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Josef Derbolav 24 Marz 1912 in Wien 14 Juli 1987 in Bremen war ein osterreichischer Padagoge und Philosoph sowie Universitatsprofessor an der Universitat Bonn Neben Theodor Litt war er einer der bedeutendsten Vertreter der Bildungsphilosophie im 20 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Lehre 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelbelegeLeben BearbeitenDerbolav war Sohn eines Graphikers Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder beide musikalisch und kunstlerisch begabt besuchte er die Bundeserziehungsanstalt Breitensee und legte dort 1930 die Matura ab Von 1930 bis 1934 studierte er Germanistik Klassische Philologie und Padagogik in Wien und wurde mit einer Arbeit uber Goethes Faust in Germanistik promoviert Danach arbeitete er als Gymnasiallehrer in Klagenfurt und Krems Er heiratete 1938 und hatte eine Tochter Im Zweiten Weltkrieg diente er als Militarpsychologe in der deutschen Luftwaffe und war zuletzt in einer Luftwaffen Fachschule in Breslau eingesetzt Seit Ende 1945 war er wieder Gymnasiallehrer in Krems 1950 wurde er noch vor seiner Habilitation als ao Professor fur Padagogik an die Universitat Saarbrucken berufen 1953 habilitierte er sich fur Praktische Philosophie in Wien Ab 1955 war er als Nachfolger Theodor Litts Professor fur Philosophie und Padagogik in Bonn 1980 wurde er emeritiert Lehre BearbeitenVerwurzelt in der Philosophie Platons und anknupfend an seinen Vorganger Litt und seinen Freund den Philosophen Erich Heintel in Wien entwickelte Derbolav eine sich auf die Philosophie Georg Friedrich Hegels berufende dialektisch reflexive Erziehungswissenschaft die Voraussetzungen des Erziehungswissens klart und die dialektische Struktur der padagogischen Praxis analysiert Mit Verweis auf das padagogische Dreieck konzentrierten sich seine Arbeiten auf drei zentrale Diskussionsstrange 1 die Padagogische Anthropologie die auch entwicklungspsychologische und jugendsoziologische Fragestellungen aufnehmend die padagogischen Problemstellungen des Kindes und Jugendalters verfolgt 2 die Allgemeine Didaktik die bildungstheoretisch die Unterrichtsinhalte auf ihren Bildungssinn hin befragt und 3 die padagogische Ethik die die Verantwortungshorizonte der padagogisch Handelnden durchdenkt 1 Die Genese des Selbst als Personagenese vollzieht sich nach Derbolav in sich steigernden Gewissensstufen deren Ordnung er in Anlehnung an Arbeiten seines Assistenten Franz Fischer entwickelte Zunachst gehorcht das Kind den Geboten und Verboten der Eltern dann beginnt es nach dem Grund der Verbote zu fragen und findet eine Antwort im Sittengesetz dieses findet sich wiederum durch die Ethik in der Idee des Guten begrundet Ihr Sinn tritt sukzessive von Stufe zu Stufe gemass dem moralischen Reflexionsniveau des Heranwachsenden ins Bewusstsein 2 Ahnliche Stufen liegen nach Derbolav auch den didaktischen Reflexionen der Unterrichtsfacher zugrunde Sie beginnen mit einer phanomenologischen Erschliessung der Gegenstandsfelder und schreiten zu deren wissenschaftlichen Analyse fort Die Wissenschaftsorientierung des Unterrichts ist jedoch nicht das Ziel des didaktischen Prozesses Der Bildungssinn der Facher liegt vielmehr darin den Heranwachsenden die praktischen Anspruche der Wirklichkeit Franz Fischer zu eroffnen Erst gemeinsam kennzeichnen die Stufen die dialektische Struktur der Bildungsbewegung als einen Prozess der Auseinandersetzung des Heranwachsenden Selbst mit der Welt Anderem dessen theoretischer Nachvollzug durch die Padagogik zugleich dem Erzieher zur praktischen Sinnorientierung seiner maieutischen Aufgabe dient dem Heranwachsenden ein reflexives Verhaltnis zu sich selbst und zur Welt zu eroffnen 3 Derbolav hatte zu Lebzeiten mit seiner dialektischen Bildungstheorie und seinen Analysen des mittleren und hoheren Schulwesens grossen Einfluss auf die padagogische Diskussion im deutschsprachigen Raum Weiter hat Derbolav eine umfassende Praxeologie entworfen die sich mit den notwendigen erzieherischen Praxisfeldern der Gesellschaft befasst wozu nach Derbolav auch die Religion zahlt Einer seiner Schuler Dietrich Benner hat Derbolavs Praxeologie zu einer Padagogik als Handlungswissenschaft fortgefuhrt Angesichts der heute vorherrschenden empirischen Erziehungswissenschaft die Derbolav schon bei Wolfgang Brezinka in den 1970er Jahren Derbolav 1976 entschieden kritisierte ist der bildungsphilosophische Ansatz von Derbolav in Vergessenheit geraten Seine philosophischen Arbeiten zur antiken Philosophie und zur Ethik in der Philosophie werden aber weiterhin rezipiert Sein kurz vor dem Tode abgeschlossener Buch Dialog mit dem Japaner Daisaku Ikeda Auf der Suche nach einer neuen Humanitat der 1988 gleichzeitig in japanischer deutscher und englischer Sprache erschien eroffnete eine breite Diskussion uber Interkulturelle Philosophie Schriften BearbeitenDer Dialog Kratylos im Rahmen der platonischen Sprach und Erkenntnisphilosophie 1953 Erkenntnis und Entscheidung Philosophie der geistigen Aneignung in ihrem Ursprung bei Platon 1954 Wesen und Formen der Gymnasialbildung Zur Wirtschaftsoberschule 1957 Das Exemplarische im Bildungsraum des Gymnasiums 1957 Wesen und Werden der Realschule 1960 Hrsg Grundfragen der Musikdidaktik 1967 Frage und Anspruch Padagogische Studien und Analysen 1970 Die Entwicklungskrise der deutschen Padagogik und ihre wissenschaftspolitischen Konsequenzen 1970 Systematische Perspektiven der Padagogik 1971 Platons Sprachphilosophie im Kratylos und in den spateren Schriften 1972 Padagogik und Politik Eine systematisch kritische Analyse ihrer Beziehungen 1975 Kritik und Metakritik der Praxeologie im Besonderen der praktischen Strukturtheorie 1976 Von den Bedingungen gerechter Herrschaft Studien zu Platon und Aristoteles 1979 ND ISBN 978 3 12 915040 5 Abriss europaischer Ethik Die Frage nach dem Guten und ihr Gestaltwandel 1983 Fehlentwicklungen Kritische Streifzuge durch die politisch padagogische Landschaft der Deutschen Bundesrepublik 1984 Impulse europaischer Geistesgeschichte 1987 Grundriss einer Gesamtpadagogik 1987 mit Daisaku Ikeda Auf der Suche nach einer neuen Humanitat 1988 ISBN 978 3 485 00564 7 Nachgelassene Schriften Die Erziehung des Gewissens Schriften und Entwurfe zur Ethik Padagogik Politik und Hermeneutik 1999 ISBN 978 3 926049 23 0Literatur BearbeitenWolfdietrich Schmied Kowarzik Die dialektische Struktur der Bildung Uberlegungen zu Josef Derbolavs Grundlegung der Padagogik In Padagogische Rundschau 26 3 1972 Dietrich Benner Padagogische Anthropologie und padagogische Erfahrung In Padagogische Rundschau 26 3 1972 Siegfried Kross Rudolf Lassahn Dieter Jurgen Lowisch In memoriam Josef Derbolav 1989 Wolfdietrich Schmied Kowarzik Bildung Emanzipation und Sittlichkeit Philosophische und padagogische Klarungsversuche 1993 Max Muller Padagogik und Erziehungswissenschaft Der praxeologische Ubergang bei Derbolav 1995 Dietrich Benner Klaus Pranges operative Padagogik des Zeigens und ihre Erganzung durch Konzepte unterrichtlichen Fragens und Antwortens von Alfred Petzelt und Josef Derbolav In Dietrich Benner Umriss der allgemeinen Wissenschaftsdidaktik 2020 S 222 228 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Josef Derbolav im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelbelege Bearbeiten Holger Burckhart Diskursethik Diskursanthropologie Diskurspadagogik reflexiv normative Grundlegung kritischer Padagogik Konigshausen amp Neumann 1999 ISBN 978 3 8260 1460 4 google de abgerufen am 24 April 2020 Bjorn Kralemann Bildung als Gleichgewicht Attraktoren als Interpretationsrahmen der Person in ihrer Bildung BoD Books on Demand 2014 ISBN 978 3 7357 9278 5 google de abgerufen am 24 April 2020 Berthold Gerner Das exemplarische Prinzip Beitrage zur Didaktik der Gegenwart Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1968 google de abgerufen am 24 April 2020 Normdaten Person GND 118524763 lobid OGND AKS LCCN n50001723 VIAF 37707774 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Derbolav JosefALTERNATIVNAMEN Derbolav JosephKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Padagoge PhilosophGEBURTSDATUM 24 Marz 1912GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 14 Juli 1987STERBEORT Bremen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Josef Derbolav amp oldid 234316338