www.wikidata.de-de.nina.az
Die sogenannten Leipziger Meuten waren in der Zeit des Nationalsozialismus Gruppen von Jugendlichen die sich aus der Arbeiterklasse der Stadt Leipzig rekrutierten und 1939 durch die Gestapo zerschlagen wurden Viele der Jugendlichen kamen in Zuchthauser Jugendgefangnisse oder Erziehungsanstalten Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Quellensituation 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie sogenannten Meuten trafen sich Mitte der 1930er Jahre besonders ab 1937 unabhangig von staatlichen Organisationen wie der Hitlerjugend HJ oder dem Bund Deutscher Madel BDM zur selbstorganisierten Freizeitgestaltung Sie verweigerten sich damit dem korperlichen und ideologischen Zugriff der NS Jugendorganisationen die nach der Zuruckdrangung und Verboten von Jugendorganisationen anderer Parteien oder der Kirchen sowie der bundischen Jugend allein vorherrschend waren Sie bildeten sich in Anlehnung an die Arbeiterjugendverbande der Zeit vor 1933 und Gruppenformen der Bundischen Jugend Zahlreiche Mitglieder waren vor 1933 in einem der sozialdemokratischen oder kommunistischen Kinder und Jugendverbande organisiert gewesen Entsprechend bezeichneten sie sich selbst meist als Bundische Jugend wahrend der diffamierend gemeinte Name Meute dem nationalsozialistischen Sprachgebrauch entstammt insbesondere dem der Gestapo die die Leipziger Meuten als lokale Auspragung von Wilden Cliquen betrachtete 1 Die einzelne Gruppe trat nicht als eine fest geschlossene Einheit unter einem von ihr gewahlten Namen auf sondern es handelte sich um mehr oder weniger lose Vereinigungen Die Namen hatten meist einen direkten Bezug zu den offentlichen Platzen an denen sich die Gruppenmitglieder regelmassig trafen Insgesamt gab es in Leipzig zwischen 1937 und 1939 bis zu 1500 Jugendliche die Mitglied in einer Meute waren davon etwa ein Viertel bis ein Drittel Madchen Die bekanntesten der etwa 20 aktenkundig gewordenen Gruppen waren Hundestart in Kleinzschocher benannt nach dem volkstumlichen Namen des Alten Friedhofs und Lille in Reudnitz nach dem Lilienplatz dem ursprunglichen Namen des Bernhardiplatzes mit jeweils etwa 40 Mitgliedern sowie Reeperbahn in Lindenau die mit bis zu 100 Mitgliedern grosste Gruppe Sie sammelte sich in der Schlageterstrasse heute Georg Schwarz Strasse einer beliebten Amusiermeile mit zahlreichen Kinos und Gastwirtschaften die nach der gleichnamigen Strasse in Hamburg im Volksmund Reeperbahn hiess Die Mitglieder entwickelten mit der Zeit einen eigenen Dresscode nach dem Vorbild der Kleidung der fruheren Wanderbewegung linkssozialistischer Jugendgruppen und der Bundischen Jugend um sich auch optisch von der HJ und dem BDM zu unterscheiden Die Jungen trugen meist kurze Lederhosen mit Hosentragern die Madchen dunkle Rocke dazu karierte Hemden oder Blusen 1 weisse Kniestrumpfe und Wanderschuhe Zuweilen wurden auch rote Halstucher getragen sowie Totenkopfabzeichen oder Abzeichen mit den Initialen BJ welche fur Bundische Jugend standen Zunachst noch mehr oder weniger ignoriert und als Auswuchs grossstadtischen Rowdytums abgehandelt gerieten die Jugendlichen zunehmend in Konflikt mit dem NS Regime und betrieben teilweise aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus Ebenso wie die Edelweisspiraten zahlen die Leipziger Meuten zur Jugendopposition aus dem Arbeitermilieu die vergleichbare Swing Jugend war dagegen burgerlich gepragt 2 Haufig griffen Meuten einzelne Mitglieder oder Gruppen der HJ sowie deren Treffpunkte an und verteilten Flugblatter mit Losungen wie HJ verrecke oder Nieder mit Hitler So zerschlugen beispielsweise Mitglieder der Reeperbahn noch vor dessen Einweihung die Fenster des Hermann Goring Heims der HJ nahe dem Adolf Hitler Feld am spateren Standort des Leipziger Zentralstadions Die Connewitzer Meute die sich vor dem Kino Union Theater Connewitz traf attackierte die Schaukasten der NSDAP und HJ auf der damaligen Adolf Hitler Strasse heute Karl Liebknecht Strasse oder anderte das Ortseingangsschild Leipzig Reichsmessestadt in Leipzig Reichsmeckerstadt Es nahm solche Ausmasse an dass sich die lokale HJ Fuhrung in Berlin beklagte in einigen Leipziger Stadtteilen wurden sich HJ Mitglieder abends nicht mehr in Uniform auf die Strasse trauen Dies fuhrte etwa ab 1938 zu verstarkter staatlicher Repression Seit 1937 wurden bereits eine Reihe von Ermittlungsverfahren gegen Meutenmitglieder angestrengt die jedoch mangels Beweisen von den Gerichten anfangs noch eingestellt wurden Ende Oktober 1938 fanden zwei Prozesse am Leipziger Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat statt die mit mehrjahrigen Zuchthausstrafen endeten Nachdem sich die erhoffte abschreckende Wirkung dieser als Exempel gedachten Prozesse nicht eingestellt hatte ging die NS Justiz ab 1939 dazu uber in zahlreichen Prozessen moglichst viele Mitglieder zu Gefangnisstrafen zu verurteilen Ausserdem richtete das Leipziger Jugendamt ein KZ ahnliches Jugendschulungslager in Mittweida ein in dem Meutenmitglieder mehrere Monate lang erzogen werden sollten Damit waren die Leipziger Meuten in ihrer bekannten Form im Sommer 1939 weitgehend zerschlagen wenngleich einige Meuten noch etwas langer existierten Ab 1942 trat eine neue Generation von oppositionellen Arbeiterjugendlichen in Leipzig in der Offentlichkeit auf Im Gegensatz zu den Meuten der 30er Jahre trugen sie keine Wanderkleidung mehr sondern orientierten sich in ihrem Ausseren an amerikanischem Lifestyle Teilweise nannten sie sich Broadway Gangster in Anlehnung an den amerikanischen Spielfilm Broadway Melodien und der umgangssprachlichen Bezeichnung grosserer Einkaufsstrassen in Leipzig als Broadway Ihr Freizeitverhalten war analog der Leipziger Meuten der 30er Jahre jedoch wurden verstarkt Swing Schallplatten auf Koffergrammophonen gehort Mit der Hitlerjugend kam es ebenfalls zu Schlagereien Quellensituation BearbeitenDie umfangreichsten Quellenbestande zu den Leipziger Meuten stellen rund 300 Ermittlungsakten dar die von 1937 bis 1939 beim Sondergericht Freiberg anfielen und heute im Sachsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden liegen Das Bundesarchiv Berlin besitzt daruber hinaus einige Gestapoverhorprotokolle Ermittlungsberichte Anklageschriften und Urteile aus den Akten des Reichsjustizministeriums Sachsische Polizeiakten zu den Meuten finden sich im Sachsischen Staatsarchiv Leipzig Paunsdorf Akten zum Jugendschulungslager in Mittweida liegen im Stadtarchiv Leipzig Siehe auch BearbeitenEdelweisspiraten Schwarze Scharen Swing JugendLiteratur BearbeitenLothar Gruchmann Jugendopposition und Justiz im Dritten Reich Die Probleme bei der Verfolgung der Leipziger Meuten durch die Gerichte In Wolfgang Benz Hrsg Miscellanea Festschrift fur Helmut Krausnick zum 75 Geburtstag DVA Stuttgart 1980 S 103 129 Sabine Kircheisen Jugendliche Opposition gegen den Hitlerfaschismus Die Leipziger Meuten 1937 1939 In Jugendgeschichte Nr 12 Rostock 1990 S 23 29 Arno Klonne Jugendliche Opposition im Dritten Reich Landeszentrale fur politische Bildung Thuringen 2 Auflage Erfurt 2013 PDF Alexander Lange Meuten Broadway Cliquen Junge Garde Leipziger Jugendgruppen im Dritten Reich Zugl Leipzig Univ Diss 2009 Bohlau Koln Weimar 2010 ISBN 978 3 412 20594 2 Sascha Lange d i Alexander Lange Die Leipziger Meuten Jugendopposition im Nationalsozialismus Eine Dokumentation Passage Verlag Leipzig 2012 ISBN 978 3 95415 001 4 Alexander Lange Broadway Gangster Jugendopposition in Leipzig um 1942 In Leipziger Blatter Heft 60 2012 S 89 f Alexander Lange Leipziger Meuten Proletarische Jugendopposition wahrend der NS Zeit In Leipziger Blatter Heft 40 2002 S 80 f Sascha Lange Meuten Swings amp Edelweisspiraten Jugendkultur und Opposition im Nationalsozialismus Ventil Verlag 2015 ISBN 978 3 95575 039 8 Heinrich Muth Jugendopposition im Dritten Reich In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 30 1982 Heft 3 S 369 417 online PDF 2 16 MB Detlev Peukert Edelweisspiraten Meuten Swing Jugendsubkulturen im Dritten Reich In Gerhard Huck Hrsg Sozialgeschichte der Freizeit Untersuchungen zum Wandel der Alltagskultur in Deutschland Hammer Wuppertal 1980 ISBN 3 87294 164 X S 307 328 Kurt Schilde Leipziger Meuten In Wolfgang Benz Walter H Pehle Hrsg Lexikon des deutschen Widerstandes S Fischer Frankfurt am Main 1994 ISBN 3 10 005702 3 S 254 f Jurgen Zarusky Jugendopposition In Wolfgang Benz Walter H Pehle Hrsg Lexikon des deutschen Widerstandes S Fischer Frankfurt am Main 1994 ISBN 3 10 005702 3 S 98 112 Weblinks Bearbeitenwww leipziger meuten de Webseite mit Infos zu den Leipziger Meuten Die Leipziger Meuten Jugendopposition wahrend der NS Zeit Sascha Lange Die Leipziger Meuten Jugendopposition wahrend der NS Zeit In Beatpunk 22 August 2007 Die Leipziger Meuten Jugend gegen die NS Diktatur Memento vom 30 April 2009 im Internet Archive In MDR de 26 November 2003 Maik Baumgartner Julien Mechaussie Der vergessene Widerstand Leipzigs Jugend gegen Hitler Interview mit Sascha Lange In Storungsmelder 15 Marz 2012 Einzelnachweise Bearbeiten a b Jurgen Zarusky Jugendopposition In Wolfgang Benz Walter H Pehle Hrsg Lexikon des deutschen Widerstandes S Fischer Frankfurt am Main 1994 ISBN 3 10 005702 3 S 98 112 hier S 108 Jurgen Zarusky Jugendopposition In Wolfgang Benz Walter H Pehle Hrsg Lexikon des deutschen Widerstandes S Fischer Frankfurt am Main 1994 ISBN 3 10 005702 3 S 98 112 hier S 109f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leipziger Meuten amp oldid 223281040