystyle ce ML n X nbsp Das hat den Effekt dass sich erstens das Koordinationspolyeder der verbleibenden Liganden L displaystyle ce L nbsp um das Zentralatom M displaystyle ce M nbsp andert und sich zweitens die Grosse der d Orbitalaufspaltung am Zentralatom verringert So ist die Dissoziation meistens mit einer hohen Kristallfeldaktivierungsenergie verbunden und darum findet man den dissoziativen Mechanismus vorwiegend bei Komplexen die entweder sehr viele Liganden haben oder sehr grosse Liganden so dass es sterisch gunstig ist einen solchen Liganden abzuspalten Assoziativer Ligandenaustausch A Bearbeiten Auch dieser Mechanismus ist ein monomolekularer zweistufiger Prozess Im ersten Reaktionsschritt wird die eintretende Gruppe Y displaystyle ce Y nbsp gebunden assoziiert ML n X Y ML n XY displaystyle ce ML n mathbf X mathbf Y lt gt ML n mathbf XY nbsp Im zweiten Schritt wird die austretende Gruppe X displaystyle ce X nbsp abgespalten ML n XY ML n Y X displaystyle ce ML n mathbf XY lt gt ML n mathbf Y mathbf X nbsp Beide Reaktionsschritte sind Gleichgewichtsreaktionen wobei der erste Schritt die Assoziation geschwindigkeitsbestimmend ist Wichtig bei diesem Reaktionsmechanismus ist dass ein Zwischenprodukt ML n XY displaystyle ce ML n XY nbsp gebildet wird das eine hohere Koordinationszahl hat als das Edukt ML n X displaystyle ce ML n X nbsp Das hat den Effekt dass sich erstens der Koordinationspolyeder der Liganden X displaystyle ce X nbsp Y displaystyle ce Y nbsp und L displaystyle ce L nbsp um das Zentralatom M displaystyle ce M nbsp andert und sich zweitens die Grosse der d Orbitalaufspaltung am Zentralatom erhoht So ist die Assoziation oft mit einer geringen Kristallfeldaktivierungsenergie verbunden aber die Assoziation wird durch die bereits vorhandenen Liganden X displaystyle ce X nbsp und L displaystyle ce L nbsp erschwert weil diese die Assoziation sterisch blockieren konnen und die Ladung des Zentralatoms abschirmen Darum findet man den assoziativen Mechanismus meistens bei Komplexen mit wenigen und kleinen Liganden Interchange Mechanismus I Bearbeiten Hier liegt ein bimolekularer einstufiger Mechanismus vor bei dem Bindungsbildung und Bindungsbruch gleichzeitig stattfinden ML n X Y Y displaystyle ce ML n mathbf X lt gt mathbf Y mathbf Y nbsp Y M L n X displaystyle mathbf Y dotsb mathrm ML n dotsb mathbf X nbsp X X ML n Y displaystyle ce lt gt mathbf X mathbf X ML n mathbf Y nbsp Zwischendrin bildet sich ein nicht isolierbarer Ubergangszustand in dem Gruppe X displaystyle ce X nbsp noch nicht ganz abgespalten und Gruppe Y displaystyle ce Y nbsp noch nicht ganz gebunden ist Auch dies ist eine Gleichgewichtsreaktion Der Interchange Mechanismus kann mehr dissoziativen Charakter haben wenn sich X displaystyle ce X nbsp fruher lost als Y displaystyle ce Y nbsp anfangt zu binden oder mehr assoziativen Charakter wenn Y displaystyle ce Y nbsp fruher bindet als X displaystyle ce X nbsp sich lost Ist der Charakter des Interchange Mechanismus bekannt schreibt man ID bzw IA Generell ist die Untersuchung der Kinetik von Ligandensubstitutionen sehr schwer da sie oft ausserordentlich schnell ablaufen und ausserdem das Losemittel oft an den Austauschreaktionen beteiligt ist Lange Zeit beschrankte man sich deshalb auf die Untersuchung verhaltnismassig reaktionstrager Platin Komplexe Thermodynamik der Ligandensubstitution BearbeitenEin Ligandenaustausch ist thermodynamisch moglich wenn das Produkt der Reaktion energetisch gunstiger ist als das Edukt Entscheidend ist dafur meistens wie gross der Unterschied in der Ligandenfeldstabilisierungsenergie zwischen Edukt und Produkt ist und dies wiederum hangt hauptsachlich davon ab ob der die eintretende n Ligand en zu einer Erhohung oder Verringerung dieser Energie fuhrt Weiterhin sind Entropie Effekte von Bedeutung also im Wesentlichen die Anzahl der beim Ligandenaustausch aufgenommenen frei werdenden Liganden sowie die dabei auftretenden losemittelabhangigen Solvatationsprozesse Oft kommt es vor dass thermodynamisch sehr gut mogliche Reaktionen nicht bzw unglaublich langsam ablaufen Dies ist dann auf die kinetische Inertheit des Eduktes zuruckzufuhren wenn mogliche Ubergangszustande oder Zwischenprodukte energetisch sehr von Nachteil sind Bedeutung BearbeitenLigandensubstitutionen finden in fast allen biologischen Systemen statt z B der Austausch der Gase Sauerstoff Kohlenmonoxid und Kohlendioxid am Hamoglobin der roten Blutkorperchen Die Chelatbildung ist meistens ein Ligandenaustauschprozess bei dem viele einzahnige Liganden z B Wassermolekule gegen wenige mehrzahnige Liganden ausgetauscht werden z B EDTA Besondere Bedeutung hat der Ligandenaustausch bei der Herstellung und Anwendung metallorganischer Katalysatoren z B fur die Synthese von Polymeren Siehe auch BearbeitenKomplexchemie Kristallfeld und Ligandenfeldtheorie Kinetik Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ligandensubstitution amp oldid 231019957