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Das Betzsche Gesetz besagt dass eine Windkraftanlage maximal 16 27 knapp 60 Prozent jener mechanischen Leistung die der Wind ohne den bremsenden Rotor durch dessen Projektionsflache Rotorflache Ernteflache Wirkscheibe senkrecht zur Windrichtung transportieren wurde in Nutzleistung umwandeln kann Der Faktor wird auch Leistungsbeiwert oder Erntegrad genannt Der Grund fur die Begrenzung ist dass die Energieabgabe mit einer Verringerung der Stromungsgeschwindigkeit und einem Luftstau einhergeht der einen Teil der heranstromenden Luft der Rotorflache ausweichen lasst Zudem ware eine vollstandige Entnahme der Energie damit verbunden dass die Luft stehen bliebe was einem vollstandigen Luftstau entsprache Daher gibt es ein Optimum hinsichtlich Energieentnahme und Abfuhrung der dadurch verlangsamten Luft Das Gesetz stammt von dem deutschen Physiker Albert Betz 1885 1968 Er formulierte es erstmals im Jahr 1919 Sieben Jahre spater erschien es in seinem Buch Wind Energie und ihre Ausnutzung durch Windmuhlen Der britische Ingenieur Frederick W Lanchester 1868 1946 publizierte schon 1915 ahnliche Uberlegungen Inhaltsverzeichnis 1 Bezeichnungsvielfalt 2 Herleitung 3 Andere Leistungsbeiwerte 4 Ausgefuhrte Rotoren an Horizontalachsern 5 LiteraturBezeichnungsvielfalt BearbeitenWegen dieses theoretisch begrenzten Wirkungsgrades fuhrte Betz fur den Quotienten aus genutzter zu ankommender Windleistung c P P P 0 displaystyle c P frac P P 0 nbsp die Bezeichnung Gutefaktor ein 1926 nannte er ihn Leistungsziffer heute ist in der Fachliteratur zu Windturbinen die Bezeichnung Leistungsbeiwert ublich Erntegrad und Wirkungsgrad sind aber auch verbreitet Die Bezeichnung Betz scher Leistungsbeiwert ist ublich sowohl fur die von Betz betrachtete und im folgenden Kapitel ausgefuhrte theoretische Abhangigkeit dieses Quotienten von der Abbremsung der Stromung fur deren Maximalwert als auch allgemein fur den von Betz fur reale Windkraftanlagen eingefuhrten Gutefaktor Der Erntefaktor ist hingegen das Verhaltnis der abgegebenen Energiemenge eines Kraftwerkes wahrend seiner Lebensdauer zu jener Energiemenge die zu seiner Errichtung aufgewendet wurde Herleitung Bearbeiten nbsp Abb 1 Idealisierte StromungDie Voraussetzungen von denen Betz ausgegangen ist sind Die Windkraftanlage hat in Stromungsrichtung keine Ausdehnung ist also eine Flache Die Stromung erzeugt in dieser Aktuatorflache A einen negativen Sprung D p displaystyle Delta p nbsp im Druckverlauf Die Nutzleistung P wird der Stromung verlustfrei entnommen Die Dichte r displaystyle rho nbsp des Mediums ist konstant also inkompressible Stromung und kein Warmestrom zwischen Stromung und Windkraftanlage Der Druck weit vor und weit hinter der Anlage ist gleich der negative Drucksprung wird durch einen allmahlichen Druckanstieg sowohl vor als auch nach der Wirkflache ausgeglichen Mit dem Druckanstieg verbunden ist ein Abbremsen der Stromung von der Ausgangsgeschwindigkeit v1 uber v in der Wirkflache auf v2 weit dahinter Umgekehrt proportional zur Stromungsgeschwindigkeit nimmt die Querschnittsflache der Stromrohre von A1 uber A auf A2 zu siehe Abbildung 1 da alle ihre Querschnitte vom Massenfluss A v r displaystyle Av rho nbsp durchstromt werden Kontinuitatsgleichung Wenn man nach dem Energieerhaltungssatz die entnommene Leistung P gleichsetzt mit der Differenz des mit v1 und v2 verbundenen kinetischen Energiestromes erhalt man P V D p A v D p m 2 D v 2 A v r 2 v 1 2 v 2 2 displaystyle P dot V Delta p Av Delta p frac dot m 2 Delta v 2 Av frac rho 2 v 1 2 v 2 2 nbsp mit r 2 v 1 2 v 2 2 displaystyle frac rho 2 v 1 2 v 2 2 nbsp als Staudruck D p displaystyle Delta p nbsp Nach dem Theorem von Froude und Rankine ist v v 1 v 2 2 displaystyle v frac v 1 v 2 2 nbsp Die entnommene Leistung betragt dann P A r 2 v 1 v 2 2 v 1 2 v 2 2 displaystyle P A frac rho 2 left frac v 1 v 2 2 right v 1 2 v 2 2 nbsp Mit der relativen Restgeschwindigkeit x v 2 v 1 displaystyle x frac v 2 v 1 nbsp und daher v 2 v 1 x displaystyle v 2 v 1 x nbsp folgt P A r 2 v 1 3 1 x 2 1 x 2 displaystyle P A frac rho 2 v 1 3 frac 1 x 2 1 x 2 nbsp mit A der Rotorflache und r 2 v 1 3 displaystyle frac rho 2 v 1 3 nbsp der Leistungsdichte des Windes nbsp Abb 2 Idealer Leistungsbeiwert als Funktion der relativen Restgeschwindigkeit x v2 v1 Das Maximum liegt bei x 1 3 und betragt cP 16 27 Bezogen auf die ankommende Windleistung P 0 A r 2 v 1 3 displaystyle P 0 A frac rho 2 v 1 3 nbsp ergibt sich der Leistungsbeiwert zu c P x 1 x 2 1 x 2 displaystyle c P x frac 1 x 2 1 x 2 nbsp Der Verlauf der Funktion c P x displaystyle c P x nbsp ist in Abbildung 2 fur x 0 1 bis 1 dargestellt was in etwa alle real erreichbaren Betriebszustande abdeckt x 1 bedeutet v2 v1 und auch v v1 also keinerlei Abbremsung und folglich ergibt sich aus dem Leistungsbeiwert cP 1 0 dass keine Leistungsentnahme erfolgt Alle drei Flachen der Stromrohre sind in diesem Fall gleich konkret gilt A1 A v v1 1 und A2 A v v2 1 Dieser Betriebszustand entspricht praktisch dem Stillstand des Rotors x 0 bedeutet Abbremsung auf v2 0 und wegen v v1 2 den Leistungsbeiwert cP 0 0 5 wobei A1 A v v1 0 5 ergibt Aber wegen des theoretisch unendlichen Werts des Flachenverhaltnisses A2 A v v2 eine Division durch Null ist dieser Betriebszustand real gar nicht moglich x 0 1 bedeutet v2 v1 10 und v v1 0 55 sowie auch A1 A v v1 0 55 Als Leitungsbeiwert ergibt sich cP 0 1 0 55 0 99 0 5445 also knapp uber 54 sowie das Flachenverhaltnis A2 A v v2 0 55 0 1 5 5 Der Austrittsquerschnitt A2 der Stromrohre ware in diesem Fall also 5 5 mal grosser als die Rotorflache ein Betriebszustand der schwer zu erreichen und auch vom Ergebnis her nicht optimal ist Ihr Maximum erreicht die Funktion c P x displaystyle c P x nbsp bei x 1 3 wie man durch Ableiten und Nullsetzen zeigt siehe Berechnung von Minima und Maxima Das bedeutet v 2 1 3 v 1 displaystyle v 2 tfrac 1 3 cdot v 1 nbsp und v 2 3 v 1 displaystyle v tfrac 2 3 cdot v 1 nbsp sowie auch A1 A v v1 2 3 displaystyle tfrac 2 3 nbsp Das restliche Drittel der Anstromung weicht der Wirkflache aus Dieser Verlust entspricht dem ersten Faktor in c P x displaystyle c P x nbsp Der zweite Faktor bedeutet dass der Stromung durch die Wirkflache 8 9 ihrer Energie entzogen wird Man erhalt c P 1 3 2 3 8 9 16 27 0 592 6 displaystyle c P left frac 1 3 right frac 2 3 cdot frac 8 9 frac 16 27 approx 0 5926 nbsp Somit liegt das Maximum des Leistungsbeiwerts bei ca 0 5926 also knapp unter 60 Das Flachenverhaltnis A2 A v v2 2 3 1 3 2 besagt hierbei dass der Austrittsquerschnitt A2 der Stromrohre doppelt so gross sein muss wie die Rotorflache das ist der gemass diesem Gesetz ideale Betriebszustand Andere Leistungsbeiwerte BearbeitenEs wird des Ofteren behauptet ein cP gt cP 1 3 erhalten zu haben Innerhalb der Voraussetzungen des Modells ist das aber so unmoglich wie eine Verletzung von Energie oder Impulserhaltung Komplizierte Stromungen in der Wirkflache etwa senken bloss den Leistungsbeiwert wenn man die Wirkflache in kleine Teilflachen zerlegt Fur jede einzelne entsprechende Stromrohre gilt jeweils obige Herleitung sodass uber die ganze Wirkflache v 2 3 v1 gelten muss um das globale Optimum zu erreichen Oft wird fur gemantelte Windturbinen ein Uber Betzwert reklamiert Obwohl das Scheiben Modell von Betz diese Konstruktionen nicht abdeckt liefert es doch eine Erklarung Der als Diffusor wirkende Mantel verlauft parallel zum engeren Teil der betzschen Stromrohre und erlaubt eine Verlagerung des Rotors nach vorne sodass er kleiner ausfallen kann Da der Mantel die richtige Bezugsflache jene mit v v 1 v 2 2 displaystyle v frac v 1 v 2 2 nbsp umschliesst ist letztlich nichts gewonnen Bisher ist nur ein theoretisch moglicher Ausweg bekannt der bereits von Betz selbst angegeben wurde Wird dem als einzelne unendlich dunne Wirkscheibe engl actuator disk modellierten Rotor eine endliche Dicke zugesprochen so konnten quer zur Hauptstromung vorhandene turbulente Fluktuationen zusatzliche Energie in das Volumen zwischen den beiden stromauf und stromab zu unterscheidenden Wirkscheiben einbringen Diese Idee wurde von Loth und McCoy 1983 detailliert fur einen Darrieus Rotor mit vertikaler Rotationsachse ausgearbeitet Sie erhielten cP 0 62 Der Offizier Konstrukteur und Erfinder Kurt Bilau beschaftigte sich nach dem Ersten Weltkrieg intensiv mit der Entwicklung und Verbesserung von Stromlinienflugeln Nachdem sich bei Testmodellen im Windkanal geringe Flugeldurchmesser unter einem Meter und entsprechend hohe Geschwindigkeiten mit Drehzahlen uber 1000 min noch die errechneten und nach Betz Formel realistische Wirkungsgrade von 35 40 ergaben wurden bei grossen Repellern von 9 m Durchmesser auf einem Testgelande der Universitat Oxford mit mehreren Messmethoden 91 Wirkungsgrad attestiert Ahnliche Ergebnisse ergaben fruhere Messungen zweier bilauischer Repeller mit 17 m Durchmesser mit etwas primitiverer Messtechnik in Ostpreussen 89 und 90 Dieser enorme Wirkungsgrad wurde durch die bei den grosseren Flugelflachen entstehenden anderen Stromungsverhaltnisse durch hohere Lufttragheit und dadurch auftauchende die Flugel nachziehende und schiebende Wirbel erklart Die in Oxford erprobte Anlage lief bei unter 2 m s Wind an und erzeugte bei 2 24 m s eine Leistung von 0 4 kW Ihre ideale Windgeschwindigkeit lag bei 3 8 m s Im Erprobungszeitraum von Juni 1924 bis Mai 1925 soll diese Anlage insgesamt 10195 kWh Arbeit geleistet haben Es bleibt dennoch fragwurdig ob es rentabel ware eine solche Repelleranlage zu bauen da die Flugel mit verhaltnismassig grosser Flache und grossem Staudruck arbeiten was eine entsprechend massive Materialauslegung erfordert Auch die Hintereinanderreihung von Rotoren erlaubt eine Erhohung des c P displaystyle c P nbsp Wertes bezuglich einer Rotorflache wobei der Wirkungsgrad der einzelnen Rotoren jedoch durch Schleppwirbel enorm abnimmt Ausgefuhrte Rotoren an Horizontalachsern BearbeitenRotoren werden mit moglichst geringem Materialeinsatz und damit geringem Gewicht konstruiert Neben dem Leistungsbeiwert bezogen auf die Rotorflache Ernteflache gibt es auch den Leistungsbeiwert bezogen auf die Flugelflache und andere Faktoren die bei der Konstruktion von Rotoren eine wichtige Rolle spielen Wegen der begrenzten maximalen Windbelastung ist eine geringe Gesamtoberflache der Rotorflugel erwunscht Deshalb beginnt die Profilierung moderner Rotorblatter nicht schon im inneren Nabenbereich Die Entwicklungstendenz geht in Richtung hoherer Streckung und langerer Rotorblatter bezuglich der Turmhohe Rotoren erreichen Leistungsbeiwerte von cP 0 4 bis 0 5 Das sind also etwa 67 bis 84 des theoretisch Moglichen Langsamlaufer und Vertikalachser Darrieus Rotoren H Rotoren etc erreichten solche Werte nicht Literatur BearbeitenAlbert Betz Das Maximum der theoretisch moglichen Ausnutzung des Windes durch Windmotoren Zeitschrift fur das gesamte Turbinenwesen Heft 26 1920 Albert Betz Wind Energie und ihre Ausnutzung durch Windmuhlen Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1926 Okobuch Verlag Staufen 1994 ISBN 3 922964 11 7 unveranderter Nachdruck Kurt Bilau Die Windausnutzung fur die Krafterzeugung Verlag von Paul Partey Berlin 1942 John L Loth Hugh McCoy Optimization of Darrieus Turbines with an Upwind and Downwind Momentum Model In Journal of Energy 7 1983 S 313 318 PDF Datei abgerufen am 28 Marz 2016 englisch Robert Mikkelsen Actuator Disc Methods Applied to Wind Turbines Dissertation an der Technical University of Denmark 2003 PDF Datei abgerufen am 11 Juni 2010 englisch Derek Grant Phillips An investigation on diffuser augmented wind turbine design Dissertation an der University of Auckland 2003 Online abgerufen am 11 Juni 2010 englisch Dietrich Oeding Bernd R Oswald Elektrische Kraftwerke und Netze 6 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2004 ISBN 3 540 00863 2 S 113 115 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Robert Gasch Jochen Twele Windkraftanlagen Grundlagen Entwurf Planung und Betrieb 8 Auflage Springer Wiesbaden 2013 ISBN 978 3 8351 0136 4 S 194f Alois P Schaffarczyk Introduction to Wind Turbine Aerodynamics Springer Berlin 2014 ISBN 978 3 642 36408 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Betzsches Gesetz amp oldid 224997115