Karl-Georg Hemmerich (* 29. Mai 1892 in München-Schwabing; † 14. November 1979 in Gland VD) war Maler, Schriftsteller und Komponist. Aufgrund seiner politischen Einstellung und der daraus resultierenden Biografie gehört er zur Generation „der vergessenen Künstler“.
Leben Bearbeiten
Karl-Georg Hemmerich war das einzige Kind seiner Eltern. Der Vater stammte aus einer Hugenottenfamilie in Toulouse und war am Bayerischen Königshof tätig. Die Mutter war Rosa Hemmerich, geb. Gregory. Nach der Novemberrevolution 1918 zog die Familie nach Altomünster.
Hemmerich begann zunächst eine Ausbildung in einer Münchener Bank, die er aber bald abbrach, um in München und Paris an den Kunstakademien zu studieren. Im Nachlass befinden sich Zeichnungen, die mit „Paris 1913“ signiert und datiert sind. Es ist anzunehmen, dass er sich 1912–1913 zu seinem Studium in Paris aufhielt und spätestens mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges nach Deutschland zurückkehrte. Nach seiner Rückkehr wurde er als Soldat eingezogen. Aufgrund einer Verwundung kam er nicht mehr zum Fronteinsatz.
1919 heiratete er Ursula Ruth Kwilecki, die in München Medizin studierte. Ihre Mutter war Jüdin.
Hemmerich verdiente in den 20er Jahren seinen Lebensunterhalt als Porträtist und Komponist. Einige seiner frühen Kompositionen wurden in München uraufgeführt. Auch als Maler hatte er erste Erfolge. In den wirtschaftlich schwierigen Jahren gab er Kompositionsunterricht und leitete einen Chor. 1925 wurde die Tochter Ursula geboren. Schon 1928 emigrierte er auf Grund der sich abzeichnenden politischen Entwicklung in die Schweiz. Obwohl die Bemühungen um die Schweizer Staatsbürgerschaft erfolglos blieben, konnte er sich dank der Hilfe guter Freunde mit seiner Familie bis Kriegsende in der Schweiz aufhalten. Während des Krieges arbeitete er als Maler, Schriftsteller und Komponist.
Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus Bearbeiten
Hemmerich setzte sich intensiv mit der Ideologie des Nationalsozialismus auseinander. 1935 erschien sein Buch „Das ist der Mensch“. Schon bald nach dem Erscheinen wurde die gesamte Auflage von der Gestapo beschlagnahmt und vernichtet. Nur ein Exemplar blieb erhalten, welches er bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit anderen belastenden Dokumenten vergraben hatte in der Befürchtung, Hitler könne auch die Schweiz angreifen und besetzen.
In seinem Vorwort zur Neuauflage nach dem Weltkrieg erläutert Hemmerich:
In einem Manuskript Hemmerichs, dass er am 17. November 1938 dem Chefredakteur der Schweizer Zeitung Der Bund, Ernst Schürch, zuschickte, führt er aus:
In der Zeit des Dritten Reiches brach Hemmerich fast alle Verbindungen nach Deutschland ab. Er musste feststellen, dass auch alte Freunde der Naziideologie anhingen. So schreibt er 1933 an einen Freund aus der Zeit vor seiner Emigration (auszugsweise):
Nachkriegszeit Bearbeiten
1948 machte er den Versuch einige seiner großformatigen Bilder mit religiöser Thematik in Freiburg auszustellen, was schon rein transporttechnisch unter den damaligen Bedingungen ein extrem schwieriges Unterfangen war. Seine nur schwer zugänglichen religiösen Bilder, weder einem klaren Expressionismus, Surrerealismus noch phantastischen Realismus verhaftet, wurden abgelehnt. Er schreibt in einem Brief an seinen Freund Freiherr von Gebsattel:
In dem in den fünfziger Jahren anbrechenden Siegeszug der gegenstandslosen bzw. abstrakten Malerei hatten seine gegenständlichen Arbeiten keine Chance mehr. Er hat dies selbst sehr deutlich in seinen Briefen erkannt und belegt.
Während des Zweiten Weltkrieges hatte Hemmerich den größten Teil seines Vermögens verloren. Da er mit seiner künstlerischen Arbeit die Familie nicht mehr ernähren konnte, zwangen ihn die Umstände in einen anderen Beruf. Sein „Sprachgenie“ und seine exzellenten Kenntnisse der Kunstgeschichte ermöglichten ihm die Tätigkeit als Übersetzer von Kunstbänden beim Schweizer Skira-Verlag. Er übersetzte deutschsprachige Ausgaben aus dem Französischen, Englischen und Italienischen. Marc Chagall hat ihm ein Exemplar des übersetzten Bandes aus der Reihe „Le goût de notre temps“ von Lionello Venturi mit einer Tuschzeichnung und Namenszug signiert.
Hemmerich arbeitete bis 1968, also bis zum 78. Lebensjahr, für den Skira-Verlag. Am 14. November 1979 starb er in Gland im Alter von 87 Jahren. Seine Grabstätte ist auf dem kleinen Friedhof in Vich bei Gland. Sein Grabkreuz ohne Namen ließ er noch zu Lebzeiten nach einem eigenen Entwurf anfertigen. Es zeigt in der Mitte ein Alpha und ein Omega und gibt so der Nachwelt einen letzten Hinweis auf seine im christlichen Glauben verwurzelte Persönlichkeit.
Das Werk Bearbeiten
Die frühesten erhaltenen Arbeiten stammen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, wahrscheinlich hat er frühe Arbeiten selbst vernichtet, andere sind möglicherweise während verschiedener Ortswechsel verloren gegangen. Ab 1920 begann seine Frau, seine Arbeiten zu fotografieren oder durch andere Fotografen dokumentieren zu lassen. Schwerpunkt seiner Arbeiten waren demnach biblische Themen. In Mappen abgelegte Zeichnungen, Skizzen, Zustandsdrucke und Holzschnitte blieben erhalten. Ursula Hemmerich begann nach dem Tode des Vaters, den künstlerischen Nachlass zu sichten und sachgerecht zu lagern. Die großformatigen Skizzen in Rötel und Bleistift auf Pergamentpapier ließ sie 1985 restaurieren und säurefest unter Plexiglas rahmen.
Hemmerich beherrschte alle gängigen Techniken der Malerei: Öl-, Aquarell- und Tuschmalerei, weiß gehöhte Bleistift-, Kohle- und Rötelzeichnungen, Radierungen, Strichätzung, Kaltnadel, Vernis Mou und Aquatinta sowie den Holzschnitt. Zahlreiche Druckstöcke aus Hartholz sind erhalten. Dabei scheint Hemmerich den Handabzug bevorzugt zu haben. Die Abzüge zeigen daher keinen Quetsch- oder Plattenrand.
Hemmerich hat sich wohl einige Jahre seines Lebens besonders mit japanischer- und Chinesischer Kunst beschäftigt und seine Kenntnisse im Holzschnitt angewendet.
Das graphische Werk Bearbeiten
Seine graphischen Hauptwerke sind die Radierzyklen Die Grosse Passion sowie Illustrationen zu E. T. A Hoffmanns Erzählungen Kreisleriana, Prinzessin Brambilla und seinen Fantasiestücke in Callots Manier. Vom Werk E.T.A. Hoffmanns fühlte sich der junge Hemmerich offensichtlich besonders angezogen. Bei der Lektüre von „Prinzessin Brambilla“ mögen Hemmerich die fantastisch karikierten Kupfer-Stiche Callots zu „Comedia dell´arte—Szenen“ des römischen Karnevals inspiriert haben.
Ölmalerei Bearbeiten
Über seine großformatigen Ölgemälde christlicher Thematik schreibt Hemmerich nach dem Kriege an den katholischen Geistlichen Dr. Tetzlaff:
Freiherr von Gebsattel verfasste 1920 in München zur „Kreisleriana-Mappe“ und zu den „Fantasiestücken“ von K.G. Hemmerich den folgenden Text (in Auszügen):
Der Komponist Bearbeiten
Das kompositorische Schaffen Hemmerichs ist umfangreich. Ein vielleicht nicht vollständiges Werkverzeichnis schließt mit opus 31 ab. Sein musikalisches Werk war zu seiner Zeit, ebenso wie seine großformatigen Ölbilder, umstritten. Immerhin hatte er vor seiner 1928 erfolgten Emigration einige Uraufführungen in München, die er meist selbst dirigierte. Er selbst spielte mehrere Instrumente, Cello, Klavier, Klarinette und Orgel. In der Schweiz ließ er sich eine Hausorgel nach seinen Wünschen und Vorstellungen bauen.
In Badenweiler wurden noch 1950 einige Kompositionen aus seinem Werk aufgeführt. Er schreibt dazu in einem Brief vom 15. April 1950: „Der einzige Lichtblick meines Aufenthaltes, außer unserer Wiederbegegnung, war eine vorzügliche Aufführung meiner Musik, die Du leider nicht kennst, in Badenweiler.“
Literarisches Werk Bearbeiten
- 1930: Gedichte, gedruckt in 500 nummerierten Exemplaren bei Jakob Hegner, Hellerau.
- 1932: Wirklichkeit und Überlieferung, gedruckt in 300 nummerierten Exemplaren im Bernhard Krohn Verlag, Berlin.
- 1936: Das ist der Mensch im Bernhard Krohn Verlag.
Literatur Bearbeiten
- Elke Riemer: E. T. A. Hoffmann und seine Illustratoren. Hildesheim 1976.
- Wolfram Lambrecht: Karl Georg Hemmerich, 1892 bis 1979. Maler – Schriftsteller – Komponist. Ein Leben gegen den Zeitgeist. Steinebach/Wied 2006.
- Wolfram Lambrecht, Thomas Noll: Die graphischen Zyklen von Karl Georg Hemmerich zu E. T. A. Hoffmann und zur Passion. Steinebach/Wied 2008.
Weblinks Bearbeiten
- Literatur von und über Karl-Georg Hemmerich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek